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[Tagesordnungspunkte]

Gemeinsamer Ministerrat, 29. 4. 1889

442 Nr. 40 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 25. 4. 1889

beiderseitigen Regierungen im schriftlichen Wege mitzuteilen; eine neuerliche
gemeinsame Konferenz zu diesem Zwecke wäre nicht erforderlich.

   Auf die Einberufung der Delegationen übergehend, geruhen Se. k. u. k.
apost. Majestät zu genehmigen, daß der Zusammentritt der Delegierten nicht
vor 4. Juni zu erfolgen hätte, vorerst aber auch an diesem Tage als Einberu¬
fungstermin festzuhalten sei, soferne der Verlauf der parlamentarischen Arbei¬
ten in beiden Reichshälften dies möglich mache.

   Nachdem Se. k. u. k. apost. Majestät noch auf die in dem Budget pro 1889
beider Reichshälften notwendig werdenden Vorsorgen für die Landwehr hinge¬
wiesen, geruhen Allerhöchstdieselben die Sitzung zu schließen.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen.
Wien, 29. Mai 1888. Franz Joseph.

   Nr. 40 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 25. April 1889

    RS. (und RK.)
    Gegenwärtige: der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza (31. 5.), der k. k. Ministerpräsident Graf
Taaffe (6. 5.), der k. u. k. gemeinsame Finanzminister v. Källay (7. 5.), der k. u. k. gemeinsame
Kriegsminister FZM. Freiherr v. Bauer (10. 5.), der k. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski
(o. D.), der kgl. ung. Finanzminister Wekerle (3.6.), der k. u. k. Marinekommandant Admiral
Freiherr v. Stemeck (29. 5.), der k. u. k. erste Sektionschef v. Szögyeny, der k. u. k. Sektionschef
Lambert, der k. u. k. Marinegeneralkommissär Kleemann.
    Protokollführer: Hof- und Ministerialrat Ritter v. Khu.
    Gegenstand: Delegationsvorlagen.

   KZ. 29 - RMRZ. 356
   Protokoll des zu Wien am 29. April 1889 abgehaltenen Ministerrates für
gemeinsame Angelegenheiten unter dem Vorsitze des k. u. k. gemeinsamen
Ministers des Äußern Grafen Kälnoky.

   Der Vorsitzende eröffnet die Sitzung, indem er vorschlägt, mit der Be¬
ratung der Präliminare des Ministeriums des Äußern und des Finanzministe¬
riums zu beginnen.

   Der k. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski nimmt das
Wort, um vor Eingehen in die Detailbesprechungen dem Wunsche Ausdruck
zu geben, daß künftighin die Budgetvorlagen den beiderseitigen Ministerien in
der detaillierten Form, wie sie den Delegationen vorgelegt werden, zur Kenntnis
gebracht werden mögen, da es nur auf diese Weise möglich sei, sich über die
einzelnen Posten zu orientieren, aus denen die Hauptsummen, die nach jetziger
Gepflogenheit mitgeteilt würden, sich zusammensetzen. Bezüglich des Meritums
des gemeinsamen Budgets will der Redner nur im vorhinein sofort darauf
hinweisen, daß die Anforderungen in der Höhe, wie sie jetzt präliminiert sind,
nicht akzeptiert werden könnten, da er nicht in der Lage sei, diesfalls die
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    Bedeckung zu verschaffen. Übrigens behalte er sich diesfalls sein Votum nach
    Durchberatung der Etats vor. Der kgl. ung. Ministerpräsident v.
    T i s z a spricht sich im gleichen Sinne aus.

       Der k. k. Reichskriegsminister FZM. Freiherr v. Bauer
    bemerkt, daß er Vorsorge treffen werde, damit künftighin dem Wunsche wegen
    Mitteilung detaillierter Voranschläge entsprochen werde.

