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Gemeinsamer Ministerrat, 16. 8. 1904

I. Festsetzung der Endinstruktionen für die dritte Lesung der Handelsvertragsverhandlungen mit Italien

Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_V/pdf/oe_hu_mrp_V_z57.pdf.

408 Nr. 57 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 16. 8.1904

                 Nr. 57 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 16. August 1904

    RS. (undRK.)
    Gegenwärtige: der k. k. Ministerpräsident v. Koetber (22.8.), der kgl. ung. Ministerpräsident GrafTisza
(2. 9.), der k. u. k. Botschafter Graf Lützow (10. 9.), der iL k. Handelsminister Freiherr v. Call (28. 9.), der
Sektionschef im k. k. Handelsministerium v. Stibral (28. 9.), der Sektionschef im k. u. k. Ministerium des
Äußern Ritter v. Suzzara, der Sektionschef im k. k. Handelsministerium Ritter v. Roessler, der Hof- und
Ministerialrat im k. u. k. Ministerium des Äußern v. Mihalovich, der Ministerialrat im kgl. ung. Handelsmi¬
nisterium v. Bi'rö (12 .9.), der Ministerialrat im kgl. ung. Ackerbauministerium v. Ottlik (12. 9.), der
Sektionsrat im kgl. ung. Ackerbauministerium v. Roth.
    Protokollführer der k. u. k. Konsul Ritter v. Princig.
    Gegenstand: Festsetzung der Endinstruktionen fürdie dritte Lesungder Handelsvertragsverhandlungen
mit Italien.

   KZ. [fehlt]-GMCZ. 446
   Protokoll des zu Wien am 16. August 1904 abgehaltenen Ministerrates für gemein¬
same Angelegenheiten unter dem Vorsitze des k. u. k. gemeinsamen Ministers des
Äußern Grafen Gohichowski.

   Der Vorsitzende eröffnet die Konferenz und legt in kurzen Worten den zur
Diskussion gestellten Gegenstand dar,1 worauf der k.k. Ministerpräsident
v. Koerber das Wort ergreift und einleitend ausführt, daß die österreichische
Regierung zwar den Standpunkt vertreten habe, den Italienern seien keine Konzessio¬
nen in Wein einzuräumen, daß sie jedoch stets zu der Ansicht hingeneigt habe, daß der
Abschluß eines Handelsvertrages mit Italien auf dieser Basis nicht nur unmöglich sei,
sondern auch daß, wenn man die Konsequenzen daraus zieht, das Ergebnis für uns
nachteüiger sei als der gegenwärtige Zustand. Nach Verlassen des sogenannten non
possumus-Standpunktes2 seien vorerst zwei Propositionen in den Vordergrund getre¬
ten, von denen die eine die Fixierung eines limitierten Quantum Weines ins Auge fasse,
dessen Import unter gewissen Modalitäten mit einer innerhalb einer gewissen Anzahl
von Jahren fallenden Skala zu gestalten wäre. Hiebei seien allerdings gewisse Verkehrs¬
schwierigkeiten nicht zu verkennen. Der zweite, von Italien ausgehende Vorschlag sehe
vor die Zulassung eines illimitierten Quantums von Verschnittweinen für das erste Jahr
gegen Verzicht auf jedwede Weinbegünstigung ab 1905.

   Redner resümiert dahin, daß beide Propositionen von der österreichischen Regie¬
rung als annehmbar bezeichnet werden könnten, immerhin dürfte die zweitgenannte
durch die von Italien hiefür geforderten wesentlichen Kompensationen bedeutend an
Wert verlieren.

