MRP-2-0-04-0-18900427-P-0047.xml

|

Gemeinsamer Ministerrat, 27. 4. 1890

I. Fortsetzung der Beratungen über die Delegationsvorlagen

Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_IV/pdf/oe_hu_mrp_IV_z47.pdf.

Nr. 47 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 27. 4. 1890  481

jenen gehört, die nach dem Einquartierungsgesetz überhaupt aus gemeinsamen
Mitteln hergestellt werden können.

   Die Sitzung wird hierauf geschlossen und die Fortsetzung der Beratung für
morgen anberaumt.

                                                                                               Kälnoky

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen.
Wien, 7. Mai 1890. Franz Joseph.

Nr. 47 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 27. April 1890

    RS. (und RK.)
    Gegenwärtige: der k. k. Ministerpräsident Graf Taaffe (28. 4.), der kgl. ung. Ministerpräsident
Graf Szapäry (2. 5.), der k. u. k. gemeinsame Finanzminister v. Källay (28.4.), der k. u. k. gemeinsa¬
me Kriegsminister FZM. Freiherr v. Bauer (29. 4.), der k. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski
(30. 4.), der kgl. ung. Finanzminister Wekerle (4. 5.), der k. u. k. Marinekommandant Admiral
Freiherr v. Stemeck (1. 5.), der k. u. k. Sektionschef v. Szögyeny-Marich, der k. u. k. Generahnten-
dant Ritter v. Röckenzaun, der k. u. k. Marinegeneralkommissär Kleemann.
    Protokollführer: Hof- und Ministerialrat Ritter v. Khu.
    Gegenstand: Fortsetzung der Beratungen über die Delegationsvorlagen.

   KZ. 29 - RMRZ. 363
   Protokoll des zu Wien am 27. April 1890 abgehaltenen Ministerrates für
gemeinsame Angelegenheiten unter dem Vorsitze des k. u. k. gemeinsamen
Ministers des Äußern Grafen Kälnoky.

   Nach Eröffnung der Sitzung durch den Vorsitzenden ergreift zunächst
der k. u. k. Generalintendant Ritter v. Röckenzaun das Wort,
um bezüglich den gestern in suspenso gelassenen Titel 1 ,,Sanitätswesen" die
noch gewünschten Aufklärungen zu geben.

   Nach Äußerung des Sanitätsreferenten im Reichskriegsministerium handelt
es sich bei Post 1 dieses Titels ,,Beschaffung von Sanitätsmaterial infolge Einfüh¬
rung der antiseptischen Wundbehandlungsmethode" nicht um die Beschaffung
der Antiseptika, sondern nur des eventuell mit den letzteren zu behandelnden
sogenannten aseptischen Materiales und insbesondere der zur Verpackung der
nötigen Taschen, die im Bedarfsfälle nur im Verlaufe von 8-10 Monaten herzu¬
stellen wären und für deren Beschaffung daher schon jetzt vorgesorgt werden
müßte. Über Antrag des k. k. Ministerpräsidenten Graf Taaffe
wird für diese Post nur der zum Ankäufe der Verbandtaschen nötige Betrag von
80 000 fl. eingestellt und daher ein Betrag von 40 000 fl. gestrichen.

   Bei Post 2 ,,Beschaffung des Sanitätsmateriales zur Aufstellung zweier Feld¬
spitäler" wird für dieses Jahr nur der für ein Feldspital nötige Aufwand von
50 000 fl. eingestellt, ein Betrag von 50 000 fl. gestrichen.

   Der k. u. k. Generalintendant v. Röckenzaun gibt weiters
<pb/>482 Nr. 47 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 27. 4. 1890

 die gestern bei den bezüglichen Beratungen in Aussicht gestellten Daten über
 die Kosten der zu erbauenden Pulverfabrik.

