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Gemeinsamer Ministerrat, 10. 10. 1897

I. Der Voranschlag über die gemeinsamen Ausgaben und Einnahmen der österreichisch-ungarischen Monarchie pro 1898

Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_V/pdf/oe_hu_mrp_V_z17.pdf.

Nr. 17 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 10.10.1897 - Protokoll I  101

      Nr. 17 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 10. Oktober 1897 - Protokoll I

    RS. (undRK.)
    Gegenwärtige: der kgl. ung. Ministerpräsident Baron Bänffy, der k. k. Ministerpräsident Graf Badeni,
der k. u. k. gemeinsame Finanzminister v. Källay (15.10.), der k. u. k. gemeinsame Kriegsminister GdK.
Edler v. Kneghammer, der kgl. ung. Finanzminister v. Lukäcs, der k. k. Finanzminister Ritter v. Bilinski
(16.10.).
    Protokollführer: Sektionsrat v. M6rey.
    Gegenstand: Der Voranschlag über die gemeinsamen Ausgaben und Einnahmen der österreichisch-un¬
garischen Monarchie pro 1898.

   KZ. 64 - GMCZ. 406
   Protokoll des zu Wien am 10. Oktober 1897 abgehaltenen Ministerrates für gemein¬
same Angelegenheiten unter dem Vorsitze des k. u. k. gemeinsamen Ministers des
Äußern Grafen Gohichowski.

   Der Vorsitzende erteilt zu Beginn der Konferenz dem gemeinsamen Kriegs¬
minister das Wort zur Begründung der von ihm im Sinne der Beschlüsse der letzten
Sitzung ausgeführten und den Konferenzmitgliedem bereits mitgeteüten Umarbeitung
des Voranschlages für das gemeinsame Heer.1

   Der k.u.k. gemeinsame Kriegsminister GdK. Edler v. Krieg¬
hammer setzt auseinander, daß er, dem in der letzten Konferenz an ihn gestellten
Wunsche entsprechend, Streichungen in seinem Budget vorgenommen habe, welche in
ihrem Gesamtbeträge der jährlichen Steigerung des Voranschlages um 3 1/2 Millionen
entsprechen. Diesen für heuer durchgeführten Abstrich habe er gleichzeitig vereinbar¬
termaßen auf den 45-Millionen-Kredit übertragen.

   Der k.k. Finanzminister Ritter von B ilinski möchte betonen, daß
er auf dem Rechtsstandpunkte stehe, daß trotz der aus dem betreffenden Konferenz¬
protokolle vom Jahre 1893 resultierenden Zweifel die Regierungen verpflichtet seien,
die programmgemäße Steigerung des Heeres- und des Marinebudgets noch für die
Jahre 1898 und 1899 zu leisten.2 Österreichischerseits habe man auch bei Zusammen¬
stellung des Staatsvoranschlages pro 1898 für diese Leistung vorgesehen, sich aber in
der Folge dem von der ungarischen Regierung geltend gemachten Wunsche angeschlos¬
sen, womach die Steigerung des Heeresbudgets im kommenden Jahre zu entfallen
hätte. Nachdem nun der gemeinsame Kriegsminister diesem Wunsche nachgekommen
sei, habe Redner nur noch dagegen eine Einwendung zu erheben, daß in der neuen
Zusammenstellung, welche die Heeresverwaltung angefertigt hat, der Abstrich von
3 550 000 fl., welcher auf die 45 Millionen übertragen wurde, nicht auf die korrespon¬
dierenden Posten dieses letzteren Kredites aufgeteüt, sondern in seiner Totalität der
Post ,,Handfeuerwaffen" zugeschlagen worden sei. Dadurch entstehe die Befürchtung,
daß ein großer Teü der aus dem nächstjährigen Budget gestrichenen und mit dem

1 GMR. v. 5.10.1897, GMCZ. 405. Der neu bearbeitete Budgetentwurfdesgemeinsamen Kriegsministers war
    nicht auffindbar.

2 GMR. v. 28.3.1893, GMCZ 379, HHSrA., PA. XL, Karton 296.
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45-Millionen-Kredite vereinigten Posten in späteren Jahren wieder werde angefordert
werden.

   Der k.u.k. gemeinsame Kriegsminister GdK Edler v. Krieg¬
hammer gibt die Aufklärung, daß die von dem Vorredner beanständete Form der
Anfügung der 3 550 000 fl. an die 45 Millionen nur in der eiligen Anfertigung der neuen
Zusammenstellung ihren Grund habe, und erklärt weiters, daß er mit der von dem k. k.
Finanzminister gewünschten Modalität der Aufteilung des in Rede stehenden Betrages
vollkommen einverstanden sei.

   Der Vorsitzende konstatiert dennoch als Beschluß der Konferenz, daß die
3 550 000 fl. auf die einzelnen Posten des 45-Mülionen-Kredites in der Weise aufzutei¬
len sein werden, daß die einzelnen Teübeträge nicht für andere, sondern ausschließlich
für dieselben Zwecke zur Verwendung gelangen, für welche sie ursprünglich bestimmt
waren.

   Der k.k. Finanzminister Ritter v. Biliüski erklärt ferner, der von
der Heeresverwaltung vorgenommenen Aufteflung des Kredites von 48 1/2 Mülionen
auf die Jahre 1897,1898 und 1899 im Prinzipe zuzustimmen, aber schon jetzt darauf
aufmerksam machen zu müssen, daß im Jahre 1898, für welches nach jener Aufteilung
eine Leistung von 30 Mülionen präliminiert sei, die Heranziehung der gemeinsamen
Zentralaktiven sich als notwendig erweisen werde.

