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Gemeinsamer Ministerrat, 16. 3. 1909

I. Regelung des Viehverkehres mit Rumänien, Bulgarien und Serbien

Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_VI/pdf/oe_hu_mrp_VI_z7.pdf.

242 Nr. 7 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 16. 3. 1909

   Die Alternative B würde lauten: Für alle Vertragsjahre je 30 000 Stück und aus
dem nicht ausgenützten Kontingente des unmittelbar vorhergehenden Jahres ma¬

ximal noch 5000 Stück dazu.
   Nach kurzer Diskussion, aus der hervorgeht, daß die Alternative A für die gan¬

ze Vertragszeit ein geringeres Kontingent darstellen würde als die Alternative B,
beschließt die Konferenz, diesen Altematiworschlag zu akzeptieren.

   Sektionschefv. Roessler weist noch daraufhin, daß die Erhöhung des Kontin¬
gentes für Schafe auf 100 000 Stücke keine besondre Konzession darstelle, da die
Schafe im Weideverkehre zollfrei eingelassen wurden, während sie jetzt verzollt

werden müssen.
   Mit Rücksicht darauf, daß der Zoll 2 Kronen 50 Heller per Stück betrage, also

verhältnismäßig hoch sei und den Import geschlachteter Schafe aus Rumänien
wesentlich erschwere, stellt Redner zur Erwägung der Konferenz, ob nicht die
Erniedrigung dieses Zolles Rumänien gegenüber eventuell in Erwägung gezogen

werden könnte.
   Es wird hierauf Staatssekretär v. Ottlik der Konferenz beige¬

zogen, welcher mit Rücksicht darauf, daß diese Anregung ein novum bilde, den
Antrag stellt, daß dieselbe vorerst einem Studium zu unterziehen sei.

    Der Vorsitzende ersucht daher die beiden Regierungen, diese Frage in
ernste Erwägung ziehen und ihm sohin ihre Anschauungen hierüber mitteilen zu

wollen.8

Nachdem Sektionschef v. Roessler noch das über die heutige

Ministerkonferenz an die Presse hinauszugebende Kommunique zur Vorlesung

bringt, welchem allseits zugestimmt wird, schließt der Vorsitzende nach

halb ein Uhr nachmittags die Sitzung.

                                       Aehrenthal

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen.
Wien, 25. September 1909. Franz Joseph.

         Nr. 7 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 16. März 1909

    RS. (und RK.)
    Gegenwärtige: der kgl. ung. Ministerpräsident Dr. Wekerle, der k. k. österreichische Minister¬
präsident Freiherr v. Bienerth, der kgl. ung. Ackerbauminister v. Daränyi, der k. k. Ackerbaumini-
ster Dr. Bräf, der k. k. Handelsminister Dr. Weiskirchner, der Staatssekretär im kgl. ung. Handels-

Mit Schreiben v. 3. 3. 1909 an Aehrenthal lehnte Wekerle den Vorschlag zur Reduzierung des
Schafzolls für Rumänien ab, HHStA., Admin. Reg., F 37 Rumänien 4, Karton 82, Nr. 38.
Fortsetzung der Beratung über den rumänischen Handelsvertrag in GMR. v. 16, 3. 1909,
GMCPZ. 471.
<pb/>Nr. 7 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 16. 3. 1909  243

ministerium v. Szterenyi (in Vertretung des kgl. ung. Handelsministers v. Kossuth), der Sektionschef
im k. u. k. Ministerium des k. u. k. Hauses und des Äußern Ritter v. Roessler, der Sektionschef im
k. u. k. Ministerium des k. u. k. Hauses und des Äußern v. Mihalovich, der Staatssekretär im kgl.
ung. Ackerbauministerium v. Ottlik, der Sektionschef im k. k. Handelsministerium Dr. Riedl, der
Ministerialrat im k. k. Ackerbauministerium Dr. Seidler.

    Protokollführer: k. u. k. Konsul Joannovics.
    Gegenstand: Regelung des Viehverkehres mit Rumänien, Bulgarien und Serbien.

   KZ. 52-GMCPZ. 471
   Protokoll des zu Wien am 16. März 1909 abgehaltenen Ministerrates für ge¬
meinsame Angelegenheiten unter dem Vorsitze des k. u. k. Ministers des k. u. k.
Hauses und des Äußern Freiherm v. Aehrenthal.