    Bei Aufstellung des im Extraordinarium Titel 2 Punkt 7 ,,Einführung eines
 rauchlosen Pulvers bei den Handfeuerwaffen und Feldgeschützen*4 angegebenen
 Gesamterfordernisses wurde ein Betrag von 10 600 000 fl. für die Umarbeitung
 der Patronen und 700 000 fl. für Errichtung einer Pulverfabrik veranschlagt; da
jedoch bei der Salpetererzeugung eine Ersparung von 300 000 fl. in Aussicht
 genommen sei, reduziere sich das Gesamterfordemis auf 11 000 000 fl. Auf
 Wunsch des k. k. Finanzministers Ritters v. Dunajewski wird
 vom k. u. k. Reichskriegsminister konstatiert, daß mit diesen 11 000 000 fl. die
 Kosten der Einführung des rauchlosen Pulvers, selbstverständlich abgesehen
von der immer notwendigen ordentlichen Nachschaffung von Patronen, er¬
schöpft sei.

    Der k. u. k. Reichskriegsminister FZM. Freiherr v. Bauer
regt nun noch die bereits gestern bei Einleitung der Konferenz besprochene
Frage der Beschaffung einer Unterkunft in Komeuburg für das bisher in Klo¬
sterneuburg dislozierte Bataillon des Eisenbahn- und Telegraphenregimentes
an. Die Konferenz einigt sich dahin, daß die Austragung dieser Frage, über
welche je überdies noch Verhandlungen mit der Gemeinde Komeuburg schwe¬
ben, späteren Verhandlungen der beiderseitigen Regierungen zu überlassen sei.

   Der k. u. k. Minister des Äußern Graf Kälnoky fährt nun
in der gestern im Titel 21 ,,Erste Baurate&quot; unterbrochenen Beratung der einzel¬
nen Posten des Extraordinariums fort, und es werden noch Abänderungen in
folgenden Titeln bzw. Posten in Aussicht genommen. Bei Post 3 ,,Maßnahmen
zur Hebung der Widerstandsfähigkeit der beiden galizischen Festungen&quot; wird
ein Betrag von 1 000 000 fl. abgestrichen (bleibt ein Betrag von 1 000 000 fl.).
Die Post 4 dieses Titels ,,Cattaro. Ausbau der Landbefestigung&quot; per 200 000 fl.
wird im Einklänge mit dem bei der analogen Post des Ordinariums gefaßten
Beschlüsse gestrichen.

   Bei Titel 22 ,,Krakau - Neubau eines Artilleriezeughauses&quot; wird ein Betrag
von 100 000 fl. abgestrichen (bleibt, u. zw. als dritte Rate, 100 000 fl.).

   Bei Titel 40 ,,Einmaliges Erfordernis zur Durchführung der Reorganisation
der Festungsartillerie&quot; wird ein Betrag von 37 283 fl. abgestrichen (bleibt
40 000 fl.).

   Hiemit ist die Durchberatung des Heereserfordernisses abgeschlossen, und es
stellen sich die in Aussicht genommenen Abstriche

im Ordinarium auf     429 497 fl
im Extraordinarium  8 270 399 fl

so daß noch ein Mehrerfordernis von 4 202 253 fl. verbliebe.

   Außerdem wäre die Anforderung per 558 749 fl. für Erhöhung des ordentli¬
chen Heereserfordemisses infolge Präliminierung eines eigenen Standes an
Kommandanten, Lehrern, Zöglingen, Frequentanten und an Mannschaft, dann
an Pferden für die Kadettenschule aus dem Ordinarium in das Extraordinarium
zu überstellen.
<pb/>Nr. 47 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 27. 4. 1890  483

   Der k. u. k. Reichskriegsminister FZM. Freiherr v. Bauer
ergreift nun das Wort, um zu erklären, daß er von seinem Standpunkte aus
bereits alle jene Auslagen, die, so nötig und wünschenswert sie wären, doch nicht
in erster Linie und unmittelbar die Schlagfertigkeit der Truppe tangieren, bereits
in den diesen Konferenzen vorausgehenden Beratungen ausgeschieden habe und
daher bezüglich aller gestern und heute in Aussicht genommenen weiteren
Abstriche jede Verantwortung für deren Anregung ablehnen und konstatieren
müsse, daß er denselben sich nur angesichts der von den Vertretern der beider¬
seitigen Regierungen übereinstimmend mit Rücksicht auf die finanzielle und
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Monarchie erklärten Unmöglichkeit der
Bestreitung der angesprochenen Forderungen fügen könnte.

