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Nr. 34 Ministerrat, Wien, 25. Jänner 1872 – Protokoll II

RS. und bA.; P. Weber; VS. Auersperg; BdE. und anw. (Auersperg 25.1.); Lasser 2. 2., Banhans 3. 2., Stremayr, Glaser, Unger, Chlumecký 5. 2., Pretis 6. 2.; außerdem anw. Koller.

KZ. 100 – MRZ. 19

Protokoll II des zu Wien am 25. Jänner 1872 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze Sr. Durchlaucht des Herrn Ministerpräsidenten Fürsten Auersperg.

I. Auszeichnungsanträge aus Böhmen

I. ℹ️ Der Minister des Innern hält es für erwünscht, die Anwesenheit des Statthalters von Böhmen zur Beratung der von letzterem vorgelegten Auszeichnungsanträge zu benützen.1

Bevor er in die Detailanträge eingeht, schickt er die leitenden Grundsätze voraus, die sich die Regierung nach seiner Ansicht dabei gegenwärtig zu halten hätte, und die er in den Anträgen des Statthalters so eingehalten findet, dass er sich in der Lage sieht, allen diesen Anträgen beizutreten. Es sei ein unrichtiger Gesichtspunkt, wenn man, wie es bisher großenteils geschah, diejenigen übergehen zu dürfen glaubt, deren sich die Regierung ohnehin versichert hält, dagegen aber die Schwankenden durch Auszeichnungen zu gewinnen sucht. Die Erfahrung habe gezeigt, dass solche Schwankende, kaum gewonnen, wieder in das entgegengesetzte Schwanken verfielen, ja dass durch diese Methode, die eine Art Kaufpreis hoffen ließ, Ehrgeizige geradezu verlockt wurden, zur Opposition zu halten. [Allerdings] sei man auch [der Opposi]tion schuldig, un[politisch] zu sein, wo es sich [um die] Anwendung von Gesetz [und Recht] handelt, bei Gunst[bezeigungen] aber, auf welche ein Rechtsanspruch nicht [besteht], die man gewähren und unterlassen kann, müsse [man seine] Freunde berücksichtigen und nicht halblaue [Anhän]ger oder Gegner. Dies sei der Ausgangspunkt der Anträge, und von [diesem] aus halte der die Vor[schläge] des Statthalters, die [] die bisherige unverfälschliche mit Aufopferung verbundene mit Wort und [Tat] unter schwierigen Verhältnissen bewährte Anhänglichkeit an die Staatsgrundgesetze basieren, für voll[kommen] begründet. Die weiter in Betracht kommenden Kriterien seien eine hervorragende soziale Stellung, ein ehrenhafter Charakter, und Verdienstlichkeit durch sonstiges patriotisches Wirken. Auch diese Kriterien haben die vorliegenden Anträge an sich.

Der Ministerpräsident macht die Bemerkung, dass auch die Art der Auszeichnung zu berücksichtigen sei. Unter dem Bürgerministerium sei es förmlich Methode geworden, stets andere Auszeichnungen zu erwirken, als beantragt waren, z. B. jemanden, der zur geheimen Ratswürde vorgeschlagen war, zum Herrenhausmitglied zu ernennen. Dies führte zu der unliebsamen Folge, dass die Auszeichnung dem Betreffenden zuweilen gar nicht angenehm war, weil sie seinen Verhältnissen gar nicht zusagte, und dass die Regierung mit einem solchen Akt keinen Freund erwarb. Der Minister des Innern übergeht nun zu den speziellen Anträgen. Zur Verleihung der geheimen Ratswürde sind vorgeschlagen:

