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Gemeinsamer Ministerrat, 14. 4. 1909

I. Abschluß des Handelsvertrages mit Rumänien

Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_VI/pdf/oe_hu_mrp_VI_z8.pdf.

248 Nr. 8 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 14. 4. 1909

   Mit Rücksicht aufdas Vorstehende wird ein Redaktionskomitee mit der Durch¬
führung der entsprechenden textlichen Änderungen in dem Entwürfe des ,,Gehei¬
men Zusatzvertrages" betraut, welches sich dieser Aufgabe in der aus der Beilage
2 ersichtlichen Weise entledigt. Diese Beilage stellt somit den vom Ministerrat
endgiltig genehmigten Text des ,,Geheimen Zusatzvertrages" dar.

   Zum letzten Absätze des ,,Geheimen Zusatzvertrages" bemerkt der k . k.
Ministerpräsident, ohne jedoch daraus eine Frage machen zu wollen,
daß ihm die darin enthaltene Bestimmung, wenn sie überhaupt für nötig gehalten
werde, eine Bindung der beiden Regierungen zu beinhalten scheine, während die
gemeinsame Regierung und speziell das Ministerium des Äußern, welches die
Verhandlungen mit den fremden Regierungen im Sinne der im Einvernehmen mit
der k. k. österreichischen und der kgl. ung. Regierung festgesetzten Instruktion zu
fuhren habe, keine Verpflichtung übernehme.

   Da ungarischerseits erklärt wird, daß die Bestimmung des letzten Absatzes für
nötig gehalten werde, damit die durch den ,,Geheimen Zusatzvertrag" übernom¬
menen Verpflichtungen nicht einseitig gelöst werden können, wird die Beibehal¬
tung dieses Alineas beschlossen und behufs Feststellung des Einverständnisses
des k. u. k. Ministers des k. u. k. Hauses und des Äußern mit dem Inhalte des
,,Geheimen Zusatzvertrages" dessen Erklärung zu Protokoll genommen, daß er es
übernehme, für dieses Abkommen, welches die für die Verhandlungen mit Rumä¬
nien, Serbien und Bulgarien behufs Abschlusses der Handelsverträge bis zum
Jahre 1917 inklusive maßgebenden Grundsätze enthalte, die Ah. Sanktion Sr.
Majestät des Kaisers und Königs zu erbitten.

   Nachdem der Gegenstand der Verhandlung hiemit erschöpft ist, dankt der
Vorsitzende der Konferenz für das ihm speziell in der Frage des rumäni¬
schen Handelsvertrages in Würdigung der schwierigen Lage der auswärtigen Po¬
litik bewiesenen Entgegenkommen10 und erklärt die Sitzung für geschlossen.

                                                                                           Aehrenthal

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen.
Wien, 25. September 1909. Franz Joseph.

          Nr. 8 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 14. April 1909

    RS. (und RK.)
    Gegenwärtige: der kgl. ung. Ministerpräsident Dr. Wekerle, der kgl. ung. Ackerbauminister v.
Daränyi, der k. k. österreichische Ackerbauminister Dr. Bräf, der Staatssekretär im kgl. ung. Han¬
delsministerium Szterenyi in Vertretung des kgl. ung. Handelsministers v. Kossuth, der Sektions-

10 Fortsetzung der Frage des Handelsvertrages mit Rumänien in GMR. v. 14. 4. 1909, GMCPZ.
        472.
<pb/>Nr. 8 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 14. 4. 1909  249

chef im k. k. Handelsministerium Riedl in Vertretung des k. k. österreichischen Handelsministers
Dr. Weiskirchner, der Sektionschef im k. u. k. Ministerium des k. u. k. Hauses und des Äußern Dr.
Ritter v. Roessler, der Staatssekretär im kgl. ung. Ackerbauministerium v. Ottlik, der Sektionschef
im k. u. k. Ministerium des k. u. k. Hauses und des Äußern v. Mihalovich.

   Protokollführer: Konsul Joannovics.
   Gegenstand: Abschluß des Handelsvertrages mit Rumänien.

   KZ. 53 - GMCPZ. 472

   Protokoll des zu Wien am 14. April 1909 abgehaltenen Ministerrates für ge¬
meinsame Angelegenheiten unter dem Vorsitze Sr. Exzellenz des k. u. k. Mini¬
sters des k. u. k. Hauses und des Äußern Alois Freiherm v. Aehrenthal.