       Der Vorsitzende geht nun in die Besprechung des Voranschlages des
    Ministeriums des Äußern ein, indem er dartut, daß im allgefneinen in den
    Ansätzen pro 1890 eine größere Summe nicht enthalten sei. Es ergebe sich zwar
    ein Mehrerfordernis von 149 810 fl., das aber größtenteils durch die Abminde¬
    rung der Bedeckung um 57 460 fl. und dadurch hervorgerufen sei, daß, um einer
    wiederholten Anforderung der Delegationen zu entsprechen, gewisse Posten, bei
    denen sich regelmäßig Überschreitungen ergaben, sofort höher präliminiert
    wurden. Die Hauptanforderungen, welche dieses Jahr an die Delegationen
    gestellt werden müßten, beziehen sich auf den Ankauf und die Adaptierung
    eines Hauses für die k. u. k. Botschaft in Berlin und die Renovierungsarbeiten
    an dem Botschaftspalast in Rom. Für ersteren Zweck, der durch die Kündigung
    des bisherigen Botschaftshotels sowie durch die großen Unzukömmlichkeiten,
   die eventuell ein häufigeres Übersiedeln einer großen Botschaft mit ihren Ar¬
   chivbeständen nach sich ziehen, sich rechtfertige, werde ein Nachtragskredit pro
    1889 im Betrage von 750 000 fl. für die Renovierung des Palazzo in Rom, die
   durch die Delabrierung der für die k. u. k. Botschafter daselbst bestimmten
    Räume unabweislich geworden sein würde, ein Nachtragskredit pro 1889 per
    50 000 fl. und eine weitere Summe von 50 000 fl. im Extraordinarium pro 1890
   angesprochen.

       Über Anfragen der Teilnehmer an der Konferenz geben sowohl der Minister
   des Äußern als der k. u. k. Sektionschef v. Szögyeny-Marich eingehende Darle¬
   gung über die Einzelheiten der bezüglich des Ankaufs des Botschaftshauses in
   Berlin getroffenen Transaktionen, der für die beabsichtigte Adaptierung einge¬
    leiteten Schritte und der geplanten Regelung des Mietspauschales des Botschafters.

       Der Vorsitzende weist sodann darauf hin, daß dem Ministerium des
   Äußern sowohl von seiten der beiderseitigen Handelsministerien, als aus den
   Kreisen der berufenen Interessenten in der Monarchie sehr dringende Wünsche
   nach Errichtung eines Konsulates in Üsküb zugekommen seien, die er als
   vollkommen berechtigt anerkennen müsse und daher großen Wert darauf legen
   würde, wenn es ihm ermöglicht würde, für die Aufstellung dieses Konsulates
   noch einen Betrag von 9600 fl. in das Präliminare pro 1890 einzustellen.

      Nachdem dieser Anregung seitens der Konferenz zugestimmt wird, erhöht
   sich das unbedeckte Erfordernis des Ministeriums des Äußern pro 1890 per
   4 349 200 fl. um 9600 fl. Der Nachtragskredit pro 1889 beläuft sich auf
   800 000 fl.

      Der Vorsitzende bringt nunmehr das Präliminare der k. u. k. gemein¬
   samen Finanzministeriums zur Beratung, das auf Grund der Ausführungen des
^ k. u. k. gemeinsamen Finanzministers v. Källay mit 2000 963 fl.,

   also 5191 vfl. miehrälslm Vorjahre, eingesteilt wird. Das Plus resultiert überwie-
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gend daraus, daß 2060 fl. wegen des Tagens der Delegationen in Budapest im

Jahre 1890 präliminiert werden mußten und der Pensionsetat um 2850 fl.
gestiegen ist.

   Der k. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski glaubt bei
dieser Gelegenheit darauf hinweisen zu sollen, daß die weitere Unterbringung
des gemeinsamen Finanzministeriums in dem bisherigen, dem k. k. Finanzärar
gehörigen Gebäude mit Rücksicht auf den Raummangel im k. k. Finanzministe¬
rium untunlich sei, und es daher notwendig sein dürfte, für das gemeinsame
Finanzministerium in nächster Zeit ein anderes Gebäude zu akquieren.

   Der k· u- k- gemeinsame Finanzminister v. Källay be¬

merkt, cfaB^eTnofch fraglich seiTweTals Eigentümer der Gebäude, wö gemeinsa-
me Behörden untergebracht sind, anzusehen sei.

       Der k. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski erwidert,
    daß diesfalls das Grundbuch maßgebend sei.

       Bezüglich des Voranschlages des gemeinsamen Rechnungshofes teilt der
-k. u. k. gemeinsame Finanzminister v. Källay mit, daß der¬

    selbe sich uni 170 fl. höher als im &quot;Vorjahre belaufe&#39;&quot; &#39;

        Der Vorsitzende geht hierauf auf die Verhandlung des Budgets des
    Reichskriegsministeriums (stehendes Heer), u. zw. zunächst der Nachtragskre¬
    dite pro 1888 und 1889, die mit dem Gesamtbeträge von 6 755 386 fl. angespro¬
    chen werden, über.

