Gemeinsamer Ministerrat, 23. 9. 1885
I. Gemeinsames Budget für das Jahr 1886
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Nr. 8 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 23. 9. 1885 269 Ministerpräsident Graf Taaffe, welchem sich auch der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza anschloß, machte hierauf den Vermittlungsvorschlag, den Ausrüstungsbeitrag der Majore zu genehmigen, sowie die Subsistenzaufbesserung nicht auf einmal anzuführen, sondern vorerst nur bei den Kadetten und Offiziersstellvertretern zur Anwendung zu bringen, damit die Armee überhaupt nur sehe, daß etwas für sie geschehe. Ein Beschluß kam nicht zustande, und wurde der Reichskriegsminister er¬ sucht, bis morgen die Tunlichkeit von Ersparungen noch weiter in Erwägung zu ziehen, wobei Finanzminister Ritter v. Dunajewski die admi¬ nistrativen Ersparungen, den Reservevorrat an Handfeuerwaffen, die Befesti¬ gungen in Tirol und die Schießplätze als Objekte bezeichnete, welche nach seiner Ansicht die Handhabe zu weiteren Reduktionen des Budgets bieten. Hierauf brachte der ung. Finanzminister Graf Szapäry die Zu¬ lagen in Bosnien zur Sprache, indem er bemerkte, daß diese doch nicht immer fortbestehen können. Der Reichskriegsminister FZM. Graf Bylandt erklärte, diese Zulagen mit dem Jahre 1887 in Wegfall bringen zu wollen, bemerkte jedoch, daß damit kaum etwas gewonnen sein dürfte, weil dann die Offiziere die volle Quartierkompetenz beanspruchen können. Der ung. Ministerpräsident v. Tisza wünscht, daß diesfalls eine Berechnung gemacht werde, was Sektionschef Lambert auch zusagte und womit die Sitzung geschlossen wurde. Kälnoky Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 25. September 1885. Franz Joseph. Nr. 8 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 23. September 1885 RS. (und RK.) Gegenwärtige: der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza (21.10.), der k. k. Ministerpräsident Graf Taaffe (25. 9.), der k. u. k. gemeinsame Kriegsminister FZM. Graf Bylandt-Rheidt (26 9) der k. u. k. gemeinsame Finanzminister v. Källay (27. 9.), der kgl. ung. Finanzminister Graf Szapäry (23. 10.), der k. k. Finanzminister v. Dunajewski (o. D.), der Leiter der Marinesektion des k. u. k gemeinsamen Kriegsministeriums Vizeadmiral Freiherr v. Stemeck (o. D.), der k. u. k. Sektionschef v. Szögyeny (19. 10.), der k. u. k. Sektionschef Lambert (26. 9.). Protokollführer: Hofrat Freiherr v. Konradsheim. Gegenstand: Gemeinsames Budget für das Jahr 1886. KZ. 64 - RMRZ. 323 Protokoll des zu Wien am 23. September 1885 abgehaltenen Ministerrates für gemeinsame Angelegenheiten unter dem Vorsitze des k. u. k. gemeinsamen Ministers des Äußern Grafen Kälnoky. <pb/>270 Nr. 8 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 23. 9. 1885 Die Verhandlung wurde bei der Frage der Subsistenzaufbesserung für die Subalternoffiziere wieder aufgenommen. Die beiden Ministerpräsidenten wiederholten die gestrige Erklä¬ rung, daß sie dem Ausrüstungsbeitrag für die Majore und den Zulagen für die Kadetten und Offiziersstellvertreter zustimmen, die Subsistenzaufbesserungen für die Subalternoffiziere aber von den übrigen Ersparungen abhängig machen, worauf der Reichskriegsminister Graf Bylandt das Wort ergriff, um seinen Standpunkt nochmals darzulegen. Die gestern zugestandenen Abstri¬ che von zusammen 751 000 Gulden, wonach nur noch eine Differenz von 248 500 Gulden verbleibt, habe er in der Hoffnung konzediert, daß ihm die eingestellten