   Derk. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski gibt sein vor¬
behaltenes Schlußvotum dahin ab, daß er im Interesse der Ordnung der Finan¬
zen, ohne welcher man auch eine künftige Mobilisierung gefährde, darauf
beharren müsse, daß wenn schon für das Jahr 1891 die begründete Erwartung
nach einer Herabminderung der Anforderungen für militärische Zwecke nicht
eintrete, diese Ansprüche doch nicht die Bewilligung für 1890 übersteigen, was
auch nach den bereits besprochenen Abstrichen noch immer um mehr als
4 000 000 fl. der Fall sei.

   Derkgl. ung. Finanzminister Wekerle schließt sich diesen Aus¬
führungen vollständig an, indem er noch besonders hervorhebt, daß in dem
nächsten Jahre auch für die ungarische Landwehr ein Betrag von 5 Millionen
für Gewehre in Anspruch genommen werde. Es sei geradezu unmöglich, dieser
Anforderung zugleich mit erneuerten höheren Forderungen der Kriegsverwal¬
tung zu entsprechen, auf welch letztere man gar nicht gefaßt gewesen sei, u. daß
im Jahre 1887 ausdrücklich und ganz bestimmt eine Erleichterung der Lasten
für das Jahr 1891 in Aussicht gestellt worden sei. Er könne nicht die einzelnen
Posten bezeichnen, sei aber überzeugt, daß ohne solche Maßregeln, welche die
Schlagfertigkeit der Armee wirklich in erster Linie und unmittelbar tangieren,
zu gefährden, Posten gefunden werden können, durch deren Streichung das
Präliminare pro 1891 der Bewilligung pro 1890 gleichgestellt werden könnte. Es
wäre für die Schlagfertigkeit der Armee gewiß auch im hohen Maße gefährlich,
wenn die Finanzen der Monarchie in Unordnung gebracht würden.

   Derk. u. k. Reichsfinanzminister v. K all ay glaubt mit Rück¬
sicht darauf, daß heute bei für die Schlagfertigkeit der Armee so eminent
wichtigen Posten, wie die Fortsetzung der Anschaffung der neuen Waffen und
die Einführung des rauchlosen Pulvers, bedeutende Abstriche in Aussicht ge¬
nommen worden seien, an die Vertreter der beiderseitigen Regierungen die
Frage richten zu sollen, ob dieselben nicht wie früher bei analogen Anlässen
geneigt wären, ihre Bereitwilligkeit zu erklären, in einem Falle, wo der Minister
des Äußern den Eintritt wenn auch nicht einer unmittelbaren Kriegsgefahr,
doch solche Anzeichen zu signalisieren in der Lage wäre, welche dieselbe jeden¬
falls in näherer Zeit befürchten lasse, dem gemeinsamen Ministerium die Er¬
mächtigung zu erteilen, auch ohne vorherige Einvernahme der Delegationen mit
<pb/>484 Nr. 47 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 27. 4. 1890

der Ausgabe der zur Anschaffung des ganzen aufbringbaren Erfordernisses an
neuen Gewehren und rauchlosen Pulvers nötigen Summen vorzugehen.

   Der k. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski bemerkt,
daß in früheren Fällen, wo solche Zusagen erteilt wurden, es sich immer um

ganz begrenzte Summen gehandelt habe,1 eine so allgemeine Zusage, wie sie der
Vorredner annimmt, sei man aber nicht in der Lage zu geben, und könnte die

Frage nur nach Kenntnis des Umfanges der eventuell gestellten Ansprüche
beurteilt werden.

   Der kgl. ung. Ministerpräsident Graf Szapäry spricht sich
gleichfalls dahin aus, daß nur bei Eintreten der vorausgesetzten Eventualität
über diese Frage entschieden werden könnte. Der k. u. k. Minister
des Äußern Graf Kälnoky bemerkt, daß er auch die Anregung des
Reichsfinanzministers nur so verstehe, daß im Falle, als Anzeichen einer bevor¬

stehenden Kriegsgefahr eintreten, er die beiderseitigen Regierungen verständi¬

gen und sie zu einer Beratung über die Erteilung der in Rede stehenden Er¬
mächtigung einladen würde.