   Der Vorsitzende eröffnet die Sitzung, indem er seinem Bedauern Aus-
druck gibt, daß sich die Notwendigkeit einer neuerlichen Ministerkonferenz we¬
gen einer den Abschluß der Verhandlungen über den Handelsvertrag mit Rumä¬
nien behindernden Angelegenheit von geringere Bedeutung ergeben habe.1 Es sei
mmänischerseits im Verlaufe der letzten kommissarischen Verhandlungen die
durch die diplomatischen Verhandlungen bereits erledigte Frage des Weidever¬
kehrs wieder zur Sprache gebracht worden und es handle sich nunmehr darum,
die Beibehaltung jener Bestimmung des alten Vertrages, welche dem Weidever-
kehr theoretisch Rechnung trage, zu ermöglichen, gleichzeitig aber auch die be¬
sonders durch die Delegierten der kgl. ung. Regierung vertretene Forderung zur
Geltung zu bringen, daß der Weideverkehr während der Dauer des neuen Vertra¬
ges keine Rolle spielen solle und diesbezüglich das autonome Verfügungsrecht
der Regierungen gewahrt bleibe.

   Um das Einvernehmen in dieser Frage zu ermöglichen, seien rumänischerseits
folgende zwei Formeln beantragt worden.

   I. Die Punkte 5 und 6 des Zusatzartikels der Handelskonvention ex 1893 blei¬
ben aufrecht, dazu käme nachstehende Erklärung in das Paraphierungsprotokoll:

   ,,II est entendu que le No. 5 de l&#39;acte additionnel concemant le pacage des
animaux dans les districts limitrophes ne vise que la franchise des droits doua-
niers et, en cas echeant, de Fobligation de retour des bceufs et des moutons. Cha-
que partie reste libre de permettre ou d&#39;empecher le passage des animaux vivants
pour des raisons sanitaires veterinaires sans que l&#39;autre partie ait le droit de s&#39;y
opposer (conformement au regime admis comme base des notes echangees).&quot;
Oder:

   II. Anstelle des Punktes 5 des Zusatzartikels hätte folgende Bestimmung zu
treten:

   ,,Pourront etre admis en franchise temporaire le betail et les moutons conduits
d&#39;une territoire ä l&#39;autre pour le pacage ou pour l&#39;hivemage. Chacune des parties

1 Der rumänische Handelsvertrag war zuletzt zur Sprache gekommen in GMR. v. 16. 3. 1909,
       GMCPZ. 471.
<pb/>250 Nr. 8 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 14. 4. 1909

contractantes se reserve d&#39;appliquer les mesures sanitaires veterinaires en vigueur
ou ä emettre au point de vue de la limitation ou ä celui de la prohibition de ce
trafic.&quot;

   Der Vorsitzende ersucht die Konferenz, sich darüber auszusprechen, welche
der vorstehenden zwei Formeln den dabei im Spiele stehenden Interessen besser
entspreche und daher anzunehmen wäre.

   Der kgl. ung. Ackerbauminister erklärt daraufhin, daß er mit
Rücksicht auf die den Führern der agrarischen Partei abgegebene Erklärung, der
Weideverkehr werde unter dem neuen Vertragsregime institutive aufhören, eine
Garantie dafür fordern müsse, daß das gegenwärtig bestehende Verbot des Wei¬
deverkehrs auch für die ganze Dauer des neuen Vertrages mit Rumänien aufrecht¬
erhalten bleibe. Er könne daher die eine oder andere der oberwähnten Formeln
nur unter der Bedingung annehmen, daß ins Paraphierungsprotokoll zu Punkt 5
des Zusatzartikels die nachstehende geheime Deklaration aufgenommen werde:

   ,,Die österreichisch-ungarischerseits zu Protokoll gegebene Mitteilung, wo¬
nach der früher bestandene und dermalen abgestellte Weideverkehr während der
ganzen Geltungsdauer des gegenwärtigen Vertrages verboten bleiben wird, wird
rumänischerseits zur Kenntnis genommen.&quot;

   Der kgl. ung. Ministerpräsident erklärt über Befragen des
Vorsitzenden, daß sich die kgl. ung. Regierung mit dem Standpunkte des kgl.
ung. Ackerbauministers identifiziere.

