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Nr. 230 Ministerrat, Wien, 2. Juni 1869 - (PDF)

RS. und bA.; P. Hueber; VS. Taaffe; BdE. und anw. (Taaffe 2. 6.), Plener 7. 6., Potocki 16. 6., Giskra (BdE. fehlt), Herbst 13. 6., Brestel; abw. Hasner, Berger.

KZ. 1920 – MRZ. 69

|| || Protokoll des zu Wien am 2. Juni 1869 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze Sr. Exzellenz des Herrn k. k. Ministerpräsidenten Grafen Taaffe.

I. Antrag, dass es von dem Vorschlage des Advokaten Dr. Schmitt zum Ersatzmann des Reichsgerichtes sein Abkommen erhalte - (PDF)

I. ℹ️ Der Justizminister teilte auf Grund []rates des Ministeriums des Äußern [] den Sachverhalt mit, zufolge [] Anschein hat, als sei die [] Notar Dr. Florian Fischer [] eines Vertrages || || bezüglich der „Société agricole et industrielle d’Egypte“, welche derselbe in der Beurkundungsklausel de dato Wien 22. Jänner 1868 als mit dem vorgewiesenen „gedruckten Original“ wörtlich gleichlautend bestätigte, in der Tat mit dem Druckoriginale insoferne nicht gleichlautend, als wohl in der vidimierten Kopie, nicht aber in derjenigen Druckschrift, die nun als Original vorgelegt wird, ein besonderer Additionsartikel zu dem als Annex Nr. 4 bezeichneten Vertrage aufgenommen erscheint, welcher Additionalartikel also in unzulässiger Weise in die vidimierte Abschrift Eingang gefunden haben müsste.

Zunächst wende er sich hierüber an den Präsidenten des Wiener Landesgerichtes mit dem Ersuchen, mit Beziehung auf die §§ 161 und 168 der Notariatsordnung zu veranlassen, dass in der Sache die erforderlichen Vorerhebungen in der Disziplinarfrage gegen den Notar Fischer gepflogen werden.

Aus diesen Vorerhebungen, bei welchen || || es sich auch um die Einvernehmung des Wiener Advokaten Dr. Franz Schmitt, welcher im Interesse des in Ägypten sich aufhaltenden österreichischen Untertans Anton Lucovich die Vidimierung erwirkt zu haben scheint, handeln wird, dürften sich auch Anhaltspunkte zur Beurteilung ergeben, ob gegen Lucovich Grund zu einem strafgerichtlichen Einschreiten bestehe, weshalb die Akten auch der Staatsanwaltschaft mitzuteilen sein werden. Wie nun immer auch das Ergebnis eines [] eventuellen strafgerichtlichen Eingreifens gegen Lucovich ausfallen [] der durch die fragliche dolose []ltung zunächst die k. k. Diplomatie in Ausübung einer ihm günstigen vor[] bei der ägyptischen [Regierun]g zu vermögen intendiert haben [] so ist doch jedenfalls die [] eines pflichtwidrigen Vorganges [], welcher, ohne eben [] haben, seine Beglaubigung [] blinden Vertrauen || || ohne gehörige Kollationierung beigesetzt haben kann, nicht ausgeschlossen und die Veranlassung von Vorerhebungen im Disziplinarwege geboten. Wenn nun auch gegen den Advokaten Dr. Schmitt nicht der entfernteste Verdacht einer sträflichen Mitwirkung hiebei besteht, und obwohl derselbe den Ruf eines sehr respektablen Mannes genießt, so glaube er doch in dem Umstande, dass Dr. Schmitt im Interesse seines Klienten Lucovich eingeschritten ist und dass Dr. Schmitt im Zuge der Vorerhebung in der Disziplinarfrage gegen den Notar Dr. Fischer jedenfalls einvernommen werden wird, es für rätlich halten zu sollen, dass Dr. Schmitt in dem Stadium, in welchem sich die fragliche Angelegenheit befindet, von Sr. Majestät nicht als Ersatzmann für das Reichsgericht ernannt werde1.

