Gemeinsamer Ministerrat, 23. 3. 1888
I. Gesetzentwurf über die ausnahmsweise Beiziehung von Reservemännern und Ersatzreservisten zur aktiven Dienstleistung im Frieden und Vorbesprechung über die Anforderungen der Kriegsverwaltung an die nächsten Delegationen
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_IV/pdf/oe_hu_mrp_IV_z35.pdf.
414 Nr. 35 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 23. 3. 1888 der ,,beiden Staaten der österreichisch-ungarischen Monarchie" in den Titel des Gesetzentwurfes abzulehnen, und beauftragen den kgl. ung. Minister am Ah. Hoflager von dieser Ah. Entscheidung den kgl. ung. Ministerpräsidenten in Kenntnis zu setzen. Nachdem Se. k. u. k. apost. Majestät noch die baldige Fertigstellung der eventuell bei Kriegsgefahr den Delegationen zu machenden Kreditvorlage emp¬ fohlen, geruhen Allerhöchstdieselben die Sitzung zu schließen. Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Budapest, 7. März 1888. Franz Joseph. Nr. 35 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 23. März 1888 RS. (und RK.) Gegenwärtige: der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza (24. 3.), der k. k. Ministerpräsident Graf Taaffe (25. 3.), der k. u. k. gemeinsame Finanzminister v. Källay (26. 3.), der k. u. k. gemeinsame Kriegsminister FZM. Freiherr v. Bauer (o. D.), der k. k. Landesverteidigungsminister FML. Graf Welsersheimb (o. D.), der k. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski (o. D.), der kgl. ung. Landes¬ verteidigungsminister FML. Freiherr v. Fejerväry (24. 3.), der k. u. k. Sektionschef FML. Ritter v. Merkl (28. 3.). Protokollführer: Hof- und Ministerialrat Ritter v. Khu. Gegenstand: Gesetzentwurf über die ausnahmsweise Beiziehung von Reservemännern und Ersatzreservisten zur aktiven Dienstleistung im Frieden und Vorbesprechung über die Anforderun¬ gen der Kriegsverwaltung an die nächsten Delegationen. KZ. 20 - RMRZ. 351 Protokoll des zu Wien am 23. März 1888 abgehaltenen Ministerrates für gemeinsame Angelegenheiten unter dem Vorsitze des k. u. k. gemeinsamen Ministers des Äußern Grafen Kälnoky. Der Vorsitzende bringt zunächst den im Anschlüsse beiliegenden Ge¬ setzentwurf, betreffend die ausnahmsweise Beiziehung von Reservemännern und Ersatzreservisten zur aktiven Dienstleistung im Frieden zur Beratung. Nachdem seitens des k. k. Reichskriegsministers FZM. Frei¬ herrn v. Bauer und des k. k. Sektionschefs FML. Ritter v. Merkl Aufklärungen über die Motive und Tragweite des Gesetzentwurfes gegeben wurden1 und hieran sich eine eingehende Diskussion insbesondere auch über die eventuellen finanziellen Folgen derselben geknüpft hatte, einigt sich die Konferenz in der Auffassung, daß durch die Annahme und Ah. Sanktionierung des beantragten Gesetzes der Kriegsverwaltung nur eine ihr nach dem bisheri¬ gen Wehrgesetze mangelnde Befugnis zur eventuellen Einberufung gewisser Kategorien von Wehrpflichtigen erteilt werde, daß aber, soferne es sich um die Vortrag des Reichskriegsministers v. 12. 12. 1887 betreffend die bei einigen Truppenkörpem einzuleitende Standeserhöhung, KA., MKSM. 20-1/10-3 de 1887. <pb/>Nr. 35a Gesetzentwurf, o. D. 415 finanziellen Mittel handelt, welche sich zur Effektuierung der auf Grund dieses Gesetzes durchzuführenden Maßnahmen notwendig erweisen dürften, aus dem in Rede stehenden Gesetze eine Konsequenz sich nicht ergebe, sondern für die bezüglichen Ausgaben noch die Zustimmung der Delegationen oder, wenn es sich um dringende Maßnahmen handelt, jedenfalls wenigstens die Zustimmung der beiderseitigen Regierungen einzuholen sein wird.2 Unter diesem Vorbehalte erklären sich der k. k. und der kgl. ung. Ministerpräsident bereit, die Gesetzvorlage in der vorliegenden Fas¬ sung in den Legislativen einzubringen und zu vertreten, und zwar soll die Einbringung möglichst bald und gleichzeitig in den beiderseitigen Legislativen stattfinden. Eine ganz bestimmte Einigung über den Tag wird noch Vorbehalten, aber vorläufig mit Rücksicht auf die dermalen eingetretenen Ferien der Parla¬ mente der 14. April hiefür in Aussicht genommen. Nachdem noch zur gegenseitigen Orientierung der Konferenzmitglieder eine Besprechung der eventuellen Anforderungen der Kriegsverwaltung an die Dele¬ gationen stattfindet und für die rechtzeitige Fertigstellung des Budgets, Mittei¬ lung desselben an die beiderseitigen Regierungen und den Zusammentritt der gemeinsamen Ministerkonferenz zur endgiltigen Behaltung derselben Vorsorge getroffen wurde, wird die Sitzung geschlossen. Kälnoky Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 31. März 1888. Franz Joseph. Nr. 35a Gesetzentwurf betreffend die ausnahmsweise Beiziehung von Reserve¬ männern und Ersatzreservisten zur aktiven Dienstleistung im Frieden Beilage zum GMRProt. v. 23. 