   Nach allgemeinen einleitenden Bemerkungen desk. k. Reichskriegs¬

ministers FZM. Freiherrn v. Bauer beantragt der Vorsitzende
die postenweise Durchberatung der Nachtragskredite.

   Es gelangt zuerst zur Besprechung Post 2 ,,Mehrerfordernis in dem unbedingt
bewilligten Teil des mit Ah. sanktionierten Delegationsbeschlusse vom 28. Juni
1888 für militärische Vorsichtsmaßregeln bewilligten außerordentlichen Spezi¬
alkredites, u. zw. in der für bauliche Herstellungen in Galizien gewidmeten
Quote derselben, hervorgerufen:

a) durch Überschreitungen bei den

bereits durchgeführten Bauten                          1 310 000 fl.

b) infolge der notwendigen Ergänzungen dieser Bauten&quot;  1 364 000 fl.

                                                                                  2 674 000 fl.

   Der k. k. Reichskriegsminister FZM. Freiherr v. Bauer
beruft sich auf die Note, welche er vor kurzem an die beiderseitigen Regie¬
rungen gerichtet und in der die Gründe im einzelnen dargelegt sind, welche die
Überschreitungen hervorgerufen haben. Im allgemeinen erklären sich die Über¬
schreitungen durch die Erwägung, daß die Baracken unter ganz verschiedenen
Verhältnissen erbaut wurden, als diejenigen sind, unter denen sie nun fortbe¬
nützt werden müssen. In aller Eile, unter dem Drucke einer vielleicht unmittel¬
bar bevorstehenden Kriegsgefahr und voraussichtlich nur zu ganz vorüberge¬
henden Zwecken angelegt, müßten sie nun einer, immerhin für längere Zeit in
Aussicht zu nehmenden Unterbringung von Truppen und deren naturgemäßen
Anforderungen dienen ; um letzteren Zweck zu erfüllen, seien ganz entschiedene
<pb/>Nr. 40 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 25. 4. 1889  445

 Veränderungen an der Bauart und Ergänzungen durch Herstellungen, welche
 für eine kurze Übergangszeit nicht notwendig gewesen wären, erforderlich. Die
 Überschreitungen seien vom budgetären Standpunkte gewiß durchaus nicht zu
 rechtfertigen, doch habe sich der Kriegsminister in der Zwangslage befunden,
 entweder die Verantwortung für dieses Vorgehen zu übernehmen oder, bei
 Ablehnung desselben, Maßnahmen zu finden, welche im Interesse des Wohles
 der in den Baracken untergebrachten Truppen absolut unerläßlich waren. Es
 seien übrigens die nötigen Weisungen erteilt, um alle noch proponierten Ergän¬
zungen, für welche der zweite Betrag von 1 364 000 fl. beansprucht werde, zu
sistieren, bis nicht die Bewilligung der letzteren Summe durch die Delegationen
erfolgt sein werde.

    Derkgl. ung. Ministerpräsident v. Ti sza regt die Frage an, ob
nicht durch diesen Umbau der ursprünglich nur als passagere Anlagen gedach¬
ten Baracken, welcher von der Kriegsverwaltung selbst als Permanierung be¬
zeichnet werde, dieselben in den Kreis jener Unterkünfte gelangen, für welche
auf Grund des Einquartierungsgesetzes vom Jahre 18791 nicht aus gemeinsamen
Mitteln, sondern aus denjenigen der Reichshälfte, in der sie errichtet werden,
aufgekommen werden müsse. Bezüglich der in der Post 5 des Nachtragskredites
und im Extraordinarium enthaltenen Anforderung für Bauten für das Korps¬
kommando in Przemysl und Stabshäuser in Jaroslau sei diesfalls kein Zweifel.

   Der Vorsitzende weist darauf hin, daß mit dem Ausdrucke ,,Permanie¬
rung&quot; durchaus nicht die Herstellung stabiler Unterkünfte gemeint sei, sondern
daß es sich nur darum handle, diese Gebäude in den Stand zu setzen, um für
die vermehrte Truppenanzahl, die anfänglich unter dem Drucke einer imminen¬
ten Gefahr nach Galizien bestimmt wurden, jetzt aber daselbst im Hinblicke auf
die Fortdauer der bedrohlichen militärischen Situation jenseits der Grenze
belassen werden müssen und auch mit Rücksicht darauf, daß ein baldiges Ende
dieser kritischen Situation nicht zu erwarten sei, längere Zeit daselbst zu verblei¬
ben haben werden, eine sowohl dem Wohl der Truppen als deren Ausbildung
entsprechende Unterkunft zu verschaffen.

   Derkgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza erklärt, daß er dar¬
nach wohl zugebe, daß die Bestreitung der Anforderungen für die Baracken aus
gemeinsamen Mitteln gerechtfertigt werden könne, keinesfalls sei dies aber bei
einigen durch Verlegung des Korpskommandos von Brünn nach Przemysl
bedingten Auslagen für Bauten der Fall, und behalte er sich vor, hierauf bei der
Beratung der betreffenden Post zurückzukommen.

   Derk. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski ergreift das
Wort, um vorerst seinen Bedenken über die Art und Weise, wie überhaupt bei
dem Barackenbau vorgegangen worden sei, Ausdruck zu geben. Was die Über¬
schreitungen anbelangt, so sei es unmöglich, daß die mit dem Bau betrauten
Organe nicht früher bereits dieselben gekannt hätten, und wäre es daher wohl
möglich gewesen, rechtzeitig den Finanzministern von dem Bevorstehen so

GA. XXXVI vom Jahre 1879 über die Einquartierung der gemeinsamen Armee (Kriegsmarine)
und der Landwehr. Magyar Törv^nytAr 1879-1880 148-178.
<pb/>446  Nr. 40 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 25. 4. 1889

bedeutender Anforderungen Kenntnis zu geben. Vom konstitutionellen Stand¬
punkt aber müsse er betonen, daß der Spezialkredit als ein Pauschalkredit
bewilligt wurde und die Überschreitung dieses, einem Dispositionsfond gleich¬
kommenden Kredites dem Wesen desselben widerspreche. So große unvorher¬
gesehene Summen sei er vor Bewilligung derselben durch die Delegationen und
der Bedeckung durch den Reichsrat zu leisten nicht in der Lage und müsse sich,
wie er dies wiederholt getan, dagegen verwahren, daß solche Ausgaben ohne
vorherige Einvernahme der Finanzminister erfolgen.

   Der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza gibt auch dem Wun¬
sche Ausdruck, daß, wenn die Kriegsverwaltung eine Überschreitung ihres
Budgets voraussieht, sie rechtzeitig die Finanzminister davon avisiert, um diesel¬
ben nicht in die Lage zu bringen, für die Bedeckung einer ganz unerwarteten
Auslage Vorsorge treffen zu müssen.

   Der kgl. ung. Finanzminister Wekerle schließt sich den Aus¬
führungen der Vorredner an und regt die Frage an, ob nicht bis zur Bewilligung
der durch die Überschreitung verursachten Ausgaben durch die Delegation und
der Deckung durch die beiderseitigen Legislativen die betreffenden Summen den
Beständen der Zentralkasse entnommen werden könnten?

   Der k. u. k. gemeinsame Finanzminister v. Källay gibt zif¬
fermäßig die AutfcTämng, dUTsich diese Anregung nicht durchführen lasse.

   Der k. k. Reichskriegsminister FZM. Freiherr v. Bauer
bemerkt den AusTußrungen des k. k. Finanzministers und des kgl. ung. Mini¬
sterpräsidenten gegenüber, daß auch er von den Überschreitungen, von denen
er erst im Februar volle Kenntnis erhalten, überrascht worden sei, daß er die
Inkorrektheit derselben vollkommen anerkenne, aber mit Rücksicht auf die von
ihm geschilderte Lage nicht anders habe handeln können.

   Es gelangt hierauf zur Beratung Post 5: ,,Einmalige und fortlaufende Auslagen
im Jahre 1889 anlässig der Änderung der militärterritorialen Einteilung&quot; 5786 fl.
im ordentlichen und 855 600 fl. im außerordentlichen Erfordernisse pro 1889.

   Der k. k. Reichskriegsminister FZM. Freiherr v. Bauer
bemerkt, daß es sich darum handle, schon mit 1. Oktober 1. J. in Mittelgali¬
zien einen neuen Korpsbezirk zu schaffen und das 10. Korpskommando - bei
gleichzeitiger Auflassung des Brünner Militärterritorialbezirkes - von Brünn
nach Przemysl zu verlegen. Diese Maßregel sei notwendig, um die seit der im
Jahre 1888 durchgeführten Verschiebung der 2. Infanterietruppendivision von
Wien nach Galizien am San stehenden zwei Divisionen schon im Frieden unter
einheitlichem Kommando in einem Korpsverband zu vereinen, und werde in
Verbindung damit eine Änderung der Militärterritorialeinteilung in der Weise
eintreten, daß Nordmähren mit Schlesien dem 1. Korpsbezirke, Südmähren
dem 2. Korpsbezirke und Oberösterreich mit Salzburg dem 14. Korpsbezirke
angegliedert würden.2