[Johann Lexa] Freiherr von [Aehren]thal2, [Graf] Oktavian Kinsky3, [Graf] Adolf Ledebour4, [Graf] Oswald Thun5. [Nach]dem die Begrün[dung] dieser Anträge mitge[teilt] worden, betont [der] Ministerpräsident die [beson]dere Pflichttreue des Baron [Aehren]thal, der obwohl erblindet, [keine] Landtagssitzung auslässt, [nie] den Saal verlässt, und [sich] mit der größten Gewissenhaftigkeit an allen Verhand[lungen] beteiligt. Bezüglich des Grafen Oswald Thun, der bereits im Jahre 1868 für das Kommandeurkreuz des Leopoldordens beantragt war, welcher Antrag [nun]mehr deshalb eine Abän[derung] erfuhr, weil Graf Oswald Thun Majoratsherr geworden ist, während sein jüngerer Bruder Sigmund als Statthalter von Mähren6 die geheime Ratswürde bereits erhalten hat, hebt der Ministerpräsident insbesondere den bei jeder Gelegenheit und speziell im 1859er und schleswig-holsteinschen Kriege betätigten patriotischen Sinn hervor. Diese beiden Feldzüge haben der genannte Graf, obwohl Familienvater und Chef der ältesten Linie, in der Eigenschaft eines Rittmeisters mitgemacht. Sowohl in den böhmischen als deutschen Bezirken, in denen seine Besitzungen liegen, sei er beliebt und geachtet, und wurde daselbst wiederholt zum Bürgermeister gewählt.7 Der Handelsminister fügt bei, dass Graf Oswald Thun einer der wohltätigsten Großgrundbesitzer Böhmens, und der einzige als Chef der gräflich Thunschen Linien ist, der noch nicht die geheime Ratswürde besitzt.

Die Konferenz ist mit den vier Anträgen auf Verleihung der geheimen Ratswürde einhellig einverstanden.

[Für die] Eiserne Krone II. Klasse [sind vor]geschlagen: [der Kreuzherrenordensgeneral] Johann Jestřzábek8, [der] Prager Domdechant (zum[Dom]probst gewählt) Dr. Adolph [Würfel]9 bei. Für das Komturkreuz [des] Franz-Joseph-Ordens: der Prior und Johanniter[ordens]komtur Johann Jaresch10. Für den Orden der Eisernen Krone III. Klasse: der Bürgermeister Claudi von Budweis11, gewesener Oberst[land]marschallstellvertreter, der Bezirksobmann von Aussig und Reichsratsabgeordnete Karl Wolfrum12.

Die vorstehenden Anträge werden einhellig akzeptiert.

Der Minister des Innern bringt nun einen früheren Antrag des Statthalters Baron Koller ddto. 29. Jänner 1870 zur Sprache, worin Baron Franz Korb von Weidenheim für das Komturkreuz des Franz-Joseph-Ordens vorgeschlagen wird.13 Der Ministerpräsident beantragt für den Baron Franz Korb von Weidenheim den Orden der Eisernen Krone II. Klasse und bringt weiter die Auszeichnung des Grafen Clemens Zedtwitz14 mit dem Komturkreuz des Franz-Joseph-Ordens in Anregung. Beide Anträge werden ebenso, wie der Antrag des Handelsministers auf Verleihung der Eisernen Krone III. Klasse für den Reichsratsabgeordneten Dr. Klier15 mit Stimmeneinhelligkeit angenommen.

