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Gemeinsamer Ministerrat, 28. 4. 1890

496 Nr. 49 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 28. 4. 1890

Nr. 49 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 28. April 1890

    RS. (und RK.)
    Gegenwärtige: der k. u. k. gemeinsame Minister des Äußern Graf Kälnoky (o. D.), der k. k.
Ministerpräsident Graf Taaffe (3. 5.), der kgl. ung. Ministerpräsident Graf Szapdry (8. 5.), der
k. u. k. gemeinsame Finanzminister v. Källay (4. 5.), der k. u. k. gemeinsame Kriegsminister FZM.
Freiherr v. Bauer (5. 5.), der k. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski (o. D.), der kgl. ung.
Finanzminister Wekerle (5. 5.), der k. u. k. Marinekommandant Admiral Freiherr v. Sterneck
(7. 5.), der k. u. k. Generalintendant Ritter v. Röckenzaun.
    Protokollführer: Hof- und Ministerialrat Ritter v. Khu.
    Gegenstand: Delegationsvorlagen.

   KZ. 32 - RMRZ. 365
   Protokoll des zu Wien am 28. April 1890 abgehaltenen Ministerrates für
gemeinsame Angelegenheiten unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers.

   Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen die Sitzung zu eröffnen, in¬
dem Allerhöchstdieselben zunächst zur Berichterstattung über die Voranschläge
des Ministeriums des Äußern, des Reichsfinanzministeriums und der Kriegsma¬
rine auffordern.

   Der k. u. k. Minister des Äußern Graf Kälnoky berichtet,
daß an dem Voranschläge des Ministeriums des Äußern Änderungen vereinbart
wurden. Einerseits wurde für das Jahr 1891 nur die Hälfte der zur Aufbesserung
der Bezüge der k. u. k. Missionschefs beantragten Summe pr. 104 000 fl. einge¬
stellt, so zwar, daß diese Aufbesserung erst mit dem 1. Juli k. J. eintreten werde,
andererseits wurde eine Erhöhung des Voranschlages des Ministeriums des
Äußern vereinbart, indem für Vermehrung der Konsularvertretung in Serbien
ein Gesamtbetrag von 3200 fl., zur Erhöhung der Stiftplätze in der orientali¬
schen Akademie ein Betrag von 2800 fl., endlich eine Erhöhung des Disposi¬
tionsfonds um 100 000 fl. eingestellt wurde.

   Der k. u. k. Reichsfinanzminister v. Källay erlaubt sich zu
konstatieren, daß die Etats des Reichsfinanzministeriums und des gemeinsamen
Obersten Rechnungshofes mit den beantragten Summen von 2 004 776 fl. bzw.
126 240 fl. angenommen wurden.

   Der k. u. k. Marinekommandant Admiral Freiherr v.
Sterneck erlaubt sich,auszuführen, daß er der Aufforderung der übrigen
Konferenzmitglieder entsprechend Abstriche im Gesamtbeträge von 162 420 fl.
an dem ursprünglich beantragten Etat der Kriegsmarine bezeichnet habe und
daß nachdem dieselben angenommen worden seien, die Erhöhung des Vor¬
anschlages der Kriegsmarine pro 1891 gegen das Vorjahr nur mehr 100 456 fl.
betrage.

   Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen diese Vereinbarungen Ag. zu
genehmigen und zur Beratung des Heereserfordemisses pro 1891 mit dem
Bedeuten überzugehen, daß Allerhöchstdieselben die endgiltige Ah. Entschei¬
dung über diesen Voranschlag einer in der nächsten Zeit neuerlich abzuhalten¬
den Ministerkonferenz Vorbehalten müßten, da die außerordentlich namhaften,
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sehr wichtige Positionen betreffenden Abstriche, die diesfalls beantragt seien,
noch eines genauen Studiums und einer eingehenden Beratung vom militäri¬
schen und politischen Standpunkte bedürfen.

   Der k. u. k. Reichskriegsminister FZM. Freiherr v. Bauer
erbittet sich das Wort, um zunächst darzulegen, daß er in den letzten Konferen¬
zen bereits mit Rücksicht darauf, daß er in den früheren Beratungen schon alle
Anforderungen, welche, so nützlich und wünschenswert sie sein mögen, doch
nicht unmittelbar und in erster Linie die Schlagfertigkeit der Armee tangieren,
selbst ausgeschieden habe, zu erklären genötigt gewesen sei, daß er auch die
Verantwortung für die Abstriche von 8 700 000 fl. ablehnen müsse und sich
denselben nur angesichts der bestimmten Erklärung der beiderseitigen Regie¬
rungen fügen könne, daß die Finanzen der beiden Staatsgebiete die angespro¬
chenen Mehrforderungen zu leisten nicht vermöchten. Nun sei aber in der
heutigen vormittägigen Konferenz noch ein weiterer Abstrich von 2 1/2 Millio¬
nen Gulden verlangt worden, auf dessen Erwägung er nicht einzugehen in der
Lage gewesen sei, da er absolut nicht imstande sei, auch nur eine Post noch zu
bezeichnen, wo ein Abstrich möglich sei.

