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Nr. 220 Ministerrat, Wien, 30. April 1869 - (PDF)

RS. und bA.; P. Artus; VS. Kaiser; BdE. und anw. (Taaffe 30. 4.), Plener 9. 5., Hasner 11. 5., Potocki 10. 5., Giskra 11. 5., Herbst, Brestel, Berger 12. 5.

KZ. 1446 – MRZ. 59

|| || Protokoll des zu Wien am 30. April 1869 abgehaltenen Ministerrates unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers

I. Regierungsvorlage des Rekrutenkontingentes für 1869 - (PDF)

[I.] ℹ️ Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen dem Ministerrate zu eröffnen, dass Allerhöchstdieselben gegen die Fassung des || || Art. I der vom Ministerpräsidenten unterbreiteten Regierungsvorlage wegen Bewilligung des Rekrutenkontingentes einige Bedenken haben, insoferne dieser Artikel in der vorgelegten Stilisierung so verstanden werden könnte, als ob es sich diesmal nur um die Bewilligung des Kontingentes für das Heer und für die Ersatzreserve für das Jahr 1869 handeln würde1.

Nun sei aber nach § 13 des Wehrgesetzes die diesjährige Feststellung des Kontingentes für die nächsten zehn Jahre maßgebend, insoferne keine neue Volkszählung stattfinde2. Se. Majestät geruhen es daher für notwendig zu erkennen, dass die Stetigkeit der in diesem Jahre zur Bewilligung gelangenden Kontingentsziffer einen präzisierteren Ausdruck erhalte, als dies im Art. I der beantragten Regierungsvorlage geschehen sei, welcher so klinge, als ob das Kontingent eben nur für heuer bewilligt werden solle, ohne Rücksicht darauf, dass die diesjährige Bewilligung zugleich die Fixierung des Jahreskontingentes für zehn Jahre zu involvieren habe.

|| || Der Minister des Innern erlaubte sich zu bemerken, dass, nachdem in der unterbreiteten Regierungsvorlage der § 13 des Wehrgesetzes zitiert werde, die von Sr. Majestät Ag. angedeutete Rücksicht in Bezug auf die Stetigkeit des Jahreskontingentes gewahrt schiene.

Se. Majestät geruhten zu [], dass hiedurch allein [] sonstigen Stilisierung des Art. I eine missverständliche Auslegung desselben keineswegs ausgeschlossen erscheine. Allerhöchstdieselben würden eine mehr präzisierte, die Bestimmungen des § 13 des Wehrgesetzes in prägnanterer Weise zum Ausdrucke bringende Fassung des Art. I für notwendig erkennen. Se. Majestät geruhten sonach Allerhöchstsich dahin auszusprechen, dass von diesem Gesichtspunkte aus Er die folgende Formulierung des Artikels empfehlen würde:

„Zur Erhaltung des stehenden Heeres und der Kriegsmarine in der im § 11 des Wehrgesetzes || || vom 5. Dezember 1868 angenommenen Stärke, dann für die Ersatzreserve wird im Sinne des § 13 dieses Gesetzes das von den im Reichsrate vertretenen Königreichen und Ländern zu leistende Jahreskontingent und zwar für das stehende Heer mit 56.041 und für die Ersatzreserve mit 5.604 Mann festgestellt und die Aushebung dieser Kontingente im Jahre 1869 bewilligt.“

Der Ministerpräsident und der Justizminister äußerten sich dahin, dass sich gegen diese jedenfalls präzisiertere Fassung des Art. I durchaus kein Bedenken ergeben würde, zumal wie der Justizminister bemerkte, die Vorbehalte wegen allfälliger Änderungen in der Ziffer der Jahreskontingente infolge einer neuen Volkszählung oder infolge einer Modifikation des Institutes der Militärgrenze durch die ausdrückliche Bezugnahme auf den § 13 des Wehrgesetzes ausreichend gewahrt seien, womit der Ministerrat übereinstimmte.

|| || Der Ministerpräsident erlaubt sich sonach an Se. k. u. k. apost. Majestät die Bitte zu richten, dass Allerhöchstdieselben Ag. geruhen mögen, die Ah. genehm gehaltene neue Stilisierung des Art. I mit der Ah. Ermächtigung zur Einbringung des Gesetzentwurfes im Abgeordnetenhause Ag. []gen zu lassen, was Se. Majestät Ag. zuzusichern geruhen3.

II. Frage der Ernennung des Reichsgerichtspräsidenten - (PDF)

[II.] ℹ️ Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen aus Anlass des [] Ernennung des Präsidiums des Reichsgerichtes vom Justizminister [] au. Vortrages zu erklären, dass Se. Majestät [] Vorschlag wegen Besetzung der Präsidentenstelle große Anstände []4.

Se. Majestät seien entschieden gegen die Ernennung des Baron Pratobevera, indem Se. Majestät nicht glauben, dass derselbe der geeignete Mann für diese wichtige Stelle wäre, weder in Hinsicht auf seinen Charakter, noch in Hinsicht auf hervorragende juridische Kenntnisse, von welchen Sr. Majestät bisher nichts zur Ah. Kenntnis gekommen sei.

Der Ministerpräsident erlaubt sich zu bemerken, dass, wie Se. Majestät || || aus dem Ministerratsprotokolle Ag. entnommen haben dürften, der Vorschlag des Baron Pratobevera lediglich die Folge dessen gewesen sei, dass der Ministerrat nach eingehender Besprechung aller für diesen Posten eventuell in Frage kommenden Persönlichkeiten endlich zu dem gewissermaßen negativen Resultate gelangt sei, dass außer Baron Pratobevera niemand vorhanden wäre, welcher für diese Stelle in Vorschlag gebracht werden könnte, nachdem sich in Hinsicht auf alle anderen möglichen Kandidaten große, kaum zu überwindende Schwierigkeiten herausgestellt hatten.

Der Handelsminister erwähnt, dass er für Freiherrn v. Lichtenfels gewesen wäre, gegen dessen Wahl jedoch der sehr leidende Zustand desselben geltend gemacht worden sei.

Se. Majestät geruhen zu bemerken, dass Freiherr v. Lichtenfels für diese Stellung jedenfalls vor allen anderen geeignet wäre, falls seine Gesundheitsverhältnisse ihm die Übernahme derselben gestatten würden, was Sr. Majestät nicht bekannt sei.