Er sei zwar überzeugt, dass die Sache für Dr. Schmitt spurlos ablaufen werde, glaube jedoch, dass seine Ernennung zum Ersatzmann des Reichsgerichtes seinen || || Neidern leicht Anlass geben könnte, in der Besprechung der Lukovichschen Affäre den Namen seines Vertreters Dr. Schmitt in irgendeiner abträglichen Weise mit einzuschalten. Da es aber im Interesse des neuen Institutes des Reichsgerichtes geboten erscheint, dass auch nicht ein Schatten eines Verdachtes auf ein Mitglied desselben geworfen werden könne, so halte er die Vorsicht für notwendig, Se. Majestät au. zu bitten, mit der infolge Ministerratsbeschlusses von ihm beantragten Ernennung des Dr. Schmitt zum Ersatzmann beim Reichsgerichte nicht vorzugehen, und er würde, wenn die Konferenz hiemit einverstanden wäre, aus der bezüglichen Terna des Herrenhauses den [Gerichtshofpräsi]denten Steyrer an Stelle des Dr. Schmitt Sr. Majestät nachträglich au. in Vorschlag bringen.

[Die Konferenz] teilte die Ansichten des [Justizministers] [] Gegenstande und [] Antrage einverstanden2.

II. Dankadresse der Kommune Innsbruck aus Anlass der Vervollständigung der Universität Innsbruck - (PDF)

|| || II. ℹ️ Der Ministerpräsident setzte die Konferenz von dem Einlangen einer Adresse der Vertretung der Landeshauptstadt Innsbruck an das Gesamtministerium in Kenntnis, womit den Gefühlen des Dankes der dortigen Bürgerschaft für die vom Ministerium vermittelte Vervollständigung der Universität Innsbruck durch Errichtung der medizinischen Fakultät Ausdruck gegeben wird3.

Die Konferenz nahm diese Mitteilung zur Kenntnis.

III. Erwägung, ob wegen mehrerer beanständeter Zeitungsartikel das Strafverfahren eingeleitete werden soll - (PDF)

III. ℹ️ Der Justizminister bemerkte, dass ihm letzthin im Ah. Auftrage von dem Ministerpräsidenten mehrere Zeitungsblätter zu dem Ende eingehändigt worden seien, um in Erwägung zu ziehen, ob wegen der beanständeten Artikel nicht das Strafverfahren eingeleitet werden soll. Er habe vorläufig die Staatsanwaltschaft hierüber nicht einvernommen, || || sondern ein Gutachten hierüber von dem Referenten über Presssachen im Justizministerium verfassen lassen, welches er dem Ministerratsprotokolle in Beilage allegierea . Was nun

a) den Leitartikel des Pokrok vom 26. Mai 1869, Nr. 31, betrifft, so teile er die Ansicht des Ministerialreferenten, dass mit Rücksicht darauf, dass der Erfolg einer wegen dieses Artikels zu erhebenden Anklage nicht als ganz zweifellos erscheint, mit einer Anklage nicht vorzugehen wäre. Die Verhandlung über diesen Artikel würde wahrscheinlich zu großen Impertinenzen und zu vielen Skandalen Anlass geben, und höchstwahrscheinlich dann doch mit einem „Nichtschuldig“ []schlossen werden. [Er] halte es aber rätlich, die erste [Verhand]lung über ein Pressdelikt vor dem Geschwornengerichte in Prag über [] Fall vornehmen zu lassen, bei [] Schuldigerklärung mit [] werden kann, wozu || || sich ohne Zweifel bald Gelegenheit bieten werde. Die Konferenz teilte diese Ansicht.

b) Den Leitartikel „Die Wahlen in Frankreich“ in Nr. 144 der Zeitschrift „Politik“ vom 26. Mai l. J. betreffend, bemerkte der Ministerpräsident, dass eine Beratung hierüber zu entfallen habe, nachdem es nicht in der Absicht gelegen war, den Justizminister hierüber zur Begutachtung zu veranlassen.

c) Das Gedicht „An das spanische Volk“ in Nr. 25 des „Figaro“ vom 29. Mai 1869 betreffend bemerkte der Justizminister, auch hierüber die Ansicht des Ministerialreferenten zu teilten, dass hierin im Sinne des Strafgesetzes von den Gerichten kaum der Tatbestand einer strafbaren Handlung erkannt werden wird, weil dasselbe ganz speziell von den Verhältnissen des spanischen Volkes handelt und die Anpreisung || || einer verbotenen Handlung oder eine Aufforderung dazu im Gedichte nicht enthalten ist. Dass aber der Angriff des monarchischen Prinzipes strafbar sei, darüber enthalte das Strafgesetz keine Bestimmung. Unstreitig sei das Gedicht sehr frech, im Ganzen klinge aber doch wie im Heineschen Gedichte, dessen Travestie es enthält, hauptsächlich Ironie durch.

