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Gemeinsamer Ministerrat, 8. 4. 1901

I. Das den Delegationen vorzulegende gemeinsame Budget pro 1902

Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_V/pdf/oe_hu_mrp_V_z42.pdf.

Nr. 42 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 8.4.1901                          255

                   Nr. 42 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 8. April 1901

    Gegenwärtige: der k. u. k. gemeinsame Finanzminister v. Killay (11.4.), der k. u. k. gemeinsame Kriegs-
minister GdK. Freiherr v. Krieghammer, der k. u. k. Marinekommandant Admiral Freiherr v. Spaun.

    Protokollführer Sektionsrat Freiherr v. Gagem.
    Gegenstand: Das den Delegationen vorzulegende gemeinsame Budget pro 1902.

   KZ. 17 - GMCZ. 431
   Protokoll des zu Wien am 8. April 1901 abgehaltenen Ministerrates für gemeinsame
Angelegenheiten unter dem Vorsitze des k. u. k. gemeinsamen Ministers des Äußern
Grafen Gohichowski.

   Der Vorsitzende leitet die Beratung mit dem Hinweise darauf ein, daß es ihm
wünschenswert geschienen habe, über das den diesjährigen Delegationen vorzulegende
Budget pro 1902 zunächst das Einvernehmen mit seinen gemeinsamen MinisterkoUegen
zu pflegen.1 Redner erörtert hierauf in großen Zügen den Voranschlag des Ministe¬
riums des Äußern und bemerkt, daß derselbe im Vergleiche mit dem pro 1901 bewil¬
ligten Budget ein Mehrerfordemisvon 379 000 Kr. aufweist, welches zum größten Teüe
durch die Errichtung einer Gesandtschaft in Mexiko,2 sowie durch die Effektivierung
eines Honorarkonsulates in Australien3 und die Errichtung eines Konsulates in Kanada
und in Tien-Tsin verursacht erscheine.

    Redner gibt hierauf eine Darstellung der Vorgeschichte der nunmehr unmittelbar
bevorstehenden Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zu Mexiko und fügt
hinzu, daß die Errichtung der Gesandtschaft dortselbst, bezüglich welcher übrigens
bereits ein Delegationsbeschluß vorliege, schon in allernächster Zeit erfolgen solle, und
daß in der Person des die Monarchie gegenwärtig in Marokko vertretenden Gesandten
Grafen Hohenwart ein Titulär für dieselbe in Aussicht genommen sei. Was die vorer¬
wähnten Konsularämter anlangt, so entspreche die Errichtung jenes in Australien mit
Rücksicht auf die zahlreichen dortselbst Arbeit suchenden Dalmatiner einem sich
immer mehr und mehr fühlbar machenden Bedürfnisse, während die Errichtung eines
Konsulates in Kanada durch die starke Auswanderung aus der Monarchie dorthin
veranlaßt worden sei. Bezüglich des in Tien-Tsin zu errichtenden Konsulates sei die
Wahrnehmung der kommerziellen Interessen der Monarchie in China ausschlaggebend

gewesen.4

1 Budgetentwurfdes Jahres 1902: A közös ügyek tärgyaiAsära összehivott bizottsäo naplöja, 1901.
2 Die Monarchie stellte 1901 die 34Jahrezuvor abgebrochenen diplomatischen Beziehungen zu Mexiko wieder

    her. Siehe Gesetz v. 19.5.1902, GA. X/1902, sowie Gesetz v. 26. 5.1902, RGBl. Nr. 108/1902. DerKonsul

    in Mexiko war Gilbert GrafHohenwart zu Gerlachstein.
3 Zu den Begriffen Honorar- bzw. Berufskonsul siehe GMRProt. v. 3.4.1898, GMCZ. 409, Anm. 7.1901 haue

     die Monarchie in Australien Honorarkonsule in Melbourne, Montreal und Sydney, Jahrbuch des k. u. k.