Gebührenaufbesserungen voll passiert werden. Die Beschränkung der Aufbesserung auf die Majore, Kadetten und Offiziersstellvertreter biete ihm keine genügende Kompensation für seine Abstriche. Für weitere Abstriche finde er trotz neuerlicher Prüfung keinen Raum, und es gehe nicht an, dieselben, wie der österreichische Finanzminister wünscht, bei den projektierten Bauten Platz greifen zu lassen, da es sich bei diesen Bauten nicht um neue Anträge, sondern nur um Vollendung schon begonnener Bauten handle. Er könne also in den Abstrichen nicht weiter gehen, während es andererseits für die Armee nicht genüge und sie nicht befriedige, wenn nach dem Anträge der beiden Minister¬ präsidenten die Gebührenaufbesserung nur teilweise zur Ausführung gelange. Er müsse daher schon aus Rücksicht für seine Stellung gegenüber der Armee, welcher er es schuldig sei, darauf bestehen, daß der volle Betrag eingestellt und die Sache den Delegationen zur Entscheidung überlassen werde. Der ung. Ministerpräsident v. Tisza machte darauf aufmerk¬ sam, daß dieser Vorgang gegen das in den letzten Jahren beobachtete Prinzip, den Delegationen keine Streichobjekte vorzulegen, sondern für das Budget einzutreten, verstoßen würde,1 und daß der ungarische Finanzminister, wenn er in der Delegation hierüber befragt würde, nicht werde umhin können, auf den Geldmangel hinzuweisen. Der öster. Ministerpräsident Graf Taaffe erklärte es gleichfalls für politisch bedenklich, die Delegationen auf diese Weise gleichsam zu Schiedsrichtern zwischen den Anforderungen des Kriegsministers und den Anschauungen der beiden Regierungen zu machen. Auch der öster. Finanzminister sprach sich gegen den vom Grafen Bylandt beantragten formellen Vorgang aus, indem er die Notwendigkeit des Einstehens der Regierung für ihr Budget betonte. Minister des Äußern Graf Kälnoky erklärte dieses Prinzip ge¬ wiß für sehr wertvoll und sprach sich für dessen Beibehaltung aus. Da es dem Kriegsminister hier aber zugleich auch um eine persönliche Pflichterfüllung gegen die Armee zu tun sei, so möge doch erwogen werden, ob aus Rücksicht für die Gefühle der Armee der vom Kriegsminister beantragte Modus sich nicht empfehle, worauf Ministerpräsident Graf Taaffe erwiderte, daß dem Zweck des Kriegsministers, der Armee einen Beweis seiner Fürsorge zu i GMR. v. 24. 9. 1884, RMRZ. 318. <pb/>Nr. 8 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 23. 9. 1885 271 geben, auch schon durch eine partielle Einstellung der Gebührenaufbesserungen Rechnung getragen werde. Da eine Einigung vorläufig nicht erzielt werden konnte und die beiden Finanzminister den Standpunkt vertraten, daß, einschließlich des Nachtrags¬ kredites, die Budgetvorlage pro 1886 nicht höher sein solle als jene pro 1885, so wurde über Anregung des ungarischen Ministerpräsidenten zur Prüfung des Marinebudgets, welches auch eine Erhöhung, und zwar zusammen im Betrage von 658 222 Gulden, nachweist, übergegangen. Vizeadmiral Freiherr v. Sterneck trug hierauf sein Budget in längerer Rede vor. Dasselbe sei von dem auch von den Vertretungskörpern anerkannten Gedanken getragen, das bisher Versäumte nachzuholen und die Marine in der Richtung der Schaffung einer entsprechenden Küstenverteidigung sowie die Entsendung von Schiffen nach transatlantischen Ländern zu erwei¬ tern, daher denn auch der weitaus größte Teil des Mehrerfordernisses in Kosten für den Ausbau der Flotte begründet sei. Nach dieser allgemeinen Bemerkung ging Vortragender in eine postenweise