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Nr. 26 Ministerrat, Wien, 7. und 9. November 1914

RS.; Ehrhart; VS. Stürgkh; BdE. und anw. (Stürgkh 9. 11.), Georgi, Hochenburger, Heinold, Forster, Hussarek, Trnka, Schuster, Zenker, Engel, Morawski; außerdem anw. Homann (bei II).

KZ. 85 – MRZ. 55

Protokoll des zu Wien am 7. und 9. November 1914 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze Sr. Exzellenz des Herrn Ministerpräsidenten Grafen Stürgkh.

I. Erwirkung einer kaiserlichen Verordnung, womit die Funktionsdauer der am 31. Dezember 1914 ausscheidenden wirklichen Mitglieder der Handels- und Gewerbekammern verlängert wird

I. ℹ️ Der Handelsminister erbittet die Zustimmung des Ministerrates zur Erwirkung einer kaiserlichen Verordnung, womit die Funktionsdauer der am 31. Dezember 1914 ausscheidenden wirklichen Mitglieder der Handels- und Gewerbekammern verlängert wird.

Gemäß § 6 des Gesetzes vom 29. Juni 1868, RGBl. Nr. 85, betreffend die Organisierung der Handels- und Gewerbekammern, werden die wirklichen Mitglieder der Handels- und Gewerbekammern auf sechs Jahre gewählt. Nach Ablauf von drei Jahren tritt am 31. Dezember die Hälfte der Mitglieder nach der Reihenfolge ihres Dienstalters aus und wird durch Neuwahlen ersetzt. Im Jahre 1914 haben demzufolge wieder Ergänzungswahlen in die Kammern stattzufinden; die kriegerischen Ereignisse lassen jedoch eine ordnungsmäßige Durchführung der Wahlen zu dem gesetzlich statuierten Termine unmöglich erscheinen. Durch die geplante kaiserliche Verordnung soll nun die Funktionsdauer der am 31. Dezember 1914 ausscheidenden wirklichen Mitglieder der Handels- und Gewerbekammern bis 31. Dezember 1915, somit auf ein Jahr, verlängert werden. Ein Analogon ist die kaiserliche Verordnung vom 24. Oktober 1900, womit wegen nicht rechtzeitigen Zustandekommens das Gesetz vom 30. Juni 1901, Nr. 103, über die Änderung der Kammerwahlordnung die Mandatsdauer verlängert worden ist. An diese Darlegung knüpft sich eine längere Erörterung, an welcher sich außer dem sprechenden Minister auch der Ministerpräsident, der Minister des Innern, der Ackerbauminister und der Finanzminister beteiligen.

Der Ministerrat erteilt sohin die erbetene Zustimmung aufgrund des anverwahrten Textesa,1.

II. Erlassung einer Verordnung des Gesamtministeriums betreffend die Kohlenversorgung

II. ℹ️ Der Minister für öffentliche Arbeiten erbittet die Zustimmung des Ministerrates zur Erlassung einer Verordnung des Gesamtministeriums betreffend die Kohlenversorgung.

Der vorgelegte Entwurfb bilde das Ergebnis der Beratungen der im Ministerium für öffentliche Arbeiten tagenden, aus Vertretern der beteiligten Zentralstellen zusammengesetzten Kohlenversorgungskommission2. Diese Kommission hatte alle Maßnahmen zu erörtern, welche einerseits die Beschaffung der Kohle, anderseits ihre Zufuhr nach Wien und ihre Lagerung auf geeigneten Plätzen betreffen. In den letzten Tagen sei in der Verteilung der ursprünglich der Kohlenversorgungskommission zugewiesenen Aufgaben insoferne eine Änderung erfolgt, als die Vorkehrungen hinsichtlich des Transportes und der Lagerung der Kohle in das Ressort des Eisenbahnministeriums übernommen worden sind3. Darüber, ob infolge der durch den Kriegszustand hervorgerufenen außerordentlichen Verhältnisse in Wien eine Kohlennot eintreten werde, gehen die Ansichten auseinander; das Ministerium für öffentliche Arbeiten vertrete die Anschauung, dass bei Anhalten der gegenwärtigen Verhältnisse in Wien wenn auch nicht mit einer Kohlennot, so doch mit einer Kohlenknappheit zu rechnen sein werde. Der springende Punkt in der Kohlenversorgung sei naturgemäß die Beistellung von Kohlenwaggons, da, wenn diese nicht im ausreichenden Maße erfolge, auch die Beschaffung der Kohle erfolglos wäre4. Die ausreichende Wagenbeistellung bilde auch die Voraussetzung für die praktische Wertung der vorliegenden Verordnung. Auf den Inhalt des Entwurfes übergehend, führt der sprechende Minister Nachstehendes aus: Die Verordnung solle zunächst Maßnahmen ermöglichen, durch welche die Kohlengewinnung gesteigert wird. Zu diesem Zwecke sehe sie die Inbetriebsetzung gefristeter Bergbaue, die Verfahrung von Über- und Sonntagsschichten, dann die Führung des Betriebes der Bergbaue nach bestimmten Betriebsplänen vor. Ferner werde zur Sicherstellung der Befriedigung eines Kohlenbedarfes, dessen Deckung aus öffentlichen Rücksichten geboten sei, ein Aufforderungsrecht der Staatsverwaltung vorgesehen, kraft dessen die Besitzer von Kohlenbergbauen sowie die Kohlenhändler zur Lieferung von Kohle aus ihren Betrieben verpflichtet werden können. Weitere Bestimmungen der Verordnung betreffen die Schadloshaltung für die angeforderte Kohle, die Behandlung von Anlagen zur Lagerung der Kohle als begünstigte Bauten, dann die Bestrafung von Übertretungen der Verordnung. An diese Darlegungen schließt sich eine längere Diskussion, an welcher sich außer dem sprechenden Minister auch der Justizminister, der Eisenbahnminister, der Handelsminister sowie der Ackerbauminister beteiligen und in deren Zuge Sektionschef Ritter v. Homann fachliche Aufklärungen gibt.