   Der Vorsitzende eröffnet die Sitzung und schlägt vor, die Konferenz
möge sich, nachdem die Verhandlungen wegen Abschlusses eines Handelsvertra¬
ges mit Rumänien dank dem zufolge Ministerratsbeschlusses vom 28. Februar
1909 ermöglichten weitergehenden Entgegenkommen in der Frage des Viehkon¬
tingentes nunmehr in ein entscheidendes Stadium getreten seien, mit dem endgil-
tigen Abschlüsse dieser Verhandlungen befassen.1

   An der Hand der Berichte des k. u. k. Gesandten in Bukarest, Prinzen Schön¬
burg, über den Gang der seit dem 28. Februar 1. J. mit der rumänischen Regierung
geführten Verhandlungen, welchen die Beschlüsse des oberwähnten Ministerra¬
tes zugrunde gelegt worden seien, konstatiert der Vorsitzende, daß die Frage der
Kontingente für Schafe und Rinder bereinigt sei und nur mehr eine Differenz
bezüglich des Schweinekontingentes bestehe.2 Österreichisch-ungarischerseits
sei hiefür zuletzt ein Jahreskontingent von 80 000 Stück beantragt worden, was
für die gesamte neunjährige Vertragsperiode einem Gesamtkontingente von
720 000 Stück gleichkomme. Rumänischerseits liege dagegen ein Vermittlungs¬
antrag des Finanzministers Costinescu vor, wonach ein Jahreskontingent von
90 000 Stück plus einem Zuschläge von 30 000 Stück im letzten Vertragsjahre
aus den in den Voijahren unausgenützt gebliebenen Kontingentresten, somit ein
Gesamtkontingent von maximal 810 000 Stück gefordert werde.3

   Dieser Antrag sei jedoch von der rumänischen Regierung nicht angenommen
worden, dagegen habe der kgl. rumänische Ministerpräsident Brätianu den letz¬
ten Antrag seiner Regierung dahin formuliert, daß im ersten Vertragsjahre 50 000
Stück, im zweiten 60 000, im dritten 70 000, im vierten, fünften und sechsten je
90 000, endlich im siebenten, achten und neunten Vertragsjahre je 120 000 Stück

Der rumänische Handelsvertrag war zuletzt zur Sprache gekommen in GMR. v. 28. 2. 1909,
GMCPZ. 470.
11 Telegramme Schönburgs an Aehrenthal zwischen 2. und 14. 3. 1909, HHStA., Admin.
Reg., F 37 Rumänien 4, Karton 82, Nr. 37, 40-43,45, 50, 52, 53, 55 und 56.
Den Gegenvorschlag Constinescus teilte Schönburg im Telegramm v. 6. 3. 1909 an Aehrent¬
hal mit, ebd., Nr. 42.
<pb/>244 Nr. 7 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 16. 3. 1909

Schweine gefordert werden. Auch dieser Antrag laufe, nach einem anderen Ver¬
teilungsschlüssel für die einzelnen Jahre, auf ein Gesamtkontingent von 810 000
Stück für die ganze Vertragsdauer hinaus.4

   Der Vorsitzende stellt nun die dringende Bitte an die Konferenz, ihn zu er¬
mächtigen, den k. u. k. Gesandten in Bukarest anzuweisen, die Verhandlungen
mit der kgl. rumänischen Regierung zum Abschlüsse zu bringen, und schlägt zu
diesem Behufe die nachstehende Vorgangsweise vor: Es wäre zunächst zu versu¬
chen, die rumänische Regierung zur Annahme des für Österreich-Ungarn schein¬
bar günstigeren Vermittlungsantrages Costinescu zu bewegen; sollte dieser An¬
trag abermals abgelehnt werden, so wäre der letzte Antrag Brätianu anzunehmen
und hiemit die Frage des Kontingentes endgiltig zu erledigen.

