Gemeinsamer Ministerrat, 16. 3. 1909
I. Regelung des Viehverkehres mit Rumänien, Bulgarien und Serbien
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_VI/pdf/oe_hu_mrp_VI_z7.pdf.
242 Nr. 7 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 16. 3. 1909 Die Alternative B würde lauten: Für alle Vertragsjahre je 30 000 Stück und aus dem nicht ausgenützten Kontingente des unmittelbar vorhergehenden Jahres ma¬ ximal noch 5000 Stück dazu. Nach kurzer Diskussion, aus der hervorgeht, daß die Alternative A für die gan¬ ze Vertragszeit ein geringeres Kontingent darstellen würde als die Alternative B, beschließt die Konferenz, diesen Altematiworschlag zu akzeptieren. Sektionschefv. Roessler weist noch daraufhin, daß die Erhöhung des Kontin¬ gentes für Schafe auf 100 000 Stücke keine besondre Konzession darstelle, da die Schafe im Weideverkehre zollfrei eingelassen wurden, während sie jetzt verzollt werden müssen. Mit Rücksicht darauf, daß der Zoll 2 Kronen 50 Heller per Stück betrage, also verhältnismäßig hoch sei und den Import geschlachteter Schafe aus Rumänien wesentlich erschwere, stellt Redner zur Erwägung der Konferenz, ob nicht die Erniedrigung dieses Zolles Rumänien gegenüber eventuell in Erwägung gezogen werden könnte. Es wird hierauf Staatssekretär v. Ottlik der Konferenz beige¬ zogen, welcher mit Rücksicht darauf, daß diese Anregung ein novum bilde, den Antrag stellt, daß dieselbe vorerst einem Studium zu unterziehen sei. Der Vorsitzende ersucht daher die beiden Regierungen, diese Frage in ernste Erwägung ziehen und ihm sohin ihre Anschauungen hierüber mitteilen zu wollen.8 Nachdem Sektionschef v. Roessler noch das über die heutige Ministerkonferenz an die Presse hinauszugebende Kommunique zur Vorlesung bringt, welchem allseits zugestimmt wird, schließt der Vorsitzende nach halb ein Uhr nachmittags die Sitzung. Aehrenthal Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen. Wien, 25. September 1909. Franz Joseph. Nr. 7 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 16. März 1909 RS. (und RK.) Gegenwärtige: der kgl. ung. Ministerpräsident Dr. Wekerle, der k. k. österreichische Minister¬ präsident Freiherr v. Bienerth, der kgl. ung. Ackerbauminister v. Daränyi, der k. k. Ackerbaumini- ster Dr. Bräf, der k. k. Handelsminister Dr. Weiskirchner, der Staatssekretär im kgl. ung. Handels- Mit Schreiben v. 3. 3. 1909 an Aehrenthal lehnte Wekerle den Vorschlag zur Reduzierung des Schafzolls für Rumänien ab, HHStA., Admin. Reg., F 37 Rumänien 4, Karton 82, Nr. 38. Fortsetzung der Beratung über den rumänischen Handelsvertrag in GMR. v. 16, 3. 1909, GMCPZ. 471. <pb/>Nr. 7 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 16. 3. 1909 243 ministerium v. Szterenyi (in Vertretung des kgl. ung. Handelsministers v. Kossuth), der Sektionschef im k. u. k. Ministerium des k. u. k. Hauses und des Äußern Ritter v. Roessler, der Sektionschef im k. u. k. Ministerium des k. u. k. Hauses und des Äußern v. Mihalovich, der Staatssekretär im kgl. ung. Ackerbauministerium v. Ottlik, der Sektionschef im k. k. Handelsministerium Dr. Riedl, der Ministerialrat im k. k. Ackerbauministerium Dr. Seidler. Protokollführer: k. u. k. Konsul Joannovics. Gegenstand: Regelung des Viehverkehres mit Rumänien, Bulgarien und Serbien. KZ. 52-GMCPZ. 