Aufzählung und Begründung des Mehrerfordernisses ein, wobei er neben den Anschaffungen für die Flotte die Errichtung einer eigenen Organisationskanzlei, dann die im vorigen Jahre prinzipiell genehmigten Zulagen und Erhöhung des Arbeiterstandes besonders hervorhob. Die Konferenz ließ sich in eine meritorische Diskussion über die einzelnen Posten nicht ein; die beiden Finanzminister bezeichneten jedoch das Mehrerfordernis von 658 000 Gulden nach ihren gestrigen Erklärungen für nicht akzeptabel, wobei der ung. Finanzminister noch besonders her¬ vorhob, daß nach der ansehnlichen Erhöhung des Marinebudgets im vorigen Jahre eine neue bedeutende Erhöhung auf den entschiedensten Widerspruch der Delegationen stoßen würde. Es müsse also jedenfalls ein Abstrich gemacht und im übrigen dem Marinekommandanten überlassen werden, wo er denselben für ausführbar halte. Freiherr v. Sterneck erwiderte, daß weitgehende Abstriche absolut unmöglich seien, wenn nicht das im vorigen Jahre aufgestellte Prinzip der Fortentwicklung der Flotte umgestoßen werden solle. Er wies namentlich auf den Flottenstand Italiens hin, mit dem der unserige keinen Vergleich aushalte. Nach längerer Debatte ließ er sich jedoch zu folgenden Abstrichen herbei und zwar: Bei Beschaffung des Panzers für das Schlachtschiff ,,Kron¬ 50 000 fl. prinz Rudolf4 50 000 fl. und bei dem Baue des Schiffskörpers des ,,Rudolf4 40 000 fl. ferner 5 000 fl. an Landbauten 37 000 fl. Kosten für das Schulschiff 182 000 fl. Kesselanschaffung für den ,,Friedrich44 zusammen wonach noch ein Mehrerfordernis von 476 000 fl. verbleibt. <pb/>272 Nr. 8 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 23. 9. 1885 Ministerpräsident v. Tisza empfahl, im Marinebudget noch 250-260 000 Gulden zu streichen, und deutete hiebei auf den im Titel VI des Ordinariums eingestellten dritten Kreuzer (Torpedo) hin, wofür 350 000 Gulden gefordert sind. Gegen einen solchen Pauschalsabstrich wehrte sich aber Ba¬ ron Sterneck in der entschiedensten Weise, indem er der Rücksicht auf die Finanzen die Rücksicht auf die Küstenverteidigung als gleichwertig gegen¬ überstellte. Der Minister des Äußern Graf Kälnoky trat gleichfalls für die Organisierung der aTorpedoaflotte ein und empfahl, bdaß mit Anschaffungen, welche sich auf das System der Küstenverteidigung beziehen, keine Unterbre¬ chung eintreteb. Sodann wandte sich die Diskussion wieder der Subsistenzaufbesserung für die Subaltemoffiziere zu, in bezug auf welche der ung. Ministerpräsi¬ dent v. Tisza zu bedenken gab, daß diese Bewilligung die gleiche Ausla¬ ge auch für die Landwehr zur Folge haben werde. Deröster. Finanzminister v. Dunajewski kam auf seinen An¬ trag wegen weiterer Abstriche bei den Bauten und dem Vorräte an Handfeuer¬ waffen zurück, indem er bei letzteren einen Abstrich von 500 000 Gulden statt 200 000 Gulden befürwortete und bei den Festungsbauten in Przemysl einen Abstrich von 200 000 fl. empfahl. Unter dieser Bedingung könne er der Subsi- stenzaufbeSserung für die Offiziere beistimmen. Der Reichskriegsminister Graf Bylandt beharrte jedoch auf der Untunlichkeit eines weiteren Abstriches bei Handfeuerwaffen und wandte gegen den Abstrich bei Przemysl ein, daß es sich jetzt um die vorletzte Rate handle und ein Abstrich den Ausbau unliebsam stören würde. Hierauf brachte der ung. Ministerpräsident v. Tisza bezüglich der Subsistenzaufbesserung die Frage vor, ob nicht etwa die Hauptleute ausge¬ lassen oder die Subsistenzbeiträge auf die Hälfte, also