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Gemeinsamer Ministerrat, 17. 9. 1897

I. Der Voranschlag über die gemeinsamen Ausgaben und Einnahmen der österreichisch-ungarischen Monarchie pro 1898

Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_V/pdf/oe_hu_mrp_V_z15.pdf.

90 Nr. IS Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 17. 9.1897

                Nr. 15 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 17. September 1897

    RS. (undRK.)
     Gegenwärtige: derk. u. k. gemeinsame Finanzministerv. Källay (10.10.), der k. u. k. gemeinsame Kriegs¬
minister GdK. Edlerv. Krieghammer (11.10.), der k. u. k. Marinekommandant Admiral Freiherrv. Stemeck
(12.10.).
    Protokollführer Sektionsrat v. M£rey.
     Gegenstand: Der Voranschlag über die gemeinsamen Ausgaben und Einnahmen der österreichisch-un¬
garischen Monarchie pro 1898.

   KZ. 60 - GMCZ. 404

   Protokoll des zu Wien am 17. September 1897 abgehaltenen Ministerrates für
gemeinsame Angelegenheiten unter dem Vorsitze des k. u. k. gemeinsamen Ministers
des Äußern Grafen Gohichowski.

   Der Vorsitzende bezeichnet als den Zweck der Konferenz die Diskussion des
gemeinsamen Budgets pro 1898, welches sodann den beiderseitigen Regierungen mit¬
zuteilen und von einer für Ende des Monates in Aussicht genommenen gemeinsamen
Ministerkonferenz endgiltig festzustellen wäre.1

   Mit dem Voranschläge des gemeinsamen Ministeriums des Äußern beginnend,
erläutert der Vorsitzende die darin beanspruchten Mehrerfordemisse, welche sich
nach Abzug der durch den Zusammentritt der Delegationen im Jahre 1898 in Budapest
bedingten Erhöhung der Rubrik ,,Reisekosten" um 7000 fl. und nach fernerer Abrech¬
nung der aus dem Quinquennalsysteme resultierenden Mehranforderungen insgesamt
auf 38 600 fl. belaufen.

   Was den für den Bau und die Einrichtung von Gesandtschaftsgebäuden in Peking,
Tokio und Cetinje beanspruchten außerordentlichen Spezialkredit von 300000 fl.
betreffe, so sei dessen Einstellung bereits den beiden Ministerpräsidenten angekündigt
worden, und habe die kgj. ung. Regierung vorgeschlagen, daß derselbe den gemeinsa¬
men Zentralaktiven entnommen werde.2 Über diesen Antrag werde seinerzeit noch
verhandelt werden.

   Der k.u.k. gemeinsame Finanzminister v. Källay motiviert
hierauf die Voranschläge des gemeinsamen Finanzministeriums und des gemeinsamen
Obersten Rechnungshofes, wovon der erstere ein Mehranfordemis von 52 410 fl., der
letztere ein solches von 3370 fl. aufweist. Diese beiden Budgets geben zu keiner
Bemerkung Anlaß.

   Zu dem sodann in Beratung gezogeden Voranschläge für das gemeinsame Heer
bemerkt der k.u. k. gemeinsame Kriegsminister GdK. Edler v.
Krieghammer, daß sich die Mehranforderung im Vergleiche mit der Bewilligung
pro 1897 mit 3500000 fl. beziffere, somit dem in dieser Hinsicht im Jahre 1893
vereinbarten Programme entspreche.3

1 Siehe GMR. v. 5.10.1897, GMCZ 405.
2 Vgl. Bänfly an LukäcS v. 10. 7.1897,OL., Sektion K-26, ME. Nr. 12050/1897.
3 Siehe GMRProLv. 13.4.1896, GMCZ. 390, Anm.ll.
<pb/>Nr. IS Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 17. 9.1897  91

   Außerdem figuriere als einmaliges außerordentliches Mehranfordemis der von der
gemeinsamen Ministerkonferenz bereits bewilligte Spezialkredit von 45 Millionen für
Waffen, Kriegsmaterial und fortifikatorische Maßnahmen.