   Nachdem der Reichskriegsminister die Gründe dargelegt, welche vom militä¬
rischen Standpunkte die geplante Maßregel als unabweislich erscheinen lassen

     Anträge des k. k. Chefs des Generalstabes zur Steigerung der Wehrkraft der öster.-ung.
     Monarchie [10. März 1888], KA., MKSM. 20-1/1-2 ex 1888.
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und den vom k. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski erho¬
benen Bedenken über die Schwierigkeiten des Verkehrs der Korpsbezirke mit
so vielen Landesbehörden mit dem Hinweis darauf, daß diese Schwierigkeit,
wenn auch im geringen Maße, jetzt schon vorhanden gewesen, entgegengetreten
ist, geht er auf eine Detaillierung der einzelnen, aus obiger Post zu bestreitenden
Anforderungen ein.

   Abgesehen von relativ weniger bedeutenden Auslagen für Verlegung des
Korps von Brünn nach Przemysl, Aufstellung des 8. Infanteriedivisionskom¬
mandos8 in Innsbruck, Ergänzung des Personalstandes des 14. Korpskomman¬
dos, Aufstellung eines Truppendivisionskommandos in Jaroslau, Standeserhö¬
hung der Traineskadron Nr. 4, konzentrieren sich die Hauptanforderungen auf
Bauten, u. zw.:

1. Neubau eines Korpskommandos in Przemysl                    200 000 fl.
2. Kanzlei der 8. Infanterietruppendivision in Innsbruck         3 500 fl.
3. Stabsgebäude in Jaroslau
4. Unterkünfte für das Korpsartillerieregiment Nr. 1 und die  126 000 fl.

  schwere Batteriedivision Nr. 38                             400 000 fl.
5. Neubau von Unterkünften für die Traindivision Nr. 10,
                                                              100 000 fl.
  der Traineskadronen Nr. 36 und 57 samt Augmentations-
  Trainmaterialvorräten in Przemysl                            15 000 fl.
6. Neubau eines Augmentationsmagazins und Feldausrü¬
  stungsdepots für Verpflegsanstalten in Przemysl

   Für die Posten 1, 4 und 5 sind außerdem im Extraordinarium pro 1890
Beträge von 220 000, 550 000 und 110 000 fl. eingestellt.

   Der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza erklärt, daß er be¬
züglich der Bauten in Przemysl und Jaroslau seinen auf die Bestimmungen des

Einquartierungsgesetzes vom Jahre 1879 basierten Standpunkt wiederholen
müsse.

   Der k. k. Ministerpräsident Graf Taaffe und der k. k. Fi¬
nanzminister Ritter v. Dunajewski behalten sich diesfalls eine
Erklärung bis nach Einsichtnahme in den Wortlaut des Gesetzes vor.

   Bei der nun folgenden Beratung von Post 4 ,,Weiteres Erfordernis zur Her¬
stellung der neuen Infanterieausrüstung&quot; 1 500 000 fl. gibt der k. k. Sek¬
tionschef Lambert die Aufklärung, daß bereits in den vorjährigen De¬
legationen in Aussicht gestellt worden sei, daß mit der Ausfolgung der Repetier¬
gewehre an die einzelnen Korps auch die neue Ausrüstung derselben Schritt
halten werde; dem beschleunigten Fortgang der Ausfolgung der Gewehre ent¬
spreche nun auch die Nachtragsforderung für die Infanterieausrüstung.

   Nachdem noch der k. k. Reichskriegsminister FZM. Frei¬
herr v. Bauer Post 3 ,,Mehrerfordemis für die Erwerbung und Einrich¬
tung von Schießstätten&quot; 100 000 fl. durch den Hinweis auf die durch die große

Korrektur des Kaisers aus Truppenkommandos.
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 Tragweite der neuen Gewehre geschaffenen Verhältnisse begründet hat, geht die
 Konferenz über zur Beratung von:

    Post 1 ,,Mehrerfordemis im Titel XXII und XXIII des ordentlichen Heereser¬
 fordernisses für das Jahr 1888, welches dadurch entstanden ist, weil die dort
 präliminierte Konsumtion von Verpflegsvorräten nicht durchgeführt werden
 konnte&quot; 1 620 000 fl.