Der Ministerpräsident meinte, dass dieses Gedicht in einem Wiener Blatte doch eine stark antimonarchische Tendenz bekunde, die nicht so leicht hingenommen werden sollte.

Der Justizminister glaubte, dass, wenn die Konferenz dies wünschen würde, der Staatsanwalt zur Erwägung aufgefordert werden könnte, ob nicht diesfalls gegen den „Figaro“ mit einer Anklage vorzugehen wäre.

Die Konferenz erklärte sich sohin ein[] damit einverstanden, dass die [] Aufforderung an den Staatsanwalt gerichtet werde und zwar selbstverständlich unter Mitteilung des Gutachtens || || des Ministerialreferenten4.

IV. Bewilligung einer Volksversammlung für den 6. l. M. in Lemberg - (PDF)

IV. ℹ️ Der Minister des Innern machte die Mitteilung, dass in Abwesenheit des Statthaltereileiters Ritter v. Possinger von Lemberg der mit der interimistischen Amtsleitung betraute Hofrat die telegrafische Anzeige erstattet habe, dass der Ausschuss des Demokratischen Vereines in Lemberg um die Bewilligung zur Abhaltung einer Volksversammlung unter freiem Himmel für den 6. l. M. eingeschritten sei5.

Als Gegenstand der Beratung werde angegeben: „Welche Politik das Land gegenüber dem Vorgehen des Reichsrates in der Resolutionsfrage einzunehmen hat“. - (PDF)

Als Gegenstand der Beratung werde angegeben: „Welche Politik das Land gegenüber dem Vorgehen des Reichsrates in der Resolutionsfrage einzunehmen hat“. Der bezeichnete Hofrat glaubt, dass die Einberufung dieser Volksversammlung offenbar im Zusammenhange mit dem Beschlusse des Demokratischen Vereines, welcher in der Nr. 125 der „Gazeta Narodowa“ enthalten gewesen, stehe. Nachdem dieser []stand bereits von den Zeitungen || || besprochen wurde und die Untersagung der Bewilligung so ausgelegt werden würde, als wenn die Regierung eine Besorgnis hätte, dass diese Frage besprochen werde, glaubt der gedachte Hofrat, dass diese Volksversammlung bewilligt werden soll. Der Minister des Innern war gleichfalls der Ansicht, dass die Regierung keine Scheu manifestieren solle, dass die erwähnte Frage besprochen werde, und stimmte daher über gepflogene mündliche Einvernehmung des Statthaltereileiters Ritter v. Possinger für die Bewilligung.

Die übrigen Konferenzmitglieder stimmten gleichfalls für die Bewilligung, und [] der Ministerpräsident unter der Voraussetzung, dass die erforderlichen Anstalten getroffen werden, dass Polizei[] zur Überwachung abgeordnet [], welche bei Übergriffen die Versammlung zu schließen hätten und [bei] gesetzwidrigen Vorfällen die [Amtshan]dlung einzuleiten wäre6.

V. Antrag auf Nichtsanktionierung des vom mährischen Landtage beschlossenen Gesetzentwurfes betreffend die Zusammenlegung der Grundstücke - (PDF)

|| || V. ℹ️ Der Minister des Innern gab sein Vorhaben kund, im Einverständnisse mit dem Justizminister und dem Ackerbauminister auf die Ablehnung der Sanktionierung des vom mährischen Landtage beschlossenen Gesetzentwurfes betreffend die Zusammenlegung (Arrondierung) der Grundstücke aus den im abgelesenen Konzepte des au. Vortrages enthaltenen Gründen au. antragen zu wollen7.

Die Konferenz war hiemit einverstanden8.