    AUSWÄRTIGEN DIENSTES 1901 sowie HOF- UND STAATSHANDBUCH, 1901 240-249.
4 Der erste von der Monarchie ernannte Konsul in Tien-Tsin war Dr. Carl Bemauer, Hof-und Staatshand¬

    buch, 1901. Zu den Handelsinteressen der Monarchie in Tien-Tsin siehe GMR. v. 15.4.1901, GMCZ 432.
<pb/>256  Nr. 42 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 8. 4.1901

    Nachdem der k.u.k. gemeinsame Finanzminister v. Källay der
 Konferenz von den Voranschlägen des gemeinsamen Finanzministeriums sowie des
 gemeinsamen Obersten Rechnungshofes Kenntnis gegeben hat, ergreift der k u. 1c g e -
 meinsame Kriegsminister GdK Freiherr v. Krieghammer das Wort, um
 den Voranschlag des Kriegsministeriums in allgemeinen Umrissen zu erörtern, welcher
 gegenüber dem Budget für das laufende Jahr im Ordinarium ein Mehrerfordemis von
 4 Mülionen Kronen und im Extraordinarium ein solches von 3 100 000 Kr. aufweist.
Redner erwähnt, daß das Mehrerfordemis im Ordinarium unter anderem zum nicht
geringen Teüe durch die dem tatsächlichen Bedürfnisse entsprechende Präliminierung
einer Anzahl von Erfordernissen bedingt wurde, was zu dem Zwecke geschehen sei, um
den Voranschlag zu sanieren und Überschreitungen der bewilligten Kredite tunlichst
zu vermeiden. Bezüglich der Steigerung des außerordentlichen Erfordernisses um
3 100 000 Kr. bemerkt Redner, daß dieselbe darauf zurückzuführen sei, daß in das
Extraordinarium pro 1902 der Rest per 121/2 Millionen Kronen des ursprünglich
48 Millionen Gulden betragenden Rüstungskredites aufgenommen erscheine, während
das Extraordinarium des Budgets pro 1901 nur 9 400 000 Kr. dieses Kredites aufgezehrt
habe, woraus sich eben die oberwähnte Steigerung um 3,1 Millionen ergebe.

    Der Vorsitzende macht darauf aufmerksam, daß man darauf gefaßt sein
müsse, daß die Finanzminister der beiden Regierungen auf eine Herabminderung der
beiden militärischen Voranschläge dringen werden, weshalb es angezeigt sei, sich
bereits jetzt über jene Posten zu verständigen, an welchen Abstriche vorgenommen
werden könnten.

    Der k. u. k. gemeinsame Kriegsminister GdK Freiherr v.
Krieghammer erwidert hierauf, daß er eine Reihe von Posten, an welchen sich
Abstriche vornehmen ließen, ins Auge gefaßt habe. Redner will diese Posten hier nicht
näher detaillieren, glaubt jedoch schon jetzt sagen zu müssen, daß diese Abstriche nur
scheinbar sein werden, da die abgestrichenen Beträge sich später in Gestalt von
Überschreitungen einstellen werden.

    Nachdem Redner sodann auf den erfreulichen Umstand hingewiesen hat, daß die
Schlußrechnung pro 1899 einen, wenn auch nicht bedeutenden, Überschuß aufweist,
gibt derselbe der Ansicht Ausdruck, daß den etwaigen Wünschen der beiden Finanz¬
minister nach Herabsetzung seines Budgets dadurch ein weitgehendes Entgegenkom¬
men bewiesen werden könne, daß die Inanspruchnahme des im Extraordinarium pro
1902 figurierenden Rüstungskredites per 12 1/2 Millionen Kronen, welcher ja bereits
faktisch verausgabt sei und um dessen budgetäre Unterbringung es sich jetzt nur noch
handle, eventueU noch weiter hinausgeschoben und dem Budget pro 1903 Vorbehalten
werde. Durch ein solches Virement würden die Finanzminister der beiden Regierungen
für ihre Budgets einen immerhin ziemlich freien Spielraum gewinnen.