Der Eisenbahnminister betont, dass die vom Minister für öffentliche Arbeiten mit Recht als springender Punkt bezeichnete Transportfrage eigentlich nicht in den Händen der Eisenbahnverwaltung, sondern in denen der militärischen Transportleitung liege. Der sprechende Minister habe sich bisher eifrig bemüht, von dieser militärischen Stelle die Freigabe des erforderlichen Wagenmaterials für volkswirtschaftliche Zwecke und insbesondere auch für die Kohlenversorgung zu erreichen5, was nach seiner Ansicht bei einer zweckmäßigen und umsichtigen Verwendung des zur Verfügung stehenden Materiales gewiss möglich wäre; er werde auch nicht ermangeln, in diesen seinen Bemühungen nachdrücklichst fortzufahren.

Der Handelsminister bemerkt, dass er mit dem Inhalte der Verordnung, soweit diese Maßnahmen zur Steigerung der Kohlengewinnung und die Konstituierung eines staatlichen Anforderungsrechtes gegenüber den Bergbauunternehmungen vorsehe, vollkommen einverstanden sei. Bedenken hätte ihm jedoch das Anforderungsrecht gegenüber den Händlern erweckt und zwar nicht etwa unter dem Gesichtspunkte des Schutzes dieses Berufskreises, sondern aus allgemein volkswirtschaftlichen Erwägungen. Was die Bergbauunternehmungen anlangt, so liege es ja natürlich in ihrem Interesse, möglichst viel zu fördern, und sie würden in der Betätigung dieses Interesses gewiss auch durch das Recht der Staatsverwaltung, die geförderte Kohle in Anspruch zu nehmen, nicht beirrt werden; überdies biete ja die Bestimmung der Verordnung selbst, wonach die Führung von Bergbaubetrieben nach bestimmten Betriebsplänen vorgeschrieben werden könne, eine Handhabe für die Regierung, die Förderung auf einer angemessenen Höhe zu erhalten. Anders liege die Frage bei den Händlern. Für diese sei die Sicherstellung von Kohlenvorräten immerhin mit einem gewissen Risiko verbunden, welches in der Frage des Preises liege, zu dem sie die erstandenen Großvorräte an den Detailhandel und an die Konsumenten abstoßen können. Nur die Chance, auf diese Weise einen entsprechenden Gewinn zu erzielen, bilde für sie den Ansporn zur Betätigung ihres Handels. In der Konstituierung eines staatlichen Anforderungsrechtes liege aber die Drohung, dass die von ihnen vielleicht unter großen Schwierigkeiten beschafften und an die Absatzplätze, speziell nach Wien gebrachten Vorräte ihrer geschäftlichen Tätigkeit entzogen und von der Staatsverwaltung in Anspruch genommen werden. Diese Möglichkeit könnte nur auf die Händler abschreckend wirken und sie veranlassen, ihre Tätigkeit zum Mindesten erheblich einzuschränken. Der Kohlenhandel erfülle aber im volkswirtschaftlichen Leben und speziell unter den gegebenen Verhältnissen eine sehr wichtige Funktion. Gerade dem geschäftlichen Eifer dieses Berufskreises sei es zuzuschreiben, wenn auch unter schwierigen Verkehrsbedingungen doch Vorräte nach Wien gebracht werden. Würde nun durch die geplante Verordnung der Kohlenhandel eine Einschränkung erleiden, so wäre zu befürchten, dass der Kohlenverkehr dadurch auf der einen Seite empfindlicher leidet, als er vielleicht auf der anderen durch die Steigerung der Produktion und das Anforderungsrecht des Staates gehoben wird. Dass die Vorräte an ausländischer Kohle von einem solchen Anforderungsrechte ausgenommen bleiben müssen, werde ja von allen Ministerien anerkannt; aber auch hinsichtlich der inländischen Kohle sei die Sache mit gewissen Bedenken verbunden. Im besonders hohen Maße hätte der sprechende Minister diese Bedenken gegenüber dem Texte des Entwurfes empfunden, wie er in einem früheren Stadium der Verhandlung vorlag. Auch die gegenwärtige Textierung lasse sie nach seiner Ansicht nicht vollständig verschwinden. Immerhin möchte er dem Zustandekommen der geplanten Verordnung nicht weiterhin entgegentreten, zumal er ja anerkenne, dass die ausschließliche Inanspruchnahme der Bergbauunternehmungen durch das staatliche Anforderungsrecht in der Öffentlichkeit vielleicht als eine unbegründete Begünstigung der Händler aufgefasst werden könnte. Er habe aber durch die vorstehenden Ausführungen wenigstens den Ministerrat auf diese Seite der Frage aufmerksam machen zu sollen geglaubt.

