Nr. 39 Ministerrat, Wien, 27. Juli 1867
RS.Reinschrift fehlt; Abschrift, Ava.,Ministerratsprotokolle, Karton 33 (Abschriften Prof. Redlich) ; Wortlaut und Datum der Ah. Entschließung: Hhsta., Kabinettskanzlei, Protokoll 1867 .
P.Protokoll Meyer; VS.Vorsitz Kaiser; anw.anwesend Beust, Taaffe, John, Becke, Hye.
- I. Erklärung Sr. Majestät in betreff der Sanktion des Ministerverantwortlichkeitsgesetzes.
- II. Nichtkontrasignatur der Ah. Ernennungen zu geistlichen Pfründen.
Ministerratsprotokoll vom 27. Juli 1867 unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers.
I. Erklärung Sr. Majestät in betreff der Sanktion des Ministerverantwortlichkeitsgesetzes
I. Se. Majestät geruhten zu eröffnen: Bereits am 25. d. M. habe Er den Reichskanzler ermächtigt, in der an diesem Tage stattfindenden Sitzung des Abgeordnetenhauses die Erklärung abzugeben, dass das Gesetz über Ministerverantwortlichkeit die Ah. Sanktion erhalten habe1.
Mit Rücksicht jedoch auf die zu allgemein gehaltene Textierung des § 1 des Gesetzes und die von ihm bereits in der Ministerratssitzung vom 15. Juli2 diesfalls kundgegebenen Bedenken finde Er Sich veranlasst zu erklären, dass Er dem Gesetze die Sanktion nur unter Annahme erteilt habe, dass sich diese Verantwortlichkeit der Minister nur auf solche Angelegenheiten beziehen könne, welche in der Kompetenz des Reichsrates liegen und die in demselben vertretenen Länder betreffen, dass sie sich somit durchaus nicht auf solche Angelegenheiten erstrecke, welche als gemeinsame Reichsangelegenheiten außer der Kompetenz des diesseitigen Reichsrates stehen3.
Der Kriegsminister Freiherr v. John machte bei diesem Anlasse auf die eigentümliche Stellung des Kriegsministers aufmerksam. Die Armee sei eine Reichsangelegenheit und der Kriegsminister trage den Charakter eines Reichsministers; allein viele militärische Angelegenheiten fallen in die Kompetenz der Vertretungen der beiden Reichshälften, er weise nur hin auf die Art und Weise der Heeresergänzung, die jetzt schon eine verschiedene sei, auf die Bequartierung und Verpflegung der Armee, auf die Vorspannleistung. Da der Reichsminister nicht zugleich die Stellung eines Landesministers bekleiden könne, so müsse jemand anderer bei den beiderseitigen Reichsversammlungen solche militärische Angelegenheiten vertreten. In Ungarn habe diese Vertretung der Landesverteidigungsminister zu übernehmen, bei der diesseitigen Reichshälfte dürfte dieselbe dem Minister des Innern zufallen.
Se. Majestät bemerkten hierauf, die große Mehrzahl militärischer Angelegenheiten beruhen immer auf dem Ressort eines anderen Ministeriums; dieses gelte ausnahmslos von allen, deren Regelung in die Kompetenz der beiden Reichsversammlungen falle und deren Vertretung vor diesen dadurch von selbst gegeben sei4.