   Der Vorsitzende erklärt, daß ihn zu diesem Vorschläge die gewichtigsten Grün¬
de wirtschaftlicher und politischer Natur veranlassen. Wirtschaftlich könnte die
Situation durch eine Kündigung der mit Rumänien bestehenden Meistbegünsti¬
gungskonvention erheblich verschlechtert werden und es bestehe dann die Ge¬
fahr, daß eine Neuregelung der handelspolitischen Beziehungen zu Rumänien
nur um einen noch viel höheren Preis zu erlangen wäre. In politischer Beziehung
habe der Vorsitzende schon in früheren Konferenzen auf den Emst der Lage hin¬
gewiesen; es handle sich jetzt dämm zu beweisen, daß Österreich-Ungarn dem
verbündeten Rumänien auch handelspolitisch ein guter Freund sein wolle.

   Zur weiteren Bekräftigung seines Standpunktes und zur Information der Kon¬
ferenz verliest der Vorsitzende eine Meldung des k. u. k. Gesandten in Bukarest
vom 14.1. M., in welcher folgendes ausgeführt wird:5

   ,,Die k. k. österreichische und die kgl. ung. Regiemng haben das äußerste Maß
des Kontingentes angegeben, das Rumänien gewährt werden kann. Dieses äußer¬
ste Maß war bedingt durch unsere landwirtschaftlichen Interessen und auch durch
die daraus sich ergebende Wahrscheinlichkeit der Annahme seitens der beiden
Parlamente. Rumänien hat seine ersten Fordemngen herabgesetzt und seine For-
derung mit der äußersten Kontingentzififer, die unsere Regiemngen bieten konn¬
ten, in Einklang gebracht.

   Es entsteht nunmehr die Frage, ob die von Rumänien gewünschte Art der Ver¬
teilung der Reserve aus dem von uns bewilligten Kontingente unseren landwirt¬
schaftlichen Interessen ein derartiges Opfer auferlegt, welches die Kündigung der
Meistbegünstigung und den daraus folgenden Zollkrieg unabweislich fordert.

   Als erste Norm bei Regelung der wirtschaftlichen Verhältnisse zwischen
Österreich-Ungarn und Rumänien wäre daran festzuhalten, daß bei dieser Rege¬
lung alle Zweige der wirtschaftlichen Interessen der Monarchie in harmonischem
Einklänge zur Geltung kommen.

        Mit Telegramm an Aehrenthal v. 12. 3. 1909 leitete Schönburg diese Forderung Brätianus
        weiter, ebd., Nr. 52.
         Telegramm Schönburgs an Aehrenthal v. 14. 3. 1909, ebd., Nr. 56.
<pb/>Nr. 7 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 16. 3. 1909  245

   Rumänien wäre es dringend erwünscht gewesen, mit uns eine Veterinärkon¬
vention abzuschließen, lebendes Vieh nach Österreich-Ungarn zu exportieren
und den Grenzverkehr für lebendes Vieh aufrechtzuerhalten. Alle Konzessionen
auf dem eben bezeichneten Gebiete hätten unsere landwirtschaftlichen Interessen
belastet und wären unserer Industrie zugute gekommen, weil wir Tarifbegünsti¬
gungen dafür erhalten hätten.

   Diese die landwirtschaftlichen Interessen belastenden Konzessionen wurden je¬
doch Rumänien nicht erteilt und unsere Industrie erhält nicht die erhofften Vorteile.

   Nach der eben geschilderten Sachlage3 waren wir bestrebt, unserer Industrie
wenigstens diejenige Position zu wahren, welche sie gegenwärtig in Rumänien
einnimmt. Um dies zu ermöglichen, waren die Regierungen bereit, die Einfuhr
von geschlachtetem Vieh in einem Maße zuzulassen, welches die Lage der Land¬
wirte nicht schädigt. Nach schweren Bemühungen ist es gelungen, eine Ziffer zu
vereinbaren, der sowohl wir als Rumänien zustimmen. Hiedurch wird es ermög¬
licht, unsere Ausfuhr von Industrieprodukten nach Rumänien aufirechtzuerhalten
und unsere Landwirtschaft durch Zuzug von geschlachtetem Vieh aus Rumänien
nicht in höherem Maße zu belasten, als dies das Interesse der Entwicklung unse¬
rer Viehzucht und die durch unsere Handelsverträge mit den Westmächten ge¬
schaffene Lage zugibt.

   Im gegenwärtigen Stande der mit Rumänien geführten Verhandlungen sind
daher, wie aus dem Vorstehenden erhellt, die gesamten wirtschaftlichen Interes¬
sen der Monarchie in harmonischem Einklänge gewahrt.