   Dagegen erklärt sich der k. u. k. gemeinsame Kriegsminister auf das diesfalls an ihn
gerichtete Verlangen bereit, auf die beabsichtigte Einstellung einer Mehranforderung
von 4 720 000 fl. zum Zwecke der Gebührenregelung der im Gagebezuge stehenden
Personen des Heeres ain der Voraussetzung, daß die Gebührenregelung der k. k.
Beamten auch nicht eintritt,3 zu verzichten und behält sich nun vor, diese Post für das
nächste Jahr anzukündigen. Eine Mehranforderung aus Anlaß der Entsendung eines
Bataillons nach Kreta sei unterblieben, nachdem die betreffenden Mehrauslagen sich
als unbedeutend darstellen und aus dem Virement bestritten werden können.4

   Zu letzterem Gegenstände bemerkt der Vorsitzende, daß, falls in den Delega¬
tionen eine Interpellation über die Entsendung des Bataillons nach Kreta eingebracht
würde, die hierauf zu erteüende Antwort im Einvernehmen zwischen ihm und dem
gemeinsamen Kriegsminister festzustellen wäre.3

   Bezüglich des Okkupationskredites macht sich&#39; der k.u.k. gemeinsame
Kriegsminister GdK. Edler v. Krieghammer anheischig, einer
Anregung des k. u. k. gemeinsamen Finanzministers entsprechend, das Erfordernis
pro 1898 gegenüber der Bewilligung pro 1897 um 4000 fl. zu ermäßigen.

    Zu dem Voranschläge für die gemeinsame Kriegsmarine legt der ku.k Marine¬
kommandant Admiral Freiherr v. Sterneck dar, daß man bei uns nur
all711sp.hr geneigt sei, über den von unserer Seemacht im Jahre 1866 errungenen
Erfolgen die seither von den anderen Großmächten auf diesem Gebiete gemachten
Fortschritte zu vergessen.® Aufgrund der betreffenden Statistik lasse sich das Mißver¬
hältnis zwischen unserer Kriegsmarine und jener der anderen Mächte dadurch veran¬
schaulichen, daß, wenn man unsere Seemacht der Berechnung als Einheit zugrunde
lege, die deutscheKriegsmarinemit2,79, dieitalienischemit 2,95, dierussische mit 4,37,
diefranzösischemit 7,27 und die englischemit 15,76 beziffertwerden müsse. Außerdem
kämen hiebei, was unsere Flotte anlangt, Schiffe in Betracht, die zum Teüe [als] nicht
mphr kriegstauglich angesehen werden können. Wenn sich somit schon im Hinblicke
auf den Ernstfall eine Erhöhung der maritimen Kriegsmacht als notwendig erweisen
werde, so sprächen hiefür nicht minder jene dauernden Aufgaben, welche derselben im
Frieden obliegen. Unsere heutige Seemacht sei nicht ausreichend, um unseren Staats-

*~1 Einßgung Krieghammers.

4 Im Frühjahr 1897brach aufder Insel Kreta ein Aufstand gegen die Türken aus. Die Großmächte traten ßr
     die Aufrechterhaltung des Status quo ein und verhängten im März eine Seeblockade über die Insel, die
    Monarchie entsandte auch Schiffe vor Kreta, Die K.U.K. Strettkräfte auf und vor Kreta 1897/98;
    Strupf, Ausgewählte diplomatische Aktenstücke zur orientalischen Frage 230-231; Bridge, From
    Sadowa to Sarajevo 223-232; Palotäs, A Balkän-kdrdds az oszträk-magyar 6s az orosz diplomäciäban a
    19. szäzad vdgdn 202-206.

s DieAktenstücke überdie Interpellationen im Zusammenhang mit dem Fall Kreta: HHStA., PA. I, Karton

   633, Vm sowie OL, Sektion K-26, ME. Nr. 2936/1897.

