Nr. 390 Ministerrat, Wien, 20. Mai 1882
RS.Reinschrift; P. Jaeger; VS.Vorsitz Taaffe; BdE.Bestätigung der Einsicht und anw.anwesend (Taaffe 20. 5.), Ziemiałkowski, Falkenhayn, Pražák, Conrad, Welsersheimb, Dunajewski, Pino.
- I. Eventuelle Ermächtigung behufs der Erwirkung der Ah. Sanktion für die Gesetzentwürfe betreffend die Petroleumsteuer und den allgemeinen Zolltarif.
- II. Wegen Sanktionierung des Gesetzesentwurfes betreffend die Abänderung der strafrechtlichen Bestimmungen der Tierseuchengesetze.
- III. Beantwortung der Interpellation der Abgeordneten v. Zallinger und Genossen betreffend den Zinsfuß der Hypothekardarlehen der Sparkassen.
- IV. Regelung der Sprache der Staatsprüfungen bei der Staatsprüfungskommission in Prag.
- I. Eventuelle Ermächtigung behufs der Erwirkung der Ah. Sanktion für die Gesetzentwürfe betreffend die Petroleumsteuer und den allgemeinen Zolltarif
- II. Wegen Sanktionierung des Gesetzesentwurfes betreffend die Abänderung der strafrechtlichen Bestimmungen der Tierseuchengesetze
- III. Beantwortung der Interpellation der Abgeordneten v. Zallinger und Genossen betreffend den Zinsfuß der Hypothekardarlehen der Sparkassen
- IV. Regelung der Sprache der Staatsprüfungen bei der Staatsprüfungskommission in Prag
KZ. 56 – MRZ. 46
[Protokoll des zu Wien am 20. Mai 1882 abgehaltenen] Ministerra[tes] unter dem Vorsitze Sr. Exzellenz des Herrn Ministerpräsidenten Grafen Taaffe.
I. Eventuelle Ermächtigung behufs der Erwirkung der Ah. Sanktion für die Gesetzentwürfe betreffend die Petroleumsteuer und den allgemeinen Zolltarif
I. ℹ️Über Anregung des Finanzministers erteilt der Ministerrat die Ermächtigung, dass für den []ab[] vom Finanz[minister] bzw. [vom] Handelsminister [fü]r die Gesetzentwürfe betreffend die Petroleumsteuer und betreffend den allgemeinen Zolltarif bei Sr. Majestät die Ah. Sanktion erwirkt werde1,2.
II. Wegen Sanktionierung des Gesetzesentwurfes betreffend die Abänderung der strafrechtlichen Bestimmungen der Tierseuchengesetze
II. ℹ️Der Leiter des Justizministeriums Minister Dr. Pražák erbittet sich und erhält die Zustimmung des Ministerrates behufs der Erwirkung der Ah. Sanktion für den vom Reichsrate beschlo[ssenen Gesetzesentwurf betreffend die Abänderung der strafrechtlichen Bestimmungen der Tierseuchengesetze der Gesetze vom 29. Februar] 1880; RGBl. Nr. 35 und 373,4.
III. Beantwortung der Interpellation der Abgeordneten v. Zallinger und Genossen betreffend den Zinsfuß der Hypothekardarlehen der Sparkassen
III. ℹ️Der Ministerpräsident als Leiter des Ministeriums des Innern beabsichtigt, die Interpellation der Abgeordneten v. Zallinger und Genossen betreffend den Übelstand des zu hohen Zinsfußes der Hypothekardarlehen der Sparkassen in der aus der Anlage ersichtlichen Weise zu beantwortena .
Der Ministerrat erklärt sich mit dem Antwortsvorschlage einhellig einverstanden.
[] zur [] [Ein]kommensteuer [] [Pass]ivzinsen ver[] [di]eselben nicht in die [La]ge kommen dürften, den Zinsfuß der Hypothekardarlehen herabzusetzen. Es müsste also vor allem die Befreiung von der Besteuerung der Passivzinsen eintreten. Der Finanzminister bemerkt, dass leider der Umstand, dass die Darlehensgeber nicht namhaft gemacht werden, die Regierung zwinge, die Institute zu besteuern5.