   Durch Annahme seitens der beiden Regierungen der von Rumänien erbetenen
Art der Verteilung des Kontingentes wird den landwirtschaftlichen Interessen
kein neues Opfer auferlegt und wird unser Export von Industrieartikeln nach Ru¬
mänien geschützt. Durch Weigerung der k. k. österreichischen und der kgl. ung.
Regierung, diese Verteilungsmodalität eines geringen Teiles des zugestandenen
Kontingentes anzunehmen, erwachsen unserer Landwirtschaft keinerlei Vorteile
und unsere Industrie verliert die jährlich über 100 Millionen betragende und wäh¬
rend der Vertragsperiode steigerungsfahige Ausfuhr nach Rumänien.&quot;

   Der Vorsitzende ersucht die Konferenz, diese überzeugende Darstellung der
handelspolitischen Situation Rumänien gegenüber bei Fassung des Beschlusses
über die Finalisierung der Handelsvertragsverhandlungen mit diesem Staate sich
vor Augen halten zu wollen.

   In der Voraussetzung, daß die Konferenz das Ministerium des Äußern ermäch¬
tigen würde, die Verhandlungen mit Rumänien in der beantragten Weise zum
Abschlüsse zu bringen, schlägt der Vorsitzende vor, eine weitere Schlußfassung
der Konferenz über ein von seiten der kgl. ung. Regierung beantragtes internes
Übereinkommen betreffend die Regelung der handelspolitischen Beziehungen zu
Serbien und Bulgarien herbeizuführen, in welches auch die Frage der Regelung
des Viehverkehres mit Rumänien auf der vom Vorsitzenden eben vorgeschlage¬
nen Grundlage einbezogen wurde. Diesem ungarischen Anträge zufolge wäre mit

       Statt Sachlage heißt es im Telegramm Berücksichtigung der Landwirtschaft.
<pb/>246 Nr. 7 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 16. 3. 1909

Serbien kein Vertrag auf Basis eines Kontingentes abzuschließen, und es verblie¬
be dann bezüglich Serbiens die Möglichkeit einer Verständigung auf Basis der
Meistbegünstigung für die Einfuhr und auf Grund von Erleichterungen für den
Transit; ferner könnte mit Bulgarien ein Vertrag mit Zugrundelegung des nach
erfolgtem Abschlüsse des Vertrages mit Rumänien erübrigenden Kontingentre¬
stes an Rindern und eventuell an Schweinen vereinbart werden.6 Dieses prinzipi¬
elle interne Übereinkommen wäre im Sinne des Antrages der kgl. ung. Regierung
in einer Weise festzulegen, daß innerhalb der bis 1917 laufenden Vertragsperiode
eine Änderung an diesen Grundsätzen nicht Platz greifen könnte.

   Der Vorsitzende ersucht sohin die Teilnehmer an der Konferenz, sich zu den
gestellten Anträgen zu erklären.

   Der k. k. Ackerbauminister erinnert zunächst daran, daß die
innere Marktlage durch eine weitere Erhöhung des Schweinekontingentes für
die einheimischen Produzenten eine Verschlechterung erfahre, was die parla¬
mentarische Erledigung des Handelsvertrages mit Rumänien erschweren werde,
doch hege die k. k. österreichische Regierung trotzdem die Hoffnung, daß es
möglich sein werde, durch Entgegenkommen auf anderem Gebiete die Majorität
im Parlamente zu sichern. Unter dem Drucke der schwierigen politischen Lage
habe sich die k. k. österreichische Regierung daher entschlossen, auch der vom
Vorsitzenden infolge des letzten Antrages des rumänischen Ministerpräsidenten
befürworteten weiteren Erhöhung des Schweinekontingentes für die letzten drei
Jahre der Vertragsperiode zuzustimmen und nehme sohin den vom Vorsitzenden
auf Finalisierung der Verhandlungen mit Rumänien gestellten Antrag vollinhalt¬
lich an.

