Gemeinsamer Ministerrat, 29. 6. 1917
I. Ernährungsfrage, Kohlenfrage
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_VII/pdf/oe_hu_mrp_VII_z26.pdf.
Effektes des Zollschutzes solche Vereinbarungen zu treffen, welche es ermöglichen, dass die Zölle mit jenen Preiserhöhungen, die sich den Friedenspreisen gegenüber ergeben werden, in Einklang gebracht werden. II. Übergangswirtschaft Auf dem Gebiete der Übergangswirtschaft wäre einverständliches Vorgehen bei der Beseitigung der während des Krieges vorgenommenen Verkehrsbeschränkun¬ gen und gemeinsame Stellungnahme bei den Friedensverhandlungen behufs Ver¬ hütung eines Wirtschaftskrieges zu vereinbaren. Ferner wäre Vorsorge zu treffen für gemeinsames Vorgehen und wechselseitige Unterstützung bei der Beschaffung von Rohstoffen, ausländischen Zahlungsmitteln und Schiffsraum, sowie auf dem Gebiete des Kreditwesens. (Hintanhaltung einer Zurückflutung von im Auslande placierten heimischen Effekten durch im Friedensvertrag gemeinschaftlich zu verlangenden zweckdienlichen Massnahmen der betreffenden fremden Regie¬ rungen.) III. Verkehrsfragen Hinsichtlich der verkehrspolitischen Fragen wäre die Initiative der deutschen Regierung zu überlassen. IV. Sonstige Wirtschaftsfragen Auch auf anderen Gebieten wäre eine möglichste Assimilierung der wirtschaft¬ lichen Gesetzgebung anzustreben. Aufgabe der Zoll- und Handelskonferenz wäre die Ausarbeitung von Vorschlägen und die Vorbereitung des Materiales hiefür. Original-Reinschrift. -- Die Einsichtnahme wurde auf dem Mantelbogen des Protokolls von sämtlichen Teilnehmern des Ministerrates bestätigt. -- In der rechten oberen Ecke dieses Bogens mit Bleistift geschrieben: »fertig«. Auf dem ersten Blatt seitlich von der Hand des Herrschers: »gelesen«. -- Auf dem letzten Blatt die Kennt¬ nisnahme durch den Herrscher: »Laxenburg, am 22. Mai 1917.« Unter dem Text rechts die Unterschrift von Czernin, links die von Joannovics. -- Ebd. das maschinen¬ geschriebene Konzept des Protokolls, auf dem ersten Blatt unten die Unterschrift von Czernin, auf dem letzten Blatt die von Joannovics. 26. Laxenburg, 29. Juni 1917 Debatte über die Lösung der immer schwieriger werdenden Versorgungsprobleme- Spenden der Reichen. Ware gegen Ware. Die katastrophale Versorgungslage der Österreichisch-Ungarischen Monarchie wird am beredtesten vom Verhandlungsmaterial dieses Ministerrates illustriert. (Siehe hierüber die Einleitung.) Über das zur Debatte stehende Problem siehe den Kommen¬ tar zum Ministerratsprotokoll vom 9. September 1916. 510 <pb/>Protokoll des zu Laxenburg am 29. Juni 1917 abgehaltenen Ministerrates für ge¬ meinsame Angelegenheiten, unter dem Allerhöchsten Vorsitze Seiner Majestät des Kaisers und Königs. KZ. 32. - G.M.K.P.Z. 537. Gegenwärtige: der k.u.k. Minister des kaiserl. und königl. Hauses und des Äussern Graf Czer nin, der kgl. ung. Ministerpräsident Graf Esterhazy, der k.k. Ministerpräsident Dr. Ritter von S e i d 1 e r, der k.k. Minister für Volks¬ ernährung Generalmajor H ö f e r, der Chef des ung. Landesernährungsaus¬ schusses Baron K ü r t h y, der kgl. ung. Ackerbauminister Bela von M e- z 6 s s y, der Vorsitzende des gemeinsamen Ernährungsausschusses General¬ major von Landwehr, der Leiter des k.k. Ackerbauministeriums Sektionschef Ritter von E r 11. Protokollführer: Legationssekretär Graf Walterskirchen. Gegenstand: Ernährungsfrage, Kohlenfrage. Seine k.u.k. Apostolische Majestät geruhten die Besprechung mit dem Hinweis zu eröffnen, dass es ein Lebensinteresse der Monarchie sei, unsere Volkswirtschaft vor einer Katastrophe zu bewahren. Es herrsche eine allgemeine Unzufriedenheit und die hohen Preise erzeugten überall böses Blut. Es müsse vor allem die Preisfrage geregelt werden. In Österreich sind Preisprüfungskommissio¬ nen aufgestellt, doch könnten dieselben nach der Natur der Sache nicht mit der nötigen Beschleunigung arbeiten. In Ungarn habe man die Absicht, die Getreide¬ preise zu erhöhen, wobei aber der Preis des gewöhnlichen Mehles gleich bleiben solle, indem man den Unterschied auf die reicheren Klassen durch Erhö¬ hung des Preises für feines Mehl überwäizen würde. Er stehe auf dem Standpunkt, dass es unerlässlich ist, Dingen, die man herannahen sieht, zuvorzu¬ kommen, indem man die nötigen Abhilfen früher trifft, als sich die Wirkungen der Unzufriedenheit äussern. Es müsse rasch Abhilfe geschaffen werden. Es schwebe Ihm in dieser