   Der kgl. ung. Ministerpräsident Graf Tisza erklärt, daß die
ungarische Regierung immer und auch noch jetzt den Standpunkt vertreten habe,
Italien in der Weinfrage keine Konzessionen zu gewähren, da jedoch die diesseitigen
Unterhändler die volle Überzeugung gewonnen zu haben scheinen, daß alle Mittel

1 Zur Vorgeschichte dieserFrage siehe GMRProt. v. 19.11.1903, GMCZ. 439, undAnm. 18 -19.
2 D.h., in der Frage des Wemzolls werden Italien keine Zugeständnisse gemacht. Siehe Fischer, Der

    Handelsvertragzwischen Österreich-Ungarn und Italien vom Jahre 1906 352-359. ImAußenministerium
    fandeineZoll-undHandelskonferenzstatt, aufderdie österreichischeRegierungvon ihremfrühervertretenen
    jtonpossumus"-Standpunkt abrückte, ebd. 355.
<pb/>Nr. 57 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 16.8.1904  409

erschöpft wurden, um Italien zur Annahme dieses Standpunktes zu bewegen, so müsse
sich die ungarische Regierung dieser Sachlage fügen. Unter diesen Umständen erschie¬
ne es am vorteilhaftesten, den Italienern nur einen Vorteü für ein Jahr zu gewähren, so
daß dann die Weinfrage endgütig aus der Welt geschafft sein würde. Nur bleibe in
diesem Falle das Bedenken, ob, falls die italienische Regierung inzwischen demissio¬
nieren würde, oder anderweitige Umstände eintreten sollten, wir uns nicht einer neuen
Situation gegenüber befinden könnten, und Italien dann neue Forderungen stellen
würde. Der Vorsitzende zerstreut diese Bedenken mit dem Hinweise darauf,
daß der Abschluß des definitiven Vertrages gleichzeitig mit dem Provisorium zu
erfolgen hätte.

   Der k. u. k. Botschafter Graf Lützow bejaht außerdem die Frage des
kgl. ung. Ministerpräsidenten, ob in den Vertrag eine Klausel aufgenommen werden
könnte, daß die Stipulationen desselben unter aüen Umständen absolut bindende seien.

   Der kgl. ung. Ministerpräsident meint, daß, nachdem Italien die
Verschnittkontrolle akzeptiert habe, zwar eine übermäßige Weineinfuhr nicht zu be¬
fürchten sei, die ungarische Regierung müsse jedoch trotzdem aus verschiedenen
Gründen die Festsetzung des zu importierenden Weinquantums unbedingt fordern.

   Der Vorsitzende ist der Ansicht, daß die Fixierung eines limitierten Weinim¬
portquantums wegen der Partizipierung aüer interessierten Staaten an demselben zu
zahlreichen Reklamationen führen müßte. In der Beschränkung der Weineinfuhr auf
drei Monate und in der Verschnittkontrolle liege ja bereits eine sichere Handhabe für
die Vermeidung eines übermäßigen Weinimportes. Auch das System der fallenden
Skala würde gewiß wegen der Repartierung des Weinquantums unter die meistbegün¬
stigten Staaten Schwierigkeiten bieten.

   Der k.u.k. Hof- und Ministerialrat v. Mihalovich teütmit,er
habe aus seinen Unterredungen mit dem Deputierten Pantano den Eindruck gewonnen,
daß es sich den Italienern nur um die Wahrung des Prinzipes handle. Pantano habe
hiebei darauf hingewiesen, daß bei einer Quantitätslimitierung der Importeur immer
im Zweifel sei, wieviel er einführen könne, dadurch werde der Handel unterbunden und
Druck auf die Weinpreise in Italien geübt. Italien müsse daher anstreben, eine Einfuhr
ohne Limite zu erlangen, oder im Falle der Festsetzung einer Limite eine sehr hohe,
etwa 500 000 q fordern. Eine Limite von 200 000 q habe Pantano als für Italien
inakzeptabel bezeichnet.