471 Protokoll des zu Wien am 16. März 1909 abgehaltenen Ministerrates für ge¬ meinsame Angelegenheiten unter dem Vorsitze des k. u. k. Ministers des k. u. k. Hauses und des Äußern Freiherm v. Aehrenthal. Der Vorsitzende eröffnet die Sitzung und schlägt vor, die Konferenz möge sich, nachdem die Verhandlungen wegen Abschlusses eines Handelsvertra¬ ges mit Rumänien dank dem zufolge Ministerratsbeschlusses vom 28. Februar 1909 ermöglichten weitergehenden Entgegenkommen in der Frage des Viehkon¬ tingentes nunmehr in ein entscheidendes Stadium getreten seien, mit dem endgil- tigen Abschlüsse dieser Verhandlungen befassen.1 An der Hand der Berichte des k. u. k. Gesandten in Bukarest, Prinzen Schön¬ burg, über den Gang der seit dem 28. Februar 1. J. mit der rumänischen Regierung geführten Verhandlungen, welchen die Beschlüsse des oberwähnten Ministerra¬ tes zugrunde gelegt worden seien, konstatiert der Vorsitzende, daß die Frage der Kontingente für Schafe und Rinder bereinigt sei und nur mehr eine Differenz bezüglich des Schweinekontingentes bestehe.2 Österreichisch-ungarischerseits sei hiefür zuletzt ein Jahreskontingent von 80 000 Stück beantragt worden, was für die gesamte neunjährige Vertragsperiode einem Gesamtkontingente von 720 000 Stück gleichkomme. Rumänischerseits liege dagegen ein Vermittlungs¬ antrag des Finanzministers Costinescu vor, wonach ein Jahreskontingent von 90 000 Stück plus einem Zuschläge von 30 000 Stück im letzten Vertragsjahre aus den in den Voijahren unausgenützt gebliebenen Kontingentresten, somit ein Gesamtkontingent von maximal 810 000 Stück gefordert werde.3 Dieser Antrag sei jedoch von der rumänischen Regierung nicht angenommen worden, dagegen habe der kgl. rumänische Ministerpräsident Brätianu den letz¬ ten Antrag seiner Regierung dahin formuliert, daß im ersten Vertragsjahre 50 000 Stück, im zweiten 60 000, im dritten 70 000, im vierten, fünften und sechsten je 90 000, endlich im siebenten, achten und neunten Vertragsjahre je 120 000 Stück Der rumänische Handelsvertrag war zuletzt zur Sprache gekommen in GMR. v. 28. 2. 1909, GMCPZ. 470. 11 Telegramme Schönburgs an Aehrenthal zwischen 2. und 14. 3. 1909, HHStA., Admin. Reg., F 37 Rumänien 4, Karton 82, Nr. 37, 40-43,45, 50, 52, 53, 55 und 56. Den Gegenvorschlag Constinescus teilte Schönburg im Telegramm v. 6. 3. 1909 an Aehrent¬ hal mit, ebd., Nr. 42. <pb/>244 Nr. 7 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 16. 3. 1909 Schweine gefordert werden. Auch dieser Antrag laufe, nach einem anderen Ver¬ teilungsschlüssel für die einzelnen Jahre, auf ein Gesamtkontingent von 810 000 Stück für die ganze Vertragsdauer hinaus.4 Der Vorsitzende stellt nun die dringende Bitte an die Konferenz, ihn zu er¬ mächtigen, den k. u. k. Gesandten in Bukarest anzuweisen, die Verhandlungen mit der kgl. rumänischen Regierung zum Abschlüsse zu bringen, und schlägt zu diesem Behufe die nachstehende Vorgangsweise vor: Es wäre zunächst zu versu¬ chen, die rumänische Regierung zur Annahme des für Österreich-Ungarn schein¬ bar günstigeren Vermittlungsantrages Costinescu zu bewegen; sollte dieser An¬ trag abermals abgelehnt werden, so wäre der letzte Antrag Brätianu anzunehmen und hiemit die Frage des Kontingentes endgiltig zu erledigen. Der Vorsitzende erklärt, daß ihn zu diesem Vorschläge die gewichtigsten Grün¬ de wirtschaftlicher und politischer Natur veranlassen. Wirtschaftlich könnte die Situation durch eine Kündigung der mit Rumänien bestehenden Meistbegünsti¬ gungskonvention erheblich verschlechtert werden und es bestehe dann die Ge¬ fahr, daß eine Neuregelung der