Beziehung eine Hilfsaktion, wie das schon bei Fleisch geschehen sei, vor, um den ärmeren Kreisen auch andere Lebensmittel zugänglich zu machen, die für dieselben infolge ihrer hohen Preise jetzt unerschwinglich seien. So wolle Er nur darauf hinweisen, dass die Preise für Obst und Gemüse sehr hoch gestiegen seien. Es bleibe daher manchmal viel Ware unverkauft auf dem Markte zurück, was Erbitterung auslösen müsse. Um diese zu vermindern, müsse Staatshilfe in Anspruch genommen werden. Allerdings würden hiedurch die Staatsmittel stark in Anspruch genommen. Es sei dies aber nicht anders möglich und würde die Staatshilfe herabgemindert werden können, wenn eine Einigung über die Preis¬ frage zwischen den beiden Regierungen erzielt worden sei. Diesbezüglich müssten daher sofort Verhandlungen zwischen den beiden Regierungen eingeleitet werden. So sehe man in Österreich mit grosser Sorge der Erhöhung der ungarischen Getrei¬ depreise entgegen. Andererseits sei es nicht zweifelhaft, dass die Landwirtschaft auch in Ungarn mit erhöhten Kosten arbeite und dass der Landwirt daher durch höhere Preise zur intensiven Produktion verlockt werden müsse. Es müsse auch die <pb/>zu grosse Spannung zwischen den Vieh- und Getreidepreisen vermieden werden, sonst bestünde die Gefahr, dass zuviel Getreide verfüttert werde, wodurch sich automatisch der Preis des verbleibenden Getreides erhöhe. Österreich brauche viel Getreide von Ungarn. Die derzeit bestehende Spannung zwischen österreichi¬ schem und ungarischem Weizen sei 35 zu 42 Kronen. Wenn nun der österreichi¬ sche Landwirt seinen Weizen um 35 Kronen abgeben und falls er welchen brauche, ihn um 42 Kronen zurückkaufen müsse, so sei es unvermeidlich, dass dies böses Blut hervorrufe. Wenn nun in Ungarn der Getreidepreis noch weiter erhöht würde, werde man denselben auch in Österreich erhöhen wollen, was eine Erhöhung aller Mehlprodukte zur Folge hätte, was unbedingt vermeiden werden müsse. In Öster¬ reich gebe es wenig Gemüse, das aus Ungarn herkommende sei sehr teuer. Es müsse auch hier ein Entgegenkommen seitens Ungarns eintreten. Die Vorberei¬ tungen zwecks Nivellierung der Preise seien lang dauernd und da rasche Hilfe not tue, müsse einstweilen Staatshilfe eintreten. In Zeitungen sei die Idee lanciert worden von Kriegskommissionen für Konsumentenorganisationen. Allerhöchst- derselbe wolle zur Erwägung stellen, ob hier nicht entgegengekommen werden könnte, nicht durch Schaffung einer neuen Zentralstelle, sondern dadurch, dass diesen Organisationen durch den Staat Ziel und Richtung gewiesen werde. -- Die neue Ernte müsse rasch und gleichmässig erfasst und zu deren Sicherung die schärfsten Mittel angewendet werden. -- Was die Kohle betreffe, so sei dies auch eine sehr ernste Frage, da deren Förderung und Lieferung nicht Schritt halten könne mit dem Verbrauche. Es tauche daher die Frage auf, ob es zur Streckung der Kohlenvorräte nicht möglich wäre, im Laufe des Sommers in grösseren Mengen Holz zu schlagen, es aufzuheben und dasselbe dann zu Ende des Winters dem Konsum zuzuführen. Vor allem aber müsse mit Kohlen mehr gespart werden und dies beziehe sich hauptsächlich auf die Bahnen, wo z. B. oft Züge mit nur wenig Waggons verkehrten. Der Kohlenverbrauch der österreichischen Bahnen sei gegen das Jahr 1913 um 45% gestiegen. Auch die für die Heeresindustrie arbeitenden Fabriken verbrauchen viel Kohle. So erhalte eine Fabrik, von deren Produktion nur 10 % für Heereszwecke bestimmt seien, die Kohle für ihre ganze Produktion. -- Aus allen Teilen Österreichs werde dringend nach Frühkartoffeln verlangt. Es dürfen keine kleinlichen Bedenken obwalten. Wenn wir den Krieg gewinnen wollen, müs¬ sen beide Regierungen, müsse Industrie und Landwirtschaft Zusammenarbeiten. -- Seine k.u.k. Apostolische Majestät geruhen nunmehr dem Vorsitzenden des gemeinsamen k.u.k. Ernährungsausschusses das Wort zu erteilen. Generalmajor von Landwehr führt aus, dass nach beiläufigen Schät¬ zungen das heurige Ernteergebnis sich so ziemlich mit dem Ernteergebnisse pro 1916 decken würde. Weizen sei gut, Roggen und Hafer minder, über Mais könne man heute noch kein Urteil fällen. Wenn man das vorjährige Ergebnis als Grundlage nehme, so könne man pro 1917 für Österreich und Ungarn mit einem Ertrage von 1,222.433 Waggons rechnen, davon entfallen 252.072 Waggons für Saatgut und Ausreiter. Es verbleiben daher für den Bedarf 970.361 