   Der k. k. österreichische Ackerbauminister gibt na¬
mens der k. k. österreichischen Regierung die Erklärung ab, daß man österreichi-
scherseits das Zustandekommen des Vertrages wünsche und daher jeder Formel,
die dies ermögliche, die Zustimmung zu geben bereit sei.

    Der Vertreter des k. k. Handelsministers verweist ge¬
genüber der Forderung des kgl. ung. Ackerbauministers nach Aufnahme einer
Erklärung in das Paraphierungsprotokoll des rumänischen Handelsvertrages,
durch welche konstatiert werden soll, daß der Weideverkehr auch institutive auf¬
gehoben sei, auf die Bestimmung des Artikels XIV, Punkt 6, des Gesetzes über
den Vertragszolltarif2 der beiden Staaten der österreichisch-ungarischen Monar¬
chie, durch welche Bestimmung die Institution des Weideverkehrs im Zusam¬
menhänge mit den übrigen die wechselseitigen Handels- und Verkehrsbeziehun¬
gen zwischen den im Reichsrate vertreten Königreichen und Ländern und den
Ländern der heiligen ungarischen Krone betreffenden Fragen geregelt worden
sei. Durch die vom kgl. ung. Ackerbauminister geforderte Erklärung für das ru¬
mänische Paraphierungsprotokoll werde daher der Zweck einer institutiven Auf-
hebung des Weideverkehrs nicht erreicht, weil es jeder ungarischen Regierung
freistehe, den Weideverkehr auf Grund der Bestimmung des Artikels XIV, Punkt
6, des Gesetzes über den Vertragszolltarif wieder einzuführen.

2 In Cisleithanien Gesetz v. 13. 2. 1906, RGBl. Nr. 20/1906, in Ungarn wurde der Vertrags¬
         zolltarifmittels Verordnung erlassen.
<pb/>Nr. 8 Gemeinsamer Ministerrai, Wien, 14. 4. 1909  251

   Der Vorsitzende schließt sich diesen Ausführungen an und kann der
Forderung des kgl. ung. Ackerbauministers keine praktische Bedeutung beimes¬
sen, sondern in deren Geltendmachung nur eine neuerliche Gefährdung des Ab¬
schlusses des Handelsvertrages mit Rumänien erblicken und richtet daher einen
dringenden Appell an die kgl. ung. Regierung, in dieser Frage ein Entgegenkom¬
men zu zeigen.

   Der kgl. ung. Ministerpräsident erwidert mit der Erklärung,
daß die ungarischerseits erhobene Forderung in der Frage des Weideverkehrs
nicht nur von den der Konferenz bekannten agrarischen Rücksichten, sondern
auch aus internen politischen Gründen geltend gemacht werden müsse. Es hätten
sich nämlich die an dem Weideverkehre interessierten Kreise Ungarns an die ru¬
mänische Regierung gewendet, um mit deren Hilfe die Aufhebung des bestehen¬
den Verbotes zu erlangen. Aus diesem Grunde sei es erforderlich, die strengsten
Garantien dafür zu fordern, daß die Erreichung dieses Zieles auf dem Umwege
über Rumänien unmöglich gemacht werde. Der politische Wert des ungarischen
Vorschlages liege eben darin, daß die kgl. rumänische Regierung sich für die
Wiedergestattung des Weideverkehrs nicht mehr einsetzen werde, wenn sie ein¬
mal von der Erklärung der kgl. ung. Regierung, das gegenwärtige Verbot für die
ganze Vertragsdauer auffechtzuerhalten, Kenntnis genommen haben werde. Ohne
Schaffung dieser Garantie laufe man Gefahr, daß rumänischerseits bei sich bie¬
tender Gelegenheit wieder über Drängen der an der Sache interessierten ungari¬
schen Kreise die Forderung nach Aufhebung des Verbotes gestellt werde. Dem
vorzubeugen sei, abgesehen von den rein agrarpolitischen Motiven, Zweck der
Forderung der ungarischen Regierung.