Vor Übergang zu der Verhandlung der übrigen Voranschläge ergreift noch

der kgl. ung. Finanzminister Wekerle das Wort, um die Notwen¬
digkeit darzulegen, womöglich im Laufe dieses Jahres in den beiden Legislativen

eine Novelle zum Einquartierungsgesetze durchzubringen,2 wodurch der bishe¬
rige zehnjährige2 Termin zur Feststellung des Quartieräquivälentes auf 25 Jahre
ausgedehnt würde, da sonst im Laufe des nächsten Jahres bei neuer und jeden¬

falls erhöhter Feststellung dieses Äquivalentes ein bedeutendes Mehrerfordernis
im Heeresbudget eintreten müßte.

   Derk. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski pflichtet der
Ansicht des Vorredners vollkommen bei, gibt jedoch der Befürchtung Aus¬
druck, daß die Durchbringung einer solchen Novelle in den Legislativen sehr
schwer sein würde, da sich dagegen viele Lokalinteressen geltend machen dürften.

Der k. u. k. Reichskriegsminister FZM. Freiherr v. Bauer

macht bei diesem Anlasse aufmerksam, daß die durch die Verlegung eines neuen

Korps nach Galizien3 eingetretene Quartiernot dort wahrscheinlich die Erhö¬
hung des Quartieräquivalentes zur Folge haben werde.

Es wird hieraufder Nachtragskredit zum Titel XXII des ordentlichen Heeres¬

erfordernisses für das Jahr 1890, der aus dem Mehrerfordemis infolge der

ungünstigen Preise der Naturalien resultiert, mit dem angesprochenen Betrage
von 1 389 000 fl. angenommen.                6

a Randbemerkung Wekerles fünfjährige Termin

1 GMR. v. 20. 4. 1887, RMRZ. 341.

Die Modifizierung des Einquartierungsgesetzes stand mehrere Mate auf der Tagesordnung der

ungarischen Ministerrates. Vgl. IS/MT. 1. 5. 1890, 22/MT. 20. 6. 1890, 23/MT. 27. 6 1890

3 OL., K. 27, Karton 47 und 48/MT. 19.11. 1890, 50/MT. 3. 12.1890, OL,, K. 27, Karton 49!

Protokoll der unter Ah. Vorsitze am 17. April 1890 stattgehabten kommissioneilen Beratung

KA., MKSM. 20-1/3 ex 1890.                   6
<pb/>Nr. 47 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 27. 4. 1890  485

   Der Vorsitzende bringt sodann den Voranschlag für den Okkupations¬
kredit mit Rücksicht auf die Änderungen gegen das Vorjahr zur Verlesung.

   Bei der Beratung dieses Voranschlages ergreift der kgl. ung. Mini¬
sterpräsident Graf Szapäry und der kgl. ung. Finanzmini¬
ster Wekerle das Wort, um der erstere eventuell eine Herabminderung
der Zulagen der Offiziere im Okkupationsgebiet, der letztere eine Herabminde¬
rung der Anforderung für Instandhaltung der Unterkunftsgebäude anzuregen.

   Der k. u. k. Reichskriegsminister FZM. Freiherr v. Bauer
und der k. u. k. Reichsfinanzminister v. Källay geben die Auf¬
klärungen, welche nach ihrer Auffassung solche Ersparungen nicht empfehlens¬
wert erscheinen lassen.

   Der Okkupationskredit wird mit dem angesprochenen Gesamtbeträge von
4 365 000 fl. angenommen.

   Nachdem somit alle Vorlagen für das gemeinsame Heer erledigt sind, gelangt
der Voranschlag für die Kriegsmarine zur Verhandlung. Derselbe beziffert sich
im Ordinarium mit 9 418 453 fl., also um 163 576 fl. mehr als im Vorjahre, im
Extraordinarium auf 1 988 500 fl., also um 99 300 fl. mehr als im Vorjahre.

   Der k. u. k. Marinekommandant Admiral Freiherr v.
Sterneck bespricht zunächst die einzelnen Posten des Ordinariums, indem er
darlegt, daß von dem angesprochenen Mehraufwande der Betrag von 120 124 fl.
ausschließlich nur weitere Raten für bereits von den Delegationen bewilligte
Maßnahmen resultiere, während der Rest hauptsächlich auf die Auslagen für
die Unfallversicherung und die Versorgungsauslagen entfalle. Bei letzteren
erklärt sich der k. u. k. Marinekommandant jedoch mit Rücksicht auf inzwi¬
schen eingetretene Umstände zu einem Abstriche von 11 817 fl. bereit.

