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Gemeinsamer Ministerrat, 23. 3. 1900

I. Der Voranschlag für das k. u. k. Heer und die Kriegsmarine pro 1901

Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_V/pdf/oe_hu_mrp_V_z29.pdf.

162  Nr. 29 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 23.3.1900

den Summen in das Honvedbudget aufgenommen werden. Redner bitte somit um die
Ermächtigung hiezu.

   Der kgl. ung. Ministerpräsident v. Szell erlaubt sich auszuführen,
daß nachdem das nächstjährige Budget noch nicht von den Delegationen beraten und
votiert worden sei, man noch keine Entscheidung über das Budget pro 1901 treffen
könne.

   Der,k.u.k. gemeinsame Kriegsminister GdK. Freiherr v.
Krieghammer bittet, an die beiden Regierungen das dringende Ersuchen richten
zu dürfen, längstens bis Ende März nächsten Jahres zu einem entscheidenden Beschlüs¬
se in der Angelegenheit zu gelangen.

   Se. k.u.k. apost Majestät geruhen die Einhaltung dieses Termines anzu¬
befehlen und bezüglich des nächstjährigen Rekrutenkontingentes zu enunziieren, daß
eine bloß einjährige Verlängerung des dermaligen Gesetzes eingebracht werde.

   Der k.u.k. gemeinsame Minister des Äußern Graf Golu-
chowski gestattet sich, die Ah. Befehle bezüglich des Einberufungstermines der
diesjährigen Delegationen einzuholen.

    Se. k. u. k. apost Majestät geruhen auf Antrag des kgl. ung. Ministerprä¬
sidenten hiefür den 30. November zu bestimmen und hierauf die Sitzung zu schließen.

   Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen.
   Wien, 3. Dezember 1899. Franz Joseph.

                Nr. 29 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 23. März 1900

    RS. (undRK.)
    Gegenwärtige: der k. u. k. gemeinsame Finanzminister v. Källay (23.3.), der k. u. k. gemeinsame Knegs-
minister GdK. Freiherrv. Krieghammer, der k. u. k. Marinekommandant Admiral Freiherrv. Spann (27.3.).
    Protokollführer Legationsrat v. M6rey.
    Gegenstand: Der Voranschlag für das k. u. k. Heer und die Kriegsmarine pro 1901.

   KZ. 28 - GMCZ. 418
   Protokoll des zuWien am 23. März 1900 abgehaltenen Ministerrates für gemeinsame
Angelegenheiten unter dem Vorsitze des k. u. k. gemeinsamen Ministers des Äußern
Grafen Gohichowski.

   Der Vorsitzende leitet die Beratung mit dem Hinweise auf den Wunsch des
gemeinsamen Kriegsministers ein, über das den diesjährigen Delegationen vorzulegen¬
de Heeres- und Marinebudget pro 1901 zunächst das Einvernehmen mit seinen gemein¬
samen Ministerkollegen zu pflegen.

   Der k. u. k. gemeinsame Kriegsminister GdK Freiherr v.
Krieghammer erörtert hierauf die Hauptzüge des Voranschlages für das Heer
sowie jenes für die Marine pro 1901. Hierauf werde das Ordinarium des Heeres eine
Steigerung von rund 4 200 000 Kr. aufweisen, welche unter anderem schon darin ihre
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Begründung finde, daß die im laufenden Jahre anläßlich der Gageregulierung als eine
Bedeckungspost figurierenden Diensttaxen im Betrage von 3 300 000 Kr. entfallen. Im
Extraordinarium des Heeres würden jene 21 Millionen Kronen erscheinen, welche den
Rest des seinerzeit von den beiden Regierungen zugestandenen größeren Rüstungskre¬
dites büden.1 Zur Rechtfertigung dieser Forderung ließe sich darauf hinweisen, daß in
dem Voranschläge pro 1900 auf das Drängen der beiderseitigen Finanzminister und zur
Ermöglichung der Durchführung der Gageregulierung das Extraordinarium auf einen
möglichst geringen Betrag herabgemindert worden war, nunmehr aber ein etwas
rasches Tempo in gewissen Anschaffungen und Bauten unerläßlich sei. Die Einstellung
dieser 21 Millionen Kronen in das Extraordinarium erfolge deshalb, weü die Einbrin¬
gung eines Nachtragskredites pro 1900 zu diesem Zwecke heuer, wo die letzte
Delegationssession erst vor wenigen Monaten stattgefunden habe, als vollkommen
ausgeschlossen betrachtet werden müsse. Der Voranschlag für die Kriegsmarine weise
eine Steigerung von rund 13 1/2 Millionen Kronen auf.

   Der k.u.k. gemeinsame Finanzminister v. Källay gibt der Be¬
fürchtung Ausdruck, daß die Gesamtsumme dieser Steigerungen der beiden Voran¬
schläge schon bei den beiden Regierungen, noch mehr aber bei den Delegationen eine
gewisse Bestürzung hervorrufen werde. Die Bewilligung dieser Mehranforderungen
dürfte voraussichtlich Schwierigkeiten begegnen, und es sei daher geboten, den letzte¬
ren schon jetzt ins Auge zu blicken und sich eine möglichst zweckmäßige Taktik
zurechtzulegen. Zu diesem Behufe sei es auch ratsam, sich im voraus über die Frage
klarzuwerden, ob im Falle eines auftauchenden Widerstandes seitens der beiden Re¬
gierungen der Betrag von 21 Millionen Kronen im Extraordinarium des Heeres even¬
tuell geteüt, nämlich ein TeU desselben auf ein Jahr hinausgeschoben werden könnte.
Wäre dies möglich, so könnte, falls die übernächsten Delegationen erst im Herbste
stattfänden, der heuer zurückgesteUte Teübetrag dann als Nachtragskredit pro 1901
angefordert werden. Dieser Modus würde die frühere faktische Verausgabung der
ganypm Summe nicht hindern, falls vor der formellen Votierung der letzteren die
beiderseitigen Finanzminister die einzelnen Raten flüssig machen.