3. 1888, RMRZ. 351 § 1 Die Soldaten des ersten Jahrganges der Reserve und die Ersatzreservi¬ sten der drei jüngsten Assentjahrgänge können, wenn eine durch besondere Verhältnisse gebotene Erhöhung des Friedensstandes des Heeres, Änderungen in der Organisation desselben oder die Erhaltung des Friedensstandes unum¬ gänglich notwendig machen, vom Reichs- (gemeinsamen) Kriegsminister mit Zustimmung des Ministers für Landesverteidigung (Landesverteidigungsmini¬ ster) zur aktiven Dienstleistung beigezogen und, insolange sie dem erwähnten Reservejahrgange, bzw. den genannten Assentjahrgängen angehören, im Prä¬ senzdienste belassen werden. 5jMT. Ung. MR. v. 22. 2.1888. 8. Der Gesetzantrag bezüglich der Einberufung von Reserve¬ soldaten und Ersatzreservisten zur aktiven Dienstleistung zu Friedenszeiten, OL., K. 27, Karton 43. - 7/MT. Ung. MR. v. 17.3.1888.15. Der Gesetzantrag über die außerordentliche Einberufung der Reservisten und Ersatzreservisten, ebd. <pb/>416 Nr. 36 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 29. 4. 1888 Ausgenommen hievon sind die Eigentümer (Besitzer) ererbter Landwirt¬ schaften (§ 27 des Wehrgesetzes, § 6 des Gesetzartikels XXXIX v. J. 1882) und jene, welche als Liniendienstpflichtige den Anspruch auf Enthebung vom regel¬ mäßigen Präsenzdienste im Frieden besitzen würden. § 2 Dieses Gesetz tritt mit dem Tage der Kundmachung in Wirksamkeit. Mit der Durchführung derselben wird der Minister für Landesverteidigung (Landesverteidigungsminister) betraut, welcher mit dem Reichs- (gemeinsamen) Kriegsminister das Einvernehmen zu pflegen hat. Nr. 36 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 29. April 1888 RS. (und RK.) Gegenwärtige: der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza (3. 5.), der k. k. Ministerpräsident Graf Taaffe (3. 5.), der k. u. k. gemeinsame Finanzminister v. Källay (4. 5.), der k. u. k. gemeinsame Kriegsminister FZM. Freiherr v. Bauer (6. 5.), der k. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski (o. D.), der k. u. k. Marinekommandant Vizeadmiral Freiherr v. Stemeck (22. 5.), der k. u. k. erste Sek¬ tionschef v. Szögyeny, der k. u. k. Sektionschef der Militärintendantur Lambert, der k. u. k. Mari¬ negeneralkommissär Kleemann. Protokollführer: Hof- und Ministerialrat Ritter v. Khu. Gegenstand: Vorlagen für die Delegationssession 1888. KZ. 28 - RMRZ. 352 Protokoll des zu Wien am 29. April 1888 abgehaltenen Ministerrates für gemeinsame Angelegenheiten unter dem Vorsitze des k. u. k. gemeinsamen Ministers des Äußern Grafen Kälnoky. Der Vorsitzende bringt zunächst das Präliminare des Ministeriums des Äußern pro 1889 zur Beratung. Vor Eingehen in die Details derselben glaubt der Minister des Äußern, zunächst mit Rücksicht auf die später zu behandeln¬ den Anforderungen der Kriegsverwaltung die allgemeine Situation vom militä¬ risch-politischen Gesichtspunkte aus darlegen zu sollen. Seit er das letztemal über diesen Gegenstand in der gemeinsamen Ministerkohferenz zu sprechen Gelegenheit gehabt1 habe, sei im großen und ganzen in der politischen Lage eine besondere äußere Änderung nicht eingetreten, doch wären Ereignisse erfolgt, von denen einige immerhin als alarmierende Symptome für die Entwicklung der Zukunft ins Auge gefaßt werden müßten. In den abendländischen Staaten sei zunächst das Ableben Kaiser Wilhelms2 und das Auftreten Boulangers3 zu verzeichnen. Letzteres sei sehr bemerkenswert, dürfte aber allerdings vorläufig sich nur als eine Schwierigkeit für Frankreich selbst darstellen und zunächst auf die allgemeine Lage, speziell auf die Frage nach Krieg oder Frieden, noch keinen GMR.v. 5. 1.1888, RMRZ. 348. Am 9. März 1888. Französischer General, 1886/87 Kriegsminister, wollte Revanchekrieg gegen Deutschland und Sturz der Republik. <pb/>