Waggons. Was zunächst den menschlichen Bedarf betrifft, so betrage die Quote, die heuer dem Städter gegeben wurde 175 (170) Gramm pro Tag. Vielfach erhalte derselbe noch weniger. Es ist nicht zu leugnen, dass diese Quote zu klein sei, an eine wirkliche 512 <pb/>Erhöhung sei nicht zu denken und wünsche er nur auf die ursprüngliche Quote von 200 Gramm pro Tag zurückgreifen zu können. Wenn man nachstehende Quoten in Österreich zur Grundlage nehme: für 16,6 Millionen Nichfselbstver- sorger ä 200 Gramm täglich = 332 Waggons Mehl täglich; für 9 Millionen Selbst¬ versorger ä 300 Gramm täglich =270 Waggons Mehl täglich. Plus für 3 Millionen Schwerarbeiter ä 100 Gramm täglich = 30 Waggons Mehl täglich ergebe sich für Österreich ein täglicher Bedarf von 632 Waggons Mehl oder ein Jahresbedarf von 230.680 Waggons Mehl oder 276.188 Waggons Getreide. Wenn man für Ungarn und Kroatien dieselben Quoten wie in Österreich als Grundlage nehme, so ergebe sich ein Jahresbedarf von 185.055 Waggons Mehl oder 222.066 Waggons Getreide. -- Der Jahresbedarf für Armee und Kriegsgefangene betrage 104.390Waggons Getreide. Der gesamte menschliche Bedarf belaufe sich somit auf 602.644 Waggons Getreide pro Jahr. Der gesamte tierische Verbrauch in Österreich, Ungarn und bei der Armee (inklusive Hinterland) belaufe sich auf 399.500 Waggons Getreide jähr¬ lich. Der Gesamtbedarf beträgt hiemit 1,002.144 Waggons Getreide jährlich. Dem steht gegenüber ein voraussichtliches Ernteergebnis von 970.361 Waggons Getreide. Es ergibt sich somit ein Fehlbetrag von 31.783 Waggons Getreide. Wenn die rumänischen Zufuhren mit 52.000 Waggons Getreide angenommen werden, so erscheint obiger Fehlbetrag gedeckt und verbleibe ein Rest von 20.217 Waggons Getreide, welcher den unbedingt notwendigen Ansprüchen der industriellen Ver¬ wertung zugeführt werden könne. Die ganze Berechnung beruhe auf der Grund¬ lage, dass die Ernte von 1917 wenigstens so ausfalle wie die von 1916, und dieselbe besser verwaltet werde als dies im Jahre 1916 der Fall war. Unter diesen Voraus¬ setzungen werden wir im Erntejahre 1917/18 das Auskommen finden. Die bewilligte Quote sei allerdings sehr klein. Er könne aber deren Erhöhung nicht beantragen und bitte im Gegenteile, so viel als möglich zu sparen. Mit Allerhöchster Genehmigung ergreift nunmehr der k.u.k. Minister des Äussern das Wort. Graf C z e r n i n führt aus, dass die zweifellos bestehende Preisdifferenz zwi¬ schen österreichischem und ungarischem Obst und Gemüse einen unhaltbaren Zu¬ stand darstelle, der allgemein eine gereizte Stimmung hervorrufe. Das Preisequi- libre müsse hergestellt werden. Er glaube nicht, dass dies im Wege der Herabset¬ zung der ungarischen Preise möglich sein werde, es müsse auch hier staatliche Hilfe in Anspruch genommen werden. Allerdings bedeute das eine grosse Last für den Staat. Er möchte daher den Vorschlag machen, eine grosszügige Aktion ins Leben zu rufen, an deren Spitze sich Ihre Majestäten stellen könnten und an der alle bes¬ ser situierten Kreise Österreichs teilnehmen würden, um durch Spenden von Geld, Gold und Schmuck zur Ausgleichung der zwischen den österreichischen und unga¬ rischen Preisen bestehenden Differenzen beizutragen. Es würde durch den Verkauf von Schmuck im neutralen Auslande auch unsere Valuta gehoben werden. Na¬ türlich müsste dies sehr vorsichtig geschehen, damit das Ausland nicht irrige Schlüsse auf unsere finanzielle Lage ziehe. Er verhehle sich nicht, dass durch diese Aktion bestenfalls Summen einlaufen würden, die zu den Erfordernissen in keinem Verhältnisse stünden. Er lege den Hauptwert der Aktion auch nicht auf deren Erträgnis sondern auf das dadurch gegebene Beispiel. Scheinbar käme diese Aktion 33 Komjäthy: Protokolle 513 <pb/>nur Österreich zu Gute, dies sei aber nur scheinbar, denn durch dieselbe würde ermöglicht, dass die ungarischen Produzenten nicht genötigt würden, mit den Preisen herunterzugehen. Er möchte ferners auf eine beim Fassen der Ernte leicht entstehende Gefahr aufmerksam machen, dass nämlich durch zu grosse Anhäufung von Vorräten dieselben verderben könnten. Diese Belastungsprobe würde die Bevölkerung nicht mehr aushalten. Sehr begrüsse er die Anregung Seiner k.u.k. Apostolischen Majestät, die Kohlenvorräte durch Holz zu strecken. Er habe ge¬ hört, dass die Städte bis Februar mit Kohle versorgt seien und sei überzeugt, dass Holz, welches im Laufe des Sommers geschlagen