Der Minister des Innern bringt weiter zur Sprache, dass in früheren Berichten (1869) die Aufmerksamkeit der Regierung auf die Fürsten Colloredo-Mannsfeld und Eduard Schönburg gelenkt wird16. [] für angemessen, dass [Schön]burg, Ritter des gol[denen] Vlieses, welchem aner[kannter]weise an Hingebung [] gleichkommt, aus dem vor[stehen]den Anlass Sr. Majestät [eine] seinem Range ent[sprechende] Auszeichnung gegen[wärtig] gehalten werde. Der Ministerpräsident [spricht] einer Auszeichnung für [den] greisen Fürsten Schönburg [warm] das Wort, schildert dessen aufopfernde Tätigkeit in den [Ple]nar- und Kommissionssitzungen des Landtags, und beantragt für denselben das Großkreuz des Stephanordens, indem er beifügt, dass er den Fürsten Schönburg in die erste Reihe aller zur Auszeichnung Beantragten stellen würde. Was den Fürsten Colloredo anbelangt, so würde für denselben eine Ah. Auszeichnung von unendlichem Werte sein, welche vorzuschlagen sich dem Wirkungskreis des Ministeriums vollkommen entzieht. Er habe sich erlaubt, Sr. Majestät ohne einen Vorschlag zu erstatten, die au. Bitte vorzutragen, einige Persönlichkeiten, und zwar die Fürsten Colloredo, Ferdinand Kinsky17, Starhemberg, Khevenhüller und Clary18, sofern Se. Majestät einmal geruhen sollten, diesen Grad der Ah. Auszeichnung zu verleihen, der Ag. Berücksichtigung zu würdigen, und Se. Majestät haben diese seine au. Andeutung gnädigst entgegenzunehmen geruht. Nachdem noch der Handelsminister aus eigner Erfahrung im böhmischen Landtag die bewunderungswürdige Pflichttreue des Fürsten Schönburg hervorhob, einigt sich die Konferenz einhellig, für den genannten Fürsten das Großkreuz des Stephanordens bei Sr. Majestät au. in Antrag zu bringen. Weiters genehmigt die Konferenz den auf einen früheren [] Statthalters gegrün[deten] Antrag des Ministers des [Innern] für den Grafen Rudolph [Morzin] das Großkreuz des Leo[poldor]dens au. [zu bea]ntragen.19 Schließlich erlaubt sich der Handelsminister den Domänen[verwalter] Dr. Daubek20, welcher seit [Jahren] als Mitglied das Land[tags] und Reichsrats, dann als [Vertr]auensmann der Regie[rung] bei der Grundentlastungs[landes]kommission und anderen [ähn]lichen Kommissionen tätig ist, [zu] den wohltätigsten Bürgern Böhmens gehört, bei allen Kirchen- [und] Schulbauten, und überhaupt überall, wo es gilt, gemeinnützige Zwecke zu fördern, sich in hervorragender Weise betei[ligt], für das Ritterkreuz der [Eisernen] Krone III. Klasse und den bereits zur Zeit des Bürgerministeriums in Vorschlag gewesenen Bürgermeister Seifert in Staab, welcher wiederholt Landtagsabgeordneter war, schon über 25 Jahre Bürgermeister in Staab ist21, und sich als solcher sehr tätig und loyal bewiesen, in Anerkennung dieser Tätigkeit und seines verdienstlichen Wirkens auf dem Gebiete der Landeskultur, insbesondere in Absicht auf die Hebung des Kartoffelbaues im westlichen Böhmen für die Ag. Verleihung des Ritterkreuzes vom Franz-Joseph-Orden in Antrag zu bringen.

Die Konferenz erteilt diesen beiden Anträgen ihre Zustimmung.22

Schließlich bemerkt der Ministerpräsident, dass es angemessen erscheine, bei diesem Anlasse auch Mähren zu berücksichtigen, dass aber die Anträge bezüglich Mährens einer späteren Konferenz vorzubehalten wären, während jene aus Böhmen mit Rücksicht auf die Landtagsauflösung um so dringender erscheinen, als die gegnerische Seite fortfährt, den Bestand des Ministeriums in Frage zu stellen und Personen, die aus Hofkreisen nach Böhmen zurückkehren, sehr tröstliche Nachrichten über angebliche günstige Aussichten [] []chischen Ausgleich zu []en bemüht ist. [N]ach den vorstehenden []ßen des Ministerrates [] sonach Sr. Majestät [aller]untertänigst vorzu[schla]gen, [zur] Verleihung des Großkreuzes vom Stephansordens: Fürst Eduard Schönburg.

[Der] geheimen Ratswürde: [Johann] Lexa Freiherr von Aehrenthal, [Graf] Oktavian Kinsky, [Graf] Adolph Ledebour, [Graf] Oswald Thun. [Des] Großkreuzes vom Leopold[orden]: Graf Rudolph Morzin. [Der] Eisernen Krone II. Klasse: Kreuzherrenordensgeneral Johann Jestřábek, Domdechant Dr. Adolph Würfel, [Baron] Franz Korb von Weidenheim. [Des] Komturkreuzes vom Franz-Joseph-Orden: der Prior und Johanniterordenskomtur Johann Jaresch, Graf Clemens Zedtwitz. Der Eisernen Krone III. Klasse: Bürgermeister Claudi in Budweis, Reichsratsabgeordneter Bezirksobmann Wolfrum in Aussig, Reichsratsabgeordneter Dr. Klier in Tetschen, Reichsratsabgeordneter Dr. Daubek. Für das Ritterkreuz des Franz-Joseph-Ordens: Bürgermeister Seifert in Staab.23

II. Frage der Bestätigung der Bezirksobmänner Fürst Lobkowitz und Dr. Esop

II. ℹ️Der Minister des Innern bringt die Frage der Ah. Bestätigung des zum Bezirksobmann gewählten Fürsten Georg Lobkowitz in Melnik, und des Dr. Esop in Neubidschow zur Sprache, worüber er die Schlussfassung bis zur Ankunft des Statthalters ausgesetzt hat.24