   Der k. u. k. Reichskriegsminister geht nun auf die einzelnen Abstriche, wel¬
che in den letzten Konferenzen vereinbart wurden, ein, indem er über die vom
militärischen Standpunkte dagegen von ihm geltend gemachten Bedenken be¬
richtet und unter anderem insbesondere die Gefahren hervorhebt, welche die
Schaffung eines längeren Übergangszustandes in der Pulverfrage herbeiführe.
Eine gewisse Beruhigung, wenigstens was die Gefahren, die aus der Verzögerung
der Anschaffung des rauchlosen Pulvers im Falle des Krieges entstehen, anbe¬
lange, habe der Redner aus der in der gestrigen Sitzung gegebenen Anregung
geschöpft, daß im Falle des Eintretens gewisser den Frieden bedrohender Anzei¬
chen eventuell die nötigen Summen zur Anschaffung des noch nötigen Pulvers,
auch ohne die Genehmigung der Delegationen abzuwarten, aufgebracht werden
könnten.

   Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen hiezu zu bemerken, daß
auch Allerhöchstdieselben die Verlangsamung in der Anschaffung des rauchlo¬
sen Pulvers als eine außerordentliche Gefahr sowohl für den Kriegsfall als auch
mit Rücksicht auf die übermäßige Verlängerung der Übergangsdauer3 erachten

müsse.
   Der k. u. k. Reichskriegsminister FZM. Freiherr v. Bauer

erlaubt sich in Fortsetzung seiner Ausführungen noch zu betonen, daß er nicht
unterlassen habe, vor der Annahme zu warnen, daß durch die Verschiebung
tatsächlich notwendiger Posten auf das nächste Jahr irgendeine wirkliche Abhil¬
fe geschaffen werde, indem durchaus nicht vorauszusehen sei, daß das nächste
Budget solche Entlastungen bringen werde, welche es leichter erscheinen lassen
würden, die jetzt aufgeschobenen Anforderungen dann zu bestreiten. - Es wäre
übrigens auch bei Behandlung des Kriegsbudgets nicht zu übersehen, daß

Streichung für die Ausbildung der Armee.
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dasselbe von allen interessierten auswärtigen Mächten eingehend geprüft würde
und auf die Stellung der Monarchie Einfluß habe.

    Der kgl. ung. Ministerpräsident Graf Szapäry erbittet sich
nun das Wort, um den Standpunkt der Vertreter der kgl. ung. Regierung zur
Begründung des von ihnen beantragten weiteren Abstriches von 2 1/2 Millionen
darzulegen. Der Redner weist darauf hin, daß der kgl. ung. Ministerrat in
pflichtgemäßer Berücksichtigung der gesamten finanziellen und wirtschaftlichen
Lage des Landes zu der Überzeugung gekommen sei, daß ohne ernste Schädi¬
gung der Finanzen mit den Anforderungen für die gemeinsamen Auslagen pro
1891 nicht über die Ziffer der Bewilligung pro 1890 hinausgegangen werden
könne.1

   Wenn nun auch die Vertreter der kgl. ung. Regierung während der letzten
Konferenzen den Eindruck gewonnen hätten, daß diese Linie nicht ganz einge¬
halten werden könne,jsc^seien sie doch nicht in der Lage, eine Überschreitung
der vorjährigen Bewilligungen um mehr als zirka 2 Millionen zu vertreten, und
müßten daher zu den bereits vereinbarten Abstrichen noch weitere Abstriche
von 2 1/2 Millionen beantragen.

   Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen zu bemerken, daß Aller-
höchstdieselben die Bedenken, die vom finanziellen Standpunkte gegen die
Mehranforderungen im Heereserfordemisse erhoben würden, vollkommen zu
würdigen wisse, doch gehe es nicht an, diese Anforderungen ausschließlich von
dem finanziellen Standpunkte zu betrachten. Es dürfe nicht der militärische
Gesichtspunkt, insbesondere aber nicht die politische Wichtigkeit des Heeres-
erfordemisses mit Rücksicht auf die Stellung der Monarchie im Auslande und
vor allem in ihrem Verhältnisse zu dem verbündeten Deutschen Reiche außer
acht gelassen werden. Man müsse sich übrigens auch die ganz exzeptionelle
Situation, in der sich Europa dermalen noch befinde, vor Augen halten; man
habe zwar glücklich den Ausbruch eines Krieges in den letzten Jahren immer
zu vermeiden gewußt, aber die Kriegsgefahr sei nicht beseitigt.