    Auch der kgl. ung. Ackerbauminister erklärt, den Vorschlag
des Vorsitzenden bezüglich der Beendigung der rumänischen Verhandlung mit
Rücksicht aufdie hochemste Lage der auswärtigen Politik und trotz der seitens der
Agrarier zu gewärtigenden Schwierigkeiten anzunehmen und beantragt des weite¬
ren, daß für die Verhandlungen mit den Balkanstaaten nunmehr einvemehmlich
festzusetzende Maximalkontingent in Form eines geheimen Zusatzvertrages zum
Vertrage über die Regelung der wechselseitigen Handels- und Verkehrsbeziehun¬
gen zwischen den im Reichsrate vertretenen Königreichen und Ländern und den
Ländern der heiligen ungarischen Krone festzulegen und diesen Zusatzvertrag der
Ah. Sanktion Sr. Majestät des Kaisers und Königs zu unterbreiten.

    Die vom Vorsitzenden berührte Frage des Transits bezüglich Serbiens müsse
vorläufig eine offene bleiben und sei wohl aus dem Grunde erwähnt worden, da¬
mit diesbezüglich kein Präjudiz geschaffen werde.

    Nachdem durch die vorstehenden Erklärungen die vom Vorsitzenden ge¬
wünschten Voraussetzungen für die Aufnahme der Beratungen über den ungari-
 scherseits vorgelegten Entwurf eines geheimen Zusatzvertrages zum Vertrage

         Der Handelsvertrag mit Bulgarien war zuletzt zur Sprache gekommen in GMR. v. 22. 11.
         1908/11, GMCPZ. 469.
<pb/>Nr. 7 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 16. 3. 1909  247

betreffend die Regelung der wechselseitigen Handels- und Verkehrsbeziehungen
zwischen den im Reichsrate vertretenen Königreichen und Ländern und den Län¬
dern der heiligen ungarischen Krone gegeben sind, tritt die Konferenz in die Er¬
örterung dieses Entwurfes (Beilage 1) ein.b

   Bei Verlesung desselben bemerkt der Sektionschef im k. u. k.
Ministerium des k. u. k. Hauses und des Äußern
Ritter v. Roessler in Ausführung der vom Vorsitzenden berührten Fra¬
ge des Transits durch Serbien, daß durch die Bestimmung des Punktes 2 die Mög¬
lichkeit nicht ausgeschlossen werden soll, mit Serbien, abgesehen von jeder Ver¬
einbarung eines Viehkontingentes, anderweitige Vereinbarungen zu treffen,
bezüglich welcher man sich heute die freie Hand wahren wolle.7

   Redner beantragt daher, im Punkte 2 dieses geheimen Zusatzvertrages die Be¬
stimmung aufzunehmen, daß für den eventuell mit Serbien abzuschließenden
Handelsvertrag bloß die Bindung der Meistbegünstigung hinsichtlich der Be¬
handlung der wechselseitigen Einfuhr festgelegt werde.

   Der Vorsitzende fügt erklärend hinzu, daß durch die vorgeschlagene
redaktionelle Änderung vermieden werden solle, daß bezüglich Serbiens ein über
die Meistbegünstigung bei der Einfuhr hinausgehendes Präjudiz geschaffen wer¬
de; vielmehr soll die Möglichkeit gegeben sein, diesem Staate, wenn es erforder¬
lich sein würde, z. B. den Transit von geschlachteten Tieren zu gestatten. Um ein
solches Präjudiz zu vermeiden, hält der Vorsitzende es für geboten, zu konstatie¬
ren, daß die Formel des Punktes 2 die Regierungen nicht binden solle, in dieser
Frage seinerzeit weiter Beschlüsse zu fassen, und daß insbesondere die Frage des
Transits, wenn sie zur Sprache käme, hiedurch nicht präjudiziert werde.8

   Nachdem die Konferenz dieser Auffassung zustimmt, wird die vom Ministerium
des Äußern vorgeschlagene redaktionelle Änderung des Punktes 2 angenommen.

   Bezüglich des eventuell für Bulgarien verbleibenden Viehkontingentes einigt
sich die Konferenz dahin, daß dieses bei Rindern auf alle Fälle nur 15 000 Stück
betragen könne, bei Schweinen aber nur im Falle der Annahme des ersten der
beiden vom Vorsitzenden in Antrag gebrachten Vorschläge ein Kontingent von
10 000 Stück jährlich während der ersten sechs Vertragsjahre und von 30 000
Stück jährlich während der letzten drei Vertragsjahre erübrige.9

Liegt dem Originalprotokoll als Beilage 1 bei.