Er habe sich aus den Akten einen Überblick darüber verschafft, wie in dieser Beziehung bisher vorgegangen wurde, und wie weit das Moment der hervorragenden Beteiligung der Opposition in Böhmen auf die Bestätigung oder Nichtbestätigung [ge]nommen hat. [Aus] der Liste, die er zu[sammen]stellen ließ, und der Kon[ferenz] mitteilt, sei zu ersehen, dass [bei] den diesfälligen An[trägen sehr] ungleichmäßig [vorge]gangen wurde, so dass [man] Oppositionsmänner von hervorragender Bedeutung [zur] Bestätigung, und minder bedeutende Persönlichkeiten [zur] Nichtbestätigung vorge[schla]gen findet.

Der Ministerpräsident [bemerkt] zur Aufklärung die[ser] Erscheinung, dass das dama[lige] Ministerium, so lange es [sich] stark fühlte, fest auftrat, [von] der Anschauung ausging, [mit] den Deklaranten sei kein Ausgleich möglich, alle versöhnenden Schritte seien unnütz, [und] demgemäß zur Bestätigung in einem, an den Eid [auf] die Verfassung gebundenen autonomen Amte, niemanden vorschlug, der durch den Beitritt zur Deklaration die Verfassung negiert hatte. Je mehr das Ministerium seinen Halt verlor, desto konzilianter sei es geworden, und desto geneigter, Anknüpfungspunkte mit der Opposition zu suchen und aus dieser Zeit datieren die Anträge auf Bestätigung selbst hervorragender Führer der Oppositionspartei in dem wichtigen autonomen Amte eines Bezirksobmanns. Er wäre der Meinung, dass das gegenwärtige Ministerium sich prinzipiell dahin aussprechen sollte, niemanden, der durch den Beitritt zur Deklaration die Nichtanerkennung der bestehenden Gesetze erklärt hat, Sr. Majestät zur Bestätigung in Antrag zu bringen. Er für seine Person könnte als Regierungsorgan Sr. Majestät niemals darauf einraten, einem solchen Mann eine so wichtige Stellung, wie die eines Bezirksobmannes zu verleihen. Selbstverständlich hätte dieses Prinzip nur gegen solche Personen in Anwendung zu kommen, welche ihrem Beitritt zu Deklaration [] konstatiert haben.

Nachdem der Minister des Innern diesen Antrag []irt, und der Handelsminister denselben [mit] dem Bemerken unterstützt, [dass] die Bezirksvertretungen [ihrer] Organisation an sich [Instit]utionen sind, welche das [Re]gieren erschweren, umso[mehr], wenn Männer an der [Spitze] stehen, welche die Re[gierung] nicht nur nicht unterstützen, sondern ihr in allem und jedem Hindernisse bereiten, nachdem ferner auch der Finanzminister es als eine [mo]ralische Verpflichtung der Regierung erklärt, derlei Personen nicht zur Ah. [Be]stätigung zu empfehlen, erklärt der Statthalter Baron Koller, dass er dieser – allerdings etwas scharfen Maßregel – vollkommen beistimme, ja einen eminenten Vorteil daran finde, wobei er nur bemerkt, dass viele Deklaranten schon als Obmänner bestätigt sind, und ohne gesetzlichen Grund nicht abgesetzt werden können.

Die Richtung im Jahre 1869 sei ungefähr die gewesen, dass man, wenn im Falle einer Nichtbestätigung eine demonstrative Wiederwahl stattfand, was dermal wieder zu erwarten ist, die Ausmerzung solange fortgesetzt worden ist, bis die Bevölkerung des Provisoriums müde, sich zur Wahl eines Nichtdeklaranten entschloss. So habe er, da er es unzulässig fand, einen Deklaranten einen falschen Eid schwören zu lassen, endlich die Wahl Dittrichs zum Bürgermeister in Prag25 durchgesetzt, der zwar im Herzen ein Tscheche, aber damals wenigstens kein Deklarant war. Als er dem Dr. Bielsky, der nach Klaudi durchaus Bürgermeister werden wollte,26 und sich nach der Aussicht auf Bestätigung erkundigte, die Deklaration und das Formular des Eides vorwies, wollte derselbe sich selbst ein [] [ent]werfen, denn []ören der Deklaration [] [po]litischer Tod.