   Bei Besprechung des Extraordinariums gibt der k. u. k. Marinekommandant
infolge Antrages einiger Konferenzmitglieder auf Herabminderung der Anfor¬
derungen im Marinebudget einige Posten an, in welchen, ohne den Plan der
Entwicklung der Flotte zu gefährden, Abstriche möglich wären.

   Über Antrag des Vorsitzenden einigt sich die Konferenz jedoch, den k. u. k.
Marinekommandanten zu ersuchen, in der morgigen Konferenz eine Zusam¬
menstellung dieser Abstriche zu geben und wird bis dahin die endgiltige Bera¬
tung des Marinebudgets suspendiert.

   Der k. u. k. Reichsfinanzminister v. Källay erläutert sohin
die einzelnen Posten des Voranschlages des gemeinsamen Finanzministeriums
und des gemeinsamen Obersten Rechnungshofes. Die beiden Voranschläge

werden mit dem beantragten Gesamterfordemisse von 2 004 776 fl. und 126 240 fl.
angenommen.

   Es wird hierauf in die Beratung des Voranschlages des Ministeriums des
Äußern eingegangen, welche pro 1891 ein Erfordernis per 4 551 100 fl. aufweist.

   Der k. u. k. Minister des Äußern Graf Kälnoky weist zu¬
nächst daraufhin, daß das hienach sich ergebende Mehrerfordemis von 192 600 fl.
nur mit dem Betrage von 120 000 fl. aus einer Mehranforderung in den der
Einflußnahme des Ministeriums des Äußern unterliegenden Ressorts, sonst aber
mit 72 600 fl. aus dem Rückgänge der Bedeckungsposten resultiere. Die haupt-
<pb/>486 Nr. 47 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 27. 4. 1890

sächlichste Mehranforderung sei die Aufbesserung der Bezüge für die Chefs der
Botschaften und Gesandtschaften, welche eine Auslage von 104 025 fl. erforde¬
re. Sowohl seitens der k. u. k. Vertreter im Auslande als auch im Schoße der
Delegationen selbst sei wiederholt in den letzten Jahren auf die unzureichenden
Bezüge der k. u. k. Missionschefs hingewiesen worden, welche es nur möglich
machen, gewisse Posten mit Persönlichkeiten von bedeutendem eigenen Vermö¬
gen zu besetzen. Bei der Schwierigkeit, solche geeignete Personen zu finden, und
mit Rücksicht auf die Erhebungen, welche über die Bezüge der Vertreter anderer
Staaten im Auslande eingeleitet wurden und ein sehr bedeutendes Mißverhältnis
zu Ungunsten der k. u. k. Vertreter dargetan haben, sei es endlich nicht mehr
zu umgehen gewesen, an eine Erhöhung dieser zuletzt vor nahezu 25 Jahren,
also bei gänzlich verschiedenen Verhältnissen geregelten Bezüge zu schreiten.
Eine weitere neue Ausgabe resultiere aus der Notwendigkeit, eine Administra¬
tion für die verschiedenen Palais der Missionen im Auslande, die sich in letzterer
Zeit um mehrere, darunter sehr bedeutende Objekte vermehrt hätten, zu kreie¬
ren. Es werde hiefür eine Summe von 40 000 fl. in Aussicht genommen, doch
sei dies nur ein Versuch, und werde wohl kaum das Auslangen mit dieser Summe
gefunden werden. - Der k. u. k. Minister des Äußern motiviert sodann noch die
einzelnen kleinen, durch die Dienste und besonderen Lokalerfordernisse nötig
gewordenen Forderungen, indem er speziell die Wichtigkeit der Errichtung eines
effektiven Konsulates in Batum mit Rücksicht auf die Bedeutung dieses Postens
hervorhebt, da Batum nicht nur der Stapelplatz des gesamten südrussischen
Petroleumhandels, sondern auch die Kopfstation der transkaukasischen Bahn
sei.

   Der k. u. k. Sektionschef v. Szögyeny-Marich gibt über An¬
suchen einiger Konferenzmitglieder eingehende Daten über die Bezüge der
Missionschefs anderer Staaten, welche das mitunter sehr bedeutende Mißver¬
hältnis mit den Bezügen der k. u. k. Vertreter darlegen.

