Zur hybriden Edition
Der vorliegende Band erscheint als erster der Editionsreihe „Die Protokolle des cisleithanischen Ministerrates 1867–1918“ in hybrider Form, also gleichzeitig als gedrucktes Buch sowie als digitale Edition.
Die digitale Komponente ist für die Edition der cisleithanischen Ministerratsprotokolle schon deshalb eine wichtige Bereicherung, weil sie einen durch den Justizpalastbrand 1927 stark beschädigten Archivbestand wiedergibt und dabei nicht nur die Überreste der Originalprotokolle, sondern auch Abschriften derselben und andere direkt auf die Ministerratssitzungen verweisende Quellen (wie die Vorträge von Ministern im Ministerrat) integriert. Da eine systematische Suche auch nur innerhalb des Österreichischen Staatsarchivs – von anderen Archiven ganz zu schweigen – unmöglich ist, sind Funde solcher Materialien zufällig und können als ergänzende Quellen jederzeit, also auch nach Erscheinen eines Bandes entdeckt werden. Hier bietet die digitale Edition die Möglichkeit, solche Funde problemlos im Nachhinein an den entsprechenden Stellen einzufügen. Zudem bietet die digitale Edition mit ihren TEI-Daten einen weltweiten unkomplizierten Zugang für Menschen und Maschinen und erlaubt eine Suche über alle auf mrp.oeaw.ac.at enthaltenen Texte. Schließlich bietet diese Webapplikation auch die Darstellung aller Sitzungen der Regierungsgremien Österreichs bzw. der österreichisch-ungarischen Monarchie von 1848 bis 1918 in Form eines Kalenders, sodass die Gleich- und Ungleichzeitigkeit in der Behandlung vieler Themen sichtbar wird.
Dass neben der digitalen auch die Printedition beibehalten wird, liegt an dem Wert, der von den Herausgebern auf dieses bewährte Informationsmedium gelegt wird. Gilt für eine digitale Edition ein Zeitraum von 20 Jahren als „Langzeitarchivierung“, bleiben Bücher – Lagerungsbedingungen und Sicherung der Auffindbarkeit vorausgesetzt – über Jahrhunderte erhalten. Zudem verursacht die Bereitstellung und jede Nutzung digitaler Publikationen Kosten und verbraucht Energie, ein in der Zukunft vermutlich knapper werdendes Gut. Das Lesen einmal gedruckter Bücher benötigt demgegenüber keine Energie. Die Printedition hat weitere Mehrwerte: Sie ermöglicht dreidimensionale Navigation im Buchblock, mit dem Stift in der Hand, mit eingelegten Notizzetteln, Anstreichungen, als Objekt und als Ort des Studiums. Das gedruckte Buch ermöglicht durch saubere Mikrotypografie, ideale Kontrastverhältnisse und hohe Auflösung Lesbarkeit in längeren Aufmerksamkeitsspannen. Das gedruckte Buch ist ein haptisch greifbares und sinnlich erfahrbares Ding von Gewicht. Das gedruckte Buch ist mehr als die abstrakte Information, die es enthält, wir Menschen können zum Buchobjekt einen konkreten Bezug herstellen. Mit der hybriden Publikationsweise hoffen wir den Leserinnen und Lesern die Vorteile der digitalen und der analogen Darstellung in überzeugender Form darzubringen.
Da beide Publikationsformen aus einer Datenquelle entstammen, wurde die Printedition aufgrund technischer Gegebenheiten leicht angepasst. Dies betrifft insbesondere die Zitate.
1) Aus Gründen der Einheitlichkeit wurde das bisher gepflogene Vollzitat bei der Erstnennung in der Einleitung gestrichen, sodass dort in gleicher Weise wie in den Kommentaren zu den Protokollen grundsätzlich nur Kurzzitate verwendet werden, die wie bisher in der Bibliografie auffindbar sind.
2) Verweise auf ein mehrfach in unmittelbarer Folge zitiertes Werk wurden bisher durch das Kürzel „ebd.“ ersetzt. Nachdem die Nachweise gedruckter Quellen nun über eine Literaturdatenbank verwaltet werden, Archivbelege jedoch nicht, musste auf das bei dazwischenstehenden Archivbelegen automatisch nicht mehr fehlerfrei erzeugbare „ebd.“ zugunsten des Kurzzitats verzichtet werden.
3) Schließlich kommt es auch im Bereich der Interpunktion der Literatur- und Quellenzitate zu Änderungen, um Band- und Seitenzahlen besser als bisher unterscheidbar zu machen.
4) Zur Gestaltung der Kopfregesten verweisen wir auf die Einführung „Zur Edition der cisleithanischen Ministerratsprotokolle 1867–1918“ in Band I dieser Editionsreihe.
Zu einem Buch diesen Umfangs gehört auch ein Register, das mehr ist als eine Sammlung von Orts-, Personen- und Institutionsnamen, wie sie die digitale Edition als entity links beinhaltet. Für seine Erstellung musste die digitale Edition an die Erfordernisse eines ordentlichen zweistufigen Registers in der Druckausgabe angepasst werden.
Wladimir Fischer-Nebmaier, Klaus Koch, Stephan Kurz, Richard Lein, Anatol Schmied-Kowarzik