Nachdem [] statthaft bezeichnet [] []te sich Dr. Bielsky [] []gung bereit, indem [er be]merkte, Verfassungen wech[] leiste den Eid auf eine [Ver]fassung, die man wünscht, [] vielleicht kommt. Und [er sei] ein Mann gewesen, der [zu] den Bestgeachteten der Par[tei] gehört.

Nach dieser Diskussion wird [der] Antrag des Ministerpräsidenten einhellig genehmigt.27

III. Strafprozessordnung, Einführungsgesetz zu derselben, und Gesetz wegen zeitweiliger Einstellung der Geschworenengerichte

III. ℹ️ Der Justizminister referiert über die Strafprozessordnung und das Gesetz, betreffend die zeitweise Einstellung [der] Geschworenengerichte.28

Er schickt voraus, der Ministerpräsident habe die Güte gehabt, in Bezug auf die Strafprozessordnung und die sich hinsichtlich derselben sich ergebenden verschiedenen Fragen ein Komitee bestehend aus den Ministern von Stremayr, Unger und von Chlumecký, zur Seite zu geben. Mit diesem Komitee wurden sowohl die Prinzipien der Strafprozessordnung als auch jene Maßregeln durchberaten, die angesichts der politischen Verhältnisse bezüglich der Jury zu ergreifen sind. In letzterer Hinsicht habe sich das Komitee über drei Punkte geeinigt:

1) dass auf dem Boden der Staatsgrundgesetze, welche bestehen, und zur Zeit gewiss nicht geändert werden können, eine gewisse Erleichterung dadurch zu erzielen ist, dass an die Stelle der exklusiven Pressjury ein auch über gemeine Verbrechen urteilendes Schwurgericht gesetzt wird;

2) dass das Gesetz über die Bildung der Geschworenenlisten, welche den Gemeindevertretungen aus der Hand genommen werden muss, entsprechend abzuändern ist.

Die Ausarbeitung von Gesetzentwürfen in diesem [] wegen des De[] verzögert, werde [in kurzer] Zeit beendet [sein]. [] dieser beiden [] konnte sich das [] [der] Überzeugung nicht [verschlie]ßen, dass angesichts der []chen Zustände Maßregeln [notwen]dig sind, um dem Ge[] absolut gesicherter Straf[bar]keit, welches dort eingerissen ist, und sich neuestens in [] exzessivsten Missbrauch [] den Ah. Namen []enden Manifesten kund[ge]geben hat, wirksame Schranken zu setzen. In dieser [Bezie]hung einigte sich schließlich das Komitee, dass gleichzeitig [mit] dem Gesetze über die [Straf]prozessordnung ein Gesetz eingebracht werden soll, welches der Regierung die [Macht] gibt, die Jury zeitweilig [] bestimmte Gebiete, sei es [] alle strafbaren Handlungen, [] für einzelne Arten [] zu suspendieren. Was die Methode anbelangt, entschied man sich dafür, dass [die] Suspension durch kaiserliche Verordnung unter Gegen[z]eichnung des Gesamtministeriums zu erfolgen, und in der Regel nur sechs Monate zu währen hat, wenn nicht inzwischen durch ein Gesetz die Verlängerung ausgesprochen wird. Dies der wesentliche Inhalt des beiliegenden Gesetzentwurfes.a