handelspolitischen Beziehungen zu Rumänien nur um einen noch viel höheren Preis zu erlangen wäre. In politischer Beziehung habe der Vorsitzende schon in früheren Konferenzen auf den Emst der Lage hin¬ gewiesen; es handle sich jetzt dämm zu beweisen, daß Österreich-Ungarn dem verbündeten Rumänien auch handelspolitisch ein guter Freund sein wolle. Zur weiteren Bekräftigung seines Standpunktes und zur Information der Kon¬ ferenz verliest der Vorsitzende eine Meldung des k. u. k. Gesandten in Bukarest vom 14.1. M., in welcher folgendes ausgeführt wird:5 ,,Die k. k. österreichische und die kgl. ung. Regiemng haben das äußerste Maß des Kontingentes angegeben, das Rumänien gewährt werden kann. Dieses äußer¬ ste Maß war bedingt durch unsere landwirtschaftlichen Interessen und auch durch die daraus sich ergebende Wahrscheinlichkeit der Annahme seitens der beiden Parlamente. Rumänien hat seine ersten Fordemngen herabgesetzt und seine For- derung mit der äußersten Kontingentzififer, die unsere Regiemngen bieten konn¬ ten, in Einklang gebracht. Es entsteht nunmehr die Frage, ob die von Rumänien gewünschte Art der Ver¬ teilung der Reserve aus dem von uns bewilligten Kontingente unseren landwirt¬ schaftlichen Interessen ein derartiges Opfer auferlegt, welches die Kündigung der Meistbegünstigung und den daraus folgenden Zollkrieg unabweislich fordert. Als erste Norm bei Regelung der wirtschaftlichen Verhältnisse zwischen Österreich-Ungarn und Rumänien wäre daran festzuhalten, daß bei dieser Rege¬ lung alle Zweige der wirtschaftlichen Interessen der Monarchie in harmonischem Einklänge zur Geltung kommen. Mit Telegramm an Aehrenthal v. 12. 3. 1909 leitete Schönburg diese Forderung Brätianus weiter, ebd., Nr. 52. Telegramm Schönburgs an Aehrenthal v. 14. 3. 1909, ebd., Nr. 56. <pb/>Nr. 7 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 16. 3. 1909 245 Rumänien wäre es dringend erwünscht gewesen, mit uns eine Veterinärkon¬ vention abzuschließen, lebendes Vieh nach Österreich-Ungarn zu exportieren und den Grenzverkehr für lebendes Vieh aufrechtzuerhalten. Alle Konzessionen auf dem eben bezeichneten Gebiete hätten unsere landwirtschaftlichen Interessen belastet und wären unserer Industrie zugute gekommen, weil wir Tarifbegünsti¬ gungen dafür erhalten hätten. Diese die landwirtschaftlichen Interessen belastenden Konzessionen wurden je¬ doch Rumänien nicht erteilt und unsere Industrie erhält nicht die erhofften Vorteile. Nach der eben geschilderten Sachlage3 waren wir bestrebt, unserer Industrie wenigstens diejenige Position zu wahren, welche sie gegenwärtig in Rumänien einnimmt. Um dies zu ermöglichen, waren die Regierungen bereit, die Einfuhr von geschlachtetem Vieh in einem Maße zuzulassen, welches die Lage der Land¬ wirte nicht schädigt. Nach schweren Bemühungen ist es gelungen, eine Ziffer zu vereinbaren, der sowohl wir als Rumänien zustimmen. Hiedurch wird es ermög¬ licht, unsere Ausfuhr von Industrieprodukten nach Rumänien aufirechtzuerhalten und unsere Landwirtschaft durch Zuzug von geschlachtetem Vieh aus Rumänien nicht in höherem Maße zu belasten, als dies das Interesse der Entwicklung unse¬ rer Viehzucht und die durch unsere Handelsverträge mit den Westmächten ge¬ schaffene Lage zugibt. Im gegenwärtigen Stande der mit Rumänien geführten Verhandlungen sind daher, wie aus dem Vorstehenden erhellt, die gesamten wirtschaftlichen Interes¬ sen der Monarchie in harmonischem Einklänge