Der Ministerrat erteilt sohin die erbetene Zustimmung aufgrund des anverwahrten Textes6.

III. Erklärung des Baues der zwischen Rieden und Lauterach im Zuge der Arlbergerstraße zu errichtenden Brücke als begünstigten Bau

III. ℹ️ Der Minister für öffentliche Arbeiten erbittet und erhält die Zustimmung des Ministerrates, den Bau der zwischen Rieden und Lauterach im Zuge der Arlbergerstraße zu errichtenden Brücke als begünstigten Bau zu erklären.

Da dieses im Eigentum der Stadtgemeinde Bregenz stehende Objekt baufällig sei und große Erhaltungsauslagen verursache, habe die Stadtgemeinde wiederholt um die Übernahme der Brücke in staatliche Erhaltung gebeten. Nach längeren Verhandlungen habe sich das Ministerium für öffentliche Arbeiten bereit erklärt, eine stabile Brücke unter entsprechender Beitragsleistung der Stadtgemeinde zu erbauen und die Erhaltung der neuen Brücke zu übernehmen. Mit Rücksicht auf den durch Hochwasser gefährdeten Bestand der alten Brücke sei behufs beschleunigter Durchführung des Neubaues eine Vereinbarung mit der Stadtgemeinde Bregenz getroffen, wonach sie das Baukapital gegen nachträgliche Abstattung seitens des Staates vorstrecke und für die auflaufenden Zinsen die Maut an der neuen Brücke insolange einhebe, bis diese gedeckt sind. In Anbetracht der durch den Krieg herbeigeführten Arbeitslosigkeit im Lande Vorarlberg, speziell im politischen Bezirke Bregenz, haben die Stadtgemeinde und die Abgeordneten des Bezirkes um den sofortigen Baubeginn ersucht7. Das interministerielle Komitee für die Aktion zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit habe diesen Bau als Notstandsbau anerkannt. Um die Inangriffnahme der Arbeiten zu beschleunigen, habe die Statthalterei Innsbruck um die Erklärung des Baues als „begünstigter Bau“ gemäß der kaiserlichen Verordnung vom 16. Oktober 1914, RGBl. Nr. 284, gebeten. Aufgrund der Erhebungen sei festgestellt, dass die in der bezogenen kaiserlichen Verordnung vorgesehenen Bedingungen erfüllt sind8.

IV. Erwirkung der Ah. Sanktion für den vom steiermärkischen Landtage beschlossenen Gesetzentwurf betreffend die Ergänzung der Bauordnung für Steiermark mit Ausnahme der Stadt Graz samt einem Anhange über die Ziegelerzeugung

IV. ℹ️ Der Minister für öffentliche Arbeiten erbittet und erhält die Zustimmung des Ministerrates zur Erwirkung der Ah. Sanktion für den vom steiermärkischen Landtag beschlossenen Entwurf eines Gesetzes, wodurch die Kundmachung der k. k. Statthalterei vom 9. Februar 1857, LGBl. Nr. 5, II. Abteilung, womit die Bauordnung für Steiermark, mit Ausnahme der Stadt Graz samt einem Anhange über die Ziegelerzeugung bekanntgegeben wird, in der 2. Abteilung für das flache Land ergänzt wird9.