   Der k.k. Sektionschef Ritter v. Roessler konstatiert, daß sich
augenscheinlich ein Gegensatz zwischen den Ansichten der italienischen Regierung
und denen des Deputierten Pantano in bezug auf die Regelung der Weinfrage entwik-
kelt habe. Letzterer perhorresziere jedwede Limitierung der Weineinfuhr. Die von der
italienischen Regierung gemachten Vorschläge seien nach Ansicht des Redners die
denkbar günstigsten. Die Fassung der Formel für die Landeinfuhr müßte jedoch
dadurch ausgestaltet werden, daß dieselbe nur je einem österreichischen und einem
ungarischen Zollamte zugewiesen werde. Unter diesen Umständen würde Redner in
der Festsetzung einer Einfuhrlimite weder technische noch wirtschaftliche Schwierig¬
keiten erblicken. Allerdings sei nicht zu verkennen, daß die Limite dem Importeur das
Risiko der Fracht auferlege und auch sonst das Geschäft erschwere. Diesbezüglich
<pb/>410  Nr. 57 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 16. 8.1904

schlägt Redner vor, Verfügungen zu treffen, durch welche den sich rechtzeitig Melden¬
den zur Zeit des Abschlusses der Lieferungsverträge bei den kompetenten zwei Zoll¬
ämtern, welche zur Verhinderung großer Weininflation im Zentrum der Monarchie
gelegen sein sollten, auf die Limite ein gewisses Quantum zuzubilligen wäre. Diesbe¬
züglich weist Redner auf das Analogon bei der Aufteüung des Petroleumkontingentes.
Redner hofft, es werde Italien leicht begreiflich zu machen sein, daß eine limitierte
Einfuhr mit fallender Skala wirtschaftlich vorteilhafter sei, als ein illimitiertes kurzfri¬
stiges Einfuhrquantum. Hiebei könnte die fallende Skala mit einem Anfangsquantum
von etwa 300 000 q einsetzen und das Gesamtquantum in der durch die ursprüngliche
Instruktion gezogenen Grenze einer jährlich zulässigen Einfuhrmenge von 130 000 q
gehalten werden.

   Der kgl. ung. Ministerpräsident erklärt, er teüe die Gründe für das
Festhalten an einer Limite vollkommen, müsse jedoch ganz entschieden gegen die
Auffassung protestieren, daß die Summen der für die einzelnen Jahre mit 130 000 q
festgesetzten Limite auf wenige Jahre aufgeteüt werden könne. Es sei ein großer
Unterschied, ob jährlich 130 000 q aufzehn Jahre oder die daraus resultierende Summe
auf zwei Jahre verteüt werde, weü eine so große Einfuhrmenge, auf wenige Jahre
verteilt, die Preise erheblich drücke. Es sei daher ein Fehler gewesen, wenn die
Delegierten die seinerzeit erteüten Instruktionen dahin interpretiert hätten, daß sie
ermächtiget seien, die 130 000 q per Jahr in toto aufeine kurze Zeitperiode aufzuteüen.
Man könne zwar bei entsprechend kurzer Dauer der Weinkonzession ein höheres
Anfangsquantum konzedieren, doch nicht so viel, als auf rechnungsmäßigem Wege
durch Aufteüung des gleichen Quantums auf wenige Jahre sich ergeben würde. Redner
würde im Namen der ungarischen Regierung ein Anfangsquantum von circa 200 000 q
konzedieren, und dies umso mehr in dem Faüe, wenn die Weineinfuhr auf ein Jahr
würde beschränkt werden.

   Der Ick. Handelsminister Freiherr v. Call glaubt sich für die
Annahme der fallenden Skala aussprechen zu sollen, weü bei einer auf kurze Frist
bemessenen Weineinfuhrkonzession einer größeren Menge auf den Märkten von Triest
und Fiume Schwierigkeiten entstehen könnten.

   Der k.k. Sektionschef Stibral schließt sich dieser Ansicht an und
weist außerdem daraufhin, daß durch Annahme der fallenden Skala die Möglich¬
keit der Erhaltung eines erhöhten Exportes, insbesondere in Sägewaren, eintreten
könnte.