   Die Konferenz übergeht hierauf auf die Besprechung des Voranschlages für die
Marine, Welcher gegenüber dem einschlägigen Budget für das laufende Jahr eine
Steigerung von 4 931050Kr. im Ordinarium und von 2718 460 Kr. im Extraordinarium
aufweist.

   Der k.u.k. Marinekommandant Admiral Freiherr v. Spaun
führt aus, daß diese Steigerung auf die weiteren Raten für bereits in Bau befindliche
<pb/>Nr. 42 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 8. 4.1901  257

Schiffe sowie auf Neueinstellungen zurückzuführen sei. Zu diesen letzteren gehören im
Ordinarium die erste Rate für 12 Hochseetorpedoboote, im Extraordinarium die erste
Rate für zwei Donaumonitore und fünf Patrouillenboote. Bezüglich der Donauflottille
bemerkt Redner, daß dieselbe eigentlich nicht einem Bedürfnisse der Marine sondern
der Landarmee diene. Das Mehrerfordemis im Extraordinarium sei zum weitaus
überwiegenden Teüe durch die Notwendigkeit verursacht, ein auch zur Aufnahme der
größten Panzerschiffe fähiges Schwimmdock zu besitzen. Die Kosten desselben belau¬
fen sich auf 4 1/2 Millionen Kronen, von welchem Betrage in das Budget pro 1902 die
erste Rate per 2 Millionen eingestellt worden sei.

   Die Konferenz erörtert hierauf die Frage, in welcher Form die durch die chinesi¬
schen Wirren verursachten Auslagen von den Delegationen angesprochen werden
sollen, und schlägt der V ersitzende vor, daß in dem Motivenberichte zu dem von
der Marineverwaltung diesfalls anzusprechenden Nachtragskredite von 3 Millionen
Kronen gesagt werden solle, daß diese Summe anläßlich der Regelung der Entschädi¬
gungsfrage hereingebracht werden würde. Auf die Bemerkung des k.u.k gemein¬
samen Kriegsministers GdK. Freiherrn v. Krieghammer, daß er
zur Abgabe einer solchen Erklärung ressortmäßig nicht berufen sei, erwidert der
Vorsitzende, daß gleichwohl eine im vorerwähnten Sinne gehaltene Erklärung
abgegeben werden müsse, und daß er dies dann eben tun werde. Redner gibt ferner der
Überzeugung Ausdruck, daß Österreich-Ungarn dank dem Umstande, daß andere
Großmächte weit größere Entschädigungsansprüche an China zu stellen haben und
deshalb an deren Regelung in ungleich höherem Maße interessiert sind, mit seinen
verhältnismäßig bescheidenen Ersatzforderungen jedenfalls durchdringen werde.
Übrigens seien - wogegen Redner, nebenbei bemerkt, durchaus nichts einwenden wolle
- die von der Marineverwaltung für die Aktion der Eskader in den chinesischen
Gewässern berechneten Kosten so hoch veranschlagt - circa 9 1/2 Millionen Kronen
und außerdem 1/2 Million Kronen monatlich vom 1. Januar 1901 an -, daß, selbst wenn
aufgrund der einschlägigen Verhandlungen unter den Mächten an diesen Forderungen
etwa eine Reduktion vorgenommen werden sollte, die faktischen Auslagen jedenfalls
gedeckt sein würden.5

   Der k.u.k. Marinekommandant Admiral Freiherr v. Spaun
wirft die Frage auf, ob es nicht am besten wäre, mit der Einbringung eines Nachtrags¬
kredites zuzuwarten, bis die Aktion in China beendet und die Eskader heimgekehrt sein
werde, bis zu welchem Zeitpunkte die beiden Finanzminister einfach die erforderlichen
Summen beizustellen hätten.

