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Nr. 234 Ministerrat, Wien, 12. Juni 1869 - (PDF)

RS. und bA.; P. Hueber; VS. Taaffe; BdE. und anw. (Taaffe 12. 6.), Plener 16. 6., Hasner 17. 6., Giskra (BdE. fehlt), Herbst 21. 6., Brestel (BdE. fehlt); Potocki, Berger.

KZ. 1928 – MRZ. 73

|| || Protokoll des zu Wien am 12. Juni 1869 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze Sr. Exzellenz des Herrn Ministerpräsidenten Eduard Graf Taaffe.

I. Berichtigung eines im „Pokrok“ vom 9. l. M. Nr. 44 enthaltenen Artikels - (PDF)

I. ℹ️ Der Ministerpräsident lenkte die Aufmerksamkeit der Konferenz auf einen im „Pokrok“ vom 9. l. M., Nr. 44, erschienenen Artikel, dem wie im Aus[] bemerkt wird, noch eine Reihenfolge von Fortsetzungen nachkommen soll. || || Bezüglich dieses insbesondere gegen die Minister Dr. Giskra, Ritter v. Hasner und Dr. Herbst gerichteten Artikels sei die gemäßigte Stilisierung auffallend, so dass es den Anschein gewinnt, dass dieser Artikel nicht in Prag, sondern in Wien verfasst wurde.

Der Justizminister teilte der Konferenz eine deutsche Übersetzung der markantesten Stellen dieses – „Buridan’s Esel“ betitelten Artikels (Beilage)a – mit dem Beifügen mit, dass derselbe von Unwahrheiten strotzt, die, wie insbesondere die Behauptung, dass die genannten drei Minister die Verhängung des Belagerungszustandes über ganz Böhmen bei Sr. Majestät beantragt haben, eine tatsächliche Berichtigung erfahren sollten1.

Der Finanzminister meinte, dass die || || Spekulation bei solchen Artikeln nur darauf gerichtet ist, dass eine Anklage gestellt und dann die Verhandlung vor dem Geschworenengerichte mit dem Ausspruche „Nicht schuldig“ abgeschlossen wird, oder dass die Regierung durch solche fortgesetzte Agitationen zu Ausnahmsmaßregeln sich drängen lassen soll. Das sicherste Mittel, solchen Tendenzen die Spitze abzubrechen, sei nach seinem Dafürhalten, den „Pokrok“ durch die Staatsanwaltschaft nach Zulass des Pressgesetzes zur offiziellen Berichtigung verhalten zu lassen und jeder solchen Wiederholung sogleich wieder die Berichtigung nachfolgen zu lassen, was für diese Journale das Unangenehmste ist, indem es den Glauben an die Verlässlichkeit dieser Zeitungsnotizen im Publikum schwinden macht. Im fraglichen Artikel sei die || || Behauptung, dass von einigen Ministern die Verhängung des Belagerungszustandes über ganz Böhmen beantragt wurde, unsinnig, das Böswillige liegt aber darin, das über den diesfalls angeblich abgehaltenen Ministerrat, bezüglich über die Voten der einzelnen Minister, wie gesagt wird, „aus verlässlichster Quelle“ Mitteilungen gebracht werden.

Die Konferenz teilte diese Ansichten und beschloss, dass der Statthaltereileiter in Prag zu ersuchen sei, infolge erhaltenen Auftrages durch die Staatsanwaltschaft in Prag den „Pokrok“ im Sinne des Gesetzes zur offiziellen Berichtigung bezüglich des in Rede stehenden Artikels zu verhalten. Die zu wählende Fassung hiefür wäre nach einhelliger Ansicht folgende: „Der ‚Pokrok’ vom 9. Juni l. J. enthält folgende Mitteilung: || || (Dann wäre die bezügliche Stelle des Artikels zu setzen. Hierauf hätte zu folgen:) Diese Mitteilung ist in allen ihren Teilen vollständig unwahr.“

Über Anregung von Seite des Ministers Ritter v. Hasner einigte sich der Ministerrat weiters, dass eine noch ausführlichere Berichtigung durch den „Pražský Denník“ und durch die „Bohemia“ durch Vermittlung der Pressleitung zu veranlassen sei, dass eine solche Einflussnahme aber auf Wiener Blätter zu unterbleiben habe, da dieselben von böhmischen Journalnachrichten grundsätzlich keine Notiz nehmen und die Regierung nicht dazu beitragen sollte, für böhmische Journale Reklame zu machen2.

Der Ministerpräsident schloss hierauf die Sitzung, weil er es nicht für [angezeigt] hält, die auf die heutige || || Tagesordnung gesetzten, Galizien betreffenden Gegenstände in Abwesenheit des Ministers Grafen Potocki beraten zu lassen.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 28. Juni 1869. Franz Joseph.