   Der Vorsitzende resümiert aus dem Ergebnisse der bisherigen Diskussion
dahin, daß es sich nunmehr um zwei Hauptvorschläge in der Weinfrage handle, und
zwar könne der erste Vorschlag dahin formuliert werden, daß Italien eine limitierte
Einfuhr von Verschnittweinen mit fallender Skala auf wenige Jahre beschränkt zu
gewähren sei. Der zweite Hauptvorschlag, welcher vom Deputierten Pantano ausgehe
und dem sich, einem Schreiben der italienischen Regierung an den Grafen Lützow
zufolge, diese anschließe, kontempliere eine limitierte, quantitativ hohe Weineinfuhr
für zwei Jahre, oder eine illimitierte Einfuhr für das laufende Jahr. Am zweckmäßigsten
erscheine dem Redner der letztere Vorschlag, weü dadurch jede Weinbegünstigung mit
Beginn des nächsten Jahres aus der Welt geschafft sei. Er sei jedoch nicht in der Lage
<pb/>Nr. 57 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 16.8.1904  411

zu beurteilen, ob die von Italien hiefür im Kompensationswege geforderten Opfer nicht
etwa unerschwingliche seien.

   Der k.u.k. Hof- und Ministerialrat v. Mihalovichist der
Ansicht, daß die Italiener aus den bereits entwickelten Gründen unter allen Umständen
eine limitierte Einfuhr vermeiden oder eine derart hohe Limite anstreben werden, daß
dieselbe einer illimitierten Einfuhr gleichkäme. Auch parlamentarische Rücksichten
dürften die Italiener davon abhalten, eine limitierte Weineinfuhrbegünstigung zu ak¬
zeptieren. Redner ist auch der Ansicht, daß Italien für eine limitierte Weineinfuhr
genau dieselben Kompensationen verlangen dürfte, wie für eine illimitierte. Unter
diesen Umständen möchte er sich für die Gewährung einer einjährigen illimitierten
Weinbegünstigung an Italien aussprechen, weü die Weinfrage dann in kurzer Zeit aus
der Welt geschafft sein würde. Was die Kompensationen anbelangt, so ist Redner
überzeugt, daß die Italiener mit sich werden handeln lassen, und daß man bei entspre¬
chend energischem Festhalten an den zu formulierenden Propositionen nicht unschwer

zum Ziele gelangen werde.
   Der Vorsitzende stimmt den Ausführungen des Redners vollkommen bei,

glaubt aber, daß man am leichtesten zu einem Erfolge gelangen werde, wenn man bei
aller Festigkeit den Italienern ein gewisses Entgegenkommen manifestieren würde.
Unter diesem Gesichtspunkte proponiert der Vorsitzende, man solle den Italienern
entweder eine einmalige Konzession in Wein anbieten, oder denselben vorschlagen, die
Gewährung einer limitierten Weineinfuhr mit fallender Skala auffünfJahre beschränkt
anzunehmen. Unter allen Umständen müßten jedoch die zu konzedierenden, möglichst
weitgehenden Kompensationen in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise festge¬

setzt werden.
    Der kgl. ung. Ministerpräsident sieht sich zu der Erklärung veran¬

laßt, daß die ungarische Regierung das Anbot einer einmaligen auf 400 000 q li¬
mitierten Weineinfuhrbegünstigung für Verschnittzweck für das zweckmäßigste
halte. Sollte es zur Kombination einer limitierten Einfuhr mit fallender Skala
kommen, so müßte dieselbe auf fünf Jahre beschränkt werden, von denen zwei
Jahre in das Provisorium und drei in das Definitivum zu fallen hätten. In diesem
Falle könnte nur ein Gesamteinfuhrquantum von 500 000 q, mit einem Anfangs¬
quantum von 200 000 q ins Auge gefaßt werden. In der hierauf sich entwickelnden
Debatte, an welcher zahlreiche Mitglieder der Konferenz sich beteüigen, tritt der
Vorsitzende für die Konzedierung einer einmaligen illimitierten Einfuhr von
Wein zu einem Begünstigungszolle ein. Demgegenüber erklärt der kgl. ung.
Ministerpräsident, daß er eine solche Konzession weder der öffentli¬
chen Meinung Ungarns noch dem Parlamente gegenüber zu vertreten in der Lage

sein könnte.
    Schließlich wird festgesetzt, daß den Italienern eine Alternativproposition zu

machen wäre, und zwar entweder erstens Gewährung eines limitierten einmaligen, auf
das Jahr 1904 beschränkten begünstigten Einfuhrquantums von 400 000 q, äußersten¬
falls von 500 000 q, weißen Verschnittweines unter Kontrolle mit einem Zollsätze von
 16 Kr. per q, oder zweitens Konzedierung einer limitierten, auf fünf Jahre zu verteüen-
den Einfuhrmenge von insgesamt 600 000 q weißen Verschnittweines unter Kontrolle
<pb/>412  Nr. 57 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 16.8.1904

mit einer jährlich um 20% fallenden und mit 200 000 q für das erste Jahr beginnenden
Skala zu einem Zollsätze von 18 Kr. per q.