würde, sich im Februar schon sehr gut verwenden Hesse. Natürlich sei es notwendig, mit Kohle möglichst zu sparen und möchte er auf den ihm übermässig scheinenden Kohlenverbrauch der Marine aufmerksam machen. Seine k.u.k. ApostoHsche Majestät geruhen nunmehr dem kgl. ung. Minister¬ präsidenten das Wort zu erteilen. Graf E s t e r h ä z y führt aus, dass sowohl die frühere wie die jetzige Regierung den Beamten und Angestellten weitgehende Gehalts- und Lohnerhöhungen gege¬ ben habe. Er möchte aber darauf aufmerksam machen, dass, je höher die Gehälter stiegen, desto geringer die Kaufkraft sei, wenn keine Waren am Markte seien. Nur wenn wieder Waren auf den Markt kämen, würde die Kaufkraft steigen. Hier sei eine Hilfsaktion nötig, um wieder Waren auf den Markt zu bringen, auch müs¬ se man danach trachten, den Zwischenhandel auszuschalten. Er möchte sich auch erlauben, den Vorschlag zu unterbreiten, ob es nicht möglich wäre, dem Bauer einen gewissen Prozentsatz des Preises seiner Produkte nicht in Geld sondern in Na¬ turalien, die der Bauer dringend brauche, zu zahlen, wie z. B. Petroleum, Salz und dergl. Er glaube, dass der Bauer hiedurch bewogen würde, seine Produkte williger herzugeben. Die Viehpreise würden wegen der herrschenden Futternot zurückgehen. Was die Kohle betreffe, so habe ihm soeben der kgl. ung. Handelsminister gesagt, er stünde unmittelbar vor einem Abschluss, durch den die Krise gelindert werden würde. Nähere Details habe ihm Graf Serenyi noch nicht geben können. Er lasse sich eine starke Förderung der Konsumenten angelegen sein, doch seien heute die Pro¬ duktionskosten schwer feststellbar und daher die Herabsetzung der Preise schwierig. Die Hauptsache bleibe, Waren auf den Markt zu bringen, dann würde die Preis¬ frage von den Konsumenten selbst gelöst werden. Ungarn sei sich seiner Verantwor¬ tung als Produktionsland bewusst, die Erfassung der neuen Ernte werde gründlicher vor sich gehen wie bisher und bitte er Seine k.u.k. ApostoHsche Majestät, überzeugt zu sein, dass die Regierung mit unnachsichtiger Strenge Vorgehen werde. Mit Allerhöchster Genehmigung ergreift nunmehr der k.k. Ministerpräsident das Wort. Dr. von S e i d 1 e r bemerkt, dass die ihm zur Verfügung stehenden Daten mit jenen des Herrn Generalmajors von Landwehr ziemlich übereinstimmen. Er könne der Überzeugung Ausdruck geben, dass wir bis zur neuen Ernte durchhalten wer¬ den. In diesem Belange sei es von Vorteil, dass infolge der grossen Hitze ein Teil der Ernte notreif geworden sei und daher früher dem Konsum zugeführt werden könne, als es sonst der Fall gewesen wäre. Allerdings würde uns dann dieses 5i4 <pb/>Getreide in einem späteren Zeitpunkte des Jahres fehlen. Die Hauptsache sei, die neue Ernte restlos zu erfassen, doch möchte er davor warnen, hierin zu weit zu gehen. Die Landwirtschaft fange an zu ermüden und sei gedrückt durch die Härten des Krieges. Es sei notwendig, die Aktivität der Landwirtschaft zu erhöhen. Er möchte daher bitten, nicht zu scharf zuzufassen, da sonst die Produktion gefährdet werden könnte. Einen Ausgleich zwischen den in Österreich und Ungarn geltenden Preisen herzustellen, sei sehr schwierig. Die bestehenden Differenzen seien aber sehr bedenklich und sei es Aufgabe der beiden Regierungen, hier eine Annäherung zu suchen. Den vom kgl. ung. Ministerpräsidenten geäusserten Gedanken, den Landwirten einen Teil des Preises ihrer Produkte in Naturalien zu zahlen, hält er für sehr glücklich und erblickt darin ein Stimulans für die Produktion. Ein Natural-Warenaustausch habe sich bis zu einem gewissen Grade ja schon selbst entwickelt. Es sei sehr schwierig, die Viehpreise in Österreich herabzusetzen, da dieselben ohnedies schon niedriger seien als in Ungarn und würde ein solcher Versuch heftigen Widerständen begegnen. In der Frage der Obst- und Gemüse¬ preise müsse unbedingt Remedur geschaffen werden. Er begrüsse die von Seiner k.u.k. Apostolischen Majestät ergriffene Initiative einer Hilfsaktion und hält auch den vom k.u.k. Minister des Äussern gemachten Vorschlag für gangbar, durch eine grosszügige Aktion Geld zu diesem Zwecke aufzubringen. Die Durchführung der von Allerhöchster SteUe angeregten Hilfsaktion werde dadurch erleichtert, dass bei Durchführung der ebenfalls der Allerhöchsten Initiative entsprungenen Hilfs¬ aktion für Fleisch auch andere Artikel miteinbezogen werden sollten. Wenn die für die