gewahrt. Durch Annahme seitens der beiden Regierungen der von Rumänien erbetenen Art der Verteilung des Kontingentes wird den landwirtschaftlichen Interessen kein neues Opfer auferlegt und wird unser Export von Industrieartikeln nach Ru¬ mänien geschützt. Durch Weigerung der k. k. österreichischen und der kgl. ung. Regierung, diese Verteilungsmodalität eines geringen Teiles des zugestandenen Kontingentes anzunehmen, erwachsen unserer Landwirtschaft keinerlei Vorteile und unsere Industrie verliert die jährlich über 100 Millionen betragende und wäh¬ rend der Vertragsperiode steigerungsfahige Ausfuhr nach Rumänien." Der Vorsitzende ersucht die Konferenz, diese überzeugende Darstellung der handelspolitischen Situation Rumänien gegenüber bei Fassung des Beschlusses über die Finalisierung der Handelsvertragsverhandlungen mit diesem Staate sich vor Augen halten zu wollen. In der Voraussetzung, daß die Konferenz das Ministerium des Äußern ermäch¬ tigen würde, die Verhandlungen mit Rumänien in der beantragten Weise zum Abschlüsse zu bringen, schlägt der Vorsitzende vor, eine weitere Schlußfassung der Konferenz über ein von seiten der kgl. ung. Regierung beantragtes internes Übereinkommen betreffend die Regelung der handelspolitischen Beziehungen zu Serbien und Bulgarien herbeizuführen, in welches auch die Frage der Regelung des Viehverkehres mit Rumänien auf der vom Vorsitzenden eben vorgeschlage¬ nen Grundlage einbezogen wurde. Diesem ungarischen Anträge zufolge wäre mit Statt Sachlage heißt es im Telegramm Berücksichtigung der Landwirtschaft. <pb/>246 Nr. 7 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 16. 3. 1909 Serbien kein Vertrag auf Basis eines Kontingentes abzuschließen, und es verblie¬ be dann bezüglich Serbiens die Möglichkeit einer Verständigung auf Basis der Meistbegünstigung für die Einfuhr und auf Grund von Erleichterungen für den Transit; ferner könnte mit Bulgarien ein Vertrag mit Zugrundelegung des nach erfolgtem Abschlüsse des Vertrages mit Rumänien erübrigenden Kontingentre¬ stes an Rindern und eventuell an Schweinen vereinbart werden.6 Dieses prinzipi¬ elle interne Übereinkommen wäre im Sinne des Antrages der kgl. ung. Regierung in einer Weise festzulegen, daß innerhalb der bis 1917 laufenden Vertragsperiode eine Änderung an diesen Grundsätzen nicht Platz greifen könnte. Der Vorsitzende ersucht sohin die Teilnehmer an der Konferenz, sich zu den gestellten Anträgen zu erklären. Der k. k. Ackerbauminister erinnert zunächst daran, daß die innere Marktlage durch eine weitere Erhöhung des Schweinekontingentes für die einheimischen Produzenten eine Verschlechterung erfahre, was die parla¬ mentarische Erledigung des Handelsvertrages mit Rumänien erschweren werde, doch hege die k. k. österreichische Regierung trotzdem die Hoffnung, daß es möglich sein werde, durch Entgegenkommen auf anderem Gebiete die Majorität im Parlamente zu sichern. Unter dem Drucke der schwierigen politischen Lage habe sich die k. k. österreichische Regierung daher entschlossen, auch der vom Vorsitzenden infolge des letzten Antrages des rumänischen Ministerpräsidenten befürworteten weiteren Erhöhung des Schweinekontingentes für die letzten drei Jahre der Vertragsperiode zuzustimmen und nehme sohin den vom Vorsitzenden auf Finalisierung der Verhandlungen mit Rumänien gestellten Antrag vollinhalt¬ lich an. Auch der kgl. ung. Ackerbauminister erklärt, den Vorschlag des Vorsitzenden bezüglich der