VI. Antrag auf Sanktion der vom böhmischen Landtage beschlossenen Gesetzentwürfe betreffend Änderungen in mehreren Bezirksvertretungsgebieten - (PDF)

VI. ℹ️ Der Minister des Innern beabsichtigt, die vom böhmischen Landtage beschlossenen Gesetzentwürfe betreffend Änderungen in den Bezirksvertretungsgebieten Böhmisch-Aicha, Gablonz, Niemes, Reichenberg und Turnau der Ah. Sanktion zu empfehlen9.

Formell wäre jedoch zu bemerken, dass in der Überschrift des Gesetzes aus Versehen ein Wort, welches im Landtagsbeschlusse enthalten, nämlich „Gränzendorf“ weggeblieben ist, || || was jedoch die Ah. Sanktionierung nicht hindern dürfte, da die Bestimmung im Gesetze selbst enthalten ist. Der Handelsminister teilte diese Ansicht und glaubte nur, dass das Gesetz so abgedruckt werden müsse, wie es der Landtag vorgelegt habe.

Die Konferenz erklärte sich hierauf mit dem Antrage einverstanden10.

VII. Anerkennungsadresse des Fortbildungsvereines Donawitz - (PDF)

VII. ℹ️ Der Minister des Innern setzte die Konferenz von dem Einlangen einer Anerkennungsadresse an das Gesamtministerium, welche gelegenheitlich der Feier des ersten Jahrestages der Ah. Sanktion der konfessionellen Gesetze seitens des Komitees des deutschpolitischen und []bildungsvereines zu Donawitz [] wurde, in Kenntnis11.

VIII. Antrag auf Sanktion des vom galizischen Landtage beschlossenen Gesetzes betreffend das Verbot, die dem Tatragebirge eigenen Alpentiere zu erlegen, und auf Nichtsanktion des Gesetzes betreffend das Verbot, insektenfressende und Singvögel, dann Fledermäuse einzufangen und zu verkaufen - (PDF)

VIII. ℹ️ Der Ackerbauminister gab sein [],

[a)] [das vom galizischen] Landtage beschlossene || || Gesetz betreffend das Verbot, die dem Tatragebirge eigenen Alpentiere zu vertilgen und zu verkaufen, der Ah. Sanktion zu empfehlen, dagegen aber b) die Nichtsanktionierung des vom galizischen Landtage beschlossenen Gesetzes betreffend das Verbot, insektenfressende und Singvögel, dann Fledermäuse einzufangen und zu verkaufen, au. zu beantragen, und zwar wegen dessen unvollständiger und zum Teile in technischer Beziehung unrichtiger Fassung und weil er der Ansicht ist, dass mit diesem Gesetzentwurfe das angestrebte Ziel, alle für die Bodenkultur nützlichen Vögel zu schützen, nicht erreicht werden könnte12.

Die Konferenz war hiemit einverstanden13.

IX. Artikel im neuen Fremdenblatte „Zur Disziplinarvorschrift für das k. k. Heer“ - (PDF)

IX. ℹ️ Der Justizminister lenkte die Aufmerksamkeit der Konferenz auf einen im „Neuen Fremdenblatte“ vom heutigen Tage (Beilage)b mit der Aufschrift „Zur Disziplinarvorschrift für das k. k. || || Heer“ versehenen Artikel, von dem gar nicht abzusehen ist, wie er in das alleroffiziöseste Zeitungsblatt die Aufnahme habe finden können14.

Wenn übrigens auch der Eingang desselben, welcher die durch die Petition des Oberstleutnants v. Bartels in Linz hervorgerufene Debatte behandelt15, den sehr bedenklichen Passus enthält: „Aber es bleibt dessen ungeachtet nicht weniger wahr, dass das Gesetz vom 6. November 1867 über die Einführung der Militärehrengerichte16 ohne Mitwirkung des Reichsrates zustande kam, und ein Widerspruch mit dem Staatsgrundgesetz vorhanden ist“, so könne man sich über das als über eine abgetane Sache hinaussetzen. Im Schlusssatze wurde jedoch auch angeführt, dass im Militärverordnungsblatte auch Gesetze und Vorschriften erscheinen, welche reine Strafgesetze sind und bedeutende Veränderungen in den bisher geltenden Strafgesetzen begründen. Es wird hiebei auf die mit Zirkular vom 21. April 1869, Präs. || || Nr. 1366 (36. Stück des k. k. Armeeverordnungsblattes)17 erlassene Disziplinarvorschrift für das k. k. Heer mit dem Beifügen hingewiesen: „Wir haben es bei dem letzteren Gesetze mit einer organischen Arbeit zu tun, mit einem tief einschneidenden Gesetze, wodurch nicht bloß einzelne kleine Paragrafe des Militärstrafgesetzes, sondern eine ganze Klasse von Vergehen der Judikatur des Militärstrafrichters entzogen und der Disziplinastrafgewalt des Obersten oder Hauptmannes überlassen werden“. So begründet und richtig nun letztere Behauptung ist, so sei es doch kaum begreiflich, dass das „Neue Fremdenblatt“ sich dieses Gegenstandes bemächtigen konnte, der nach der darin enthaltenen Ankündigung in einer Reihe von weiteren Artikeln noch näher beleuchtet werden soll.