    Der k. k. Reichskriegsminister FZM. Freiherr v. Bauer begründet diese Post,
 indem er ausführt, daß die gespannten politischen Verhältnisse im Jahre 1888
 es nicht gestattet hätten, das Risiko der geplanten Aufzehrung der für den
 Ernstfall in Galizien aufgestapelten Verpflegsvorräte zu tragen.

    Der k. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski führt aus,
 daß abgesehen davon, daß er die fachlichen Gründe, welche die in Rede stehen¬
de Unterlassung der Kriegsverwaltung hervorgerufen haben, nicht als zutref¬
fend und zum Teil auf irrtümlicher Information über die Vorräte im Lande
beruhend ansehen müsse, er sich verpflichtet halte, daraufhinzuweisen, daß die
Kriegsverwaltung durch ihr Vorgehen einem in einer gemeinsamen Minister¬
konferenz gefaßten Beschlüsse zuwider gehandelt habe, ohne sich hiezu die
Zustimmung der beiderseitigen Regierungen zu verschaffen. In der Beratung des
Voranschlages pro 18883 sei ganz bestimmt unter Zustimmung des damaligen
Reichskriegsministers die Aufzehrung der obigen Verpflegsvorräte zur Entla¬
stung des Budgets um 1 620 000 fl. gegen dem beschlossen worden, daß seitens
der beiderseitigen Regierungen der Kriegsverwaltung die bindende Zusage er¬
teilt wurde, ihr im Falle der eintretenden Gefahr sofort, ohne erst das Votum
der Delegationen einzuholen, jene Summe zur Verfügung zu stellen, die zur
Ersetzung der verbrauchten Naturalvorräte nötig ist.

   Der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza spricht sich gleich¬
falls vom sachlichen Standpunkte sowohl als mit Rücksicht auf die Beschlüsse
der Konferenz gegen das Vorgehen der Kriegsverwaltung aus, indem er noch
speziell hervorhebt, wie wenig Vertrauen der auch in das heurige Präliminar
aufgenommenen analogen Ersparungsmaßregel entgegengebracht werden wür¬
de, wenn aus dem Nachtragskredite die Nichteinhaltung der für das Jahr 1888
gegebenen Zusage ersichtlich sein werde.

   Der Vorsitzende glaubt darauf aufmerksam machen zu sollen, daß die
Gefahr der Verzehrung solcher Vorräte deralalen wirklich eine größere sei, da
die Möglichkeit einer rechtzeitigen Avisierung der Kriegsverwaltung von der
bevorstehenden Gefahr in letzterer Zeit immer mehr dadurch vermindert werde,
daß die Russen durch das Massieren der Truppen an unseren Grenzen in die
Lage kommen, eventuell auch vor der zur vollständigen Mobilisierung nötigen
Zeit mit kriegerischen Aktionen vorzugehen.

   Nachdem hiemit die Besprechung der Nachtragskredite erschöpft ist, bringt
der Vorsitzende das Ordinarium des Heeres 1890 zur Beratung. Dasselbe ist mit
98 659 493 fl. bzw. 941 838 fl. mehr als im Vorjahre veranschlagt.

3 GMR. v. 27. 9. 1887, RMRZ. 344.
<pb/>Nr. 40 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 25. 4. 1889  449

    Der k. k. Reichskriegsminister FZM. Freiherr v. Bauer
bespricht vorerst im allgemeinen die hauptsächlichsten Etaterhöhungen in
diesem Erfordernisse, als welche sich die, wie der Redner hervorhebt, die mit
möglichster Sparsamkeit bemessene Anforderung zur Aufstellung von 14
schweren Batterien, die wiederholt aufgeschobene und nun unabweislich gewor¬
dene Aufstellung eines dritten Eisenbahn- und Telegraphenbataillons, dann die
Anforderung für die bereits beim Nachtragskredit besprochenen Änderungen
der militärterritorialen Einteilung und die Errichtung einer fünften Unterreal¬
schule in Marburg darstellen.

   Bei der hierauf folgenden postenweisen Durchsprechung der in den Händen
der Konferenzteilnehmer befindlichen Detailnachweisung der Etatserhöhungen
und Etatverminderungen bezeichnet der Reichskriegsminister das ,,Mehrerfor¬
dernis infolge der öfteren Einberufung einzelner Reserveoffiziere zu den Waffen¬
übungen&quot; per 21 000 fl. als nicht richtig eingestellt und daher zu streichen.