V. Mitteilung des Finanzministers über die Auflegung eines öffentlichen Subskriptionsanlehens

V. ℹ️ Der Finanzminister erinnert daran, dass, wie dem Ministerrat bekannt sei, die finanziellen Mittel für die Kriegführung bisher durch Transaktionen mit der Oesterreichisch-ungarischen Bank und zwar zum größeren Teile durch Konstituierung eines direkten Schuldverhältnisses zwischen Staat und Noteninstitut, zum kleineren Teile aber unter Interzedierung der Großbanken beschafft worden seien10.

Bereits in den Verhandlungen des Ministerrates vom 5., 6. und 7. Oktober d. J., in welchen der sprechende Minister das letzte Übereinkommen mit der Oesterreichisch-ungarischen Bank vortrug, habe er Gelegenheit gehabt, darauf hinzuweisen, dass er für einen späteren Zeitpunkt des laufenden Jahres in Gemeinschaft mit seinem ungarischen Kollegen eine andere Form der Geldbeschaffung ins Auge fasse, nämlich die Auflegung eines öffentlichen Subskriptionsanlehens, eine Finanzoperation, für welche allerdings damals die Situation noch nicht reif war. Gegenwärtig sei nun in dieser Richtung von der ungarischen Regierung eine Initiative eingeleitet worden, insoferne nämlich diese mit einem Subskriptionsanlehen hervorzutreten beabsichtige11. Für den sprechenden Minister sei damit der Anlass geboten worden, auch seinerseits die Frage zu prüfen, ob der jetzige Zeitpunkt für eine entsprechende Aktion in Österreich geeignet sei. In der Tat sei nun die Geldflüssigkeit heute wesentlich erhöht. Durch die gesteigerte Notenemission der Bank und durch die großen, von der Kriegsverwaltung für ihren Bedarf geleisteten Zahlungen seien nämlich sehr nennenswerte Geldmittel in die Öffentlichkeit geströmt, die nicht samt und sonders im allgemeinen Verkehr aufgehen, sondern zu einem erheblichen Teile nach Platzierung drängen. Es erscheine daher gewiss zweckmäßig, diese Konjunktur für die staatliche Anleihe auszunützen, ehe die Geldmittel auf andere Weise wieder gebunden werden.