    Einem hiebei von dem Vorsitzenden und der österreichischen Regierung für
die zweite Alternative proponierten Zollsätze von 16 Kr. per q wenigstens für das erste
Jahr der Einfuhr erklärt der kgl. ung. Ministerpräsident nicht zustümnen
zu können, behält sich jedoch vor, sich diesbezüglich noch mit den Mitgliedern seines
Kabinetts beraten zu wollen.3

    Der k.k. Ministerpräsident betont hierauf, daß, nachdem ein Zollsatz
von 18 Kr. bei der zweiten Alternative sich kaum durchführbar erweisen dürfte, umso
mehr, als italienischerseits ein Zollsatz von 12 Kr. per q ins Auge gefaßt worden sei, die
österreichische Regierung angesichts der ablehnenden Haltung der ungarischen Re¬
gierung in dieser Frage ihrerseits in diesem Falle unter keiner Bedingung bei den an
Italien zu gewährenden Kompensationen weitergehende Zugeständnisse zu bieten in
der Lage sein könnte.

    Hierauf wird im weiteren Verlaufe der Debatte festgesetzt, daß das einzuführende
Weinquantum auf die beiden Staaten der Monarchie zu gleichen Teilen aufzuteilen
wäre, mit der Maßgabe jedoch, daß bei erhöhter Inanspruchnahme des dem einen
Staate der Monarchie zugewiesenen Limitoteiles eine Ergänzung aus etwa noch freien
Mengen des dem anderen Staate überlassenen Quantums stattfinden könne.

   Der k.k. Ministerpräsident teüt sodann mit, daß, wie er einem Berichte
der österreichischen Delegation in Vallombrosa entnehme, der Deputierte Pantano
seine Proposition dahin ergänzt habe, daß Italien auch noch die bisher gewährte
jährliche zollbegünstigte Einfuhr von 4000 q Marsalawein zu einem Zollsätze von 18 Kr.
per q beanspruche.

   Der kgl. ung. Ministerpräsident erklärt, diesem Verlangen nur für das
laufende Jahr stattgeben zu können. Gleichzeitig regt Redner an, die österreichisch-un¬
garischen Delegierten sollten anstreben, daß der Termin für den Verschnitt des einzu¬
führenden Weinquantums sich nicht auf die Dauer des Abkommens erstrecken,
sondern auf die drei Monate des ersten Jahres beschränken sollte.

   Hierauf wird in die Beratung der Italien zu gewährenden Kompensationen eingetre¬
ten, und bilden die hierauf basierenden einvemehmlich festgesetzten diesbezüglichen
Instruktionen eine Anlage zu diesem Protokolle.4

   Der k.u. k. Hof- und Ministerialrat v. Mihalovich drückt bei
diesem Anlasse den lebhaften Wunsch aus, daß die in diesen Instruktionen für die
Verhandlungen mit Deutschland zu asservierenden Konzessionen definitiv bereiniget
werden sollten, weil dies sonst die Negoziationen erheblich erschweren würde. Beide
Regierungen erheben hiegegen jedoch Bedenken und erklären, daß dies mit Rücksicht
auf unser Verhältnis zu Deutschland undurchführbar sei.

3 Der ungarische Ministerrat beriet am 3.3.1904, OL, Sektion K-27, Nr. 10/1904, am 13 4.1904, ebd., Nr.
     14/1904, am 8 9. 1904, ebd., Nr. 25/1904, und am 22. 9. 1904, ebd., Nr. 26/1904, über die Frage des
     italienischen Weinzotts.

