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Nr. 3 Ministerrat, Wien, 8. Jänner 1868 - (PDF)

RS. fehlt; Abschrift von Tagesordnungspunkt II, Ava., Nachlass Alexy, Kt. 2 . Wortlaut und Datum der Ah. Entschließung: Hhsta., Kab. Kanzlei, Protokoll 1868.

P. Hueber; VS. Auersperg; anw. Taaffe, Plener, Potocki, Giskra, Herbst, Brestel, Berger; abw. Hasner.

KZ. 51 – MRZ. 3

I. Besetzung der Oberlandesgerichts-Präsidentenstelle in Krakau - (PDF)

[I. fehlt]

II. Änderungen in der Eidesformel für alle Organe der Staatsverwaltung - (PDF)

II. ℹ️ In Gemäßheit des im letzten Ministerrate gefassten Beschlusses1 brachte der Justizminister nach der inzwischen mit dem Ratsgremium des Justizministeriums abgehaltenen Beratung2 motiviert seine Anträge zur Kenntnis der Konferenz, welche in Durchführung des Art. 8 des Staatsgrundgesetzes über die richterliche Gewalt3, wonach alle richterlichen Beamten in ihrem Diensteide auch die unverbrüchliche Beobachtung der Staatsgrundgesetze zu beschwören haben, in Bezug auf alle Amts- und Diensteide, welche das Departement der Justiz berühren, durch eine Ministerialverordnung zur Richtschnur vorzuzeichnen waren.

Nachdem der Minister des Innern daran erinnert hatte, dass nach dem gefassten Beschlusse diese Anträge für sämtliche Organe der Staatsverwaltung zu generalisieren wären, weil nach Artikel 13 des Staatsgrundgesetzes über die Ausübung der Regierungs- und Vollzugsgewalt4 „alle Organe der Staatsverwaltung in ihrem Diensteide auch die unverbrüchliche Beobachtung der Staatsgrundgesetze zu beschwören haben“, modifizierte der Justizminister seine Anträge sohin in diesem Sinne in nachstehender Weise: Es wäre die Bestimmung zu erlassen:

1.) dass alle Amts- und Diensteide, welche infolge neuer Ernennungen oder Beförderungen noch zu leisten sind, an Stelle der Worte: „an den Ah. vorgezeichneten Regierungsgrundsätzen unverbrüchlich festzuhalten“ die Worte zu enthalten haben: „die Staatsgrundgesetze unverbrüchlich zu beobachten“.

2.) dass alle schon beeideten Organe der Regierung nachträglich auf die Worte: „Ich erkläre an Eidesstatt die Staatsgrundgesetze unverbrüchlich zu beobachten“, zu verpflichten sind.

3.) dass dieser Verpflichtung in allen Fällen, in welchen die mündliche Ablegung des Eides mit größerem Zeitverluste oder Schwierigkeiten anderer Art verbunden wäre, durch die Unterfertigung und Einsendung einer der obigen Bestimmung entsprechenden Eidesformel Genüge zu leisten sei.

Der Ministerpräsident bemerkt ad 3.), dass in eine Unterscheidung, ob es dem Einzelnen leicht oder schwierig sei, den Eid mündlich abzulegen, sich nicht einzulassen, sondern für alle die schriftliche eidesstättige Erklärung, welche an die vorgesetzten Behörden einzusenden wäre, vorgeschrieben werden soll, weil eine so umfassende Nachschwörung im Publikum den Gedanken aufkommen lassen könnte, dass der frühere Beamteneid das öffentliche Wohl nicht genügend geschützt hat. Die Konferenz stimmte diesen Anträgen des Justizministers unter gleichzeitiger Annahme des Amendements des Ministerpräsidenten einhellig bei. Hienach hat daher ad 3.) die eingeschlossene Stelle: „in welchen die mündliche Ablegung des Eides mit größerem Zeitverluste oder Schwierigkeiten anderer Art verbunden wäre“ zu entfallen. Eine längere Debatte rief die Frage wegen Eliminierung der Eidesklausel, die sich auf die Nichtteilnahme an geheimen Gesellschaften bezieht, hervor. Der Justizminister meinte, dass diese Klausel allerdings künftighin bei allen Eidesleistungen werde zu entfallen haben, weil sie mit den Bestimmungen des neuen Vereinsgesetzes5 nicht im Einklange steht, nach seinem Dafürhalten wäre jedoch die Initiative für einen solchen Antrag am besten dem Minister des Innern mit Wirkung für alle Departements vorzubehalten.

