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Nr. 406 Ministerrat, Wien, 19. Juli 1882

RS.; P. Klaps; VS. Falkenhayn; BdE. und anw. (Falkenhayn 19. 7.), Conrad, Pino; BdE. und abw. (Taaffe 23. 7.); abw. Ziemiałkowski, Pražák, Welsersheimb, Dunajewski.

KZ. 75 – MRZ. 62

Protokoll des zu Wien am 19. Juli 1882 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze Sr. Exzellenz des Herrn Ackerbauministers Grafen Falkenhayn.

I. Antrag auf Nichtsanktionierung des vom Salzburger Landtage beschlossenen Gesetzentwurfes betreffend die Abänderung des Landesgesetzes vom 25. Oktober 1877, womit die §§ 6 und 7 des Landesgesetzes vom 17. Jänner 1870 zur Regelung der Rechtsverhältnisse des Lehrstandes an den öffentlichen Volksschulen abgeändert wurden

I. ℹ️Der Minister für Kultus und Unterricht referiert über den vom Salzburger Landtage in der letzten Session beschlossenen [Gesetzentwurfes betreffend die Abänderung des Landes]ge[setzes vom 25. Ok]tober 1877 Nr. 371 [w]omit die §§ 6 und 7 [des] Landesgesetzes vom 17. Jänner 1870 zur Regelung der Rechtsverhältnisse des Lehrstandes an den öffentlichen Volksschulen2 abgeändert wurden3. Infolge des Landesgesetzes für Salzburg vom 24. November 1863, betreffend das Schulpatronat und die Kostenbestreitung für die Lokalitäten der Volksschulen4, ist das Schulpatronat des Stiftes Mattsee entfallen und das mit diesem Patronate verbunden gewesene Präsentationsrecht für die Schuldienste in den Gemeinden Seeham und Obertrum auf diese Gemeinden übergegangen. Durch das Landesgesetz vom 17. Jänner 1870 zur Regelung [d]er Rechtsverhältnisse des Lehrstandes an den öffentlichen Volksschulen und durch den die Pflicht der Gemeinden zur Herstellung und Erhaltung der Schullokalitäten normierenden § 37 des Landesgesetzes vom 10. Jänner 1870 zur Regelung der Errichtung, der Erhaltung und des Besuches der öffentlichen Volksschulen5, ist das erwähnte Präsentationsrecht der beiden genannten Gemeinden tatsächlich unberührt geblieben und erst infolge des Landesgesetzes vom 25. Oktober 1877, womit die §§ 6 und 7 des Landesgesetzes vom 17. Jänner 1870 zur Regelung der Rechtsverhältnisse des Lehrstandes abgeändert wurden, haben die genannten Gemeinden das Präsentationsrecht verloren und ist [] [auf den] Landesfürstena [üb]ergegangen. [Von die]sem werden auch gegenwärtig nach dem Landesgesetze vom 5. November 18806 außer den Kosten für die Schullokalitäten, deren Beheizung, Beleuchtung und Reinigung und für die Lehrerwohnung alle sachlichen Bedürfnisse der Volksschulen und die Bezüge des Lehrpersonales bestritten.

Der Landtag (Majorität) habe nun in diesem Gesetze eine Unbilligkeit erblickt gegenüber den Gemeinden Seeham und Obertrum, da dieselben die gesamten Baukosten für ihre Schulen ohne Inanspruchnahme eines Patronatsbeitrages bestritten haben und zur Behebung dieser Unbilligkeit den eing[an]gs erwähnten Gesetzentwurf beschlossen. Nach diesem Gesetzentwurfe solle das Landesgesetz vom 25. Oktober 1877 durch den Zusatz einer Ausnahmsbestimmung dahin abgeändert werden, dass den Gemeinden Seeham und Obertrum das Präsentationsrecht zu bleiben habe.