Der Justizminister erlaubt sich || || seine Meinung dahin auszusprechen, dass, nachdem, was er namentlich durch den im Justizministerium als Konzipist angestellten Sohn des Freiherrn v. Lichtenfels über dessen Gesundheitszustand in Erfahrung gebracht, Freiherr v. Lichtenfels sich nicht entschließen würde, diesen Posten zu übernehmen. Er habe schon eben mit Rücksicht auf seine sehr angegriffene Gesundheit sich von den Verhandlungen im Herrenhause gänzlich fern gehalten und sei zunächst, allerdings auch wegen der Krankheit seines Sohnes, nach Görz gefahren, sei aber selbst in hohem Grade leidend. Unter diesen Umständen [] des Freiherrn v. Lichtenfels nicht möglich, so wünschenswert sie wegen der ausgezeichneten Begabung desselben zunächst für diese Stellung auch wäre.

Der Ministerpräsident erwähnt, es sei auch Ritter v. Schmerling in das Auge gefasst worden, der Berufung desselben stehe aber das sehr wesentliche Bedenken entgegen, dass die Kumulierung der Stelle des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes mit jener als || || Präsident des Reichsgerichtes nicht zulässig erscheine, nachdem das Reichsgericht über Konflikte zwischen den Gerichts- und Verwaltungsbehörden zu entscheiden haben werde, welche Konflikte keineswegs vereinzelt vorkommen, sondern einen sehr ansehnlichen Teil der kurrenten Aktion des Reichsgerichtes bilden dürften.

Der Justizminister bemerkt, dass das Expediens, dass der Reichsgerichtspräsident sich in solchen Fällen durch den Vizepräsidenten vertreten lasse, bei der voraussichtlich großen Anzahl dieser Fälle kaum durchführbar erscheine. Abgesehen hievon komme aber in Betracht, dass durch die Wahl der beiden Häuser namentlich von Seite des Herrenhauses Räte des Obersten Gerichtshofes sicher werden in Vorschlag gebracht werden. Wenn nun auch noch der Reichsgerichtspräsident dem Obersten Gerichtshofe entnommen würde, würde es den Anschein gewinnen, als wäre das Reichsgericht gleichsam ein Ableger des Obersten Gerichtshofes, was im Interesse der Institution nicht wünschenswert schiene.

|| || Se. k. u. k. apost. Majestät geruhten es als umso notwendiger zu bezeichnen, dass der Wahl des Präsidenten für das Reichsgericht die sorgfältigsten Erwägungen vorangehen, als die Stelle sehr wichtig sei. Se. Majestät könnten Allerhöchstsich positiv nicht entschließen, Baron Pratobevera zu ernennen, [] Se. Majestät zunächst schon [] des Mangels an Charakter[] entschieden nicht für den [] Posten geeigneten Mann [] vermögen. Se. Majestät geruhen anzufragen, ob nicht Baron Krauß in das Auge zu fassen wäre.

Der Minister des Innern erlaubt sich zu bemerken, dass Baron Krauß bereits in dem hohen Alter von 82 Jahren stehe, was ungeachtet seiner physischen Rüstigkeit auf die geistige Elastizität doch zurückwirke. Es sei dies bisweilena schon bei Kommissionsverhandlungen im Herrenhause wahrnehmbar. Er glaube nicht, dass Baron Krauß noch in der Lage wäre, sich den Anstrengungen der Leitung öffentlicher Verhandlungen mit dem gewünschten Erfolge zu unterziehen.

|| || Der Ackerbauminister zollt dem Charakter des Baron Krauß, dessen Ehrenhaftigkeit in jeder Beziehung unantastbar sei, die vollste Anerkennung. Er meint jedoch, dass seine politischen Ansichten mit der jetzigen Situation doch nicht so harmonieren, wie es von einem Funktionär auf einem so wichtigen Posten gewünscht werden müsse.

Der Ministerpräsident erwähnte, dass im Ministerrate auch Ritter v. Hye genannt wurde, welcher in früherer Zeit von mehreren Seiten für diese Stellung in Aussicht genommen war, dass der Ministerrat jedoch mit Rücksicht auf seine Haltung im Herrenhause ihn als unmöglich in die Kombination gar nicht einbeziehen zu sollen erachtete.

Se. Majestät geruhten Allerhöchstihrer Übereinstimmung mit dem Ministerrate in Bezug auf die Unmöglichkeit der Ernennung dieser Persönlichkeit Ausdruck zu geben, worauf Se. Majestät die Frage aufzuwerfen geruhten, ob nicht auf einen der aktiven Oberlandesgerichtspräsidenten gegriffen werden könnte.

|| || Der Justizminister erlaubt sich darauf hinzuweisen, dass wohl nur pensionierte Oberlandesgerichtspräsidenten in Frage kommen könnten, nachdem in Aktivität stehende Oberlandesgerichtspräsidenten aus den Ländern zur Stelle eines Reichsgerichtspräsidenten schon deswegen nicht berufen werden, weil derselbe nach dem [] seinen ständigen Aufenthalt [] haben müsse. Pensionierte Oberlandesgerichtspräsidenten, welche die erforderliche Qualifikation hätten, seien aber nicht vorhanden. [] müsste also, insoferne es sich um die Oberlandesgerichtspräsidenten außerhalb Wiens handle, [] Übernahme des Postens des Reichsgerichtspräsidenten, welche mit keinerlei Emolumenten []en sei, eigens die Pensionierung eines oder des andern erfolgen. Auch komme in Betracht, dass für die Stelle des Reichsgerichtspräsidenten eine höhere juristische Kapazität wohl sehr wünschenswert sei, dass aber bei den Oberlandesgerichtspräsidenten bei dem Umfange, welchen die Administration der Gerichte nach und nach gewonnen habe, der Schwerpunkt mehr auf dem administrativen Talent []. || || Es würde daher durch die Berufung eines oder des andern Oberlandesgerichtspräsidenten möglicherweise eine nicht leicht und schnell ersetzbare Lücke in Hinsicht auf den administrativen Dienst entstehen, ohne dass für das Reichsgericht ein besonderer Gewinn erzielt würde. Dieser Fall trete namentlich bei dem Oberlandesgerichtspräsidenten in Lemberg Ritter v. Komers ein, welcher allenfalls für das Präsidium des Reichsgerichtes in Frage kommen könnte. Komers sei, obwohl weniger hervorragend als Jurist, als Oberlandesgerichtspräsident in Lemberg ausgezeichnet an seinem Platze; er halte strenge auf Ordnung, worauf es dort hauptsächlich ankomme. Es wäre daher schade, wenn er in Ruhestand versetzt werden würde, da er in Lemberg nur schwer entbehrt werden könnte.