Der Minister des Innern meinte, dass sich die Konferenz gleich in die Beratung dieser Frage einlassen könne, zumal es ihm nicht im Mindesten zweifelhaft erscheine, dass diese Klausel, welche sich mit dem neuen Vereinsgesetze nicht mehr verträgt, jedenfalls entfallen müsse. Nachdem der Ministerpräsident vorerst nur im Allgemeinen seinen Bedenken gegen den Entfall der eidlichen Angelobung der Staatsbeamten über deren Nichtteilnahme an geheimen Gesellschaften im Auslande Ausdruck gegeben hatte, bemerkte der Justizminister ebenfalls im Allgemeinen, dass die auf besonderen niemals kundgemachten Verfügungen beruhende Eidesklausel, die sich auf die Nichtteilnahme an geheimen Gesellschaften bezieht, dem Staatsgrundgesetze gegenüber, welches vorschreibt, dass das Vereinsgesetz gewährleistet ist, nicht mehr haltbar sei. Durch das Vereinsgesetz sei der Begriff einer unerlaubten Gesellschaft ganz entfallen. Die Beeidigung auf diese Klausel habe auch in der 10-jährigen Periode 1848–1858 nicht stattgefunden, ohne dass sich dabei eine Gefahr für das öffentliche Wohl ergeben habe. Kein Staat in der Welt beeide seine Beamten in dieser Weise, was für einen Beamten nicht erlaubt sei, darüber enthalten die Gesetze die Bestimmungen, viel gefährlicher wäre das Einlassen von Beamten mit ausländischen Regierungen, wogegen im Beamteneide keine Bestimmung enthalten ist.

Der Minister Dr. Berger bemerkte, es sei im zweiten Teile des Strafgesetzes vom Jahre 1803 die Teilnahme an geheimen Gesellschaften als eine schwere Polizeiübertretung gegen die Sicherheit des gemeinschaftlichen Staatsbandes und den öffentlichen Ruhestand erklärt6 und demgemäß auch die fragliche Klausel in den Beamteneid aufgenommen worden. Da aber in dem neuen Strafgesetze die Teilnahme an geheimen Gesellschaften als eine straffällige Handlung nicht mehr bezeichnet wird7, und bei dem Bestande des Vereinsgesetzes diese Klausel ganz gegenstandslos geworden sei, stimme er gleichfalls für die Eliminierung.

Mit der Ansicht beziehungsweise dem Antrage des Justizministers vereinigten sich auch der Handelsminister, der Minister des Innern und der Finanzminister, welcher letzterer einen Pleonasmus dahin finden würde, wenn man pro futuro in Betreff der Nichtteilnahme der Beamten an ausländischen Gesellschaften eine Bestimmung in den Eid aufnehmen wollte, da der Beamte ohnedem die Beobachtung der Gesetze beschwören müsse.

Der Ministerpräsident entgegnete, dass, wenn auch die nicht ganz sicher hingestellte Behauptung, dass kein anderer Staat die Beamten in dieser Weise eidlich verpflichte, zugegeben werden wollte, doch zu bedenken sei, dass es auch in keinem anderen Staate als in Österreich, das so viele Nationalitäten vereint, in so eminentem Grade es gefährlich wäre, die Teilnahme der Beamten an geheimen Gesellschaften im Auslande zu gestatten. Die Frage läge auch ganz anders, wenn es sich darum handeln würde, jetzt etwas Neues zu normieren, während im Gegenteile etwas seit längerer Zeit Bestehendes unterdrückt werden will. Wenn dieser Schwur früher bestand, und jetzt entfallen würde, so würde gewiss mancher Beamte dafürhalten, die Teilnahme an geheimen Gesellschaften im Auslande sei ihm nun erlaubt. Bei dieser Frage handle es sich vorzugsweise um den Standpunkt der Sicherheit des Thrones, denn man habe doch von jeher es als das Gefährlichste erkannt, wenn die Staatsuntertanen sich an geheimen Gesellschaften im Auslande, die das Licht der Öffentlichkeit scheuen, beteiligen. Wenn aber die Verpflichtung der Staatsbeamten zur eidlichen Angelobung der Nichtteilnahme an geheimen Gesellschaften im Auslande als ein Pleonasmus bezeichnet werden wolle, weil die Beamten ohnedem auf die Gesetze schwören müssen, so wäre es aus demselben Grunde nicht minder ein Pleonasmus, dieselben die Beobachtung der Staatsgrundgesetze besonders beschwören zu lassen.

Der Ministerpräsidentensstellvertreter gab zu, dass die fragliche Klausel, insoferne sie sich auf geheime Gesellschaften im Inlande beziehe, durch das Vereinsgesetz von selbst entfalle. Da jedoch der Monarch berechtigt sei, von jedem Staatsbeamten zu verlangen, dass er sich mit ausländischen geheimen Gesellschaften in keine Verbindung einlasse, so müsse, wenn die fragliche Klausel aus dem Eide entfallen soll, dieselbe durch eine nur auf die Nichtteilnahme an ausländischen geheimen Gesellschaften lautende andere Klausel suppliert werden. Der Ackerbauminister schloss sich der Ansicht beziehungsweise dem Antrage des Ministerpräsidenten und des Grafen Taaffe an.

Es ergab sich demnach mit fünf gegen drei Stimmen der Beschluss als Antrag 4.) „die eidliche Angelobung der Staatsbeamten über deren Nichtteilnahme an geheimen Gesellschaften hat in Zukunft zu entfallen“, aufzunehmen8.

[III.–VI. fehlt]

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 27. Jänner 1868. [Franz Joseph].