   In Hinblick auf die vorstehenden, von den beteiligten Regierungen vorge¬
brachten Beweggründe einigt sich die Konferenz auf einen vom Vorsitzenden
gestellten Vermittlungsantrag dahin, die eingangs erwähnte, rumänischerseits
vorgeschlagene Formel I anzunehmen, falls gelegentlich der Unterzeichnung der
Zusatzkonvention auch rumänischerseits in die Ausfertigung eines Protokolls
nachstehenden Inhaltes gewilligt würde:

   ,,Au moment de proceder ä la signature de la Convention additionnelle ä la
Convention de Commerce conclue le 21/9 decembre 1893 entre l&#39;Autriche-Hon-
grie et la Romanie les soussignes Plenipotentiaires de Sa Majeste l&#39;Empereur
d&#39;Autriche, Roi de Boheme etc. et Roi Apostolique de Hongrie declarent, con-
cemant les stipulations du point 5 de l&#39;article additionnel ä ladite Convention, que
le Gouvernement Royal Hongrois maintiendra pendant toute la duree de cette
Convention additionnelle la defense actuellement en vigueur, du trafic du paca-

ge&#39;
   Les soussignes Plenipotentiaires de Sa Majeste le Roi de Roumanie prennent

acte de cette declaration.&quot;
   Dieses Protokoll könne, wenn rumänischerseits Wert darauf gelegt würde, ge¬

heim gehalten werden, doch sei der kgl. ung. Ackerbauminister auf alle Fälle er-
<pb/>252 Nr, 8 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 14. 4. 1909

mächtigt, seinen Inhalt bei den kommissarischen Verhandlungen des Vertrages
im ungarischen Parlamente vertraulich mitzuteilen.

   Rücksichtlich des Abschlusses der Verhandlungen in Bukarest, welche sich
den Mitteilungen der Delegierten zufolge in der Hauptsache nur mehr auf redak¬
tionelle Arbeiten beschränken werden, einigt sich die Konferenz dahin, nur mehr
je zwei Delegierte österreichischerseits und ungarischerseits nach Bukarest zu
entsenden und die Leitung dieser Verhandlungen dem k. u. k. Gesandten Prinzen
Schönburg anzuvertrauen.3

   Der Vorsitzende berührt am Schlüsse der Konferenz noch die Frage
des Handelsvertrages mit Serbien und Montenegro und verweist rücksichtlich
des ersteren auf den unbefriedigenden Stand der Verhandlungen.4 Nachdem Ser¬
bien die ihm gestellten Anträge für ungenügend befunden habe, sei der vertrags¬
lose Zustand eingetreten; es erübrige vorläufig wohl nichts anderes als zuzuwar¬
ten. Da jedoch Serbien das ihm bewiesene Entgegenkommen nicht gewürdigt
habe, so halte es der Vorsitzende für angezeigt, zur Aufklärung der öffentlichen
Meinung in Europa in einem Kommunique festzustellen, daß die Serbien angebo¬
tene vorläufige Regelung der gegenseitigen wirtschaftlichen Beziehungen über
die einfache Meistbegünstigung hinausgehende, für Serbien ziemlich wertvolle
Konzessionen enthalten habe, welche das Maß jener Zugeständnisse übersteigen,
die österreichisch-ungarischerseits anderen Staaten, zu welchen die Monarchie in
guten politischen Beziehungen gestanden sei, im Rahmen eines einfachen Meist¬
begünstigungsverhältnisses gewährt worden seien.

   Die Konferenz erklärt sich mit diesen Anträgen des Vorsitzenden einverstan¬
den.5

   Rücksichtlich Montenegros fortfahrend, erklärt der Vorsitzende, daß zu die¬
sem Staate wieder vollkommen normale Beziehungen bestehen und der Fürst
dem Wunsche Ausdruck gegeben habe, den Handelsvertrag mit der Monarchie
ehestens zum Abschlüsse zu bringen.6 Der Entwurf dieses Vertrages sei in der
Zollkonferenz vollständig durchberaten worden und es fehle nur mehr die Zu¬
stimmung der kgl. ung. Regierung hiezu. Der Vorsitzende ersucht den kgl. ung.
Ministerpräsidenten, seine Zustimmung zur Aufiiahme der Verhandlungen je eher
zu geben, da der Vertrag namentlich in Ungarn kaum ein wirtschaftliches Interes-