   Der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza beantragt weiter die
Streichung der Anforderung für eine fünfte Militär-Unterrealschule in Marburg
per 27 673 ff., indem er daraufhinweist, daß diese Anforderung nur die neuerli¬
che Forderung einer ungarischen Militärakademie provozieren, aber auf keinen
Fall bewilligt werden würde.

   Nachdem auch der Vorsitzende darauf hingewiesen, daß der gegen¬
wärtige Augenblick wohl der ungünstigste ist, um die Sache durchzubringen,
wird die Post gestrichen.

   Von einer Reihe weiterer Anregungen der beiderseitigen Finanzminister auf
Streichung wird vorläufig lediglich die Präliminierung des Erfordernisses für
bauliche Herstellungen infolge von Elementarschäden, dann für Desinfektion
der Militärgebäude und für sonstige unvorhergesehene Auslagen der Genie¬
direktionen per 100 000 fl. gestrichen.

   Sonst behält sich der Reichskriegsminister vor, die gegebenen Anregungen
noch in Erwägung zu ziehen, wie die Vertreter der beiderseitigen Regierungen
sich ihre finanziellen Anträge für den Schluß der Beratung Vorbehalten.

   Es folgt nun die Beratung des Extraordinariums des Heeres pro 1890, das mit
16 478 916 fl. um 4 485 750 fl. weniger als im Vorjahre beansprucht wird.

   Der k. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski bemerkt, daß
er die Richtigkeit der Vergleichung des Präliminars pro 1890 mit Bewilligung
pro 1889 in der Art, wie sie in dem vorliegenden Summar erscheine, nicht
zugeben könne. Es gehe nicht an, die Verringerung gewisser Investitionsausla¬
gen, die ja selbstverständlich nach Maßgabe des Eintritts der vollzogenen An¬
schaffungen eintreten müssen, als eine Herabsetzung des Anspruches darzustel¬
len. Dies sei aber dieses Jahr geschehen, indem die geringere Anforderung für
Gewehre gegen das Vorjahr, die ja nur eine Folge der bereits erfolgten Beschaf¬
fung derselben sei, als eine Ersparung angeführt werde. Werde diese Post
<pb/> 450 Nr. 40 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 25. 4. 1889

 abgerechnet, so ergebe sich in der Anforderung pro 1890 nicht nur keine
 Herabminderung, sondern eine Erhöhung von über 800 000 fl.

    Bei der Beratung der Einzelposten des Extraordinariums wird seitens des
 kgl. ung. Finanzministers beantragt, die in Post 1 des Titels ,,Waf¬
 fenwesen&quot; enthaltene Anforderung für Anschaffung von Karabinern ganz für
 das nächste Jahr zu verschieben oder doch sehr wesentlich herabzumindern, da
ja in keinem Falle vor den letzten Monaten 1890 die Herstellung der Karabiner
in Angriff genommen werden könne.

    Der k. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski unterstützt
diese Anregung, indem er seinerseits noch darauf hinweist, daß ihm seitens des
k. k. Landesverteidigungsministers eine sehr beträchtliche Forderung für Repe¬
tiergewehre für die Landwehr in Aussicht gestellt worden sei, der er nur nach-
kommen könnte, wenn er bei dem Budget des gemeinsamen Kriegsministeriums
Ersparnisse erzielen könnte.

   Der k. k. Reichskriegsminister FZM. Freiherr v. Bauer
führt aus, daß er auf den unmittelbaren Anschluß der Herstellungsarbeiten der
Kavalleriekarabiner an die Gewehre für die Infanterie dringen müsse, da aus
militärischen Gründen die Bewaffnung der Kavallerie und Infanterie mit Waffen
verschiedenene Kalibers höchst nachteilig sei, da weiter, wenn ein Stillstand in
den Arbeiten in Steyr eintrete, die Wiederaufnahme nur mit unverhältnismäßi¬
gem Zeit- und Kostenaufwand möglich sei, endlich eine solche Herabminderung
der Bestände an alten Kavalleriekarabinern eingetreten sei, daß Nachschaffun¬
gen jedenfalls erforderlich wären und doch nicht mehr nach altem System
geschehen könnten. Auf eine Verbindung der Ansprüche der gemeinsamen
Heeresverwaltung und der Landwehr könne er nicht eingehen, da jede Verwal¬
tung ihre Anforderungen selbst bemessen und verantworten müsse.

   Es werden nun die einzelnen Titel des Extraordinariums postenweise durch¬
gesprochen und bei jeder Post die entsprechenden Aufklärungen seitens des k. k.
Reichskriegsministers gegeben.

