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Nr. 7 Ministerrat, Wien, 1. August 1914

RS.; P. Uebelhör; VS. Stürgkh; BdE. und anw. (Stürgkh 1. 8.), Georgi, Hochenburger, Heinold, Forster, Hussarek, Trnka, Schuster, Zenker, Engel, Morawski.

KZ. 53 – MRZ. 36 – .

Protokoll des zu Wien am 1. August 1914 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze Sr. Exzellenz des Herrn Ministerpräsidenten Grafen Stürgkh.

I. Erlassung einer kaiserlichen Verordnung betreffend ergänzende Bestimmungen zur kaiserlichen Verordnung vom 31. Juli 1914, RGBl. Nr. 193, über eine Stundung privatrechtlicher Forderungen

[I.] ℹ️ Der Justizminister legt dem Ministerrate den Entwurf einer kaiserlichen Verordnung betreffend ergänzende Bestimmungen zur kaiserlichen Verordnung vom 31. Juli 1914, RGBl. Nr. 193, über eine Stundung privatrechtlicher Forderungen vor und erbittet die Zustimmung zur Erwirkung der Erlassung dieser kaiserlichen Verordnung1.

Zur Begründung seines Antrages weist der Justizminister darauf hin, dass es nach Äußerungen aus den beteiligten Kreisen fraglich sei, ob kleinere Kreditinstitute wie die landwirtschaftlichen Spar- und Darlehenskassen, die nach dem Systeme Raiffeisen eingerichtet sind, oder Konsumvereine, die Spareinlagen übernommen haben, in der Lage sein werden, gemäß der kaiserliche Verordnung vom 31. Juli 1914, RGBl. Nr. 193, Beträge bis zu 200 K zurückzuzahlen, da sie nur über sehr beschränkte flüssige Mittel verfügen und unter den gegenwärtigen Umständen sich schwer solche verschaffen können. Um nötigenfalls, namentlich wenn eine Verlängerung der allgemeinen Stundungsanordnung notwendig werden sollte, für Fälle dieser Art sofort Vorsorge treffen zu können, empfehle es sich, der Regierung eine Ermächtigung zur Erlassung der nötigen einschränkenden Bestimmungen zu § 2, Z. 1 bis 4, der zitierten kaiserlichen Verordnung vom 31. Juli 1914, RGBl. Nr. 193, Ag. zu erteilen.

Der sprechende Minister führt weiterhin aus, dass er den gegebenen Anlass dazu benützen zu sollen glaube, um zwecks Zerstreuung aufgetauchter Zweifel in einer mit Gesetzeskraft ausgestatteten Anordnung auch ausdrücklich die Frage zu lösen, welchen Einfluss die Stundung auf die Exekutionsführung zu üben hat. Zu diesem Zwecke soll im § 2 des Entwurfes ausdrücklich verfügt werden, dass während der Stundungsfrist Exekutionshandlungen zugunsten der gestundeten Forderung nicht vorzunehmen und nur jene Exekutionshandlungen wirksam sind, die vorgenommen wurden, bevor die kaiserliche Verordnung über eine Stundung privatrechtlicher Forderungen dem Exekutionsgerichte bekannt geworden ist. Der Ministerpräsident fügt bei, dass die kaiserliche Verordnung erst in jenem Zeitpunkte zur Verlautbarung zu gelangen hätte, in welchem sich die Notwendigkeit ergibt, von der im § 1 dieser Verordnung erteilten Ermächtigung zur Erlassung einschränkender Bestimmungen der besprochenen Art in einem konkreten Falle Gebrauch zu machen.

Der Ministerrat erteilt die vom Justizminister erbetene Zustimmung und genehmigt den vom Ministerpräsidenten beabsichtigten Vorgang hinsichtlich der Verlautbarung der kaiserlichen Verordnung2.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen. Wien, am 14. Oktober 1914. Franz Joseph.