Abgesehen aber von diesem Umstande, worüber der Pressleitung die Ingerenznahme überlassen werden muss, könne er die ihm hieraus erst bekannt gewordene || || Erlassung dieser neuen Disziplinarvorschrift für das k. k. Heer nicht gleichgiltig hinnehmen, durch welche unstreitig wichtige Bestimmungen des Militärstrafgesetzes aufgehoben werden18. Der § 4 der erwähnten Disziplinarvorschrift verfüge: „Der militärischen Disziplinargewalt unterliegen: 2. alle Handlungen und Unterlassungen, welche das Militärstrafgesetz als Militär- oder gemeine Vergehen bezeichnet und mit keinem längeren als dreimonatlichen einfachen oder strengen Arreste bedroht usw.“ Es sind also hiemit alle gemeinen Vergehen der Judikatur des Militärstrafrichters entzogen und der Disziplinargewalt unterworfen worden, was nichts weniger als gleichgiltig ist, weil es gegen die Disziplinarerkenntnisse kein Rechtsmittel gibt und weil jeder selbstständige Kommandant das Disziplinarstrafrecht [ausübt]. Dem entgegen enthält nun das Militär[strafgesetz vom] Jahre 1855 folgende || || Bestimmungen: Art. V des Kundmachungspatentes sagt: „Als Verbrechen oder Vergehen dürfen nur diejenigen Handlungen oder Unterlassungen behandelt und bestraft werden, die in diesem Strafgesetze ausdrücklich für ein Verbrechen oder Vergehen erklärt werden.“ Der § 88 aber normiert: „Die Strafe muss von dem Richter mit Vermeidung jeder Eigenmacht bloß nach dem Gesetze usw. bestimmt werden.“

Hienach kann wohl nicht geleugnet werden, dass der fragliche Artikel im „Neuen Fremdenblatte“ materiell nur Richtiges enthalte, und es sei nicht zu verantworten, dass eine solche Bestimmung erlassen werden konnte, und zwar noch dazu, da dem Kriegsminister bekannt ist, dass Se. Majestät im Grundsatze Ag. auszusprechen geruhten, dass Änderungen im Militärstrafgesetze nur im Wege der Gesetzgebung erfolgen können, was auch infolge Ah. Ermächtigung || || bei Gelegenheit einer Interpellationsbeantwortung im Abgeordnetenhause ausdrücklich erklärt wurde. Er beabsichtige daher, an den Kriegsminister eine Note zu richten, in welcher er sich auf Obiges berufend der Anfrage stellen will, wie es komme, dass eine mit dem bestehenden Gesetze und mit dem Ah. Willen Sr. Majestät so direkt im Widerspruche stehende Bestimmung wie jene des § 4 der Disziplinarvorschrift erlassen werden konnte und wie der Kriegsminister dieselbe zu vertreten gedenke. Auch werde er hiemit das Ersuchen verbinden, der Kriegsminister möge in Zukunft vor Erlassung einer jeden das Disziplinarwesen betreffenden Ver[ordnung] nicht unterlassen, sich mit ihm vorläufig in das Einvernehmen zu setzen19.

Die Konferenz nahm die Mitteilung des Vorhabens zur Kenntnis. Der Ministerpräsident erteilte dem [in die Sitzung] berufenen Hofrate [] den Auftrag, sogleich auf die || || Redaktion des „Neuen Fremdenblattes“ zu wirken, damit die angekündigte Fortsetzung der diesen Gegenstand behandelnden Artikel unterbleiben20.