4 Tarif-Anlage A: Zölle bei der Einfuhr nach Italien; Tarif-Anlage B: Zölle bei der Einfuhr in das österrei¬
     chisch-ungarische Zollgebiet, HHStA., PA. XL Karton 303, Beilage zu diesem GMRProt.
<pb/>Nr. 58 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 30.10.1904  413

   Was schließlich die Fischerei- und die Cabotagefrage anbelangt, so wird abeschlos-
sen,a bezüglich der ersterenb den Status quo caufrechtzuerhalten,c bezüglich der letz¬
teren djedoch den Weiterbestand dieses Zustandes von Italien unbedingt zu verlangen,
wogegend unsererseits die Partizipierung der italienischen Schiffe an den bisher nur
den nationalen Fahrzeugen vorbehaltenen Abonnementgebühren zugestanden werden
könnte.*

   Nachdem hiemit die zur Diskussion gestandenen Fragen erschöpft erscheinen,
erklärt der Vorsitzende die Beratung für geschlossen.

                                                                                          Goluchowski

[Ah. E. fehlt.]

                  Nr. 58 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 30. Oktober 1904

    RS. (undRK.)
    Gegenwärtige: der k. k. Ministerpräsident v. Koerber (6.11.), der kgl. ung. Ministerpräsident GrafTisza
(7.11.), der k. u. k. Botschafter v. Szögydny-Marich, der kgl. ung. Handelsminister v. Hieronymi (10.11.),
der k. k. Handelsminister Freiherr v. Call (18.11.), der kgl. ung. Finanzminister v. Lukäcs, der kgl. ung.
Ackerbauminister v. Talliän, der k. k. Finanzminister Kosel, der k. k. Ackerbauminister Graf [Longueval-]
Buquoy, der Sektionschef im k. k. Handelsministerium Ritter v. Roessler, der k. k. Sektionsrat im k. k.
Ackerbauministerium Seidler, der k. k. Sektionsrat im k. k. Finanzministerium Mühlvenzl.
    Protokollführer: der k. u. k. österreichisch-ungarische Konsul Ritter v. Princig.
    Gegenstand: Beschlußfassung über die Ergebnisse der Beratung der gemeinsamen Zoll- und Handels¬
konferenz bezüglich der Handelsvertragsverhandlungen mit dem Deutschen Reiche.

   KZ. [fehlt]-GMCZ. 447
   Protokoll des zu Wien am 30. Oktober 1904 abgehaltenen Ministerrates für gemein¬
same Angelegenheiten unter dem Vorsitze des k. u. k. gemeinsamen Ministers des
Äußern Grafen Goluchowski.

   Der Vorsitzende eröffnet die Sitzung und gibt Mitteüung von der Absicht der
deutschen Bundesregierung, den Staatsminister Grafen Posadowsky mit einem Stabe
von Fachreferenten demnächst nach Wien zu entsenden, um dadurch den Abschluß
der Handelsvertragsverhandlungen zwischen Österreich-Ungarn und Deutschland tun¬
lichst zu beschleunigen.1 Mit Rücksicht auf die geänderte Sachlage ersucht der Vorsit¬
zende, nachdem er bei den Besprechungen mit dem Grafen Posadowsky in erster Linie

a&#39;a EinfigungMihalovichs.
b Streichung von Mihalovich die Aufrechterhaltung.
c-c Korrektur Mihalovichs aus beschlossen.
d Korrektur Mihalovichs aus einigt man sich dahin, daß, falls Italien den Status quo zusichern sollte.

5 Handels- und Schiffahrtsvertrag v. 6.12.1891, RGBl. Nr. 18/1892, bzw. v. 30.1.1892, GA. HI/1892.

1 Zum deutschen Handelsvertrag siehe GMR. v. 28.2.1904, GMCZ. 440. Arthur Grafv. Posadowsky-Wehner
     (1845 -1932), Staatssekretär desReichsamts desInneren, preußischer Staatsminister ohne Geschäftsbereich
     und Stellvertreter des Reichskanzlers. Die Handelsverträge der Jahre 1904/05 mit ausländischen Staaten
<pb/>