Fleischaktion zur Verfügung stehenden Mittel nicht ausreichen sollten, würde wegen weiterer Mittel an das Parlament herangetreten werden. Über die Kohlenfrage liegen ihm zur Zeit keine detaillierten Meldungen vor. Mit Rücksicht auf den akuten und wichtigen Charakter dieser Frage bitte er Seine k.u.k. Aposto¬ lische Majestät versichert zu sein, dass er derselben sein spezielles Interesse widmen werde. Die Regierung erwäge drakonische Massnahmen, um den Kohlenver¬ brauch im nächsten Winter einzuschränken. An Holz bestünde Überfluss, doch sei dasselbe nicht greifbar und entstünde die Frage, wie dasselbe zu bringen sei. Die Regierung habe eine Holzwirtschaftsstelle geschaffen, damit dieselbe das Holz auf den Markt bringe und er hoffe hiedurch eine Erleichterung. Er habe bereits Auf¬ trag gegeben, die Städte mit Brennholz zu versorgen und bitte er schliesslich Seine k.u.k. Apostolische Majestät versichert sein zu wollen, dass die Regierung alles tun werde, was in ihren Kräften liege. Seine k.u.k. Apostolische Majestät erwähnt, dass schon einmal ein ähnlicher Vorschlag gemacht worden sei wie der des k.u.k. Ministers des Äussern, und dass sich der damalige k.k. Ministerpräsident Graf Clam- Martinic dagegen ausgesprochen habe, da die Bevölkerung keine Wohltaten wolle. Auch habe Allerhöchstderselbe Bedenken wegen der Parität mit Ungarn. Von Seiner k.u.k. Apostolischen Majestät aufgefordert, sich zu äussern, führt Generalmajor von Landwehr aus, dass, wenn die von Seiner Majestät angeregte Hilfsaktion sich auf Getreide -- unter der Annahme der Preisrelation zwischen österreichischem und ungarischem Weizen 42 : 47 -- Mehl, Kartoffel, 33* 5i5 <pb/>Obst und Gemüse erstrecke, so würde hiezu laut Beilage" eine Summe von 152 Millionen erforderlich sein und erscheine es ihm fraglich, ob dies im Rahmen der Fleischaktion durchführbar sei. Hilfe müsse aber rasch kommen und dahin gehen, dass Obst und Gemüse, das auf den österreichischen Markt komme, welcher Provenienz auch immer es sei, so gezahlt werde, als ob es aus Österreich wäre. Er volle hier nur darauf hinweisen, dass Österreich aus Ungarn im Jahre 1916 um 47 Millionen Obst und um 112 Millionen Gemüse importiert habe. Mit Allerhöchster Genehmigung kommt der k.u.k. Minister des Au¬ sser n nochmals auf seinen Vorschlag zurück, und führt aus, dass die von ihm angeregte Aktion nur scheinbar im einseitigen Interesse Österreichs liege. Ungarn gewinne dadurch genau soviel, da es dadurch ermöglicht sei, die ungarischen Preise für Obst und Gemüse auf ihrer Höhe zu erhalten. Graf Czernin findet die Anregung des kgl. ung. Ministerpräsidenten bezüglich Warenaustausch für sehr wertvoll. Er begrüsst es, dass Graf Esterhazy darauf hingewiesen habe, dass Ungarn ein Produktionsland sei und wünscht, dass Österreich mit seiner Industrie Ungarn unterstütze, wie dies Ungarn gegenüber Österreich mit seinen Agrarprodukten tue. Er weist auf den Übelstand hin, der darin liege, dass in Österreich nicht nur die einzelnen Kronländer sondern auch die einzelnen Bezirkshauptmannschaften sich durch Ausfuhrverbote absperrten. Er würde für Kriegsdauer den freien Waren¬ austausch zwischen Österreich und Ungarn wünschen und hält es für notwendig, dass Preisequilibre hergestellt werde. Seine k.u.k. Apostolische Majestät erteilen nunmehr dem k.k. Minister für Volksernährung das Wort. Generalmajor H ö f e r weist darauf hin, dass die Situation in Österreich kritisch sei. Es sei wenig Brot und Mehl vorhanden, sonst gebe es nichts, keine Kartoffeln, nichts, was sättigend wirke. Man müsse daher auf Gemüse und Obst greifen. Nun seien die Zufuhren aus Ungarn gut, doch die Preise zu hoch. Aus Öster¬ reich selbst komme fast gar nichts nach Wien. Die Ernte aus den südlichen Kron- ländern, die für Wien sonst hauptsächhch in Betracht kam, werde von den dort stehenden Armeen gebraucht. In der Provinz herrsche selbst Not und auch aus der Umgebung von Wien komme nichts auf den Markt. Die zwischen der österreichi¬ schen und ungarischen Ware herrschende Differenz erzeuge Erbitterung. Er wolle nur einige Beispiele nennen. So sei der Preis für Kirschen in Ungarn 2 K 73 h bis 3 K, in Österreich 95 h bis 1 K 15 h; für Kohl in Ungarn 70 h bis 1 K, in Österreich 20 bis 30 h. Österreich würde es sehr begrüssen, wenn auch in Ungarn Höchst¬ preise eingeführt würden. Er habe schön im März darauf hingewiesen, dass die ins Leben gerufene Hilfsaktion