Schon der erwähnte Umstand sichere einem Subskriptionsanleihen ziemlichen Erfolg. Dazu komme noch, dass die Oesterreichisch-ungarische Bank bereit sei, die Lombardierung anderer Effekten, ja sogar der zu erwerbenden neuen Titres zur Grundlage von Darlehensgeschäften zu machen, deren Erlös vom Publikum für die Übernahme des Anlehens verwendet werden könne. Der sprechende Minister erachte daher die Voraussetzungen für günstig und glaube, dass sich für Österreich in der nächsten Zeit ein Betrag von rund einer Milliarde werde platzieren lassen, während die Anleihe in Ungarn etwa 500 Millionen Kronen liefern würde. Was nun die Modalitäten anbelangt, so sei, wie gesagt, an eine öffentliche Subskriptionsanleihe gedacht, deren Emission sich unmittelbar an das Publikum wendet. Eine Limitierung sei nicht in Aussicht genommen, um dem Erfolg nicht zu präjudizieren. Es sollen 5½%ige Schatzscheine mit 5⁵⁄₁₂-jähriger Dauer zu einem Emissionskurse von 97½% zur Ausgabe gelangen, wonach eine effektive Verzinsung von 6% resultiere, welche nach Ansicht des sprechenden Ministers der Situation angemessen sei und im richtigen Verhältnisse zu den bei der Ausgabe der Kriegsanleihe im Deutschen Reiche festgehaltenen, sowie den für den analogen Vorgang in Ungarn ins Auge gefassten Emissionsbedingungen stehe. Die 5⁵⁄₁₂-jährige Verfallszeit der Schatzscheine sei etwas kürzer als die in Ungarn geplante sechsjährige, sodass Österreich seinerzeit bei der Beschaffung der Geldmittel für die Einlösung die Priorität haben werde. In der verhältnismäßig kurzen Fälligkeit liege keine Gefährdung der staatsfinanziellen Entwicklung in der Zukunft, weil für den Fall, als die Mittel dann nicht leicht beschafft werden könnten, ja immer noch der Weg der obligatorischen Prolongierung offen bliebe, die sich durch gewisse Benefizien für die Inhaber der Titres jeden odiosen Charakters entkleiden ließe. Die Grundlage für diese neuerliche Transaktion würde die in der kaiserlichen Verordnung vom 4. August 1914, RGBl. Nr. 202, enthaltene allgemeine Ermächtigung der Regierung zur Beschaffung der Geldmittel für den Krieg im Wege kurzfristiger Kreditoperationen bilden12. Der sprechende Minister möchte in diesem Zusammenhange erwähnen, dass die auf Österreich entfallende Quote der Ausgaben für Heer und Flotte mit Ende November d. J. in der Gesamthöhe von 2.568,6 Millionen zu veranschlagen sei, sodass mit diesem Zeitpunkte, wenn man die Auslagen der Wehrmacht allein ins Auge fasst, aus den Erlösen der bisherigen Finanzoperationen noch eine Überdeckung von 486 Millionen Kronen zur Verfügung stehen würde. Dieser Rest verringere sich aber mit Rücksicht auf die Ergebnisse der laufenden Gebarung. Abgesehen davon, dass auf der Ausgabenseite sich spezielle Aufwendungen, wie die Fürsorge für Arbeitslosigkeit, Aufrechterhaltung des wirtschaftlichen Lebens etc. ergeben haben, und dass eine Reihe von Auslagen auch im Normalbudget auf den Kreditweg gewiesen sind, habe der begreifliche Rückgang einzelner staatlicher Einnahmsquellen während des Krieges, so der Gebühren, die infolge der Verminderung der Anzahl der abgeschlossenen Rechtsgeschäfte einen Eintrag erleiden, der Verzehrungssteuern, dann der Einnahmen der Staatsbahnverwaltung und dergleichen, endlich der Umstand, dass die vom Feinde besetzten Teile Österreichs überhaupt auf der Einnahmenseite dermalen nicht in Betracht kommen, während sie auf der Ausgabenseite doch bis zu einem gewissen Grade in die Waagschale fallen, den Staatshaushalt auf der ganzen Linie ungünstig beeinflusst, sodass der Erlös der bisherigen Finanzoperationen auch für die innere Verwaltung herangezogen werden musste; es dürfte daher mit Ende November statt der früher genannten Ziffer von 486 Millionen Kronen nur ein Betrag von kaum 248 Millionen zur Verfügung stehen. Der sprechende Minister möchte an die Darlegung dieser Verhältnisse die neuerliche Bitte knüpfen, in allen Ressorts die möglichste Sparsamkeit walten zu lassen.

Der Ministerrat nimmt die Mitteilungen des Finanzministers zustimmend zur Kenntnis13.

VI. Ernennung des Hofrates des Obersten Gerichts- und Kassationshofes Julius Neukirch zum Senatspräsidenten

VI. ℹ️ Der Justizminister bringt dem Ministerrate zur Kenntnis, dass er die Ag. Ernennung des Hofrates des Obersten Gerichts- und Kassationshofes Julius Neukirch zum Senatspräsidenten au. in Antrag zu bringen beabsichtige. Der Genannte, welcher vom Ersten Präsidenten des Gerichtshofes für diese Ernennung vorgeschlagen worden sei, erscheine nach seinem Dienstrange und nach seinen Qualitäten vollkommen geeignet14.

VII. Erwirkung des Komturkreuzes des Franz Joseph-Ordens für den Hofrat der Post- und Telegrafendirektion in Wien Albert Tschugguel

VII. ℹ️ Der Handelsminister erbittet und erhält die Zustimmung des Ministerrates zur Erwirkung des Komturkreuzes des Franz-Joseph-Ordens für den Hofrat der Post- und Telegrafendirektion in Wien Albert Tschugguel. Der Genannte scheidet nach einer in jeder Beziehung vorzüglichen Berufstätigkeit von mehr als 40 Jahren aus dem Staatsdienste15.

VIII. Erwirkung des Ritterkreuzes des Franz-Joseph-Ordens für den Postamtsdirektor in Wien Oskar Eyberger v. Wertenegg

VIII. ℹ️ Der Handelsminister erbittet und erhält die Zustimmung des Ministerrates zur Erwirkung des Ritterkreuzes des Franz Joseph-Ordens für den Postamtsdirektor Oskar Eyberger von Wertenegg in Wien. Der Genannte tritt nach einer mehr als 40-jährigen, sehr zufriedenstellenden Dienstleistung in den dauernden Ruhestand16.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen. Wien, am 12. Jänner 1915. Franz Joseph.