Beendigung der rumänischen Verhandlung mit Rücksicht aufdie hochemste Lage der auswärtigen Politik und trotz der seitens der Agrarier zu gewärtigenden Schwierigkeiten anzunehmen und beantragt des weite¬ ren, daß für die Verhandlungen mit den Balkanstaaten nunmehr einvemehmlich festzusetzende Maximalkontingent in Form eines geheimen Zusatzvertrages zum Vertrage über die Regelung der wechselseitigen Handels- und Verkehrsbeziehun¬ gen zwischen den im Reichsrate vertretenen Königreichen und Ländern und den Ländern der heiligen ungarischen Krone festzulegen und diesen Zusatzvertrag der Ah. Sanktion Sr. Majestät des Kaisers und Königs zu unterbreiten. Die vom Vorsitzenden berührte Frage des Transits bezüglich Serbiens müsse vorläufig eine offene bleiben und sei wohl aus dem Grunde erwähnt worden, da¬ mit diesbezüglich kein Präjudiz geschaffen werde. Nachdem durch die vorstehenden Erklärungen die vom Vorsitzenden ge¬ wünschten Voraussetzungen für die Aufnahme der Beratungen über den ungari- scherseits vorgelegten Entwurf eines geheimen Zusatzvertrages zum Vertrage Der Handelsvertrag mit Bulgarien war zuletzt zur Sprache gekommen in GMR. v. 22. 11. 1908/11, GMCPZ. 469. <pb/>Nr. 7 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 16. 3. 1909 247 betreffend die Regelung der wechselseitigen Handels- und Verkehrsbeziehungen zwischen den im Reichsrate vertretenen Königreichen und Ländern und den Län¬ dern der heiligen ungarischen Krone gegeben sind, tritt die Konferenz in die Er¬ örterung dieses Entwurfes (Beilage 1) ein.b Bei Verlesung desselben bemerkt der Sektionschef im k. u. k. Ministerium des k. u. k. Hauses und des Äußern Ritter v. Roessler in Ausführung der vom Vorsitzenden berührten Fra¬ ge des Transits durch Serbien, daß durch die Bestimmung des Punktes 2 die Mög¬ lichkeit nicht ausgeschlossen werden soll, mit Serbien, abgesehen von jeder Ver¬ einbarung eines Viehkontingentes, anderweitige Vereinbarungen zu treffen, bezüglich welcher man sich heute die freie Hand wahren wolle.7 Redner beantragt daher, im Punkte 2 dieses geheimen Zusatzvertrages die Be¬ stimmung aufzunehmen, daß für den eventuell mit Serbien abzuschließenden Handelsvertrag bloß die Bindung der Meistbegünstigung hinsichtlich der Be¬ handlung der wechselseitigen Einfuhr festgelegt werde. Der Vorsitzende fügt erklärend hinzu, daß durch die vorgeschlagene redaktionelle Änderung vermieden werden solle, daß bezüglich Serbiens ein über die Meistbegünstigung bei der Einfuhr hinausgehendes Präjudiz geschaffen wer¬ de; vielmehr soll die Möglichkeit gegeben sein, diesem Staate, wenn es erforder¬ lich sein würde, z. B. den Transit von geschlachteten Tieren zu gestatten. Um ein solches Präjudiz zu vermeiden, hält der Vorsitzende es für geboten, zu konstatie¬ ren, daß die Formel des Punktes 2 die Regierungen nicht binden solle, in dieser Frage seinerzeit weiter Beschlüsse zu fassen, und daß insbesondere die Frage des Transits, wenn sie zur Sprache käme, hiedurch nicht präjudiziert werde.8 Nachdem die Konferenz dieser Auffassung zustimmt, wird die vom Ministerium des Äußern vorgeschlagene redaktionelle Änderung des Punktes 2 angenommen. Bezüglich des eventuell für Bulgarien verbleibenden Viehkontingentes einigt sich die Konferenz dahin, daß dieses bei Rindern auf alle Fälle nur 15 000 Stück betragen könne, bei Schweinen aber nur im Falle der Annahme des ersten der beiden vom Vorsitzenden in Antrag gebrachten Vorschläge ein Kontingent von 10 000 Stück jährlich während der ersten sechs Vertragsjahre und von 30 000 Stück jährlich während der letzten drei Vertragsjahre erübrige.9 Liegt dem Originalprotokoll als Beilage 1 bei. Der Handelsvertrag mit Serbien war zuletzt zur Sprache gekommen in GMR. v. 28. 