nicht nur Fleisch umfasse, sondern sich auch auf andere Waren erstrecke und werde er jetzt dafür sorgen, dass sie sich auch auf Gemüse ausdehne. Notwendig aber sei es, dass die Vorteile dieser Aktion nur den Minderbemittelten zu Gute kämen. Die Sozialdemokraten hätten ihm gegenüber darauf hingewiesen, dass sie nur dann in der Lage wären, die angeforderten Sum¬ men zu votieren, wenn Sicherheit geschaffen würde, dass dieselben wirklich nur zur Erleichterung der Lebenshaltung der Armen verwendet würden. Nach langen a) Die BeUage s. im Anschluß an den Text des Protokolls. ' 516 <pb/>Verhandlungen mit der Kommune sei nun der Kreis der Minderbemittelten in Wien erfasst worden und könne man nun in die Hilfsaktion alles einbeziehen, was man wolle. Auch die Frage der freiwilligen Spenden wurde schon bearbeitet und wird der Gedanke erwogen, im Zentral-Hilfsbureau die ganzen Wohltätigkeitsak¬ tionen zu zentralisieren. Der Mittelstand sei durch die herrschende Teuerung schwer getroffen und könne man demselben nur raten, sich zu organisieren, dann könne eher geholfen werden. Es sei überhaupt die Tendenz des Konsums zu be¬ merken, sich möglichst weit zu organisieren. Was die Getreidepreise betreffe, so sei deren Berechnung wichtig, und auch wichtig, dass dieselben in einem richtigen Verhältnisse zu den Viehpreisen stünden. In Österreich wurde der Weizen auf der Basis 40 verrechnet, wenn nun in Ungarn höhere Preise gegeben werden, werde man auch in Österreich nach höheren Preisen verlangen. Nun sei es ganz unmöglich, in Österreich die Mehlpreise zu erhöhen. Auch das in Ungarn gebräuchliche Aus¬ kunftsmittel, nur die Preise für Feinmehl zu erhöhen, könne er nicht anwenden. Erstens Hesse sich ein solches Feinmehl in Österreich nicht herstellen und dann sei aus sozialpolitischen Gründen eine Differenzierung eines so unumgänglichen Arti¬ kels nicht möglich, da alles nach gleicher Ware verlange. Er wolle bei dieser Gelegenheit nur noch darauf hinweisen, dass Österreich durch die hohen Getreide¬ preise in Ungarn auch bei Versorgung der Armee zu sehr hohen Ausgaben veran¬ lasst werde. Der Kohlenmangel mache sich auch für den Drusch, Mühlen etc. bemerkbar. Er müsse aber anerkennen, dass die Heeresverwaltung in diesem Belange sehr zuvorkommend sei. Die vitalste Frage bei der Ernährung Österreichs sei heute die der Frühkartoffeln, und richte er diesbezüghch eine dringende Bitte an die ungarische Regierung. Was die künftige Ernte betrifft, so müsse alles getan werden, um die rumänische Ernte möghchst rasch ins Land zu bringen und be- grüsse er auf das wärmste die Einleitung von Verhandlungen mit Bulgarien, um sich den Ernteüberschuss dieses Landes zu sichern. Die Erfassung der neuen Ernte müsse rasch und sicher vor sich gehen. Es würden den Landwirten Vorschreibun¬ gen zugestellt, worauf angegeben sei, was sie abzuHefern hätten, was sie für Selbst¬ verbrauch, was als Saatgut behalten können. Seine k.u.k. Apostolische Majestät bemerken hiezu, dass diese Vorschreibungen leicht zu Hintanhaltungen benützt werden könnten. Demgegenüber weist Generalmajor H ö f e r hin, dass die Landwirte auf Grund von ausgearbeiteten statistischen Grundlagen gewissermassen fatieren müssten. Um die Hintanhaltung unmögUch zu machen, seien die Institutionen der Wirtschaftsämter, Wirtschaftsräte, Getreideinspektoren etc. ins Leben gerufen. Seine k.u.k. Apostolische Majestät erwähnen, dass sich im Kriegs¬ ministerium ein gemeinsamer Kohlenausschuss gebildet habe und es gewünscht werde, dass die österreichische und die ungarische Kohlenkommission unter den¬ selben kämen, um eine gleichmässige Verteilung zu ermögUchen. Diesbezüghch scheinen aber noch Widerstände zu bestehen. Der kgl. ung. Ministerpräsident bemerkt, dass er in dieser Frage nicht Stellung nehmen könne, bevor er nicht vom kgl. ung. Handelsminister in Kenntnis gesetzt sei vom Ergebnis seiner dermaHgen Verhandlungen in der Kohlenfrage. 