Nr. 46 Ministerrat, Wien, 10. April 1849 - Retrodigitalisat (PDF)
- RS.Reinschrift; P.Protokoll Marherr; VS.Vorsitz Schwarzenberg; anw.anwesend Stadion, Krauß, Bach, Cordon, Thinnfeld, Kulmer; BdE.Bestätigung der Einsicht Stadion 16. 4., Krauß 14. 4., Bach 16. 4., Cordon 14. 4., Thinnfeld, Kulmer 16. 4.; abw.abwesend Bruck.
MRZ. 1087 – KZ. fehlt –
Protokoll des Ministerrates gehalten zu Wien am 10. April 1849 unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des Äußern und des Hauses Fürsten v. Schwarzenberg.
I. Organisierung der Zivilverwaltung in Ungarn
Der gefertigte Ministerpräsident verlas ein Schreiben des Baron Kübeck vom 6. d.M., worin bemerkt wird, daß Szentiványi mit seiner Ausarbeitung über die Zivilverwaltung Ungerns1 noch nicht in Pesth eingetroffen sei, daß er daher ersuche, ihm dieselbe im Wege der Post zukommen zu machen (was auch schon geschehen) und ihn baldigst von seinem Posten abzuberufen2.
II. Vorläufige Bemerkungen über die Zivilverwaltung in Ungarn
Eine vorläufige Besprechung über dieses Operat wegen Organisierung dieser Zivilverwaltung, wornach ein Statthalter mit sechs Departements (Justiz-, innere, kommissariatische, Landesgeld-, Kultus- und Unterrichts- und Bausachen) zu bestellen wäre3, gab dem Justizminister zu der Warnung vor einem hieraus etwa sich konstituierenden ungrischen Ministerium, dem Finanzminister aber zu der weiteren Bemerkung Anlaß, daß diese Statthalterei, damit sie nicht den Charakter eines abgesonderten Ministeriums annehme, bloß als politische Landesstelle einzurichten und von ihrem Wirkungskreis jedenfalls die zwei Departements des Justiz- und des Landesgeldwesens = Finanzen oder Kameralsachen ausgeschieden werden müßten4.
III. Besondere Stellung der Slowakei
Der Antrag des Ministers des Inneren wegen abgesonderter Organisierung der Zivilverwaltung der ungrischen Slowakei ward über die Bemerkung des Ministers Baron Kulmer , daß damit füglich bis zur vollständigen Besetzung des ganzen Ungerlandes gewartet werden könnte, vertagt, nachdem der gefertigte Ministerpräsident noch bemerkt hatte, daß eine solche einstweilige Organisierung im gegenwärtigen Zustande des Landes|| S. 216 PDF || sich auf die Unterordnung von je drei bis vier Komitaten unter einem General mit gehöriger Invigilierung über die politischen Kommissäre sich zu beschränken hätte5.
Eine Maßregel ward jedoch vom Ministerrate hiebei für wichtig und dringend genug gehalten, um schon gegenwärtig zur Ausführung gebracht zu werden, nämlich die Abstellung der mit der Gleichberechtigung der Nationalitäten im Widerspruche stehenden Suprematie der magyarischen Sprache in Ungern, die Emanzipation der verschiedenen Nationalitäten von dem bisherigen (noch immer nicht weichen wollenden) Zwange in Schule und Amt, jedoch mit gehöriger Rücksicht auf die Gerichtssprache und auf die gemischten Distrikte. Der Justizminister übernahm es, hierwegen einen Antrag auszuarbeiten und vorzulegen6.
Der Vorschlag des Finanzministers , Se. Majestät mögen zur Befriedigung der Wünsche einiger in der Aufzählung der Kronländer übergangenen Nationen Allerhöchstihren Titeln auch noch jenen eines „Großherzogs der Rumainen (Romänen), Ruthenen und Slowaken“ anzunehmen geruhen, ward über die Gegenbemerkung des Baron Kulmer, daß hierdurch den Separationsgelüsten neue Nahrung gegeben würde, dann überhaupt als nicht dringend nicht angenommen.
IV. Geldmittel für die aus Siebenbürgen in die Walachei geflüchtet k.k. Truppen und Untertanen
Der Finanzminister eröffnete seine vom Ministerrate sofort gutgeheißene Absicht, zur Auszahlung der k.k. Truppen und Unterstützung der bedürftigen k.k. Untertanen, welche aus Anlaß der Besetzung Siebenbürgens durch die Rebellen in die Walachei übergetreten sind, die Summe von 5000 Dukaten und 8000 fr. C.M. in Wechseln des Hauses Sina auf ein Haus in Bukarest zur Disposition des k.k. Agenten alldort zu stellen und demselben hierwegen die entsprechende Anweisung zukommen zu lassen7.
V. Kommission zur Erörterung von Lehensachen
Der Justizminister brachte aus Anlaß der durch die Ah. Thronbesteigung Sr. Majestät nach Lehengesetzen notwendig gewordene Erneuerung der Belehnungen die Frage zur Sprache, was mit den Lehen überhaupt fürzukehren und ob nicht mit Rücksicht auf die dermaligen Staatsverhältnisse zur Allodialisierung derselben zu schreiten wäre.
|| S. 217 PDF || In dieser Hinsicht wurde der Antrag gutgeheißen, durch Mitwirkung der drei Ministerien des Inneren, der Justiz und der Finanzen eine Kommission zu bestellen, welche sich (mit gehöriger Rücksicht, wie der Finanzminister andeutete, auf die bestehenden Kronlehen) die Ausarbeitung eines Planes über den Gegenstand der Frage zur Aufgabe zu stellen hätte8.