Der Minister für Kultus und Unterricht meint, ob nicht auf Ritter v. Hein zu greifen wäre, welcher als stabil in Wien in der Aktivität belassen werden könnte5 und dessen juristische Begabung jener des Baron Pratobevera wohl die || || Waage halten dürfte.

Der Justizminister entgegnet, dass Ritter v. Hein als Jurist eine Bedeutung wohl nicht habe, nachdem er in seiner früheren Stellung in Troppau die Gelegenheit nicht haben konnte, die hiezu nötigen juridischen Erfahrungen zu sammeln, wozu dem Freiherrn v. Pratobevera schon in der von ihm durch mehrere [Jahre] bekleideten Stelle eines Rates bei dem Obersten Gerichtshofe die Möglichkeit geboten war. Gleichwohl sei er ein sehr guter Oberlandesgerichtspräsident, wofür ihn nebst anderen Eigenschaften insbesondere seine []llende Natur geeignet erscheinen lasse. Dann aber wäre fachlich zu []gen, dass es wohl nicht gut anginge, dass der Präsident des [am] Sitze des Reichsgerichtes befindlichen Gerichtshofes II. Instanz in Kompetenzkonflikten mit der obersten Instanz präsidieren könne. Unter diesen Umständen würde der Justizminister meinen, dass die Ernennung des Baron Krauß als eine vorübergehende Maßregel am meisten für sich hätte.

|| || Der Finanzminister glaubt, dass, nachdem auch unter den pensionierten höheren Beamten aus der Linie des Verwaltungsdienstes keine geeignete Persönlichkeit vorhanden sei, die zu der Stelle eines Reichsgerichtspräsidenten berufen werden könnte, was bei der gemischten Natur dieses Gerichtshofes prinzipiell keineswegs ausgeschlossen wäre, wohl nichts anderes als die Wahl des Freiherrn v. Krauß erübrigen werde.

Der Ministerpräsident und der Ackerbauminister weisen für den Fall der Berücksichtigung von Verwaltungsbeamten auf Baron Halbhuber als eine anerkannte Kapazität hin, wogegen jedoch der Justizminister bemerkt, dass es denn doch der Stellung und Aufgabe des Reichsgerichtes entsprechend wäre, dass ein Justizmann von Fach an seine Spitze gestellt werde.

Nachdem der Handelsminister noch den pensionierten Staatsrat Quesar als für diese Stelle geeignet bezeichnete, glaubte der Ministerpräsident bemerken zu sollen, dass die Diskussion jedenfalls die Notwendigkeit herausgestellt habe, dass die [] || || im Ministerrate nochmals in Erwägung gezogen werde. Er erlaubte sich daher an Se. Majestät die Bitte zu richten, dass Allerhöchstdieselben zu gestatten geruhen mögen, dass Sr. Majestät aufgrund einer neuerlichen Besprechung im Sinne der kundgegebenen Ah. Intentionen eine Persönlichkeit namhaft gemacht werden dürfe.

Se. Majestät geruhten diesen Vorgang mit der Erklärung zu genehmigen, dass Se. Majestät [] mit der Ah. [] des vorliegenden au. Vortrages inne[] geruhen werden6.

III. Regierungsvorlagen wegen des Verkaufes einiger ärarischer Objekte, prinzipielle Frage wegen der Militärobjekte, speziell wegen des Paradeplatzes - (PDF)

[III.] ℹ️ Se. Majestät geruhen dem Ministerrate zu eröffnen, dass Allerhöchstdieselben in dem Gesetzentwurfe betreffend den Verkauf einiger Objekte des unbeweglichen Staatseigentums, zu dessen Einbringung Ah. ermächtigt [] werden der Finanzminister [] habe, einem für Allerhöchstdieselben vollständig neuen Grund[] Ansehung derjenigen Objekte geeignet seien, welche dem || || Militärärar gehören, die aber zu Militärzwecken entbehrlich wurden7.

Es werde nämlich in dem Gesetzentwurfe mit der sub lit. f vom Reichsrate für den Finanzminister in Anspruch genommenen allgemeinen Ermächtigung zum Verkaufe solcher Objekte implicite der Grundsatz ausgesprochen, dass derlei für Militärzwecke entbehrliche Objekte an die Finanzen der beiden Reichshälften übergehen, je nachdem sie in dieser oder jener Reichshälfte gelegen seien. Sr. Majestät sei dieser Grundsatz, welcher zunächst die Verfügungen mit dem Paradeplatz berühren würde, von solcher Wichtigkeit erschienen, dass Se. Majestät Allerhöchstsich bewogen gefunden haben, eine Beratung der Reichsminister über diese Frage zu veranlassen8. Das Reichsministerium hat in voller Würdigung der Tragweite dieses Grundsatzes den Wunsch ausgesprochen, es möge, ehe der Gesetzentwurf in dieser Fassung vor den Reichsrat gelange, die prinzipielle Frage in einer gemischten Sitzung des Reichsministeriums und des Ministerrates zum Austrag gelangen. || || Insoferne jedoch die Einbringung des Gesetzentwurfes dringend erscheine, könnte in der Vorlage der Punkt f, welcher sich auf die für Militärzwecke entbehrlich gewordenen Objekte beziehe, eventuell weggelassen werden. Se. Majestät würden Sich dann in der Lage befinden, die [] Bewilligung zur Einbringung des Gesetzentwurfes []en, wogegen Se. Majestät nicht gestatten könnten, dass []ige Grundsatz hinsichtlich der Militärobjekte gleichsam [] zur Lösung gebracht [], da Se. Majestät Sich jedenfalls vorbehalten müssen, hierüber aufgrund einer vorangegangenen gründlichen Erörterung die []lste Entscheidung zu treffen. Durch die Überweisung [] dem Militärärar ge[] von diesem nicht weiter benötigten Objekte an die beiderseitigen Finanzen könnten sich sehr leicht Schwierigkeiten und Komplikationen mit den Delegationen ergeben, in deren Wirkungskreis die Bestimmungen hinsichtlich des Militärärars überhaupt, somit auch [] hinsichtlich solcher außerordentlicher Einnahmsquellen des Militärärars gehören. || || Übrigens würde das Militärärar in allen derlei Fragen zu kurz kommen, und würde der Reichskriegsminister gar keine Veranlassung haben, sich solcher Objekte, deren eine große Zahl vorhanden sei und mit deren Erlöse viel geleistet werden könnte, zu begeben, wenn er genötigt würde, dies ohne alle Entschädigung zu tun. Speziell den Paradeplatz betreffend seien weder Se. Majestät noch der Reichskriegsminister jemals von der Idee ausgegangen, dass derselbe einfach an die Finanzen übergehen solle, der Gedanke war vielmehr der, dass damit für die vielen Bedürfnisse, welche das Militär hier habe, eine angemessene Deckung geschaffen werden könnte. Wenn seitens der Finanzverwaltung dem Reichskriegsminister eine Vergrößerung der Schmelz in Aussicht gestellt werde, welche übrigens keinesfalls mit einem mit dem Werte des Paradeplatzes im Verhältnis stehenden Aufwande verbunden wäre, so blieben noch immer bedeutende, große Summen erheischende Bedürfnisse, wie unter anderen der Bau eines neuen Gebäudes für || || das Generalkommando in Wien, der Spitalsbau und so fort, für welche der Reichskriegsminister zu sorgen hätte, für welche er aber keine Deckung hätte, wenn er den Besitz des Paradeplatzes einfach und ohne Entschädigung preisgeben müsste.