2. 1909, GMCPZ. 470. Nachdem am 31. 3. 1909 der provisorisch in Kraft gesetzte Handelsvertrag mit Serbien ab¬ lief, wurde mit 1. 4. 1909 der autonome Zolltariffür Serbien tragend, für Cisleithanien mit¬ tels Verordnung der Ministerienfür Finanzen, Handel undAckerbau v. 1. 4. 1909, RGBl. Nr. 52/1909. Fortsetzung der Beratung über den serbischen Handelsvertrag in GMR. v. 14. 4. 1909, GMCPZ. 472. Fortsetzung der Beratung über den bulgarischen Handelsvertrag in GMR. v. 16. und 17. 2. 1913/IH, GMKPZ. 503. <pb/>248 Nr. 8 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 14. 4. 1909 Mit Rücksicht aufdas Vorstehende wird ein Redaktionskomitee mit der Durch¬ führung der entsprechenden textlichen Änderungen in dem Entwürfe des ,,Gehei¬ men Zusatzvertrages" betraut, welches sich dieser Aufgabe in der aus der Beilage 2 ersichtlichen Weise entledigt. Diese Beilage stellt somit den vom Ministerrat endgiltig genehmigten Text des ,,Geheimen Zusatzvertrages" dar. Zum letzten Absätze des ,,Geheimen Zusatzvertrages" bemerkt der k. k. Ministerpräsident, ohne jedoch daraus eine Frage machen zu wollen, daß ihm die darin enthaltene Bestimmung, wenn sie überhaupt für nötig gehalten werde, eine Bindung der beiden Regierungen zu beinhalten scheine, während die gemeinsame Regierung und speziell das Ministerium des Äußern, welches die Verhandlungen mit den fremden Regierungen im Sinne der im Einvernehmen mit der k. k. österreichischen und der kgl. ung. Regierung festgesetzten Instruktion zu führen habe, keine Verpflichtung übernehme. Da ungarischerseits erklärt wird, daß die Bestimmung des letzten Absatzes für nötig gehalten werde, damit die durch den ,,Geheimen Zusatzvertrag" übernom¬ menen Verpflichtungen nicht einseitig gelöst werden können, wird die Beibehal¬ tung dieses Alineas beschlossen und behufs Feststellung des Einverständnisses des k. u. k. Ministers des k. u. k. Hauses und des Äußern mit dem Inhalte des ,,Geheimen Zusatzvertrages" dessen Erklärung zu Protokoll genommen, daß er es übernehme, für dieses Abkommen, welches die für die Verhandlungen mit Rumä¬ nien, Serbien und Bulgarien behufs Abschlusses der Handelsverträge bis zum Jahre 1917 inklusive maßgebenden Grundsätze enthalte, die Ah. Sanktion Sr. Majestät des Kaisers und Königs zu erbitten. Nachdem der Gegenstand der Verhandlung hiemit erschöpft ist, dankt der Vorsitzende der Konferenz für das ihm speziell in der Frage des rumäni¬ schen Handelsvertrages in Würdigung der schwierigen Lage der auswärtigen Po¬ litik bewiesenen Entgegenkommen10 und erklärt die Sitzung für geschlossen. Aehrenthal Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen. Wien, 25. September 1909. Franz Joseph. Nr. 8 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 14. April 1909 RS. (und RK.) Gegenwärtige: der kgl. ung. Ministerpräsident Dr. Wekerle, der kgl. ung. Ackerbauminister v. Daränyi, der k. k. österreichische Ackerbauminister Dr. Bräf, der Staatssekretär im kgl. ung. Han¬ delsministerium Szterenyi in Vertretung des kgl. ung. Handelsministers v. Kossuth, der Sektions- io Fortsetzung der Frage des Handelsvertrages mit Rumänien in GMR. v. 14. 4.1909, GMCPZ. 472. <pb/>