Er (Minister für Kultus und Unterricht) könne nun für diesen Gesetzentwurf die Ah. Sanktion nicht beantragen, da eine solche Ausnahme zugunsten von ein paar Gemeinden schon wegen der daraus folgenden Konsequenzen nicht zu begründen, noch weniger aber nach dem heutigen Standpunkte der Reichsvolksschul-Gesetzgebung zulässig wäre. Zunächst komme ja in Be[tracht] [] Ge[meinden die Kosten] der Her[stellung und Er]haltung ih[rer Schulen] nicht aufgrund des Patronates, welches durch das Gesetz vom 24. November 1863 gänzlich entfallen und nicht auf die Gemeinden übergegangen ist, zu bestreiten haben, sondern ihnen dies gleich allen übrigen Gemeinden des Landes aufgrund des dem Wortlaute nach mit dem Gesetze vom 5. November 1880 geänderten § 37 des Schulerrichtungsgesetzes vom 10. Jänner 1870 obliegt. Ebenso würde, bei dem jetzt bestehenden Erhaltungsmodus der Schulen in Salzburg, wo die Gehalte usf. der Lehrer von den Gemeinden nicht bestritten werden, ein Präsentations[r]echt derselben, dem im § 50 des Reichsvolksschulgesetzes vom 14. Mai 1869 ausgesprochenen Grundsatze widerstreiten7. Es erscheine daher nicht gerechtfertigt, zwei einzelnen Gemeinden ausnahmsweise eine Begünstigung zuzuwenden, welche gewiss zu Klagen Anlass bieten würde. Abgesehen übrigens von diesen sachlichen Bedenken würden selbst auch schon die diesem Gesetzentwurfe anhängenden formellen Gebrechen dessen Sanktionierung nicht geeignet erscheinen lassen. So enthalte unter anderem die Überschrift des Gesetzes eine ganz unpassende und unrichtige Bezeichnung. Dieselbe lautet: „Gesetz, womit der § 7 usf. durch einen ‚Zusatzantrag‘ abgeändert wird“.b [Es sei] nicht rich[tig, dass §] 7 des Gesetzes [vom 25. Okto]ber 1877 abgeändert werden soll, sondern der fünfte Absatz des Artikel I dieses Gesetzes. Mit einem Worte, es könne dies als eine höchst schleuderhafte Arbeit bezeichnet werden. Unter solchen Umständen sehe sich der Minister für Kultus und Unterricht bemüßigt, bei Sr. k. u. k. apost. Majestät den au. Antrag zu stellen, diesem Gesetzentwurfe die Ah. Sanktion nicht zu erteilen.

Die übrigen Konferenzmitglieder erklären sich damit einverstanden8.

II. Antrag auf Verleihung des Ritterkreuzes des Franz-Joseph-Ordens an den Dechant des Wyschehrader Kapitels, Johann Berkowetz

[II.] ℹ️Der Minister für Kultus und Unterricht erbittet sich weiters die Zustimmung der Konferenz zu seinem Vorhaben, bei Sr. k. u. k. apost. Majestät die Ag. Verleihung des Ritterkreuzes des Franz-Joseph-Ordens an den Dechant des Wyschehrader Kollegialkapitels, Johann Berkowetz, zu beantragen. Der Genannte werde als ein frommer, pflichtgetreuer Mann von ehrenhaftem Charakter und wissenschaftlicher Bildung bezeichnet, welcher nebstdem eine korrekte staatsbürgerliche Haltung und einen makellosen Lebenswandel beobachtet und sich stets als ein Förderer und Wohltäter der Schule und hilfreicher Freund der Armen bewährt hat. In solchem Sinne sprechen [sich] der [Statthalter von] Böhmen sowie [der Erz]bischof Kardinal Schwarzenberg aus. Berkowetz erscheine daher mit Rücksicht auf seine um Staat und Kirche erworbenen Verdienste einer Ah. Auszeichnung würdig. Die übrigen Konferenzmitglieder erteilen dem Minister für Kultus und Unterricht ihre Zustimmung zu diesem Auszeichnungsantrage9.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 3. September 1882. Franz Joseph.