Der Finanzminister erlaubt sich zu bemerken, dass ihm in dieser [] Reziprozität das Entscheidende zu sein scheine. [] Erachtens könnte nämlich [] anderer Vorgang eingehalten werden als in der andern []. [] das Militäreigentum als gemeinsam angesehen, dann [] beide Reichshälften nach dem Verhältnisse von 70 und 30 % daran []iren, und würde dann die [] der Veräußerung solcher [] Objekte allerdings vor die Delegationen gehören. Da nun diese Frage anlässlich der Verhandlungen über den Paradeplatz zum ersten Male aufgetaucht war, wollte sich der Finanzminister vergewissern, welche Anschauungen man auf Seite der ungarischen Regierung über die Sache habe. Bei Gelegenheit anderweitiger Verhandlungen mit dem ungarischen []minister habe er daher auch die Frage des Eigentums von Militärobjekten jedoch ganz allgemein ohne || || irgendwelchen Bezug auf die Paradeplatzangelegenheit zur Sprache gebracht. Es wurde ihm gesagt, die ungarische Regierung halte an der Anschauung fest, dass solche Objekte nur in der Nutznießung des Militärs seien, dass jedoch das Eigentum derselben jener Reichshälfte zukomme, auf deren Grund und Boden sie sich befänden. Diese Auffassung der Frage habe die ungarische Regierung in der Angelegenheit der Gestüte auch betätigt9. Da er nun gefunden habe, dass auf ungarischer Seite die Ansicht, dass die Militärobjekte je nach ihrer örtlichen Lage ein Eigentum der betreffenden Hälfte bilden, feststehe, glaubte er im Interesse der diesseitigen Steuerträger sich dieser Auffassung anschließen zu sollen, weil sonst in Hinsicht auf die Aufbringung der Quote für das Militärbudget eine Ungleichmäßigkeit und zwar zu Ungunsten der diesseitigen Reichshälfte sich ergeben müsste.

Se. Majestät geruhten zu bemerken, dass es vollkommen den Ah. Intentionen entspreche, dass in Bezug auf diese Frage in beiden Reichshälften die gleichen Grund|| || sätze Geltung erlangen. Se. Majestät fänden Sich auch nicht für die Ansicht des ungarischen Ministeriums auszusprechen. Im Gegenteile. Übrigens bestehe hinsichtlich der Gestüte und hinsichtlich des Paradeplatzes doch ein Unterschied. Die Realitäten der Gestüte seien ursprünglich nicht im Besitze des Militärärars gewesene Do[], welche der Militärverwaltung zur Benützung für Zwecke []wesens zugewiesen worden []. Der Paradeplatz sei ein Stück Grund, welcher, solange es eben fortifikatorische Gründe gebe, als solcher im Besitze des Militärs gewesen sei. Bezüglich der fortifikatorischen Gründe habe aber seit jeher der Grundsatz gegolten, dass sie ein Eigentum des Militärärars seien. Infolge dieses Grundsatzes seien auch die aufgelassenen fortifikatorischen Gründe in Wien keineswegs gratis, sondern unter der Bedingung verschiedener, sehr namhafter Gegenleistungen der Stadterweiterung überlassen worden, welche zuletzt mit einer vom Stadterweiterungsfonds geleisteten []alung von vier Millionen [] worden seien.

|| || Der Finanzminister erlaubt sich zu bemerken, dass nach den bestehenden Vorschriften fortifikatorische Gründe ohne weitere Verfügung an das Finanzärar zu fallen hätten, was ohne die Stadterweiterung auch mit den Wiener Fortifikationsgründen geschehen wäre.

Der Minister des Innern meint, dass selbst wenn der Paradeplatz als im vollen Eigentume des Militärärars befindlich angesehen würde, der Erlös davon doch in keinem Falle ein Partikularvermögen des Kriegsministeriums bilden könnte, sondern zur Deckung des Militäraufwandes herangezogen werden müsste.

Der Ackerbauminister erlaubt sich auf den Verlauf der Verhandlungen wegen der Gestüte hinzuweisen. In diesen wurde ungarischerseits immer als Kardinalpunkt hingestellt, dass es kein Militärärar gebe und dass jedes Ens aus der Benützung des Militärs im Augenblicke des Aufgebens von Seite des Militärs in das Eigentum der betreffenden Reichshälfte übergehe. || || In diesem Sinne hätten sich ihm gegenüber sowohl die Minister v. Lonyay und v. Gorove als Graf Andrássy entschieden ausgesprochen. Zur Begründung dieser Auffassung hätten sie auf die Ansprüche hingewiesen, welche sie in Konsequenz der gegenteiligen An[]ata auf alle in diesen [] befindlichen Militärobjekte, speziell auf den Paradeplatz, das Arsenal zu erheben in [] wären.

Se. Majestät geruhten zu [], dass der Grundsatz, es [] Militärärar, ein ge[] und höchst bedenklicher sei. [] würde dann die Frage [], wer die Kasernen und []ungen hier und in Ungarn []en hätte.