5X7 <pb/> Nun geruhen Seine k.u.k. Apostolische Majestät dem kgl. ung. Ackerbaumini¬ ster das Wort zu erteilen. Der kgl. ung. Ackerbauminister hebt hervor, dass es nötig sei, das Resultat der neuen Ernte schnell zu erfassen und zu verteilen. Es hätten sich im vergangenen Jahre bedauerliche Vorfälle ereignet. Um diese zu verhindern, seien neue strenge Verordnungen herausgegeben worden und würde das Resultat der Ernte gleich bei der Maschine erfasst werden. Nicht nur Gemeindebeamte sollten hiebei intervenieren, sondern auch Militärpersonen. Hiedurch würde eine Garan¬ tie für die rasche und restlose Erfassung der Ernte geschalfen. Eine weitere Garan¬ tie sehe er in der Institution der Bezirkskommissäre, die nicht an einen Bezirk gebunden sein dürften. Die Daten, die Generalmajor von Landwehr gegeben habe, könne er jetzt nicht kritisch beleuchten, doch glaube er, dass dieselben der Wirk¬ lichkeit entsprächen. Im allgemeinen lasse sich in Ungarn eine mittlere Ernte erwarten. Weizen und Korn sei mehr als 1916, Hafer und Gerste sehr schlecht, schlechter noch als 1916. Über Kartoffel und Mais könne man noch kein Urteil fällen. Ihr Ergebnis hänge vom Regen ab, doch dürfe derselbe nicht mehr zu lange auf sich warten lassen, da die Pflanzen durch die lang anhaltende Hitze und Dürre bereits geschwächt seien. Da aber eine Missernte in Mais und Kartoffeln immerhin zu befürchten sei, so stelle er schon jetzt die dringende Bitte, dass die Erzeugung von Spirituosen absolut verboten würde. Beide Regierungen sollten hierin gemeinsam Vorgehen. Die Frage der Getreidepreise sei sehr schwierig. Die Frage habe eine politische und wirtschaftliche Seite. Die frühere Regierung habe die Frage vorberei¬ tet und beinahe schon erledigt. Der damit betraute Ausschuss habe den Preis mit 50 Kronen maximiert und sei dies auch bekannt geworden, so dass es beinahe unmöglich sei, mit diesem Preis viel herunterzugehen. Aber auch die wirtschaftliche Seite müsse in Betracht gezogen werden. Es herrsche eine irritierte Stim¬ mung bei der Landwirtschaft und müsse alles vermieden werden, was deren Produktionslust herabsetzen würde. Übrigens sei es nicht seine Sache, in dieser Frage eine entscheidende Stellung zu nehmen; es falle dies in die Kompe¬ tenz des ungarischen Ministerrates. Er möchte aber eine kleine Erhöhung der österreichischen Maximalpreise vorschlagen, wodurch die Spannung zu den unga¬ rischen Preisen verkleinert würde. In der Viehfrage könnten die Ansprüche Öster¬ reichs und der Armee besser befriedigt werden, da man genötigt sei, wegen der herrschenden Dürre die Viehbestände zu reduzieren. Die Kohlenfrage falle eigent¬ lich in das Ressort des Handelsministers. Sein Vorgänger im Ackerbauministe¬ rium habe eine Holzzentrale geschaffen. Dieselbe werde vielfach bekämpft. Er habe nun eine Enquete angeordnet und werde seine Entschhessungen von deren Ergebnis abhängen lassen. Die Armee müsste jedenfalls soviel Holz bekommen, als sie brauche und müsse daher der Export nach Deutschland herabgesetzt werden. Mit Allerhöchster Genehmigung ergreift nun der Leiter des k.k. Ackerbauministeriums das Wort. Er könne sich dem vom kgl. ung. Ministerpräsidenten ausgeführten Gedanken, dass Ware die Hauptsache sei, nur anschhessen. Der Mangel an Ware trage die Hauptschuld an allen Schwierigkeiten. Es werde wohl nichts Anderes übrig bleiben, als dass Österreich mit seinen Preisen etwas hinaufgehe, während Ungarn die seinigen etwas 5x8 <pb/>moderiere. Die Preisfrage hänge auch damit zusammen, dass der Hektarertrag ein minimaler sei. Zwischen dem Preis der Urprodukte und dem Konsumentenpreis bestünde immerhin eine beträchtliche Spannung und sei es nicht unbedingt not¬ wendig, dass eine Erhöhung des ersteren eine Erhöhung des letzteren nach sich ziehe. Er weise diesbezüglich nur auf die günstige finanzielle Lage der Kriegs¬ getreidegesellschaft hin, so dass sich gewiss ein Mittel finden liesse, um den Mehl¬ preis zu erhalten. Die Produktion arbeite heute unter sehr erschwerten Verhält¬ nissen, daher sei es unvermeidlich, dass sich die Preise dementsprechend erhöhten. Es müsste danach getrachtet werden, die Produktion möglichst zu erhalten und die Arbeitsfreudigkeit zu heben. Es seien schwere Fehler bei den Requisitionen gesche¬ hen und hielten dieselben dem zurückgehaltenen Getreide die Waage. Die Organi¬ sation sei heute so stramm, dass eine Hinterziehung kaum mehr möglich sei. Das requirierte Getreide wurde in die Lagerbauten der Lagerhausgenossenschaft gebracht und dort unter allen Vorsichtsmassregeln aufbewahrt. Das Volk sei heute orientiert. Es wolle Ware, auch wenn dieselbe teuer sei, daher sei es vor allem nötig, für Ware zu sorgen. Die Fleischhilfsaktion sei gut organisiert und lasse sich Ähnliches auch bei Mehl, Gemüse, Obst denken. Es entstehe auch die Frage, ob man mit Rücksicht auf die Schwierigkeit der Kohlenbeschafiung nicht auch Nutzholz