   Der Vorsitzende bemerkt hiezu, daß die 21 Mülionen Kronen im Prinzipe
schon von den beiden Regierungen bewilligt seien, es also nur eine Frage der Gebarung
büde, wie die beiderseitigen Finanzminister diesen Betrag budgetiert und tatsächlich
verausgabt wissen wollen.

   Der Icu.k. gemeinsame Kriegsminister GdK. Freiherr v.
Krieghammer erklärt, daß er äußerstenfalls eine solche Teflung der 21 Millionen
Kronen vornehmen könnte, jedenfalls aber in das Extraordinarium pro 1901 die Summe
von circa 2900000 Kr. aufnehmen müßte, da gewisse fortlaufende Posten, die im
letzten Voranschläge (pro 1900) nicht figuriert hätten, nicht abermals aus dem Budget
verschwinden könnten.

1 Der für den Ausbau der Wehrmacht vorgesehene Rüstungskredit stand erstmals im GMR v. 18. 9.1896,
     GMCZ. 395, zur Diskussion. Aufgrund dieser Ministerberatungen erarbeitete Krieghammer seinen diesbe¬
    züglichen Plan:GMRProt. v. 18.9.1896, GMCZ.395,Anm.2.DerGMR.v.4.1.1897, GMCZ.396, entschied
     über den 45-Millionen-Kredit zumAusbau der Wehrmacht, der eigentlich Bestandteil eines Wehrmachtaus-
    bauprogramms in Höhe von 100 Millionen war. Siehe GMR v. 29.1.1897, GMCZ. 397.
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    Als Ergebnis der weiteren Diskussion konstatiert der Vorsitzende, daß es
 zunächst bei der Einstellung der 21 Millionen Kronen in das Extraordinarium verbleibe,
desgleichen bei jener der 2 400 000 Kr. in das Ordinarium. Nur in dem Falle, wenn die
beiderseitigen Finanzminister absolut auf einer Herabminderung des Voranschlages
bestehen sollten, würde eine TeUung der 21 Millionen Kronen in dem angedeuteten
Sinne eintreten können.

    Derk. u. k. Marinekommandant Admiral Freiherr v. Spaun
gibt vor allem die Absicht kund, der nächsten gemeinsamen Ministerkonferenz eine
Zusammenstellung der Voranschläge für die nächsten sechs Jahre vorzulegen, inner¬
halb welcher der geplante Ausbau der Flotte vollendet werden würde.2 Hierauf geht
Redner auf die Hauptziffern des Marinevoranschlages pro 1901 sowie der anzuspre¬
chenden Nachtragskredite ein.

    Der k.u.k. gemeinsame Finanzminister v. K ä 11 a y möchte auch an
den Marinekommandanten die Anfrage stellen, ob er nicht, analog wie der gemeinsame
Kriegsminister, in dem Falle eines absoluten Einspruches der beiden Regierungen
gegen die Höhe seines Voranschlages in der Lage wäre, gewisse Posten für ein Jahr
zurückzustellen, wobei auch hier, die Zustimmung der beiderseitigen Finanzminister
vorausgesetzt, die frühere faktische Verausgabung der betreffenden Beträge vor deren
Votierung Vorbehalten werden könnte.

    Derk. u. k. Marinekommandant Admiral Freiherr v. Spaun
würde allerdings von einer derartigen Eventualität eine Verlangsamung des Tempos
des Ausbaues der Flotte befürchten, wäre aber äußerstenfalls imstande, im Ordinarium
die erste Rate für das neue PanzerschiffAvon 2 Millionen Kronen auf 1 Million Kronen
herabzusetzen und im Extraordinarium die fortlaufenden Raten für die drei im Bau
befindlichen Panzerschiffe statt mit je 3 700 000 Kr. nur mit je 3 Mülionen Kronen zu
beziffern. Hiedurch würde sich insgesamt eine Reduktion des Voranschlages um circa
3 Millionen Kronen ergeben.

   Der V ersitzende konstatiert, daß somit im Falle der absoluten Notwendigkeit
der Heeresvoranschlag um circa 12 Millionen Kronen und der Voranschlag für die
Kriegsmarine um circa 3 Millionen Kronen herabgemindert werden könnte. Zunächst
werde aber auch der letztere Voranschlag sowie jener für das Heer in der vorläufig
präliminierten Höhe den beiden Regierungen bekanntgegeben werden. In dem Falle
einer Reduktion dieser Budgets wären die beiderseitigen Finanzminister zu der proto¬
kollarischen Zusage zu veranlassen, daß die vorläufig zurückgestellten Beträge als
Nachtragskredite pro 1901 von den übernächsten Delegationen zu verlangen sein
werden.

   Die Sitzung wird hierauf geschlossen.
                                                                                           Gohichowski

   Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen.
   Wien, 25. März 1900. Franz Joseph.

2 GMR. v. 6.4.1900, GMCZ. 420.
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