Der Finanzminister erlaubt sich seine Meinung dahin auszusprechen, dass, wenn Se. Majestät Ag. zu entscheiden geruhen, dass die Militärobjekte als gemeinschaftliches Eigentum [zu] []en haben, er von seinem Standpunkte dagegen nichts einwenden werde, nachdem der Grundsatz, || || was aus gemeinsamen Mitteln beigeschafft worden sei, auch gemeinsames Eigentum zu bleiben habe, jedenfalls eine rationellere Begründung für sich habe. Er glaube aber, dass die Akzeptierung dieses Grundsatzes auf ungarischer Seite Schwierigkeiten begegnen dürfte, namentlich soweit es die Konsequenzen desselben in Bezug auf die Gestütsfrage betreffen würde. Könnten aber die Ungarn dazu nicht vermocht werden, dann würde, wie er meine, wohl nichts erübrigen, als auch hierseits das Prinzip des Überganges solcher hier befindlicher Objekte an die diesseitigen Finanzen zu akzeptieren, nachdem die Gleichförmigkeit des Vorganges das Wesentlichste bei der Sache sei.

Se. Majestät geruhen wiederholt zu betonen, dass die Reziprozität den Ah. Intentionen vollkommen entspreche.

Der Justizminister erlaubte sich auf die nicht günstige Stimmung hinzuweisen, welche die Verhandlungen über die Gestüte im Ab|| || geordnetenhause hervorgerufen haben, weil man die diesseitigen Länder verkürzt glaubte. Die diesfällige Interpellation sei von der Regierung beantwortet worden, und habe die Regierung ihren Standpunkt dargelegt, welcher dahin gehe, dass in Bezug auf das Realvermögen Konzessionen an [] gemacht werden, soweit []er zulässig, dass aber in [] die Pferde und das Meliorationsvermögen an dem Grundsatze der Gemeinschaftlichkeit des Eigentums festgehalten werde10. [] nun die Ungarn gleich[] Superaedificate, die aus gemeinsamen Mitteln angeschafften [], ja sogar die Ernte als Eigentum Ungarns vindizieren, [] alles das auf ungarischen [] finde, so werde man diese [] den letzten Konsequenzen [] hinsichtlich nicht mehr benötigter (Waffen) auf Absurditäten []nde Ansicht zwar nicht teilen []en, wenn man sich aber []gen müsse, werde man diesen Grundsatz in Bezug auf die in dieser Reichshälfte befindlichen Militärobjekte der notwendigen Gleichmäßigkeit wegen sich gleichfalls anzueignen genötigt [].

|| || Se. Majestät geruhen zu bemerken, dass der viel größere Wert sich in dieser Reichshälfte befinde, wobei Se. Majestät zugleich daran zu erinnern geruhen, dass die Teilung der Gestüte nicht aus der Ah. Initiative Sr. Majestät hervorgegangen sei. Übrigens sei hinsichtlich der Gestüte die Teilung bereits gesetzlich ausgesprochen und handle es sich jetzt zunächst um die Durchführung der getrennten Verwaltung11. Dies begründe einen wesentlichen Unterschied, nachdem im Hinsicht auf das Militärärar noch kein Fall vorgekommen sei, in welchem der Grundsatz, dass es kein Militärärar gebe und dass die Objekte desselben nach Maßgabe der örtlichen Lage zwischen den beiden Reichshälften zu teilen, gesetzlich Geltung erlangt hätte.

Der Ministerpräsident erlaubt sich seine Meinung dahin auszusprechen, dass, nachdem Se. Majestät nur daran Anstand genommen haben, dass in dem Gesetzentwurf wegen Veräußerung || || von einigen Objekten des Staatseigentums auch im Allgemeinen solche Objekte aufgenommen erscheinen, welche als zu Militärzwecken entbehrlich an die Finanzverwaltung zurückgestellt werden, es sich zunächst darum handeln dürfte, ob der betreffende Punkt im Gesetzentwurfe nicht weggelassen werden könnte.

Se. Majestät geruhen zu bemerken, dass, wenn der Punkt in dem Gesetze stehen bliebe, hinsichtlich der Sache schon entschieden [], was Se. Majestät wegen der [Wich]tigkeit des Prinzipes und der tief eingreifenden Konsequenzen zu gestatten nicht in der Lage wären.

Der Minister des Innern erlaubt sich auf die Dringlichkeit hinzuweisen, dass die Angelegenheit des Paradeplatzes baldmöglichst geregelt werde, weil sonst die günstigen Konjunkturen des heurigen Jahres zum Nachteile des Stadterweiterungsfonds und zum Nachteile der großen allgemeinen Interessen unwiederbringlich verloren gehen würden, welche in Beziehung auf den Bau des Parlamentsgebäudes, der Universität und des [] an diese Angelegenheit [] seien.

|| || Se. Majestät geruhen die Aufklärung zu verlangen, ob in Hinsicht auf den Paradeplatz ein Gesetz überhaupt notwendig sei.

Der Finanzminister erlaubt sich zu bemerken, dass auch der Reichskriegsminister die Notwendigkeit einer legislativen Verfügung anerkannt habe. Er von seinem Standpunkte würde auf das Zustandekommen eines solchen noch in dieser Session keinen besonderen Wert legen, nachdem er hiebei erst den im Jahre 1870 sich ergebenden Abgang im Auge hatte. Insoferne der Verkauf des Paradeplatzes aber aus anderen Rücksichten dringend sei, würde der Mangel der hiezu erforderlichen Bewilligung jedenfalls eine unübersteigliche Schwierigkeit bilden. Es müsste daher eine Formel gefunden werden, welche den Finanzminister zum Verkaufe des Paradeplatzes, vorbehaltlich der Austragung der Ansprüche auf das Eigentumsrecht, ermächtigen würde. Juridisch wäre dagegen kein Anstand, da man vorbehaltlich der Entscheidung der Rechtsfrage auch zu Verfügungen über streitige Objekte bevollmächtigt werden könne.