   Der Vorsitzende stimmt dieser Anregung bei und fügt hinzu, daß nach
Beendigung der Aktion in China und Regelung der Entschädigungsfrage die ganze

5 1898annektierten das Deutsche Reich, Rußland und Frankreich ein J&#39;achtgebiet&quot; in China. Der 1900 und
     1901 ausgebrochene, ursprünglichgegen dieDynastiegerichteteBoxeraufstandwendetesichschiießlichgegen
     die Fremden. An den Kämpfen beteiligte sich auch ein von den europäischen Großmächten aufgestelltes
    Expeditionskorps in Nordchina und eroberte Peking. China verlor kein Gebiet, hatte aber hohe Kriegsent¬
    schädigung zu zahlen. Die Monarchie beteiligte sich an den Kämpfen in China vom September bis zum
    Dezember 1900mit einem aus vier Regimentern bestehenden Flottengeschwader. Winterhalder, Kämpfe
    in China; Jözsa, Kfna &amp; az Oszträk-Magyar Monarchia 148-167.
<pb/>258  Nr. 43 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 15. 4.1901

Sache sich als eine einfache Abrechnung zwischen dem Ministerium des Äußern und
den Finanzministern der beiden Regierungen darstellen werde.

   Der k.u.k. gemeinsame Finanzminister v. Källay glaubt zwar
nicht, daß die Delegationen wegen der Beteiligung der Monarchie an der Aktion der
Mächte in China nennenswerte Schwierigkeiten machen werden, hält es jedoch immer¬
hin für wünschenswert, sich schon jetzt darüber klar zuwerden, welche Antwort man
auf etwaige in den Delegationen bezüglich der Kosten für die Entsendung der Eskader
in die chinesischen Gewässer gestellte Anfragen erteüen solle.

   Der Vorsitzende erwidert hierauf, daß auf eine solche Anfrage geantwortet
werden solle, daß sich die Kosten für den Aufenthalt der Eskader in den chinesischen
Gewässern auf eine halbe Million Kronen per Monat belaufen, und daß die aufgelau¬
fenen Gesamtkosten anläßlich der Regelung der Entschädigungsfrage hereingebracht
werden würden.

   Nachdem Redner hierauf konstatiert hat, daß die Konferenz darin übereinstimmt,
daß von der Einbringung eines Nachtragskredites zum Ordinarium der Kriegsmarine
pro 1900 zur Deckung der durch die Entsendung der Eskader in die ostasiatischen
Gewässer verursachten Auslagen abgesehen werde, schließt derselbe die Sitzung,
indem er die Einberufung der nächsten, unter Teilnahme der Ministerpräsidenten und
Finanzminister der beiden Regierungen abzuhaltenden gemeinsamen Ministerkonfe¬
renz für Montag, den 15. dieses Monates, um 2 Uhr nachmittags in Aussicht stellt.

                                                                                           Goiuchowski

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen.
Budapest, 20. Aprü 1901. Franz Joseph.

                  Nr. 43 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 15. April 1901

    RS. (und RK.)
    Gegenwärtige: der kj&#39;l. ung. Ministerpräsident v. Sz£U, der k. k. Ministerpräsident v. Koerber, der k. u. k.
gemeinsame Finanzmimster v. Källay (13.), der k. u. k. gemeinsame Kriegsminister GdK. Freiherr v.
Krieghammer, der kgl. ung.Finanzministerv.Lukäcs, derk. k. Finanzminister Ritter Böhm [v. Bawerk], der
k. u. k. Marinekommandant Admiral Freiherr v. Spann.
    Protokollführer Sektionsrat Freiherr v. Gagem.
    Gegenstand: Der den Delegationen vorzulegende gemeinsame Voranschlag pro 1902.

   KZ. 21 - GMCZ. 432
   ProtokoUdeszuWienam 15. Aprü 1901 abgehaltenen Ministerrates für gemeinsame
Angelegenheiten unter dem Vorsitze des k. u. k. gemeinsamen Ministers des Äußern
Grafen Gohichowski.

   Der Vorsitzende eröffnet die Sitzung, bezeichnet deren Gegenstand und
bemerkt, er glaube von einer allgemeinen und umfassenden Darlegung der politischen
Lage absehen zu können, da dieselbe dermalen keine Momente biete, auf welche er die
<pb/>