X. Extraordinarium des Kriegsministeriums pro 1870 - (PDF)

X. ℹ️ Der Finanzminister bemerkte, dass ihm heute von dem Reichsfinanzminister der Ausweis über das vom Kriegsminister bei den Delegationen einzubringen beabsichtigte Extraordinarium des Kriegsministeriums pro 1870 mitgeteilt worden sei, welches sich ohne der Kriegsmarine mit 6,700.000 fr. beziffert21.

Im vorigen Jahre habe dieses Extraordinarium inklusive der Marine 6,300.000 fr. betragen. Wenn nun für die Kriegsmarine pro 1870 in das Extraordinarium der gleiche Betrag wie im Vorjahre, nämlich 700.000 fr., eingestellt würden, so würde sich das gesamte Extraordinarium pro 1870 auf 7,400.000 fr. belaufen und somit um 1,100.000 fr. höher als das vorjährige. Was nun die einzelnen Posten betrifft, || || so sei er bei einigen prinzipiell für die Weglassung, weil sie in das Extraordinarium nicht gehören. Es seien dies zunächst die Ausgaben für die Militärgrenze:

1. Verbesserung des Grenzschulwesens,

1. Verbesserung des Grenzschulwesens,

2. Aufstellung einer eigenen Grenzwache,

3. Kosten für die Volkszählung,

4. Umbau einer Straße,

5. Hafenbauten, Seeleuchten und

6. neue Telegrafenerrichtung in der Militärgrenze.

Alles dies betreffe ausschließlich Verwaltungsauslagen für die Militärgrenze, welche bisher im Ordinarium als einzelne Post: „Zuschuss für die Militärgrenze“ präliminiert wurden, weil man es prinzipiell unterlassen hat, die speziellen Ausgaben und Einnahmen der Militärgrenze zum Gegenstande eines Votums der Delegationen zu machen. Die diesbezüglichen Ansätze, zusammen 880.000 fr., müssen also aus dem [Extraordinarium] ausgeschieden werden, || || und er glaube, dass der Kriegsminister entweder den „Zuschuss für die Militärgrenze“ im Ordinarium etwas höher ansetzen oder, was auch keine große Schwierigkeit bereiten wird, bemüht sein sollte, diesen Betrag durch erhöhte Einnahmen in der Militärgrenze zu decken. Nach Abschlag der obigen Summe würde das Extraordinarium auf 5,820.000 fr. herabgemindert. Die Konferenz teilte die Ansicht des Finanzministers.

Gegen den Ansatz: Komplettierung des Trainmateriales 116.000 fr. wurde von keiner Seite ein Anstand erhoben. Die Posten: Karten für Kriegsfälle 3.000 fr. und Eisenbahnmaterialsanschaffung zum Studium für Pioniere 5.300 fr. wollte der Finanzminister an und für sich nicht beanständen, er meinte jedoch, dass es kein richtiges Prinzip sei, viele solche kleine Posten in das Extraordinarium einzustellen, was auch einen schlechten Eindruck || || mache. Die Konferenz einigte sich dahin, dass diese Ansätze nicht zu beanständen, jedoch in das Ordinarium zu überstellen seien.

Bezüglich der für zwei Donaukriegsdampfer (Monitors) veranschlagten Summe von 400.000 fr. beantragte der Finanzminister die Streichung der Hälfte mit 200.000 fr., wornach vorderhand nur einer gebaut werden könnte. Der Ministerpräsident bemerkte, dass die Beistellung dieser Monitors hauptsächlich im Wunsche der Ungarn gelegen [].

Der Ackerbauminister erinnerte an die unglaublichen Erfolge, welche im letzten amerikanischen Kriege mit den Monitors auf dem Mississippi erreicht wurden, mit dem Beifügen, dass dieselben für den Fall eines Krieges nicht nur in der unteren Donau, sondern auch oben [bis] Linz gute Dienste leisten könnten.

