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Nr. 23 Ministerrat, Wien, 3. Mai 1867

RS. fehlt; Abschrift, Ava.,Ministerratsprotokolle, Karton 33 (Abschriften Prof. Redlich) ; Wortlaut und Datum der Ah. Entschließung: Hhsta.,Kabinettskanzlei, Protokoll 1867 .

P. Meyer; VS. Beust; anw. Komers, John, Becke, Taaffe; außerdem anw. Wehli, Stählin.

[Tagesordnungspunkte]
KZ. 345 – MRZ. 150 –

Ministerratsprotokoll vom 3. Mai 1867 unter dem Vorsitze Sr. Exzellenz des Herrn Ministerpräsidenten Freiherrn v. Beust.

I. Gesetz über den Reichssenat

[I.] Bevor die Konferenz in die Beratung des Entwurfes eines Gesetzes über den Reichssenat1 eintrat, fand sich der Ministerpräsident Baron v. Beust zu der Bemerkung veranlasst, dass, nach einer von ihm mit den anwesenden drei ungarischen Ministern2 gepflogenen vorläufigen Rücksprache, gegen diese Benennung der Zentralvertretung, welcher die Behandlung der gemeinsamen Angelegenheiten obliegen wird, werde Einsprache erhoben werden und dass man ungarischerseits darauf bestehe, dieselbe wie im Elaborat der 67er Kommission Delegation zu nennen. Ebenso haben sich die ungarischen Minister dafür ausgesprochen, dass nicht ein gleichlautendes gemeinsames Gesetz erlassen werde, sondern von der Vertretung einer jeden Reichshälfte ein besonderes beraten und der Ah. Sanktion unterbreitet werde.

Was nun vorerst die Benennung der Zentralvertretung betrifft, so einigte man sich dahin, dass die Benennung „Reichssenat“ belassen werde und man es versuche, dahin zu wirken, dass dieselbe auch von ungarischer Seite angenommen werde.

Anbelangend die für beide Reichshälften gleichlautende Textierung des Gesetzes, so glaubte man keinen Anstand nehmen zu sollen, diese Textierung so einzurichten, dass das Gesetz nur für die eine Reichshälfte passe. Da jedoch ein Blick auf den Inhalt des Gesetzes zeige, dass in demselben, trotz dieses dualistischen Charakters, mehrere Bestimmungen enthalten sind und darin verbleiben müssen, welche ihrem wesentlichen Inhalte nach in jedem der beiden Gesetze Aufnahme zu erhalten haben, so waltete gegen deren Belassung, obwohl sie in einer für beide Reichshälften bindenden Form lauten, kein Zweifel ob und es ergab sich deren Weglassung als eine Unmöglichkeit.

Bei der artikelweisen Beratung, unter Vornahme der hier bemerkten Änderungen, war man mit dem Inhalte des Gesetzes und der Textierung der einzelnen Paragraphen einverstanden.

Zu einiger Erörterung gaben nur die §§ 2 und 9 Veranlassung.

Bei § 2 entstand die Frage, ob der im Entwurfe vorgeschlagenen Wahl der Mitglieder der Delegation aus dem ganzen Körper3 ein anderer Wahlmodus, die Wahl nach Gruppen des Reichsrates, oder selbst die Wahl durch die Landtage vorzuziehen sei. Da aber die Delegation, wenn sie ihre Aufgabe erfüllen soll, der sichere Repräsentant der Gesinnung der Mehrheit des Reichsrates sein muss, so fand man den vorgeschlagenen Wahlmodus für den zweckmäßigsten4.

Bei § 9 wurde darauf aufmerksam gemacht, dass die der Delegation in diesem Paragraph eingeräumte Kompetenz der Gesetzgebung5 möglicherweise von den Ungarn bestritten werden dürfte, da Deák in einer seiner Reden im Abgeordnetenhause sich dahin geäußert habe, dass den Delegationen keine gesetzgeberische Kompetenz zustehe6.

Da man aber allgemein die Ansicht teilte, dass ohne gesetzgeberische Kompetenz in dem ihnen zustehenden Wirkungskreise eine Wirksamkeit der Delegationen zur Unmöglichkeit werde, so glaubte man solche Äußerungen gänzlich ignorieren zu können, wobei man ferner einverstanden war, dass an dieser Kompetenz hierorts bedingungslos festgehalten werden solle7.

Der Entwurf des Gesetzes, welcher aus der Beratung hervorgegangen war, lautet: (Beilage)a 8.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. 20. Mai 1867.