Nach einer weiteren Diskussion bringt der Justizminister in Vorschlag, || || dass der betreffende Punkt des Gesetzentwurfes so zu stilisieren wäre, dass der Finanzminister hiedurch zum Verkaufe von bisher von verschiedenen Verwaltungszweigen benützten und für diese entbehrlich gewordenen Objekten, welche in den Besitz der Finanzverwaltung übergegangen sind, ermächtigt werde. [] diese Weise würden die [] Objekte nicht genannt und [] speziell was den Paradeplatz [] die Veräußerung auf [] dieses Gesetzes in dem Falle [] als derselbe in den Besitz der Finanzverwaltung übergehen [], was jedoch nur nach der [] der Rechtsfrage geschehen könne. Der Finanzminister hätte gegen diese Fassung kein Bedenken.

Se. Majestät geruhen Sich dahin auszusprechen, dass Allerhöchstdieselben diese Stilisierung ebenfalls für unverfänglich und der Lösung der prinzipiellen Frage nicht präjudizierend betrachten. Bei der Wichtigkeit des im []el gelegenen Prinzipes, worüber Se. Majestät Allerhöchstsich die Bewilligung ausdrücklich vorzubehalten [] doch schon im vorhinein anzu[] geruhen, dass zur Vermeidung vielfacher Komplikationen || || diese Entscheidung zur Anerkennung eines gemeinsamen Militärärars werde führen müssen, wollen es Se. Majestät dem Ministerrate sehr empfohlen wissen, dass in den Verhandlungen mit dem Ausschusse das Objekt des Paradeplatzes nicht genannt und überhaupt dahin gewirkt werde, dass die Diskussion nicht weiter führe und dass nicht etwas die Sache jetzt zur Entscheidung gebracht werde, was Se. Majestät als im hohen Grade bedenklich und schädlich erkennen würden12. Se. Majestät werden sonach die Vorlage des Finanzministers mit der Ah. genehmigten Modifikation ohne weitere Bemerkung zu resolvieren geruhen, indem Se. Majestät Sich auf dieses Protokoll berufen wollen, dass Allerhöchstdieselben die in der Diskussion über die prinzipielle Frage von verschiedenen Seiten gemachten theoretischen Bemerkungen noch nicht zu akzeptieren geruhen13.

IV. Regierungsvorlage wegen Exkamerierung der Reichsstraßen - (PDF)

IV. ℹ️ Se. Majestät geruhen aus Anlass des vom Minister des Innern erstatteten au. Vortrages wegen Erlangung der Ah. Ermächtigung zur Einbringung eines Gesetzentwurfes wegen Exkamerierung der Reichsstraßen die Frage || || zur Erörterung zu bringen, ob es nicht zu erneuerten Konflikten zwischen der Reichsvertretung und den Landtagen führen würde, wenn über die Exkamerierung der Reichsstraßen, wodurch den Ländern jedenfalls große Lasten auferlegt werden, ein Gesetz im Wege der Reichsvertretung erlassen werden würde, ohne die Landtage hierüber früher gehört zu haben14.

Der Minister des Innern erlaubt [] Darlegung der faktischen [] zu bemerken, dass mit der []g dieses Gesetzes dem [] der Landtage von Oberösterreich und Mähren und einer Aufforderung des Abgeordnetenhauses ent[] werde, wornach die Lösung der Frage der Exkamerierung der Reichsstraßen im Wege der Reichsgesetzgebung zu erfolgen hätte. Der Gesetzentwurf lasse für die [] der autonomen Organe [] hinlänglichen freien Spielraum, wenn er nur die Kriterien auf[], unter welchen die Erhaltung einer Reichsstraße aus Staatsmitteln aufzuhören habe, während die Bestimmung, ob die betreffenden Straßen als Landes-, Bezirks- oder Gemeindestraßen zu behandeln sein würden, für die autonomen Organe offen bleibe. Es erscheine unbedingt notwendig, mit der Exkamerierung der Reichsstraßen vorzugehen, um die Finanzen || || von der nicht gerechtfertigten Erhaltung solcher Straßen zu entlasten, welche bei der dermaligen Entwicklung der Eisenbahnen einem Staatsinteresse nicht mehr dienen.

Se. Majestät geruhen zu bemerken, dass Allerhöchstdieselben dem Grundsatze vollkommen zustimmen, dass Straßen so viel als möglich exkameriert werden sollten. Dies sei jedoch, da die exkamerierten Straßen nicht aufhören können zu existieren, für denjenigen, der die Erhaltung übernehmen müsse, eine Last. Es finde also eine Übertragung der Kosten an andere Organe statt, ohne dass diese gehört worden seien. Früher sei doch mit den Landtagen verhandelt worden, was jedenfalls ein milderer Weg gewesen sei als die Erlassung eines Reichsgesetzes ohne Anhörung der Landtage, wodurch unter den gegebenen Verhältnissen zu Rekriminationen von Seite der Landtage leicht Veranlassung geboten werden könnte. Se. Majestät geruhen die Ah. Ansicht auszusprechen, dass die Erlassung eines solchen Gesetzes gar nicht notwendig sei, indem es sich eigentlich um eine Budgetfrage handle.

Der Finanzminister meint, dass den nächsten Landtagen die Straßen || || einfach bekanntzugeben wären, für deren Erhaltung aus Staatsmitteln in das künftige Budget einen Betrag einzustellen die Regierung nicht mehr in der Lage wäre, woraus sich dann eventuell die weiteren Verhandlungen mit den Landtagen ergeben würden. Hiemit entfiele zunächst für diese Session die Einbringung der Vorlage wegen der Exkamerierung.

Nach einer längeren Diskussion, an der sich mit Ausnahme des Ministers des Innern alle Minister [] des Finanzministers aus[], geruhen Se. k. u. k. apost. Majestät Allerhöchstsich gleichfalls für den Antrag des Finanzministers zu erklären, wornach von der Einbringung des fraglichen Gesetzentwurfes in dieser Session abzu[] sein wird15[.]

V. Frage der Ah. Sanktionierung der Landesgesetze wegen Aufhebung der Propinationsrechte in Böhmen, Mähren und Schlesien - (PDF)

V. ℹ️ Se. Majestät geruhen dem Ministerrate zu eröffnen, dass Allerhöchstdieselben dem vom Minister des Innern vorgelegten Gesetzentwurfe wegen Aufhebung der Propination in [Mähren] die Ah. Sanktion bereits zu erteilen geruht haben16. Dagegen finden Se. Majestät in Hinsicht auf die Ah. Sanktionierung der ebenfalls die Aufhebung der Propination betreffenden Gesetze für [Schlesien] und Böhmen große Schwierigkeiten. Namentlich sei der Vorgang des || || schlesischen Landtages, wornach das Recht der ausschließlichen Erzeugung der Getränke ohne alle Entschädigung aufgehoben werden wolle, in hohem Grade befremdend und scheine dem reinen Diebstahl gleichzukommen.