Der Minister des Innern und der Justizminister beantragten die Streichung || || der ganzen Summe von 400.000 fr., weil sie diese Auslage nicht für nötig und das Wechseln der Systeme für bedenklich hielten, wobei sie auf die bestandene Kriegsflottille, die dann wieder aufgelassen wurde, hinwiesen. Mit allen gegen zwei Stimmen wurde sohin beschlossen, dass der Abstrich bei dieser Post 200.000 fr. zu betragen habe.

Übersiedlungskosten für die Militärakademie 18.000 fr. beantragte der Finanzminister zu den kleinen Posten zu schreiben und in das Ordinarium zu übertragen. Die Konferenz war hiemit einverstanden.

Die Post: Ergänzung des Pulvermateriales per 58.000 fr. beantragte der Finanzminister zu streichen, weil der Kriegsminister den Erlös für das von ihm verkaufte Pulver haben müsse. Die Konferenz stimmte bei.

Die für Fortsetzung der Verlegung der Truppenkörper in die Ergänzungsbezirke veranschlagte Summe von 200.000 fr. beantragte der Finanzminister auf die || || Hälfte von 100.000 fr. zu reduzieren, welchem Antrage die Konferenz sich anschloss, nachdem der Minister des Innern darauf aufmerksam gemacht hatte, dass auch für die regelmäßige Bewegung der Truppenkörper ein Ansatz im Ordinarium enthalten ist.

Die Post: Freskomalereien im Waffensaale des Arsenals 65.820 fr. wurde im allseitigen Einverständnisse gestrichen.

Bei der Post: Anschaffung von 100 Montigny Mitrailleurs und 50 Festungshinterladerkanonen per 755.000 fr. beantragte der Finanzminister eine Herabminderung auf 500.000fr., womit die Konferenz einverstanden war.

[] Neubauten für Festungswerke und Militärgebäude 1,885.000 fr. [] beantragte der Finanzminister ein Drittel [] 685.000 fr. zu streichen und [] Summe auf 1,200.000 fr. herabzumindern. Die Konferenz war hiemit einverstanden, || || der Justizminister wollte diese Summe auf 1,000.000 fr. ermäßigt wissen.

Die Post: Tragbetten für Verwundete per 60.000 fr. wurde nicht beanständet. Ebenso wurde der Ansatz für die Auflösung der Josephinischen Akademie per 158.500 fr. als eine transitorische Post in der Voraussetzung unbeanständet gelassen, dass im Ordinarium auf diesen Ansatz die geeignete Rücksicht genommen wurde22.

Endlich: Supernumeräre mit Rücksicht auf die Gagenerhöhung 2,090.000 fr. Der Finanzminister glaubte, dass diese Summe auf 1,700.000 fr. zu beschränken wäre, weil man den Antrag stellen müsse, dass die Gagenerhöhung nur für die Offiziere des definitiven Standes Platz zu greifen habe und dass die Supernumerären davon auszuschließen sind. Die Konferenz war hiemit einverstanden.

Der Finanzminister bemerkte, dass durch diese Restriktionen das Extraordi|| || narium anstatt der veranschlagten 6,700.000 fr. nur 4,000.000 fr. betragen würde. Er meinte auch, dass dieses Ministerium nur die möglichste Herabminderung des Extraordinariums anzustreben habe, ohne dass demselben eine Vertretung obliege.

Der Minister des Innern bemerkte, dass man sich über das wirkliche Erfordernis im Extraordinarium kein Urteil bilden könne, solange man die Begründung desselben nicht erhalten habe. Im vorigen Jahre sei auch das Extraordinarium in einem Ministerrate unter dem Ah. Vorsitze Post für Post durchgegangen worden, und es sei auf Grundlage der sachlichen Erwägung der Zweckmäßigkeit die Einstellung einzelnen Posten erfolgt23.

Der Finanzminister bemerkte, dass dies nur insoferne richtig sei, als das Ministerium im Vorhinein erklärte, dass das Extraordinarium nicht mehr als [] Gulden betragen dürfe, || || worauf dann die Subrepartition der einzelnen Erfordernisposten im Extraordinarium vorgenommen worden sei.

Der Justizminister meinte, dass das Ministerium überhaupt nicht über die Summe des Extraordinariums schlüssig werden könnte, solange es die Summe nicht kenne, die der Kriegsminister für das Ordinarium ansprechen wolle.