6 Die österreichische Hochseeflotte besiegte unter dem Befehl von Wilhelm v. Tegetthoffam 20. 7.1866 die
    Italiener. Friedjung, Der Kampf um die Vorherrschaft in Deutschland 1859 bis 1866, Bd. 2 453-512.
<pb/>92 Nr. 15 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 17. 9.1897

bärgem im Auslande genügenden Schutz zu bieten. Mit der fortschreitenden Entwick¬
lung des Handels werde aber diese Aufgabe der Kriegsmarine stetig an Umfang und
Bedeutung zunehmen. Zu der Beratung der einzelnen Posten des Voranschlages für
die Kriegsmarine übergehend, wird seitens des k. u. k. gemeinsamen Finanzministers
sowie auch seitens des Vorsitzenden hervorgehoben, daß sich das Mehrerfordemis,
außer der programmgemäßen Mehrerforderung von 500 000 fl. und abgesehen von der
aus einer Gebührenregelung resultierenden Mehrausgabe, auf welche auch der k.u.k.
Marinekommandant pro 1898 zu verzichten sich bereit erklärt,15 noch immer mit
2143 000 fl. beziffere. Nachdem keine Aussicht vorhanden sei, daß eine derartige
Mehranforderung die Zustimmung der beiden Regierungen erhalte, und da ferner
einige Posten der beanspruchten Nachtragskredite, insbesondere jene für die Entsen¬
dung Sr. Majestät Schiffes ,,Kaiser Franz Joseph I.&quot; nach Ostasien, für die Bekämpfung
der Typhusepidemie in Pola und für die Assanierungsvorkehrungen in dieser Stadt,
überraschend hoch gegriffen erschienen, werde dem k. u. k. Marinekommandanten
empfohlen, seine diesfälligen Anforderungen herabzumindem oder teilweise zu verta¬
gen, schon um die Chancen für die Bewilligung der wichtigsten Post, nämlich der ersten
Rate des Erfordernisses für den Bau eines Küstenverteidigungsschiffes, zu verbessern.

   Nach eingehender Diskussion aller hiebei in Betracht kommenden Momente einigt
sich die Konferenz über folgende Modifikationen der einzelnen Posten der pro 1897
für die k. u. k. Kriegsmarine anzusprechenden Nachtragskredite: Die bereits veraus¬
gabten und verrechneten Auslagen für die Bekämpfung der Typhusepidemie in Pola
bleiben mit 123 600 fl. eingestellt Aus Anlaß der Entsendung Sr. Majestät Schiffes
.Kaiser Franz Joseph I.&quot; wird diesmal nur der Betrag von 85 000 fl. angefordert Die
Anforderung für die Mehrauslagen aus Anlaß der Wirren in Kreta wird dem nächst¬
jährigen Voranschläge Vorbehalten, nachdem ohnedies die betreffende Aktion noch
nicht abgeschlossen ist Die hiefür bis Ende September 1. J. präliminierten 350 000 fl.
entfallen daher dermalen. Für den Bau neuer Baracken in Pola anstelle von sanitäts¬
widrig befundenen werden vorläufig statt 370 000 fl. nur 100 000 fl. beansprucht. Des¬
gleichen werden in der diesjährigen Vorlage die Mehranforderungen für die
Assanierungsarbeiten in Pola, und zwar im Marinespitale von 230 000 fl. auf 20 000 fl.,
in der großen Marinekaseme und in den Baracken Nr. 350 und 351 von 30 000 fl. auf
10 000 fl. und in den Offiziers- und Beamtenwohnhäusem von 90 000 fl. auf 10 000 fl.
reduziert Durch diese Herabminderungen ermäßigt sich die oben mit 2 143 000 fl.
bezifferte Mehranforderung auf 1098 600 fl., wobei die erste Rate per 750 000 fl. für
den Bau des neuen Kriegsschiffes inbegriffen ist.

   Hierauf wird die Sitzung geschlossen.

                                                                                           Goluchowski

   Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen.
   Wien, 9. Oktober 1897. Franz Joseph.

b Einßgung Stemecks unter der vom gemeinsamen Kriegsminister gemachten Voraussetzung.
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