Gemeinsamer Ministerrat, 18. 4. 1895
I. Der Vorschanschlag über die gemeinsamen Ausgaben und Einnahmen der österreichisch-ungarischen Monarchie pro 1896
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_IV/pdf/oe_hu_mrp_IV_z72.pdf.
Nr. 72 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 18. 4. 1895 657 Außerordentliches Erfordernis zu Titel VI, Subtitel C, Post 527 000 fl. 5 (neu) für die Beschaffung eines Torpedofahrzeuges (Torpedo¬ jäger) von 490 Tonnendeplacement samt kompletter Ausrü¬ 473 000 fl. stung und Armierung 1 000 000 fl. wovon 470 000 fl. Gold Post 6 (neu) für den sofortigen Beginn des im Marinevoran- schlage für das Jahr 1896 im Extraordinarium zu Titel VI, Subtitel C, Post 4 beantragten Baues eines Rammkreuzers (,,D") von 6100 Tonnendeplacement im approximativen Ko- stenvoranschlage von 3 800 000 fl. den Betrag von Zusammen Nr. 72 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 18. April 1895 RS. (und RK.) Gegenwärtige: der k. u. k. gemeinsame Minister des Äußern Graf Kälnoky (o. D.), der k. k. Ministerpräsident Fürst zu Windisch-Grätz (o. D.), der kgl. ung. Ministerpräsident Baron BanfTy (o. D.), der k. u. k. gemeinsame Finanzminister v. Källay (1. 5.), der k. u. k. gemeinsame Kriegsmi¬ nister GdK. Edler v. Krieghammer (o. D.), der k. k. Ackerbauminister Graf Falkenhayn (o. D.), der k. k. Finanzminister Edler v. Plener (o. D.), der kgl. ung. Finanzminister Lukäcs (10. 5.), der kgl. ung. Minister am Ah. Hoflager Baron Josika (o. D.), der k. u. k. Marinekommandant Admiral Freiherr v. Stemeck. Protokollführer: Sektionsrat v. Jettei. Gegenstand: Der Voranschlag über die gemeinsamen Ausgaben und Einnahmen der österrei¬ chisch-ungarischen Monarchie pro 1896. KZ. 39 - RMRZ. 388 Protokoll des zu Wien am 18. April 1895 abgehaltenen Ministerrates für gemeinsame Angelegenheiten unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers. Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen zunächst Allerhöchstseine Befriedigung auszusprechen über die klaren Auseinandersetzungen des k. u. k. Ministers des Äußern bezüglich der auswärtigen Situation und dankend anzuer¬ kennen, daß derselbe trotz der gegenwärtig vorherrschenden sehr friedlichen Aussichten doch die Notwendigkeit der weiteren Entwicklung der militärischen Anforderungen betont hat. Die vom Grafen Kälnoky am Schlüsse seiner Aus¬ führungen ausgesprochene Hoffnung, daß es in absehbarer Zeit möglich sein werde, von diesen Anforderungen abzustehen, vermögen Se. k. u. k. apost. Majestät nicht zu teilen, so wünschenswert dies auch wäre. Wenn nicht von seiten Rußlands in den Rüstungen Einhalt getan wird, werde es wohl noch durch längere Zeit notwendig sein, in der Weiterentwicklung der Wehrmacht fortzuschreiten. Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen sonach die Ausführungen des k. k. Fi¬ nanzministers im gestrigen Ministerrate zur Sprache zu bringen, wonach die <pb/>658 Nr. 72 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 18. 4. 1895 Aufbesserung der Mannschaftskost innerhalb der jetzigen Summe möglich wäre. Der k. k. Finanzminister Edler v. Plener erlaubt sich, seine bezüglichen Darlegungen zu rekapitulieren und neuerdings der Ansicht Aus¬ druck zu geben, daß durch Streichung einiger Posten im Ordinarium und Übertragung gewisser Anforderungen im Extraordinarium auf die Zentralakti¬ ven die Möglichkeit geboten wäre, innerhalb der zulässigen Steigerungsziffer für eine Aufbesserung der Mannschaftskost Platz zu schaffen. Das im Jahre 1893 aufgestellte Programm1 sei nicht strenge eingehalten worden. Es seien in demsel¬ ben enthalten gewesene Posten in das Präliminare nicht aufgenommen worden, andere dagegen hinzugekommen; ferner erscheinen mehrere Posten, Kranken¬ pflege, Unterkunftsauslagen usw., welche bisher zu niedrig präliminiert waren, mit höheren Beträgen eingestellt. Das Bestreben, auf diesem Wege dem tatsäch¬ lichen Erfolge näherzukommen und größere Überschreitungen zu vermeiden, müsse anerkannt werden. Immerhin liege aber darin ein Beweis, daß die Ziffer sehr elastisch ist, daß es also vielleicht doch tunlich gewesen wäre, innerhalb derselben für die Bedeckung der Kosten einer Aufbesserung der Mannschafts¬ kost zu sorgen. Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen hierauf zu bemerken, daß die Bemühungen des Kriegsministeriums, durch richtige Präliminierung und entsprechende Erhöhung der betreffenden Posten innerhalb der zulässigen Stei¬ gerung künftighin Überschreitungen zu vermeiden, volle Anerkennung verdie¬ nen. Der k. k. Finanzminister Edler v. Plener glaubt, daß auch die gegenwärtig eingestellten Beträge noch nicht ganz richtig sind und den reellen Erfolgsziffern noch nicht entsprechen. Der k. u. k. Reichskriegsminister GdK. Edler v. Krieg¬ hammer erwidert, daß die eingestellten Ziffern auf die Erfahrungen der letzten zwei Jahre gegründet sind. Die Posten: Ausbildung der Ersatzreservi¬ sten, Spitalskost und Krankenpflege, Reiseauslagen und Versorgungsgebühren seien vollkommen saniert. Was das im Jahre 1893 ausgearbeitete Programm für den Ausbau der Wehr¬ macht anbelangt, so seien einige der damals für 1896 in Aussicht genommenen Anforderungen in das diesjährige Präliminare allerdings nicht aufgenommen worden, so die Dotation für eine 15. Kadettenschule, weil das nötige Gebäude fehlt und diese Herstellung einen Aufschub verträgt. Andererseits sei es not¬ wendig geworden, mehrere seinerzeit nicht in Aussicht genommene Posten einzustellen, so für die Anschaffung von Ekrasitgeschossen mit Rücksicht auf die seitherigen Verbesserungen und neuen Erfindungen. Ebenso war es unver¬ meidlich, für den Ausbau unserer Festungen und die Ameliorierung der galizi- schen Baracken in diesem Jahre Vorsorge zu treffen. Es wird zur Besprechung des Voranschlages für die k. u. k. Kriegsmarine übergegangen. i Vgl. GMR. v. 23. 3. 1893, RMRZ. 379. <pb/>Nr. 72 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 18. 4. 1895 659 Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen mit Befriedigung zu konsta¬ tieren, daß im gestrigen Ministerrate auch über die Frage des im vorigen Jahre der Marineverwaltung bewilligten Zuschusses von 1 000 000 Gulden eine Eini¬ gung erzielt worden sei. Der k. u. k. Minister des Äußern Graf Kälnoky erlaubt sich zu bemerken, daß seither die Frage aufgeworfen wurde, ob der betreffende Nachtragskredit schon in der diesjährigen oder erst in der nächsten Delegation eingebracht werden soll. Um nicht die Schwierigkeiten, welche durch die Über¬ schreitungen im Heeresbudget des Jahres 1893 hervorgerufen werden dürften, zu vermehren, und da es sieh um eine Post handelt, welche zu staatsrechtlichen Diskussionen Anlaß geben kann, haben sich die Herren Minister geeinigt, mit dieser Forderung erst vor die nächstjährigen Delegationen zu treten, was aber nicht hindert, daß der erwähnte Betrag der Marineverwaltung auch schon vorher nach Bedarf zur Verfügung gestellt wird, damit die bestellten Schiffe bezahlt werden können. Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen, Sich nach dem Stande der Verhandlungen wegen des bosnischen Anlehens zu erkundigen. Der k. u. k. gemeinsame Finanzminister v. Källay erlaubt sich mitzuteilen, daß die bezügliche Vorlage von den beiden Finanzministern demnächst eingebracht werden wird. Nach der Annahme der bezüglichen Ge¬ setzentwürfe wird das Ahlehen sofort kontrahiert und der Marineverwaltung sodann aus den Zentralaktiven der Zuschuß von 1 Million Gulden flüssigge¬ macht werden. Was die parlamentarische Behandlung der Sache anbelangt, so soll dieselbe in der Art erfolgen, daß zunächst in den Delegationen des Jahres 1896 der entsprechende Nachtragskredit eingebracht und darnach mittels über¬ einstimmender Gesetzentwürfe die Zustimmung der beiderseitigen gesetzgeben¬ den Körperschaften dazu eingeholt wird, daß zur Bedeckung dieses außeror¬ dentlichen Zuschusses die gemeinsamen Zentralaktiven herangezogen werden. Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen, hievon Ag. Kenntnis zu nehmen, es aber gleichzeitig als wünschenswert zu bezeichnen, daß den Delega¬ tionen bei der Einbringung des Nachtragskredites der Weg angegeben werde, welcher bezüglich der Bedeckung eingehalten werden soll. Der k. u. k. Minister des Äußern Graf Kälnoky erlaubt sich auszuführen, daß das Erfordernis des Ministeriums pro 1896 187 000 fl. höher präliminiert war als im laufenden Jahre, u. zw. setzte sich diese Erhöhung zusammen aus Gehaltsaufbesserungen für die niederen Beamten im Ministe¬ rium, bei den Missionen und Konsulaten, dann aus den Kosten für die Errich¬ tung einer Anzahl von effektiven Konsulaten an wichtigen Handelsplätzen, so in New York, Kalkutta, Algier, Tiflis. Auf den Wunsch der beiden Herren Finanzminister ist dieses Präliminare durch teilweise Verschiebung der Gehalts¬ erhöhungen und durch ein Hinausrücken der Aktivierung einzelner neuer Kon¬ sulate herabgemindert worden, so daß sich die Mehrforderung nur auf rund3 Einfügung Kälnokys. <pb/>660 Nr. 73 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 1. 6. 1895 100 000 fl. und einen Bruchteil beläuft. Die Details sollen erst zusammengestellt werden. Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen zu konstatieren, daß zufolge der Beschlüsse des Ministerrates bezüglich des gemeinsamen Voranschlages und des Budgets für Bosnien und die Herzegowina keine Meinungsverschiedenheit herrsche, und daran anknüpfend, an die beiderseitigen Minister die Aufforde¬ rung zu richten, sie mögen dahin wirken, daß das Budget in den vereinbarten Ziffern von den beiden Delegationen auch unverändert angenommen werde, wie dies in den letzten Jahren geschehen ist. Der k. u. k. Minister des Äußern Graf Kälnoky erlaubt sich schließlich zu beantragen, daß die Delegationen für die Zeit unmittelbar nach Pfingsten einberufen werden. Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen, Sich hiemit einverstanden zu erklären und die Sitzung sonach zu schließen. Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen. Wien, 14. Mai 1895. Franz Joseph. Nr, 73 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 1. Juni 1895 RS. (und RK.) Gegenwärtige: der k. u. k. gemeinsame Minister des Äußern Graf Gohichowski (o. D.), der k. k. Ministerpräsident Fürst zu Windisch-Grätz (o. D.), der kgl. ung. Ministerpräsident Freiherr v. Bänffy (o. D.), der k. u. k. gemeinsame Finanzminister v. Källay (o. D.), der k. u. k. gemeinsame Kriegsminister GdK. Edler v. Krieghammer (o. D.), der k. k. Ackerbauminister Graf Falkenhayn (o. D.), der kgl. ung. Minister am Ah. Hoflager Baron Josika (o. D.). Protokollführer: Sektionsrat v. Jettei. Gegenstand: Regelung des Vorganges bei offiziellen Enunziationen über die auswärtige Politik in den Parlamenten der beiden Reichshälften. KZ. 48 - RMRZ. 389 Protokoll des zu Wien am 1. Juni 1895 abgehaltenen Ministerrates für ge¬ meinsame Angelegenheiten unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers. Se. k. u. k. äpost. Majestät geruhen die Beratung mit folgenden Worten zu eröffnen: Die letzten Vorfallenheiten im ungarischen Reichstage1 haben es Mir notwen¬ dig erscheinen lassen, für die Fälle, als auswärtige Angelegenheiten in den Parlamenten zur Sprache kämen oder darüber Interpellationen stattfänden, den dabei einzuhaltenden Vorgang im Sinne des Ausgleiches und der bisherigen Praxis zu präzisieren. Es wird nötig sein, daß bei der heutigen Besprechung hierüber genaue Punktationen aufgestellt und zu Protokoll gegeben werden, Vgl. Engel-Jänosi, Graf Kälnokys Rücktritt als Außenminister 246-254. <pb/>