Indem der Justizminister [nun] auf die Strafprozessordnung übergeht, bemerkt er, dass von einer detaillierten Erörterung selbstverständlich nicht die Rede sein könne, eine solche selbst dem Komitee nicht zugemutet werden konnte, und bei dem Stande der Sache auch nicht notwendig ist. Er erwähnt die verschiedenen Phasen, welche der Entwurf, der sich auf die bewährte Strafprozessordnung vom Jahre [] basiert, seit dem Jahre 1861, [in] welchem die Arbeiten begonnen haben, durchgemacht [] [beantragte] er [] [im] Abgeordnetenhaus, und [] im Ausschusse zuge[]ten Bericht vorliegt [] handle es sich dabei nur [] die ganze Einrich[tung] maßgebende Prinzipien, [] nämlich die, ob in jenen [Fällen], wo das Urteil von ei[nem] Richterkollegium gesprochen ist, angesichts der durch [zufüh]renden Mündlichkeit des [Verfahr]ens eine Berufung über [den] Schuldausspruch zulässig [sein] soll oder nicht. Der Ausschuss habe für die Nichtzulässigkeit entschieden. Dies sei die [durch]greifende Änderung – [die] anderen seien sekundärer [Natur]. Hervorzuheben sei noch folgender Umstand: 1867 war auch der Entwurf des Strafge[setz]buches eingebracht und die [Straf]prozessordnung kurz vor[her] eigens umgearbeitet worden, um mit dem Strafgesetzbuch in Konnex gebracht zu werden.29 Dieser Zusammenhang müsse, worüber sich auch der letzte Vorgänger des Justizministers klar gewesen sei, gelöst werden, wenn ein Vorwärtskommen erzielt werden soll und zwar zunächst aus Gründen der parlamentarischen Behandlung, da es geradezu unmöglich sei, zwei Gesetze von solchem Umfang gleichzeitig der Beratung des Reichsrates zu unterziehen, dann aus praktischen Rücksichten für die Gerichte, denen schon ein großes neues Gesetz Schwierigkeiten genug bereitet.

Der vorliegende Entwurf schließe sich im Ganzen und namentlich in der oberwähnten durchgreifenden Frage dem Beschlusse des Ausschusses an, die einzige Differenz bestehe in der Lösung des Zusammenhanges mit dem Strafgesetzbuche. Die übrigen in Betracht kommenden Fragen seien mehr technischer Art. Die wesentlichsten wurden im Komitee beraten und nach den Beschlüssen desselben durchgeführt. Von Wichtigkeit, und ge[] hier besprochen zu werden, [] sich nie dem Glau[ben] [hin]geben, dass es möglich [wäre], in Ländern wie Galizien, [Bukowina und] Dalmatien, die Jury [] und er müsse aner[kennen], dass die Frage über [die Zu]lässigkeit der Berufung [] einen Schuldausspruch [in jenen] Ländern, wo dem [] nicht eine aufgeklärte [] [öffen]tliche Meinung zur Seite [steht] nicht so leicht beantwortet werden kann, wie in anderen [Län]dern. Andererseits wäre [es] schwer gewesen, einen positiven Antrag zu stellen, welcher diese Länder von den Schwur[gerich]ten geradezu ausgeschlossen hätte. Auch würde es sich nicht empfohlen haben, in Betreff der anderen Länder wegen einer bezüglich Galiziens, [der] Bukowina und Dalmatiens erst einzuleitenden Enquête eine Vertagung eintreten zu lassen. Das Resultat dieser Erwägungen war folgendes. Die gegenwärtige Regierung könne nicht in den Verdacht kommen, partikularistische Bestrebungen zu begünstigen, wenn sie offen erklärt, dass sie die Strafprozessordnung zunächst nur für jene Länder proponiere, in welchen die Jury bereits in Wirksamkeit gestanden ist, der Zeitpunkt der Wirksamkeit für die anderen drei Länder aber noch nicht fixiert wird. Die Regierung werde erst nach Annahme der Strafprozessordnung die Erhebungen veranstalten, ob durch die Verhältnisse der genannten Länder gewisse Abweichungen geboten sind, und werde dem Reichsrate sodann ein Gesetz vorlegen, welches die Strafprozessordnung in den mehrerwähnten Ländern mit den dort notwendigen Änderungen einzuführen bestimmt sein wird.30 Er sei entschieden der Ansicht, dass das Recht des Reichsrates, Gesetze in dieser Beziehung für das ganze Reich zu geben, nicht bestritten werden darf. Daraus leite er aber nicht ab, dass im Reichsrate [] der Länder [] Rücksicht getragen [werden] soll. Im Gegenteil [andere] Verhältnisse sollen [volle] Berücksichtigung [finden] der Reichsrat [sei der] hiezu kompetente Ort. Dies seien im Allgemeinen die leitenden Ge[danken]. In Betreff einzelner [Akte], die das militärische Interesse berühren, habe er [sich] mit dem Reichskriegsminister und dem Leiter des Landesverteidigungsministeriums ins Einvernehmen gesetzt, und glaube, den diesfälligen Wünschen in weiterem Maße entsprochen zu haben, als es jemals früher der Fall war. Ein einziger Punkt sei geblieben, über den noch eine Differenz besteht. Dieser betrifft die Aufnahme der Bestimmung, dass, wenn eine Militärperson vor einem Zivilstrafgericht als Zeuge zu erscheinen hat, der sie begleitende Offizier das Recht haben soll, die Ausschließung der Öffentlichkeit zu beantragen. Aber auch in dieser Beziehung sei ihm vom Reichskriegsministerium im kurzen Wege die Mitteilung gemacht worden, man erachte sich zwar zur ausdrücklichen Zustimmung nicht ermächtigt, er dürfe aber annehmen, dass das Kriegsministerium, befragt, keine Einwendung erhaben wird.