Der Finanzminister erwiderte, dass die Gesamtsumme des Ordinariums für 1870 im Allgemeinen mit der bezüglichen Summe des vorigen Jahres übereinstimmen werde. Es seien im Ordinarium bedeutende Herabminderungen vorgenommen worden, dadurch aber, dass die Preise der Naturalien nach dem wirklichen Erfordernisse in das Präliminare eingestellt wurden, habe eine Erhöhung um eine Million Gulden stattgefunden. Wenn nicht die eigenen Einnahmen geringer ausfallen, werde das Ordinarium bis auf einen minimalen Unterschied jener Summe, die im vorigen Jahre be|| || willigt wurde, gleichkomme. Dazu kommen aber noch die beantragten Gagenerhöhungen, die, wie er und auch der ungarische Finanzminister glauben, von den Delegationen wohl für die subalternen, kaum aber für die Stabsoffiziere bewilligt werden dürften. Der ungarische Ministerpräsident sei dafür, dass die betreffende Summe auch für die Stabsoffiziere eingestellt werden sollte, das ist 2,800.000 fr. für beide.

Der Ministerpräsident bemerkte, dass, wenn die Gagenerhöhung nur für die subalternen Offiziere bewilligt werden [], die diesfällige Erfordernissumme [ ]200.000 fr. betragen würde. Es wäre dabei nur zu bedenken, dass es möglich sein könnte, dass die ungarische Delegation wegen der Honvéds [] Gagenerhöhung noch auf höhere [Ränge] von Offizieren, wenigstens [bis zu den Majors] greifen könnte.

Der Minister des Innern bemerkte [] Frage im Allgemeinen [] die finanzielle || || Möglichkeit der Anforderung gerecht zu werden, da sei es Sache des Finanzministers zu erwägen, inwiefern die benötigte Summe bedeckt werden könne, dann die Erwägung der sachlichen Notwendigkeit der einzelnen Erfordernisansätze, da könne man sich aber kein Urteil bilden, solange nicht die Details gegeben werden.

Der Finanzminister bemerkte schließlich, dass das Gesamtkriegsbudget pro 1870 relativ mit jenem des Vorjahres gleich sei. Im vorigen Jahre habe inklusive der Marine das Extraordinarium 6,000.000 fr. betragen, für das nächste Jahr würde es mit Einschluss der voraussichtlichen Auslagen für die Marine nach Obigem 5,000.000 fr. betragen, für das Ordinarium werde aber wegen der Gagenerhöhungen um 1,000.000 fr. mehr präliminiert werden, so dass tale quale dieselbe Summe wie im Vorjahre sich ergibt. Er beantrage daher, von der Konferenz ermächtigt zu werden, sich gegen das Reichsministerium zu äußern, dass nach Ansicht des k. k. Ministeriums || || das Extraordinarium auf vier Millionen fr. herabzumindern sei.

Hierüber wurde von keiner Seite Einwendung erhoben24.

XI. Wegen Kontrasignatur von zwei Ernennungen bei dem Rechnungsdepartement der Staatsschuld - (PDF)

XI. ℹ️ Der Finanzminister bemerkte, dass es sich um die Frage handelt, von wem die Kontrasignatur von zwei Ernennungen bei dem Rechnungsdepartement der Staatsschuld, welches doch [] noch nicht geänderten Gesetze dem Reichsfinanzminister untersteht, vorgenommen werden soll25.

[Der] Reichsfinanzminister habe, um nicht bei den Delegationen auf Anstände zu geraten geglaubt, dass der cisleithanische Finanzminister die Kontrasignatur vornehmen sollte, weil die [] zur Gänze im diesseitigen []steht. [] doch solange die [] Gesetzvorlage von [Sr. Majestät] nicht Ah. erledigt [] sein || || wird, nach dem bestehenden Gesetze die Verwaltung der Staatsschuld von dem Reichsfinanzminister zu führen ist, und nachdem letzterer auch die Ernennungen ausfertigen wird, könne er es nur für korrekt halten, dass der Reichsfinanzminister die fragliche Kontrasignatur vornehme26.

Die Konferenz erklärte sich damit einverstanden, dass die Anfrage des Baron Beke in dieser Weise ihre Erwiderung finde27.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 18. Juni 1869. Franz Joseph.