Der Minister des Innern erlaubt sich zu bemerken, dass, nachdem das ausschließliche Erzeugungsrecht seiner Natur nach kein privatrechtliches Verhältnis, sondern dem öffentlichen Rechte entsprossen sei, dessen unentgeltliche Aufhebung vom Standpunkte des öffentlichen Rechtes unzweifelhaft zulässig erscheine. Eine Analogie hiefür bilde der infolge der Gewerbeordnung vom Jahre 1859 eingehaltene Vorgang in Bezug auf die Realgewerbe, welchen durch die Gewerbefreiheit ohne Entschädigung aller Wert benommen worden sei17. Diese Anschauung habe auch im mährischen und im böhmischen Landtage vorgeherrscht. Nur habe der mährische Landtag allerdings für die Aufhebung des ausschließlichen Erzeugungsrechtes eine billige Entschädigung statuiert. Hiefür wären jedoch nicht Gründe des Rechtes, sondern Gründe der Opportunität maßgebend, nämlich die durch Parteiverhältnisse im Lande gebotene Rücksichtnahme auf den Großgrundbesitz. Ebenso zeige die in Böhmen beschlossene Modalität infolge welcher die || || für das ausschließliche Erzeugungsrecht bewilligte Ablösung von dem Entstehen neuer, durch die Aufhebung des Monopols ermöglichter Gewerbe abhängig gemacht wurde, dass die Ablösung auch dort als eine Forderung des Rechtes nicht behandelt worden sei. Im schlesischen Landtage, wo die Verhältnisse in Hinsicht auf den Großgrundbesitz anders geartet seien als [], habe man nun von einer [] Rücksichtnahme auf denselben []en zu können erachtet und keinen Anstand genommen, die un[] Aufhebung dieses auf Ti[] des öffentlichen Rechts basierenden [] als der Erzeugung zu []. Insoferne sich sonach der schlesische [Landtag] hiebei innerhalb der Grenzen der ihm zukommenden Rechtsbefugnisse [] habe, scheine der Ah. [] über den Vorgang des []s etwas hart.

Se. Majestät geruhen zu bemerken, dass das böhmische Gesetz in seiner Eigentümlichkeit bezüglich der Kreierung des durch 20 Jahre anzusammelnden Entschädigungsfonds zur Verteilung an [] unbekannte Besitzer so merkwürdig sei und voraussichtlich so viel Aufsehen machen werde, dass ein großer Entschluss dazu gehöre, dieses Gesetz mit der Ah. Namensfertigung zu versehen.

[]minister gesteht zu, dass es || || sonderbar erscheine, wenn eine und dieselbe Angelegenheit dreimal anders entschieden werde. Seiner Überzeugung nach aber sei dies in merito unbedenklich. Das Propinationsrecht sei infolge der Praxis in Bezug auf die Verleihung von Schankbefugnissen nahezu wertlos geworden, was insbesondere in Bezug auf das ausschließliche Erzeugungsrecht der Fall sei. Gleichwohl sei der Fortbestand desselben nicht ohne hemmende Rückwirkung auf den Aufschwung der Bierindustrie, welche infolge der Herabsetzung der Zölle sich zu einer ansehnlichen Exportfähigkeit zu entwickeln beginne, was namentlich für Böhmen von Wichtigkeit sei18. In Hinsicht auf den Vorgang in Schlesien sei der übrigens auch für die dortigen allgemeinen politischen Verhältnisse bezeichnende Umstand von Wichtigkeit, dass der betreffende Landtagsbeschluss einstimmig gefasst worden sei, woraus hervorgehe, dass auf Seite der Großgrundbesitzer kein Widerstreben gegen die unentgeltliche Aufhebung des Erzeugungsrechtes bestehe. Was Böhmen betreffe, so sei der Maßstab der Ablösung, welcher einem noch vom früheren Landesausschusse herrührenden, unter wesentlicher Beteiligung Riegers zustande gekommenen Entwurfe seine Entstehung verdanke, auf Seite der Großgrundbesitzer ebenfalls keinen Anständen begegnet. || || Allerdings seien jene Bestimmungen des Gesetzes, welche die Bildung des Entschädigungsfonds betreffen, namentlich was die Kapitalsansammlung auf 20 Jahre betrifft, monstruös. Übrigens werde die Zahlung von 5.000 fr. für die Errichtung einer Bierbrauerei die Folge haben, dass dafür große Brauetablissements entstehen, wie ein solches neben dem schon vorhandenen in Pilsen zu [] beabsichtigt werde, was [] zur Hebung dieses wichtigen und einen ansehnlichen Export versprechenden Industriezweiges jedenfalls vorteilhaft [] [de].

Der Minister des Innern erörtert den Nutzen, welcher sich durch Aufhebung der Propination für die betreffenden Länder ergeben würde, was ein in Brünn vorgekommener Fall dartue, wo die Errichtung einer großen Brauerei durch eine Aktiengesellschaft daran scheiterte, dass die propinationsberechtigte innere Stadt Brünn die Bewilligung zur Errichtung dieses neuen Etablissements von der Zahlung eines Betrages von 50.000 fr. abhängig machte. Der Minister des Innern erlaubt sich daher an Se. Majestät die Bitte zu richten, dass Allerhöchstdieselben den üblen Eindruck, welchen Se. [Majestät] namentlich aus der schlesischen [] empfangen haben, auf Allerhöchst|| || dieselben nicht wirken zu lassen und dem böhmischen und schlesischen Gesetze die Ah. Sanktion nicht zu versagen Ag. geruhen mögen.

Se. Majestät geruhen Sich dahin auszusprechen, dass unter den obwaltenden Umständen für Allerhöchstdieselben wohl nichts anderes erübrigen dürfte19.

