Nr. 32 Ministerrat, Wien, 12. März 1849 - Retrodigitalisat (PDF)
- ℹ️ anwesend:
- RS.Reinschrift; P.Protokoll Marherr; VS.Vorsitz Schwarzenberg; BdE.Bestätigung der Einsicht und anw.anwesend (Schwarzenberg 13. 3.), Stadion, Krauß, Bach, Bruck, Cordon, Thinnfeld, Kulmer.
MRZ. 713 – KZ. 646 –
- I. Ausführungsmaßnahmen der Entschädigung für aufgehobene Urbarial- und Zehentleistung
- II. Steuerausschreibung für das zweite Semester 1849
- III. Kündigung des Salzlieferungsvertrages von Seite Rußlands
- IV. Ablösung der sogenannten Salzfertigungen im Salzkammergute
- V. Einschreiten einiger Wiener Vertrauensmänner wegen Verbots der „Österreichischen Zeitung“
- VI. Gesetzentwurf über Pressevergehen
- VII. Wahlen zur Frankfurter Nationalversammlung in Böhmen
Protokoll der Sitzung des Ministerrates gehalten zu Wien am 12. März 1849 unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des Äußern und des Hauses Fürsten v. Schwarzenberg.
I. Ausführungsmaßnahmen der Entschädigung für aufgehobene Urbarial- und Zehentleistung
Der Finanzminister erstattete seine Vorschläge über die Maßregeln zur Ausführung der mit Ah. Patent vom 4. März 1849 angeordneten Entschädigung für aufgehobene Urbarial- und Zehentenleistungen1.
Man vereinigte sich dabei in dem Beschlusse, vorläufig im Sitze der Regierung eine Kommission bestehend aus dem Ritter v. Kalchberg, dem Hofrate v. Salzgeber und einem Beamten der Hofkammerprokuratur zusammenzusetzen, welche eine Instruktion für das Verfahren der nach dem Patente zu bestellenden Provinzial- und Kreiskommissionen auszuarbeiten hätte2.
II. Steuerausschreibung für das zweite Semester 1849
Derselbe brachte die Frage zur Sprache, in welcher Form die Ausschreibung der Steuern für das II. Semester des laufenden Verwaltungsjahres zu veranlassen sei3.
Nachdem solche für das I. Semester mittelst Ah. Patents stattgefunden hat, so dürfte die gleiche Form auch für das II. Semester gewählt werden, womit der Ministerrat vollkommen einverstanden war4.
III. Kündigung des Salzlieferungsvertrages von Seite Rußlands
Ebenderselbe äußerte sich über eine an den gefertigten Ministerpräsidenten und Minister des Äußern gelangte Eröffnung der kaiserlich russischen Regierung, womit dieselbe den für das Königreich Polen bis 1852 geltenden Salzlieferungskontrakt in der stipulierten Aufkündigungsfrist (April 1848) kündigt und nach Ablauf der Kontraktszeit nicht mehr erneuern zu wollen erklärt, zugleich aber den Wunsch ausspricht, auch in der Folge nach Ablauf des Kontraktes eine angemessene Quantität Salz, etwa 150.000 Zentner jährlich, aus den österreichischen Salinen zur Disposition zu erhalten5.
|| S. 166 PDF || Gegen die Kündigung ist nichts einzuwenden, da die russische Regierung diesfalls im vollen Rechte ist. Auch gegen die Zusicherung der künftigen Ablassung von jährlich 150.000 Zentnern Salz an sie ergibt sich kein Anstand, doch behält sich der Finanzminister vor, wegen des zu bedingenden Preises in eine nähere Erörterung der Verhältnisse einzugehen und das Resultat dem gefertigten Ministerpräsidenten mitzuteilen6.
IV. Ablösung der sogenannten Salzfertigungen im Salzkammergute
Der Minister für Landeskultur und Bergwesen kündigte die Absicht an, wegen Realisierung der durch Ah. Entschließung vom 7. November 1846 (Staatsratszahl 4693/4479) im Grundsatze genehmigten Ablösung der sogenannten Salzfertigungen im k.k. Salzkammergute einen au. Vortrag erstatten zu wollen7.
Die Zahl derselben besteht in 27, und für jede wird nach Abzug der kontraktmäßigen Leistung ein jährlicher Ertrag von 150 fr. oder im Kapital ein Wert von 3000 fr. berechnet.
Mit dieser Kapitalsumme gedächte der Minister die Entschädigung zu leisten und hierwegen an Se. Majestät Vortrag zu erstatten.
Der Finanzminister hat dagegen (obwohl er die Entschädigung in einer jährlichen, dem ausgewiesenen Reinertrage gleichkommenden Rente vorziehen würde) unter der Bedingung nichts einzuwenden, daß die Entschädigung zur Schonung der Finanzen nicht auf einmal, sondern in angemessenen Abteilungen geleistet werde8.
V. Einschreiten einiger Wiener Vertrauensmänner wegen Verbots der „Österreichischen Zeitung“
Der gefertigte Ministerpräsident teilte dem Ministerrate eine soeben eingelangte Anfrage des Gouverneurs von Wien über ein Einschreiten einiger dasiger Vertrauensmänner um Unterdrückung der „Österreichischen Zeitung“ aus Anlaß einer darin vorkommenden kritischen Besprechung der Ah. verliehenen Reichsverfassung mit9.
Der Ministerrat fand den inkriminierten Artikel nicht so arg, um eine Maßregel gegen die genannte Zeitung insbesondere oder eine größere Einschränkung der Presse überhaupt zu rechtfertigen.
Diese Ansicht wurde sofort dem FML. Baron Welden vom gefertigten Ministerpräsidenten mitgeteilt10.
VI. Gesetzentwurf über Pressevergehen
Der Justizminister las die letzte definitive Redaktion des Gesetzes gegen den Mißbrauch der Presse samt dem Entwurfe des dasselbe begleitenden Patentes11.
Dieselbe wurde, nachdem eine Diskussion zu den §§ 12–14 über die Zulässigkeit des Verfalls der Kautionen für periodische Schriften bei Preßgesetzübertretungen ohne Erfolg geblieben war, einstimmig angenommen und die allsogleiche Einholung der Ah. Sanktion Sr. Majestät eingeleitet.
Noch ergab sich eine Frage bezüglich der Ausdehnung, welche dem Gesetze zu geben wäre, welche jedoch einstimmig nach dem Patentsentwurfe dahin entschieden wurde, daß das Gesetz nur für diejenigen Kronländer, für welche die Grundrechte (worunter § 5 die Preßfreiheit) verliehen worden sind, zu erlassen sei, was jedoch nicht hindere, dasselbe auch dem Ban von Kroatien und dem Feldmarschall Fürsten Windischgrätz zur allfälligen weiteren Vorkehrung bezüglich der der Verwaltung des erstern zugewiesenen Kronländer und des bisher unterworfenen Teils des Königreichs Ungern mitzuteilen12.
VII. Wahlen zur Frankfurter Nationalversammlung in Böhmen
Über eine vom Minister des Inneren vorgetragene Anfrage des böhmischen Landespräsidiums, wie sich in Ansehung der früher von den Tschechen gänzlich vernachlässigten, nun aber auf einmal wieder angestrebten Wahlen zur Nationalversammlung in Frankfurt zu benehmen sei, wurde beschlossen, demselben zu erwidern, daß es dort, wo die Vornahme der gedachten Wahlen verlangt wird, dieselbe auch vornehmen lasse und das hierwegen Erforderliche verfüge13.
Wien, am 13. März 1849. Schwarzenberg.
Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Olmütz, den 21. März 1849.