        ln Cisleithanien wurde mit Gesetz v. 29. 12. 1909 im § 1 der Zusatzvertrag v. 23. 4. 1909 zur
        Handelskonvention mit Rumänien v. 21.12.1893 genehmigt, RGBl. Nr. 218/1909. In diesem
        Paragraph wurde die Regierung außerdem ermächtigt, ihn auch vor der Ratifizierungprovi¬
        sorisch in Kraft treten zu lassen. In Ungarn gab es kein entsprechendes sogenanntes Ermäch¬
        tigungsgesetz. Fortsetzung zum Handelsvertrag mit Rumänien in GMR. v. 28. 2. 1910II/I,
        GMCPZ. 479.
        Der Handelsvertrag mit Serbien war zuletzt zur Sprache gekommen in GMR. v. 16. 3. 1909,
        GMCPZ. 471.
        Fortsetzung des Handelsvertrages mit Serbien in GMR. v. 28. 2. 191011/11, GMCPZ. 479.
        Der Handelsvertrag mit Montenegro war zuletzt zur Sprache gekommen in GMR. v. 22. 11.
        1908/III, GMCPZ. 469.
<pb/>Nr. 8 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 14. 4. 1909  253

se tangiere, aber andererseits für die Verproviantierung der Bocche von größter
Bedeutung sei und ein rascher Abschluß mit Montenegro für die weitere Haltung
Serbiens in der Handelsvertragsfrage von Bedeutung werden könnte, indem letz¬
teres dann leichter zu Verhandlungen auf der ihm angebotenen Basis zu bewegen
sein dürfte. Der Vorsitzende machtjedoch die Konferenz darauf aufmerksam, daß
in den Verhandlungen mit Montenegro die Viehffage auch eine Rolle spielen wer¬
de, indem es sich darum handle, den kleinen montenegrinischen Ochsen in geeig¬
neter Weise die Lebendeinführ nach Cattaro zu gestatten, um sie daselbst unter
Beaufsichtigung für den Bedarf der Bocche zu schlachten - ein Zugeständnis,
welches die Interessen der ungarischen Landwirtschaft in keiner Weise schädigen
könne. Der Vorsitzende ersucht die kgl. ung. Regierung dringend, ihm in den
nächsten vierzehn Tagen eine Äußerung im Gegenstände zukommen zu lassen.

   Der kgl. ung. Ministerpräsident erklärt, sich ohne Verzug
mit der Frage des montenegrinischen Handelsvertrages befassen zu wollen.7

   Auf eine Anfrage des Vertreters des kgl. ung. Handelsministers erklärt der
Vorsitzende, daß er gar keine Bedenken tragen würde, das im letzten Herb¬
ste gegen Serbien und Montenegro erlassene Aus- und Durchfuhrverbot für
Kriegsmaterial aufzuheben;8 doch sei man angesichts der in der Türkei herrschen¬
den anarchischen Zustände nicht in der Lage zu beurteilen, was sich in der näch¬
sten Zeit ereignen werde.9 Aus diesem Grunde sei es angezeigt, sich vorerst mit
dem k. u. k. Reichskriegsministerium in Verbindung zu setzen, was der Vorsitzen¬
de auf sich nehme. Von dem Ergebnisse der diesbezüglichen Besprechungen wer¬
de er die beiden Regierungen in Kenntnis setzen.10

  Nachdem das Verhandlungsmaterial hiemit erschöpft ist, erklärt der Vorsitzen¬
de die Sitzung für geschlossen.

                                                                                          Aehrenthal

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen.
Wien, 25. September 1909. Franz Joseph.

Fortsetzung der Beratung über den Handelsvertrag mit Montenegro in GMR. v. 28. 2. 1910
U/H, GMCPZ. 479.
Für Cisleithanien Erlaß des Finanzministeriums v. 21. 10. 1908, RGBl. Nr. 218/1908.
Im April 1909 kam es im Osmanischen Reich zu einer erfolglosen Gegenrevolution. Darauf
setzten die Jungtürken Sultan Abd ül-Hamid II. ab und ersetzen ihn durch seinen Bruder
Mehmed V.
Ein entsprechendes Schreiben Aehrenthals an Schönaich konnte in den Bestandes des Ka.,
KM., Präs, und des HHStA., PA. I, CdM. nicht gefunden werden. In Cisleithanien wurde das
Aus- und Durchfuhrverbotfür Kriegsmaterial nach Serbien und Montenegro mit dem Erlaß
des Finanzministeriums v. 10. 5. 1909, RGBl. Nr. 69/1909, aufgehoben.
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