VI. Textuelle Richtigstellung der Regierungsvorlage in Betreff des zur Durchführung obiger Landesgesetze für Mähren und Schlesien erforderlichen Reichsgesetzes - (PDF)

VI. ℹ️ Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen zu bemerken, dass der Art. I des vom Finanzminister unterbreiteten Entwurfes eines Reichsgesetzes in Betreff einiger der Reichsgesetzgebung vorbehaltener zur Durchführung der Landesgesetze über die Propinationsaufhebung für Mähren und Schlesien notwendiger Bestimmungen insoferne nicht korrekt stilisiert zu sein scheine, als darin gesagt werde, dass Eingaben, welche im Grunde „der zu erlassenden – von dem mährischen und schlesischen Landtage bereits beschlossenen Landesgesetze“ … stempel- und gebührenfrei seien 20. Die Berufung auf ein „beschlossenes“, aber noch nicht Ah. sanktioniertes Gesetz geruhen Se. Majestät für unzulässig zu erklären, nachdem, solange die Ah. Sanktion fehle, ein „Gesetz“ eben noch nicht vorhanden sei. || || Se. Majestät sei der Ah. Ansicht, dass eine Berufung auf die Landesgesetze in dem Reichsgesetze weder notwendig noch zweckmäßig erscheine, nachdem das Reichsgesetz vor den Landesgesetzen zur [Publ]ikation zu gelangen haben werde.

Der Justizminister erlaubt sich zu bemerken, dass im Allgemeinen [] werden könnte „die Eingaben [] auf die Durchführung der [] der Propinationsrechte etc.“.

Se. Majestät geruhen Allerhöchstihre Willensmeinung dahin []en, dass der Art. I des Gesetzentwurfes in diesem Sinne neu [] und Allerhöchstdenselben vom [Finanz]minister im kurzen Wege wieder unterbreitet werde, wornach Se. Majestät dem Gesetzentwurfe die Ah. Sanktion zu erteilen geruhen wollen21.

VII. Stand der Angelegenheit der Predilbahn - (PDF)

VII. ℹ️ Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen den Ah. Wunsch auszudrücken, vom Ministerrate Auskunft über den Stand der Angelegenheit wegen der Predilbahn zu erhalten, nachdem Se. Majestät diesem Projekte besonderer Wichtigkeit []en geruhen22.

Der Finanzminister erlaubt sich || || seiner Meinung in eingehender Auseinandersetzung dahin Ausdruck zu geben, dass die Predilbahn vorerst ein halbes Jahr recht gut ruhen gelassen werden könnte, nachdem das Ende der Session nahe sei, mittelst der eingebrachten Spezialgesetze sehr bedeutende Summen für Eisenbahngarantien den Finanzen auferlegt wurden, nachdem die Börse keineswegs mehr so willig sei wie vor einiger Zeit23, nachdem die Auslage für die Predilbahn eine enorme und mit den angestrebten Vorteilen insoferne nicht im Verhältnisse sei, als die Konkurrenz der Brennerbahn bei der nicht bedeutenden Längendifferenz durch Tarifermäßigungen allenfalls durch Dazwischenkunft von Staatsmitteln paralysiert werden könnte, die Besorgnis vor der Pontebbalinie aber so lange ungegründet sei, als Chancen für den Bau der Predilbahn bestehen.

Der Handelsminister entwickelt in eingehender Erörterung die auf die alsbaldige Inangriffnahme der Predilbahn hinweisenden Momente. Er bemerkt gegenüber den Ausführungen des Finanzministers, dass, wenn infolge der Staatsgarantie der neuen Bahnen eine größere Belastung der Finanzen eingetreten sei, andererseits wieder Refundierungen von Staatsvorschüssen stattgefunden haben. || || Ein längeres Warten mit der Predilbahn könnte angesichts des sich schon infolge des Bestandes der Isthmuseisenbahn24 entwickelten, stetig steigenden Mehrverkehres über Triest den Staat der großen Vorteile, welche mit einer die kürzeste Verbindung zwischen Ägypten und England ermöglichenden Linie Triest–Villach–[]–Bodensee verbunden wären, in nicht zu re[] Weise verlustig machen. In Hinsicht auf die Wirkung der angedeuteten Tarifsherabsetzung sei nicht zu übersehen, dass [] die Brennerbahn als die [] Linie in den Händen einer und derselben Gesellschaft befinden. [] werde durch die türkischen []en. Dem in anderer, []meinen Standpunkte vollkommen gerechtfertigte Weise zu[]men hielte er für geboten. Den Geldmarkt betreffend seien [] die Eisenbahnwerte und zwar [] die jungen Bahnen von den []en Rückgängen verschont geblieben. Er sei vollkommen einverstanden, dass nichts überstürzt werde, [] – ein erster Schritt müsste schon in dieser Session geschehen. Er würde daher beantragen, dass ein Gesetzentwurf eingebracht werde, mittelst dessen die Regierung ermächtigt würde, die Herstellung []dung der in Villach mündenden [] mit dem Meere und mit || || den venetianischen Bahnen auf österreichischem Gebiete auf Staatskosten zu bewirken, wozu der Regierung für das laufende Jahr ein Kredit von zwei Millionen eröffnet würde. Damit würde das ganze zweifellose Stück VillachTarvis in Angriff genommen werden, welches sich zum Staatsbaue im Vorzuge eigne.

In der hierauf gefolgten längeren Diskussion, in welcher der Finanzminister unter Hervorhebung der in Bezug auf Eisenbahnen schon vorhandenen finanziellen Belastung, welcher ein Plus an Steuern nicht gegenüber stehen werde, seinen Bedenken gegen dieses Projekt Ausdruck gibt und an seinem Standpunkte festhält, dass in der Sache bis zum Spätherbst zugewartet werden könnte, während der Handelsminister die unbedingte Notwendigkeit, zu diesem bescheidenen Anfange sofort zu schreiten, betont, wird von Seite des Ministers des Innern, des Justizministers und des Ministerpräsidenten geltend gemacht, dass es sich nach den Anführungen des Handelsministers um einen ganz neuen Gedanken handle, der im Ministerrate noch gar nicht zur Sprache gekommen sei, dass der Ministerrat somit auch nicht in der Lage sei, sich heute hierüber bindend auszusprechen.

|| || Der Ministerpräsident erlaubt sich sonach, an Se. Majestät die Bitte zu richten, Ag. gestatten zu wollen, dass der neue Antrag des Handelsministers zuvor im Ministerrate zur näheren Beratung gebracht werden dürfe, deren Ergebnis Sr. Majestät zur Ah. Schlussfassung unterbreitet werden wird.

Se. Majestät geruhen dies Ag. zu genehmigen und die Sitzung zu schließen25.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 26. Mai 1869. Franz Joseph.