als Brennholz verwenden solle. Er persönlich würde eine solche Lösung begrüssen. Bei dieser Gelegenheit möchte er darauf hinweisen, dass in Galizien grosse Massen beschädigten Holzes liegen, deren Fortschafiung schon im Interesse der Forstwirtschaft von eminenter Bedeutung sei. Es sei nun eine Gesellschaft mit einem Projekt an ihn herangetreten, um diese Vorräte aufzuarbeiten. Diese Gesellschaft wäre in der Lage, das nötige Personal für diese Arbeiten und auch die Verpflegung für dasselbe aus Polen zu beschaffen. Er würde es sehr begrüssen, wenn er mit dieser Gesellschaft zu einer Einigung käme, da dann Holz in Überfluss vor¬ handen wäre. Die für den Früh-Drusch und die Schmiede nötige Kohle sei gesichert. Er könne daher der Hoffnung Ausdruck geben, dass durch einheitliches Zusam¬ menwirken die Ernte gut und ohne Härten hereingebracht werden würde. Der k.u.k. Minister des Äussern hält die Frage des Spiritusbren¬ nens für sehr wichtig und spricht sich für ein allgemeines Brennverbot aus für den Fall, als die Kartoffel- und Maisernte missraten sollte. Generalmajor H ö f e r weist darauf hin, dass ein gewisses Quantum von Spiri¬ tus für Kriegszwecke und Arzneien gebraucht würde. Die Kontingente würden auf die einzelnen Kronländer verteilt und sei eine Garantie gegen das missbräuchliche Brennen von Kartoffeln darin gelegen, dass die Kartoffeln heuer beschlagnahmt werden würden. Auf eine Frage Seiner k.u.k. Apostolischen Majestät, ob es nicht möglich wäre, Spiritus aus Holz zu erzeugen, entgegnete Generalmajor von Landwehr, dass neue Maschinen hiezu nötig seien, dass aber das Kriegsministerium die Absicht habe, im Jahre 1918 grössere Quan¬ titäten Spiritus aus Holz herzustellen. Das Ergebnis der Besprechung resümierend stellt Seine k. u. k. Aposto¬ lische Majestät fest, dass dieselbe sich hauptsächlich auf die Preisfrage und die Kohlenfrage erstreckt habe und dass man über nachstehende Punkte einig geworden sei: 5i9 <pb/> 1. Bezüglich der Preisfrage müsse vom Staate eine Hilfsaktion eingeleitet werden, um die Differenzen zwischen den Preisen der österreichischen und der ungarischen Ware auszugleichen. Es müsse dahin gewirkt werden, dass die Spannung zwischen Abheferungspreis und Zurückkaufpreis abnehme. Es müsse getrachtet werden, mehr Ware auf den Markt zu bringen. 2. Die Kohlenvorräte müssten durch Holz möglichst gestreckt werden und müsste bei dem Kohlenverbrauch mit tunlichster Sparsamkeit vorgegangen wer¬ den (Bahnen, Marine). Hierauf geruhen Seine k. u. k. Apostolische Majestät den Kronrat für geschlossen zu erklären. ° Im Erntejahr 1915--16 wurde von Ungarn nach Österreich für die Zivilverwaltung eingeführt Ware Preis Menge Preis Gesamt¬ Preis Gesamt¬ Differenz 1912 in q 1915- summe in K summe in K pro q 16 pro 1917 in K q in K pro q in K Weizen 20 1,530.300 42 64.272.600 47 71.924.100 7.651.500 Roggen 16 454.900 34 15.466.600 29 17.741.100 2.274.500 Gerste 16 9.300 34 39 Mehl 33 54 316.200 59 362.700 46.500 Kartoffel 1,612.200 15 87,058.800 40 95,119.800 8,061.000 Obst 6 334.524 82 246 13,381.960 8,381.960 Gemüse ca. 40 193.183 24 5,000.000 144 47,400.000 31,600.000 ca. 15 735.948 15,800.000 112,800.000 94,000.000 Summen: 18,800.000 206,714.200 152,015.416 Bemerkung: Da das Landesemährungsamt für Ungarn die jetzigen neuen Preise noch nicht bekanntge¬ geben hat, wurde zum Preise 1915--16 ein Mittelzuschlag von 5 K pro q gerechnet Obst ist um 300% gestiegen Gemüse ist um 600% gestiegen. Die Daten wurden von der Kriegsgetreide-Verkehrsanstalt und vom k.k. Handelsmini¬ sterium, Zwischenverkehrsstatistisches Amt eingeholt. Industrieartikel sind dermassen gestiegen, dass eine perzentuelle Preisdifferenz nicht ausgedrückt werden kann, z. B.: 1 Mil. Bluse Friedenspreis Heutiger Preis 1 Zivilanzug 1 Mil. Hose 24- 30 K 120-170 K 1 Hut weich 100-140 K 440- 500 K 24- 30 K 70- 80 K 5- 10 K 40- 50 K Original-Reinschrift. -- Die Einsichtnahme wurde auf dem Mantelbogen des Protokolls von sämtlichen Teilnehmern des Ministerrates bestätigt. In der linken oberen Ecke dieses Blattes mit Bleistift geschrieben: »gelesen K(arl)«. In der rechten oberen Ecke: »fertig«. Auf dem letzten Blatt die Kenntnisnahme durch den Herrscher: »Reichenau, 15. Juli 1917.« Unten links die Unterschrift Wälterskirchens. Vom Minister des Äußern nicht unterschrieben. -- Ebd. das handschriftliche Konzept des Protokolls mit unzähligen Korrekturen. 520 <pb/>