   Der kgl. ung. Finanzminister Wekerle stellt die Anfrage, ob die
Aufbesserung der Bezüge der k. u. k. Missionschefs nicht in drei Jahresraten
durchgeführt werden könnte, die Einteilung bliebe dem Minister des Äußern
überlassen. Der k. u. k. Minister des Äußern Graf Kalnoky
gibt zu bedenken, zu welchen Schwierigkeiten es führe, einigen Missionschefs
die nötige Aufbesserung zu gewähren, andere noch drei Jahre damit hinzuhal¬
ten. Der kgl. ung. Ministerpräsident Graf Szapäry beantragt,
daß wenigstens die Aufbesserung auf zwei Raten verteilt werden möge.

   Der k. u. k. Minister des Äußern Graf Kälnoky behält sich
vor, in der morgigen Konferenz sich endgültig über den Antrag auszusprechen,
und bringt hierauf die Lage der orientalischen Akademie zur Sprache, indem
er darauf hinweist, daß in letzter Zeit sich die Bewerbung zum Eintritte in diese
Akademie sehr herabmindere, obwohl dieselbe sehr gut verwaltet sei und voll¬
kommen zufriedenstellende Resultate liefere. Es sei dies auch für die Handelsin¬
teressen der beiden Teile der Monarchie ein sehr großer Übelstand, da die
orientalische Akademie nach ihrer in neuerer Zeit erfolgten Reorganisation die
tauglichsten Kandidaten für die Konsularposten liefere; eine Abhilfe wäre nur
<pb/>Nr. 47 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 27. 4. 1890  487

durch Vermehrung der Stiftungsplätze zu erreichen, und könnten auch die
beiderseitigen Regierungen viel dadurch wirken, indem sie auf fähige junge
Leute zum Eintritt in die Akademie wirken ließen.

   Derk. u. k. Sektionschef v. Szögyeny führt aus, daß schon ein
gewisser Erfolg erzielt würde, wenn für das nächste Jahr die vorhandenen vier
Stiftungsplätze von 800 fl. auf 1000 fl. jeder erhöht und zwei neue Stiftungsplätze
bewilligt würden. Es würde dies nur eine Erhöhung der Kosten für die orientali¬
sche Akademie um 2800 fl. ausmachen.

   Die Konferenz akzeptiert diese Erhöhung.
   Der k. u. k. Minister des Äußern Graf Kälnoky glaubt
noch erwähnen zu sollen, daß man endlich an eine Herstellung des Sommerpala¬
stes von Jeniköi gehen müsse, da es eine Anomalie sei, daß der Botschafter in
Konstantinopel jährliche 8000 fl. Miete für seine Sommerwohnung zahle, wäh¬
rend der vom Sultan geschenkte Palast verfalle. Die Konferenz beschließt
jedoch, daß mit Rücksicht auf die sonstigen bedeutenden Lasten für das Jahr
1891 für dieses Jahr von einer Forderung zu dem angegebenen Zwecke Abstand
genommen werden sollte.
   Der kgl. ung. Finanzminister Wekerle stellt die Anfrage, ob
nicht die Aufstellung eines weiteren Konsulates in Serbien in Aussicht genom¬
men werden und eventuell vielleicht die Kosten hiefür durch Verschiebung der
Aufstellung des Konsulates in Batum oder durch vorläufige Unterlassung der
Umwandlung des Konsulates in Tanger in ein Konsularamt 1. Klasse hereinge¬
bracht werden könnten. Der k. u. k. Minister des Äußern Graf
Kälnoky gibt die Gründe an, welche die beiden letzteren Maßnahmen als
ganz untunlich erscheinen lassen, dagegen erkennt er die Notwendigkeit eines
weiteren Konsulates in Serbien vollkommen an und ist bereit, falls die Konfe¬
renz zustimmt, morgen die häheren Vorschläge bezüglich Aufstellung eines
Konsularamtes in Semendria vorzulegen. Die Konferenz gibt ihre Einwilligung
zur Einstellüng einer solchen Post im Voranschläge pro 1891.
   Der k. u. k. Minister des Äußern Graf Kälnoky bringt schließlich noch die
Erhöhung des Dispositionsfonds zur Sprache, die einerseits durch die erhöhten
Anforderungen infolge der Zustände in den Balkanländern, andererseits durch
die unzureichende Dotierung der Dispositionsfonds der beiderseitigen Re¬
gierungen begründet sei. Der Minister des Äußern erklärt sich bereit, eine
Erhöhung des Dispositionsfonds des Ministeriums des Äußern pro 1891 um
100 000 fl. bei den Delegationen anzusprechen.
   Der k. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski gibt zu be¬
denken, ob es nicht besser wäre, gleich eine Erhöhung von 200 000 fl. zu
verlangen, da man doch mit den 100 000 fl. nicht auskommen und bald wieder
mit einer Erhöhung kommen dürfte. Der k. u. k. Minister des Äu¬
ßern Graf Kälnoky und der kgl. ung. Ministerpräsident
Graf Szapäry sind der Ansicht, daß bei einer Forderung von bloß
100 000 fl. auf eine leichte und diskussionslose Annahme gerechnet werden
könne, was wohl kaum auch bei einer höheren Forderung zu erwarten wäre.
   Die Konferenz einigt sich, daß die Anforderung des Ministeriums des Äußern
<pb/>488 Nr. 48 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 28. 4. 1890