Der Justizminister ersucht nun um die Zustimmung der Konferenz zur Einbringung des beiliegenden Entwurfes der Strafprozessordnung (vorbehaltlich der Rektifizierung einiger Druckfehler) des Einführungsgesetzes hiezu und des Gesetzes über die zeitweise Einstellung der Wirksamkeit der Geschworenengerichte die Ah. Bewilligung einholen zu dürfen. Der Minister des Innern [] letzterwähnten [Gesetz]entwurfes Bedenken [] die bloß halbjährige [] der Suspension als [] [prak]tischen Leben schwer []bar und würde ei[ne] mindestens einjährige [Dauer] für zweckmäßig halten. Der Ministerpräsident [ist] derselben Ansicht mit dem [Be]merken, dass man voraus[sicht]lich im gegebenen Falle [weder] nach einem halben, [noch] nach einem ganzen Jahre [die] Suspension werde aufheben können, was aber die Durchsetzbarkeit des Gesetzes [im] Reichsrate betrifft, die Annahme der längeren Dauer, wenn das Gesetz überhaupt durchgeht, nicht schwieriger zu erreichen sein dürfte, als jene der halbjährigen Suspensionsdauer.

Die Konferenz akzeptiert unter Beitritt des Justizministers die beantragte Modifikation, wie auch die weitere angeregte Umstellung der §§ 2 und 4 und ermächtigt den Justizminister, wegen Einholung der Ah. Genehmigung den au. Vortrag zu erstatten.31

IV. Stand der Angelegenheit wegen Verbesserung der materiellen Lage der Beamten

IV. ℹ️ Der Ministerpräsident bringt die Angelegenheit, betreffend die in der Ah. Thronrede verheißene Verbesserung der materiellen Lage der Beamten neuerlich in Anregung, betont die Notwendigkeit, dass diesfalls bald etwas geschehe, und glaubt, dass es am zweckmäßigsten wäre, wenn der Finanzminister in dieser Richtung einen Vorschlag machen würde.32

Der Finanzminister gibt die Versicherung, dass er, soweit es auf seine Mitwirkung ankommt, mit der größten Bereitwilligkeit an die Lösung der Aufgabe gehen [] das Los der Beamten [] und sei von der Notwendigkeit, Gerechtigkeit und [Unauf]schiebbarkeit der in Aus[sicht ge]stellten Abhilfe durch[drungen]. Die Frage sei aber [eine] weittragende, und bedürfe [ge]nauer Erörterung. Es [handle] sich darum, ob eine [allge]meine Aufbesserung oder [ein] Ausgleich der kargen Be[züge] jener Beamten, die in [großen] Städten stationiert sind, angestrebt, ob die Aufbesserung sowohl die hohen als [die] niedern Posten, und in bejahendem Falle, in welchem Verhältnisse treffen soll, ob die [Diener]klasse und die Lohnarbeiter mit einzubeziehen sein werden, ob die erhöhten Beamtenbezüge auch auf die Pensionen rückzuwirken haben, ob es nicht möglich wäre, eine [Quote] der Bezüge zur Bildung eines Pensionsfonds heranzuziehen, der wenn er gut verwaltet wird, prosperieren und die Pensionslast des Staates bedeutend erleichtern könnte und so fort. Alle diese Fragen müssen wohl erwogen werden, und er behalte sich deshalb vor, selbe, bevor er seine Vorschläge formuliert, einer Beratung in einem engeren Komitee seines Ministeriums zu unterziehen.