IV. Regelung der Sprache der Staatsprüfungen bei der Staatsprüfungskommission in Prag
[IV.] ℹ️[]kommission in Prag. Es gelte, anlässlich der Aktivierung der böhmischen Universität in Prag6 eine Regelung dahin zu treffen, dass bei den Prüfungskandidaten vollkommene Kenntnis der deutschen Sprache und die Fähigkeit, sich ihrer zu bedienen sichergestellt werde. Nachdem hinsichtlich der philosophischen Fakultät bereits die Anordnung besteht, dass jeder, welcher die Lehramtsprüfung in böhmischer Sprache ablegt, auch zu einer Prüfung aus dem deutschen Sprachfache verhalten wird und nachdem hinsichtlich der Mediziner die Anstellung im öffentlichen Sanitätsdienste von der Ablegung7 [] [Sch]ule [] [d]en Staats[prüfungen] beziehen. [Für] die diesfalls einzu[fü]hrenden Anordnungen wurden das Professorenkollegium der Prager Rechtsfakultät und der Statthalter befragt8. In dem Professorenkollegium machte sich in einigen Punkten geschlossen eine Majoritäts- und eine Minoritätsanschauung geltend. Einig waren beide Parteien des Professorenkollegiums darin, dass eine einheitliche Staatsprüfungskommission für alle drei Staatsprüfungen aufrecht bleiben und dass bei jeder [] [deutsch]en Sprache durch teil[weise] Prüfung in derselben stattfinden solle.
In Bezug auf den Prüfungsvorgang würde von der Majorität des Professorenkollegiums auch die Forderung erhoben, dass zur Erprobung der deutschen Sprachkenntnis neben der mündlichen Prüfung auch eine schriftliche Prüfung mittelst einer Klausurarbeit abgehalten werde. Weiters sei es die Forderung der Majorität, dass die ungenügende Kenntnis der deutschen Sprache die Reprobation der Kandidaten zur Folge haben soll. Die Minorität wende sich gegen die Einführung schrift[licher] [] rei[] Sprachkennt[nisse. Für da]s Prüfungser[gebnis] aber beantrage [die] Minorität die Einführung eines doppelten Kalküls für Fachwissen einerseits und für Sprachkenntnis andererseits, sodass bei Unzureichenheit der Sprachkenntnis eine Nachprüfung lediglich aus dem betreffenden Fache und nur zur Erprobung der Sprachkenntnisse stattzufinden hätte. Der Statthalter erkläre sich hinsichtlich der schriftlichen Prüfungen für deren Einführung, also für die Anschauung der Majorität, akzeptiere jedoch in Bezug [] Erwägung aller [ein]schlägigen Momente proponiert der Minister die Regelung in der Weise vorzunehmen, wie es der aus der Anlage ersichtliche Verordnungsentwurf darstelleb . Darnach sollen folgende Gesichtspunkte gelten:
Der Bestand einer einheitlichen Staatsprüfungskommission; die Forderung, dass, im Falle die Prüfung in deutscher und böhmischer Sprache abgelegt wird, dieselbe mindestens aus einem Prüfungsfache (bei allen drei Staatsprüfungen) in deutscher Sprache abzulegen ist; die Folge der Reprobation [] zu be[]. [Es gelten] analoge Prüfungs[ord]nung für die Rigoro[sen], wenn das Doktorat der [b]öhmischen Universität die gleiche Wirkung mit den Staatsprüfungen haben soll. Von der Einführung einer schriftlichen Klausurarbeit, die für die theoretischen Staatsprüfungen eine anomale Einrichtung wäre, sehe er bei seiner Proposition ab.
Minister Dr. Pražák bemerkt, dass es wünschenswert gewesen wäre, die Einrichtung so zu treffen, dass in gleicher Weise auch die Deutschen bei []te zweisprachige Prü[fun]gsmethode nur auf die Böhmen berechnet sei, dann geschehen würde, wenn für die Deutschen umgekehrt der Modus eingeführt würde, bei jeder Prüfung aus einem Gegenstande in böhmischer Sprache geprüft zu werden.
Der Finanzminister wendet sich gegen die Bestimmung, wonach eine Reprobierung wegen ungenügender Kenntnis der deutschen Sprache stattfinden solle. Er möchte diese Bestimmung aus der Verordnung gänzlich eliminieren und höchstens angeordnet wissen, dass im Falle einer geringen Kenntnis der deutschen Sprache [] der Ge[genstand,] welcher bei [einer Staats]prüfung in deut[scher S]prache geprüft wird, von [v]orneherein durch die Verordnung zu bestimmen, wobei so vorzugehen wäre, dass in Wesenheit Fächer des positiven Rechtes für die deutsche Prüfung gewählt würdenc .
Der Handelsminister glaubt, es sei am geeignetsten, wenn man die Wahl des Gegenstandes der deutschen Prüfung dem Kandidaten überlässt. Im Falle der konstatierten Unzureichenheit der Kenntnis der deutschen Sprache wäre der Kandidat aber in den [].
[] wird beschlossen, die Beschlussfassung über den Ver[ordnu]ngsentwurf auf eine der nächsten Sitzungen zu vertagend,e,9.
Wien, am 20. Mai 1882. Taaffe.
Ah. E.Allerhöchste Entschließung Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen. Wien, am 27. Juni 1882. Franz Joseph.