auf monatlich 5 Gulden reduziert werden könnten, welche Maßregel dann selbstverständlich auch bei der Marine, wo gleichzeitig ein Subsistenzbeitrag eingestellt ist, zur Anwendung kommen würde. Der Subsistenzbeitrag für die Subalternen des Heeres erscheint mit 1 052 000 Gulden, jener für die Subalternen der Marine mit 43 000 Gulden beziffert. Die Hälfte würde also bei ersteren 526 000 Gulden, bei letzteren 20 000 Gulden, in runder Summe zusammen 547 000 Gulden betragen. Der Kriegsminister wandte ein, daß hiedurch die Aufbesserung eine ganz geringe werden und der beabsichtigte Effekt auf die Armee leiden würde. Die heutige Diskussion endete mit einem Resümee des gemeinsamen Finanzministers v. Källay, welcher die in den einzelnen Budgets ver¬ bleibenden Mehrerfordemisse nachstehends zusammenfaßte: Ministerium des Äußern 69 000 fl. Gemeinsames Finanzministerium 20 400 fl. a"a Einfügung Kälnokys b'b Korrektur Kälnokys aus mit den Anschaffungen von Torpedos nicht aufzuhören. <pb/>Nr. 9 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 24. 9. 1885 273 Gemeinsamer Oberster Rechnungshof 2 600 fl. Reichskriegsministerium 248 500 fl. Marine 476 000 fl. 816 600 fl. Zusammen Würden nun hievon noch die aus der Halbierung der Subsi¬ 547 000 fl. stenzaufbesserung resultierenden obigen Abstriche von 269 600 fl. abgezogen, so verbleibe ohne die Nachtrags-kredite pro 1885 ein Gesamtmehrerfordernis für das gemeinsame Budget von Bezüglich der Nachtragskredite bemerkte der gemeinsame Finanzminister, daß denselben ein günstiges Ergebnis der Schlußrechnung pro 1883 gegenüber¬ stehe, worin gewissermaßen eine Kompensation liege, welche die Einbringung des Nachtragskredites von 209 000 Gulden immerhin erleichtert. Auf Grund dieser Ziffern wird im morgigen Ministerrate Sr. Majestät berich¬ tet werden, wobei sich der Kriegsminister vorbehält, in der Frage wegen der Subsistenzaufbesserung der Offiziere die Ah. Entscheidung anzurufen. Nachdem sich die Konferenz noch dahin geeinigt hatte, Sr. Majestät als Tag für die Einberufung der Delegationen den 22. Oktober vorzuschlagen, wurde die Sitzung geschlossen. . Kälnoky Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 25. September 1885. Franz Joseph. Nr. 9 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 24. September 1885 ( unu jviv.y > i / t-v \ j i i Gegenwärtige: der k. u. k. gemeinsame Minister des Äußern Graf Kalnoky (o. D.), der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza (2. 10.), der k. k. Ministerpräsident Graf Taaffe (4. 10.), der k. u. k. gempinsame Kriegsminister FZM. Graf Bylandt-Rheidt (3.10.), der k. u. k. gemeinsame Finanzmi¬ nister v. Kdllay (5.10.), der kgl. ung. Finanzminister Graf Szapäry (2. 10.), der k. k. Finanzminister v. Dunajewski (4. 10.), der k. u. k. Chef der Marinesektion Vizeadmiral Freiherr: v. Stemeck (14. 10.), der k. u. k. Sektionschef Lambert. Protokollführer : Hof- und Ministerialrat Freiherr v. Konradsheim. Gegenstand: Gemeinsames Budget für das Jahr 1886. KZ. 73 - RMRZ. 324 Protokoll des zu Wien am 24. September 1885 abgehaltenen Mmisterrates für gemeinsame Angelegenheiten unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers. Se. Majestät der Kaiser geruhte, die Sitzung zu eröffnen, indem Allerhöchstderselbe behufs endgültiger Feststellung des gemeinsamen Staatsvor¬ anschlages für.das Jahr 1886 die Ergebnisse der Ministerkonferenz vom 22. und 23. September an der Hand der vorliegenden Protokolle und Berichte rekapitu¬ lierte. <pb/>