für einen Dispositionsfond um 100 000 fl. daher auf 600 000 fl. zu erhöhen, daß
aber, einem Anträge des k. k. Finanzministers gemäß, bei der kommissioneilen
Beratung dieser Post in den Delegationen darauf aufmerksam zu machen wäre,
daß vielleicht in nicht ferner Zeit eine weitere Erhöhung angesprochen werden
müßte. Die Aufteilung der Erhöhung auf die beiderseitigen Regierungen wird
dem Einvernehmen der beiderseitigen Ministerpräsidenten mit dem Minister des
Äußern überlassen.

   Die Sitzung wird hierauf geschlossen und die Fortsetzung der Beratungen für
morgen 111/2 Uhr v[or]m[ittag] anberaumt.

                                                                                       Kälnoky

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen.
Wien, 7. Mai 1890. Franz Joseph.

Nr. 48 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 28. April 1890

    RS. (und RK.)
    Gegenwärtige: der k. k. Ministerpräsident Graf Taaffe (6. 5.), der kgl. ung. Ministerpräsident
Grat iszapary (5. 5.), der k. u. k. gemeinsame Finanzminister v. Källay (7. 5.), der k. u. k. gemeinsa-
me Kriegsminister FZM. Freiherr v. Bauer (7. 5.), der k. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski
(o. D.), der kgl. ung. Finanzminister Wekerle (5. 5.), der k. u. k. Marinekommandant Admiral
Freiherr v. Sterneck (8. 5.), der k. u. k. Sektionschef v. Szögyeny-Marich, der k. u. k. Generalinten¬
dant Ritter v. Röckenzaun, der k. u. k. Marinegeneralkommissär Kleemann.
    Protokollführer: Hof- und Ministerialrat Ritter v. Khu.
    Gegenstand: Fortsetzung der Beratungen der Delegationsvorlagen.

   KZ. 30 - RMRZ. 364
   Protokoll des zu Wien am 28. April 1890 abgehaltenen Ministerrates für
gemeinsame Angelegenheiten unter dem Vorsitze des k. u. k. gemeinsamen
Ministers des Äußern Grafen Kälnoky.

   Der Vorsitzende eröffnet die Sitzung, indem er den k. u. k. Marine¬
kommandanten ersucht, die Abstriche am Präliminar der Kriegsmarine be¬
kanntzugeben, welche er im Sinne der in der gestrigen Sitzung getroffenen
Vereinbarung vorzuschlagen bereit wäre.

   Der k. u. k. Marinekommandant Admiral Freiherr v.
Sterneck bezeichnet zu diesem Zwecke die nachfolgenden Posten und
Summen:

   im Ordinarium:                                            20 000 fl.

   bei Titel VI, C3 Minenlegungsschiff zweite Rate            2 600 fl.
   bei Titel VIII, B12 Dachherstellung an der Blockmacher-,  11 820 fl.
Banktischler-, Schlosser- und Schmiedewerkstätte
   bei Titel X, Versorgungsauslagen im Extraordinarium:      60 ooo fl.
   bei Titel VI, Q Rammkreuzer C
<pb/>