   Der k. u. k. Minister des Äußern Graf Kälnoky erlaubt sich
zu erwähnen, daß er auch in den letzten Konferenzen nicht unterlassen habe zu
betonen, daß im Hinblick auf die fortgesetzten militärischen Rüstungen der
anderen Mächte die kriegerische Lösung der jetzigen Situation noch immer als
möglich ins Auge gefaßt und daher alles vermieden werden müsse, was die
Fortentwicklung der Armee und volle Erhaltung ihrer Schlagfertigkeit beein¬
trächtigen könnte.

   Nachdem noch bezüglich einzelner Detailposten, deren Abstrich beantragt
wurde, Bemerkungen gewechselt werden, geruhen Se. k. u. k. apost.
Majestät die Verhandlung über diesen Gegenstand abzubrechen, indem
Allerhöchstdieselben noch eine weitere eingehende Prüfung der gestellten An¬
träge Vorbehalten und auf Grund des Ergebnisses dieser Prüfung Allerhöchst-
ihre definitive Entscheidung in Aussicht stellen.

i 14/MT. Ung.MR. v. 14. 4.1890.1. In Angelegenheit des gemeinsamen Budgets von 1891, OL.,
        K. 27, Karton 47.
<pb/>Nr. 50 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 4. 5. 1890                     499

   Der k. u. k. Minister des Äußern Graf Kälnoky erlaubt sich
hierauf zu berichten, daß in der unter seinem Vorsitze heute abgehaltenen
Konferenz auch die Frage der Verlegung von bosnisch-herzegowinischen Infan¬
teriebataillonen in das Innere der Monarchie eingehend besprochen wurde, aber
vorerst kein Mittel zur Lösung der Frage gefunden worden sei, da nach Auffas¬
sung des kgl. ung. Ministerpräsidenten durch die ungarische Gesetzgebung die
Heranziehung dieser Infanteriebataillone selbst zu Lagerübungen nach Ungarn,
u. zw. auch in den auf ungarischem Gebiete gelegenen Teil des Brücker Lagers,
ohne vorgängige Einbringung eines speziellen Gesetzes ausgeschlossen sei. Es
würde sich daher empfehlen, die Aufnahme der Verhandlung dieser Angelegen¬
heit einer späteren Konferenz vorzubehalten.

   Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen diesem Anträge zuzustim¬
men, weiter die Einberufung der Delegationen für den 4. Juni 1. J. Ag. zu
genehmigen und hierauf die Sitzung zu schließen.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen.
Wien, 12. Mai 1890. Franz Joseph.

    Nr. 50 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 4. Mai 1890

     RS. (und RK.)
     Gegenwärtige: der k. k. Ministerpräsident Graf Taaffe (6. 5.), der kgl. ung. Ministerpräsident
Graf Szapäry (5. 5.), der k. u. k. gemeinsame Finanzminister v. Källay (7. 5.), der k. u. k. gemeinsa¬
me Kriegsminister FZM. Freiherr v. Bauer (5. 5.), der k. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski
(7. 5.), der kgl. ung. Finanzminister Wekerle (5. 5.), der k. u. k. Marinekommandant Admiral
Freiherr v. Sterneck (8. 5.), der k. u. k. Sektionschef v. Szögyeny-Marich, der k. u. k. Generalinten¬
dant Ritter v. Röckenzaun.
     Protokollführer: Hof- und Ministerialrat Ritter v. Khu.
    Gegenstand: Delegationsvorlagen.

   KZ. 31 - RMRZ. 366
   Protokoll des zu Wien am 4. Mai 1890 abgehaltenen Ministerrates für ge¬
meinsame Angelegenheiten unter dem Vorsitze des k. u. k. gemeinsamen Mini¬
ster des Äußern Grafen Kälnoky.

   Der Vorsitzende konstatiert bei Eröffnung der Sitzung, daß in der letz¬
ten Konferenz die Beratung des Heereserfordernisses abgebrochen worden sei,
nachdem die beiderseitigen Regierungen dem Wunsche Ausdruck gegeben hat¬
ten, daß über die damals vereinbarten Abstriche von 8 699 896 fl. noch eine
weitere Verminderung des Heereserfordernisses um zirka 2 1/2 Millionen Gul¬
den erzielt werden möge. Der Vorsitzende ersucht den k. u. k. Reichskriegsmini¬
ster, das Ergebnis der von ihm infolge dieses Wunsches in Aussicht gestellten
neuerlichen Prüfung des Präliminares bekanntzugeben.

   Der k. u. k. Reichskriegsminister FZM. Freiherr v. Bauer
weist vor allem daraufhin, daß er, um sich bei der sehr beträchtlichen Herabset-
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