Der Ministerpräsident empfiehlt das System der Quinquenalzulagen, welches den Vorteil hat, dass man nicht genötigt ist, Beamte zu höhern Posten zu befördern, denen sie nicht gewachsen sind. Beispielsweise könne jemand ein ausgezeichneter Bezirkssekretär aber niemals geeignet sein, einen Bezirkshauptmannsposten zu versehen. Doch wäre es hart, ihm deshalb für immer jede Aussicht auf eine Gehaltsvorrückung zu versperren. Durch die Quinquenalzulagen entfielen zugleich die Notwendigkeit, die Gehalte der höheren Beamtenkategorien zu erhöhen, weil sie sich durch das Einrücken in die Quinquenalzulage von selbst erhöhen. [] [würde] er sehr einraten, die Einricht[tung] der Remunerationen [] Krankheitsaushilfen fa[l]len zu lassen. Das Jagen nach [] Aushilfen, die dazu [notwendige] Herbeischaffung von [Krank]heitszeugnissen und Apo[theken]konti sei höchst bedau[erlich], weil es das Ansehen des Beamten schädigt, und [dem] ehrenhaften Beamten, dem derlei widerstrebt, ge[gen] andere, die weniger [Be]denken haben, in jenen [Bez]ügen zurückstehen macht. Ferner halte er es für geboten, mit den Verbesserungen nicht von oben nach unten zu gehen, sondern den Perzentsatz umzukehren, indem den geringst Besoldeten eine verhältnismäßig größere, den höher Besoldeten eine geringere Aufbesserung zugedacht wird.

Der Justizminister kommt darauf zurück, was in der betreffenden Ministerkonferenz in erster Linie ins Auge gefasst war, nämlich das schreiende Missverhältnis der in den letzten Jahren entstandenen und gegenüber der Weltausstellung in exorbitanter Weise wachsenden Preissteigerung. Unsere ganzen Beamteneinrichtungen seien verfehlt, es bedürfe einer Systemabänderung. Diese könne aber nicht mit einem Schlage hergestellt werden. Er sei, nebenbei gesagt, auch für Quinquenalzulagen, aber auf eine Änderung des ganzen Systems könne man die niedern Beamten nicht warten lassen. Dagegen würde eine Aufbesserung aus Anlass der Weltausstellung nicht präjudizieren. Dabei mache er auf zwei Dinge aufmerksam, auf die der Finanzminister Baron Holzgethan hingewiesen, nämlich auf die Verkehrtheit, welche in der Besteuerung der Gehalte durch Einkommensteuer und Stempel liegt und auf die Karenztaxe. Die Besteuerung könnte man mit einem Strich beseitigen. Die [] [Karenz]taxe wäre [] Gesichtspunkte der [] [Vorw]ürfe zu erwä[gen] [] welche von den durch [] bereits getroffenen Beamten [erhoben] werden könnten. Der Finanzminister bemerkt, [dass die] Karenztaxen weiter [behalten] werden könnten, jedoch [an H]anden eines zu gründenden Pensionsfonds. Die Steuerbe[freiung] wäre nur bei höheren Gehalten von Bedeutung, von [m]inder besoldeten Beamten werde sie wenig geschätzt werden. Bei diesen müsste sie durch eine namhaftere Zulage ergänzt werden. Er wiederholt, dass er glücklich sein wird, zur baldigen Lösung aller dieser Fragen mitwirken zu können. Der Ackerbauminister betont die Notwendigkeit, dass die Regierung ihr Wort sobald als möglich, gewiss aber heuer noch einlöse. Dies sei ausführbar durch Erwirkung eines Pauschalbetrages zur momentanen Aufbesserung, welche skalamäßig bis zu einer zu findenden Grenze einzutreten hätte. Dabei verkenne er nicht, die dringende Notwendigkeit der Änderung des ganzen Systems, welche aber einen Gegenstand weiterer Verhandlung zu bilden hätte.

Über Antrag des Ministers Dr. Unger wird schließlich der Finanzminister aufgefordert, seine Vorschläge ausarbeiten zu lassen, und sodann mit den Mitgliedern des zu diesem Zwecke bereits eingesetzten Komitees, dem auch der Ackerbauminister wegen der seinem Ressort zugewachsenen Forst-, Montan- und Domänenverwaltung beizuziehen sein wird, in Beratung zu treten.33

Der Ministerpräsident schließt die Sitzung.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 10. Februar 1872. Franz Joseph.