Der Handelsvertrag mit Serbien war zuletzt zur Sprache gekommen in GMR. v. 28. 2. 1909,
GMCPZ. 470.
Nachdem am 31. 3. 1909 der provisorisch in Kraft gesetzte Handelsvertrag mit Serbien ab¬
lief, wurde mit 1. 4. 1909 der autonome Zolltariffür Serbien tragend, für Cisleithanien mit¬
tels Verordnung der Ministerienfür Finanzen, Handel undAckerbau v. 1. 4. 1909, RGBl. Nr.
52/1909. Fortsetzung der Beratung über den serbischen Handelsvertrag in GMR. v. 14. 4.
1909, GMCPZ. 472.
Fortsetzung der Beratung über den bulgarischen Handelsvertrag in GMR. v. 16. und 17. 2.
1913/IH, GMKPZ. 503.
<pb/>248 Nr. 8 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 14. 4. 1909

   Mit Rücksicht aufdas Vorstehende wird ein Redaktionskomitee mit der Durch¬
führung der entsprechenden textlichen Änderungen in dem Entwürfe des ,,Gehei¬
men Zusatzvertrages&quot; betraut, welches sich dieser Aufgabe in der aus der Beilage
2 ersichtlichen Weise entledigt. Diese Beilage stellt somit den vom Ministerrat
endgiltig genehmigten Text des ,,Geheimen Zusatzvertrages&quot; dar.

   Zum letzten Absätze des ,,Geheimen Zusatzvertrages&quot; bemerkt der k. k.
Ministerpräsident, ohne jedoch daraus eine Frage machen zu wollen,
daß ihm die darin enthaltene Bestimmung, wenn sie überhaupt für nötig gehalten
werde, eine Bindung der beiden Regierungen zu beinhalten scheine, während die
gemeinsame Regierung und speziell das Ministerium des Äußern, welches die
Verhandlungen mit den fremden Regierungen im Sinne der im Einvernehmen mit
der k. k. österreichischen und der kgl. ung. Regierung festgesetzten Instruktion zu
führen habe, keine Verpflichtung übernehme.

   Da ungarischerseits erklärt wird, daß die Bestimmung des letzten Absatzes für
nötig gehalten werde, damit die durch den ,,Geheimen Zusatzvertrag&quot; übernom¬
menen Verpflichtungen nicht einseitig gelöst werden können, wird die Beibehal¬
tung dieses Alineas beschlossen und behufs Feststellung des Einverständnisses
des k. u. k. Ministers des k. u. k. Hauses und des Äußern mit dem Inhalte des
,,Geheimen Zusatzvertrages&quot; dessen Erklärung zu Protokoll genommen, daß er es
übernehme, für dieses Abkommen, welches die für die Verhandlungen mit Rumä¬
nien, Serbien und Bulgarien behufs Abschlusses der Handelsverträge bis zum
Jahre 1917 inklusive maßgebenden Grundsätze enthalte, die Ah. Sanktion Sr.
Majestät des Kaisers und Königs zu erbitten.

   Nachdem der Gegenstand der Verhandlung hiemit erschöpft ist, dankt der
Vorsitzende der Konferenz für das ihm speziell in der Frage des rumäni¬
schen Handelsvertrages in Würdigung der schwierigen Lage der auswärtigen Po¬
litik bewiesenen Entgegenkommen10 und erklärt die Sitzung für geschlossen.

                                                                                           Aehrenthal

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen.
Wien, 25. September 1909. Franz Joseph.

          Nr. 8 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 14. April 1909

     RS. (und RK.)
     Gegenwärtige: der kgl. ung. Ministerpräsident Dr. Wekerle, der kgl. ung. Ackerbauminister v.
Daränyi, der k. k. österreichische Ackerbauminister Dr. Bräf, der Staatssekretär im kgl. ung. Han¬
delsministerium Szterenyi in Vertretung des kgl. ung. Handelsministers v. Kossuth, der Sektions-

 io Fortsetzung der Frage des Handelsvertrages mit Rumänien in GMR. v. 14. 4.1909, GMCPZ.
         472.
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