   Seitens der Mitglieder der beiderseitigen Regierungen werden verschiedene
Posten bezeichnet, die nach ihrer Ansicht zur Streichung geeignet wären, indem
sie jedoch hervorheben, daß sie die Beurteilung im einzelnen der Kriegsverwal-
tung überlassen und sich ihre durch die finanziellen Rücksichten gebotenen
Anträge für die Gesamtheit des Budgets Vorbehalten.

   Es wird hierauf noch zur Verhandlung des Okkupationskredites geschritten,
der mit 4 420 000 fl. gegen das Vorjahr um 3000 fl. weniger beansprucht wird.

   Im Verlaufe der Beratungen beantragen der kgl. ung. und der k. k.
Finanzminister die Streichung der Anforderung für die fortifikatorische
Sicherung von Sarajevo im Betrage von 50 000 fl.

   Seitens des k. k. Reichsfinanzministers von Källay wird die
Beibehaltung dieser Post von seinem Standpunkt wärmstens befürwortet. Die
Entscheidung wird vorläufig Vorbehalten.

   Der Vorsitzende schließt hierauf die Sitzung, indem er eine neuerliche
<pb/>Nr. 41 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 30. 4. 1889  451

Sitzung für morgen zur Beratung des Voranschlages der Marine und Entgegen¬
nahme der Schlußanträge der beiderseitigen Regierungen anberaumt.

                                                                                               Kälnoky

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen.
Wien, 6. Juni 1889. Franz Joseph.

Nr. 41 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 30. April 1889

    RS. (und RK.)
    Gegenwärtige: der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza (1. 6.), der k. k. Ministerpräsident Graf
Taaffe (6. 5.), der k. u. k. gemeinsame Finanzminister v. Källay (7. 5.), der k. u. k. gemeinsame
Kriegsminister FZM. Freiherr v. Bauer (10. 5.), der k. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski
(o. D.), der kgl. ung. Finanzminister Wekerle (3. 6.), der k. u. k. Marinekommandant Admiral
Freiherr v. Sterneck (29. 5.), der k. u. k. erste Sektionschef v. Szögyeny, der k. u. k. Sektionschef
Lambert, der k. u. k. Marinegeneralkommissär Kleemann.
    Protokollführer: Hof- und Ministerialrat Ritter v. Khu.
    Gegenstand: Vorlagen für die Delegationssession 1890.

   KZ. 30 - RMRZ. 357
   Protokoll des zu Wien am 30. April 1889 abgehaltenen Ministerrates für
gemeinsame Angelegenheiten unter dem Vorsitze des k. u. k. gemeinsamen
Minister des Äußern Grafen Kälnoky.

   Der Vorsitzende eröffnet die Sitzung mit Beratung des Voranschlages
der Marine pro 1890.

   Derk. k. Marinekommandant Admiral Freiherr v. Stern¬
eck bespricht zunächst die für das Jahr 1890 gegenüber dem Jahre 1889
präliminierten Etaterhöhungen und Verminderungen des ordentlichen Erfor¬
dernisses, indem er darauf hinweist, daß das Ordinarium pro 1890 zwar auf
9 428 777 fl., also um 347 830 fl. höher als die Bewilligung pro 1889 veranschlagt
sei; diese Erhöhung sei jedoch nur eine scheinbare, da sich in dieser Erhöhung
an Fortsetzung der Quoten für bereits von der Delegation bewilligte Titel und
Posten der Betrag von 230 030 fl. befinde, nach dessen Ausscheidung sich nur
ein Mehrerfordernis von 142 360 fl. ergebe, das noch ein Mehrerfordernis von
20 670 fl. für Versorgungsauslagen in sich schließe.

   Das Extraordinarium beläuft sich auf 2 270 700 fl., also auf 133 420 fl. mehr
als die Bewilligung des Vorjahres; die hauptsächlichsten Anforderungen bezö¬
gen sich auf die Beistellung der Munition für die nun fertigwerdenden Schiffe,
dann auf den Beginn des Baues einiger neuer Schiffe. Der Redner bespricht
eingehend die Notwendigkeit des Baues des neuen Rammkreuzers, für welchen
von dem Gesamterfordernisse von 3 1/2 Millionen, das er aber auf 3 Millionen
herabzumindern hoffe, die erste Rate per 550 000 fl. angesprochen werde. Dieser
Bau sei zur Durchführung des Systems der Torpedoflotte, die durch solche
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