   Der k.u. k. gemeinsameFinanzminister v. Källay gibt über den
Stand der gemeinsamen Zentralaktiven folgende Auskünfte: An Effekten befänden
sich daselbst gegenwärtig 19 133 197 fl. Nominale, wovon 1704 177 fl. nicht reali¬
sierbar seien. Der realisierbare Betrag beziffere sich demnach, nach Abzug des
Kursverlustes, mit circa 17200000 fl, wovon indes noch über 2 Mülionen für
Zwecke der bosnischen Eisenbahnen gebunden seien. Der momentan disponible
Gesamtbetrag dieses Fonds sei somit etwa 15 Millionen. Außerdem erfolge noch
durch eine Reihe von Jahren aufgrund der bosnischen Eisenbahngesetzte eine
jährliche Rückzahlung von circa 400000 fl. an die gemeinsamen Zentralaktiven.

   Der kgl. ung. Ministerpräsident Baron Bänffy ist gleichfalls der
Überzeugung, daß zur teflweisen Bestreitung des 48-Millionen-Kredites eine Inan¬
spruchnahme der gemeinsamen Zentralaktiven unvermeidlich sein werde.

    Der Vorsitzende gibt den bereits wiederholt von ihm und seinen gemeinsa¬
men Ministerkollegen hinsichtlich der Aufzehrung der gemeinsamen Zentralaktiven
vorgebrachten Bedenken Xusdruck.3 Allerdings haben die beiderseitigen Regierungen
das Recht, über diesen Reservefonds zu verfügen, vorausgesetzt, daß die Ah. Geneh¬
migung zu einet; neuerlichen Inanspruchnahme desselben erteüt werde. Redner möchte
nur noch den Wunsch äußern, daß gegebenenfalls die Entnahme nur provisorisch
erfolgen und der betreffende Betrag gelegentlich einer größeren Finanzoperation an
die gemeinsamen Zentralaktiven rückerstattet werden möge.

    Der k.k. Finanzminister Ritter v. Bilinski wäre im Wesen mit
diesem Gedanken einverstanden, zweifelt aber, ob derselbe juristisch durchführbar sei.

3 Zur Frage der Verwendung der Zentralaktiven siehe GMRProt v. 13. 4.1896, GMCZ. 390, Anm. 12;
    GMRProt v. 13. 6.1897, GMCZ. 403, Anm. 2 und 3.
<pb/>Nr. 18 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 10.10.1897 - Protokoll II       103

Zur Verwendung der gemeinsamen Zentralaktiven bedürfe es, mindestens in Zislei-
thanien, eines Gesetzes. Sei ein solches einmal geschaffen, dann wäre ein Rückersatz
des einmal verausgabten Betrages formell nicht gut denkbar. Es werde äußerstenfalls
möglich sein, intern, im Schoße der Regierungen, festzustellen, daß bei Kontrahierung-
der großen Anleihe ein entsprechender Betrag zu jenem Zwecke reserviert werde.
Hiebei käme zustatten, daß die Legislativen keine offizieUe Kenntnis von der Betrags¬
ziffer der gemeinsamen Zentralaktiven haben.

   Der k.u.k. gemeinsame Finanzminister v. Källay erwähnt, daß
die gemeinsamen Zentralaktiven durch eine größere Rückzahlung der für die bosni¬
schen Bahnen verwendeten Summen, wie eine solche im Betrage von 4 Millionen im
vorigen Jahre erfolgt sei, rascher anwachsen könnten. Die Voraussetzung hiefür wäre
aber, daß das bosnische Bahnnetz zuvor eine größere produktive Entwicklung gewinnen
könne.

   Der Vorsitzende konstatiert hierauf, daß in der heute unter Ah. Vorsitze
stattfindenden Konferenz die Zustimmung Sr. Majestät dazu&#39;zu erbitten sein werde,
daß zur partiellen Deckung des 48-Millionen-Kredites die gemeinsamen Zentralaktiven
herangezogen werden.

   Sodann wird die Sitzung geschlossen.

                                                                                          Goluchowski

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen.
Wien, 31. Oktober 1897. Franz Joseph.

     Nr. 18 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 10. Oktober 1897 -- Protokoll II

     rw. { U/H* i\£\.j

    Gegenwärtige: der k. u. k. gemeinsame Minister des Äußern Graf Goluchowski, der kgl. ung. Minister¬
präsident Baron Bänffy, der k. k. Ministerpräsident Graf Badeni, der k. u. k. gemeinsame Finanzminister
v. Källay (15. 10.), der k. u. k. gemeinsame Kriegsminister GdK. Edler v. Krieghammer, der kgl. ung.
Finanzministerv. Lukäcs, der k. k. Finanzminister Ritter v. Bilinski (16.10.).

    Protokollführer Sektionsrat v. M6rey.
    Gegenstand: Der Voranschlag über die gemeinsamen Ausgaben und Einnahmen der österreichisch-un¬
garischen Monarchie pro 1898.

   KZ.65 - GMCZ. 407
   Protokoll des zu Wien am 10. Oktober 1897 abgehaltenen Ministerrates für gemein¬
same Angelegenheiten unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers und Königs.

   Se. k.u.k. apost Majestät geruhen die Sitzung zu eröffnen und dem
gemeinsamen Minister des Äußern behufs Rekapitulierung der von den vorangegange¬
nen Ministerkonferenzen gefaßten Beschlüsse das Wort zu erteüen.

   Der k.u.k. gemeinsame Minister des Äußern Graf Golu¬
chowski legt in Entsprechung dieses Auftrages das Ergebnis der bisherigen Bera-
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