Gemeinsamer Ministerrat, 26. 9. 1884
I. Voranschlag der gemeinsamen Auslagen pro 1885 und Feststellung des Termins für die Einberufung der Delegationen
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Nr. 5 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 26. 9. 1884 249 dem Bemerken, daß das gegenwärtig beobachtete Verfahren, wonach die vorhe¬ rige Mitteilung an die beiderseitigen Regierungen unterblieb, kein Präzedens für die Hinkunft bilden könne. Hierauf wurde die Konferenz geschlossen. Datum ut supra. Kälnoky Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen. Eisenerz, 8. Oktober 1884. Franz Joseph. Nr. 5 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 26. September 1884 RS. (und RK.) Gegenwärtige: der k. u. k. gemeinsame Minister des Äußern Graf Kälnoky (o. D.), der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza (o. D.), der k. k. Ministerpräsident Graf Taaffe (4. 10.), der k. u. k. gemeinsame Kriegsminister FZM. Graf Bylandt-Rheidt (3. 10.), der k. u. k. gemeinsame Finanzmi¬ nister v. Källay (4.10.), der kgl. ung. Finanzminister Graf Szapäry (18.10.), der k. k. Finanzminister Dunajewski (5. 10.), der Chef der k. u. k. Marinesektion Vizeadmiral Freiherr Daublebsky v. Sterneck (19. 10.), der Sektionschef im k. u. k. Kriegsministerium Lambert. Protokollführer: Ministerialrat Tarkovich. Gegenstand: Voranschlag der gemeinsamen Auslagen pro 1885 und Feststellung des Termins für die Einberufung der Delegationen. KZ. 57 - RMRZ. 320 Protokoll der am 26. September 1884 in Budapest abgehaltenen gemeinsamen Ministerkonferenz unter dem Ah. Vorsitze Sr. k. u. k. apost. Majestät. Nachdem die Sitzung eröffnet wurde, referiert über Ah. Aufforderung Sr. k. u. k. apost. Majestät der Minister des Äußern Graf Kälnoky über das Budget des gemeinsamen Ministeriums des Äußern, und der gemeinsame Finanzminister Källay über das Budget des ge¬ meinsamen Finanzministeriums und des gemeinsamen Obersten Rechnungsho¬ fes; dann gelangen die in den vorausgegangenen in der Schwebe gebliebenen Posten des Heeresbudgets zur Verhandlung und zwar: l. Die Frage der Übernahme des für die Gebäudeameliorationen eingestellten Betrages von 300 000 fl. aus dem Extraordinarium ins Ordinarium Der Kriegsminister Graf Bylandt-Rheidt trägt diesbezüglich vor, daß er zwar dem Verlangen des ungarischen Finanzministers, diesen Posten auch für diesmal noch im Extraordinarium zu belassen, nachgegeben habe, nach reiflicherer Erwägung er sich jedoch gegen diese Übertragung aussprechen müsse, da er den wiederholt geäußerten Wünschen der Delegationen, diese Post, welche jährlich wiederkehrt und daher naturgemäß ins Ordinarium gehört, in <pb/>250 Nr. 5 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 26. 9. 1884 das Ordinarium einzustellen, nachzukommen habe und für die Nichtbeachtung des diesbezüglichen Wunsches der Delegationen einen stichhältigen Grund anzuführen nicht vermöchte, da man den wirklichen Grund: auf diese Weise das Plus des Ordinariums von 1 700 000 fl. auf 1 400 000 fl. herabzudtücken, kaum mit Erfolg geltend machen könnte. Derung. Finanzminister Graf Szapary legt zwar kein besonde¬ res Gewicht auf diesen Gegenstand, dennoch möchte er aus Opportunitätsgrün¬ den wünschen, daß die Übertragung geschehe, weil das Ordinarium ohnehin eine namhafte Steigerung aufweist und es immerhin leichter sei, eine Mehrforde¬ rung von 1 400 000 fl. als eine solche von 1 700 000 durchzubringen. Dabei sei es zu befürchten, daß nachdem überdies für Gebäude noch ein Erfordernis von zirka 2 Millionen besteht, die Delegationen in diesem Posten eine neue ständige Ausgabe erblicken und infolgedessen Schwierigkeiten erheben. Sollten dann die Delegationen die Übertragung beschließen, so würde er sich dem nicht widerset¬ zen. Der Kriegsminister Graf Bylandt glaubt, daß niemand, der die Sache prüft und bedenkt, verhältnismäßig wie wenig eigentlich auf die wirkli¬ chen Erhaltungskosten der Gebäude entfallt, in dieser Angelegenheit Schwierig¬ keiten machen werde. Die Delegationen selbst haben das Begründetsein dieser Forderung anerkannt. Dem Sprecher wäre schließlich gleichgiltig, wohin immer die Post eingestellt erscheint, wenn nur die Summe votiert wird; allein die Schwierigkeit liege für ihn darin: wie er die Sache den Delegationen motivieren soll? Graf Szapäry erklärt, daß er an der von ihm gestellten Forderung nicht weiter festhalte, worauf Se. Majestät zu bestimmen geruhe, daß die fragliche Post im Ordina¬ rium zu belassen sei. II. Die Frage der Wiedererrichtung der militärärztlichen (Joseph) Akademie Der Kriegsminister Graf Bylandt-Rheidt berichtet, daß das Projekt der Wiedererrichtung der Josephsakademie fraglich geworden ist, weil der ungarische Ministerpräsident entschieden Stellung dagegen genommen ha¬ be, aus Gründen, die dem Sprecher nicht einleuchten, es dürften daher politische Gründe dagegen sprechen, die er nicht kennt. Sprecher setzt dann auseinander, daß die Frage, wie man dem Mangel an brauchbaren und dienstbeflissenen Militärärzten abhelfen könnte, die militärischen Kreise seit Jahren beschäftige, und wenn es auch mißlich sei, eine einmal schon aufgelassene Akademie zu reaktivieren, so habe man doch kein anderes Mittel gefunden, als eben die Wiedererrichtung dieser Akademie, verbunden mit "einem günstigeren Chargen¬ verhältnisse" "für die Ärzte. Um brauchbare, dienstbeflissene und verläßliche Ärzte zu bekommen, müsse man schon auf die Erziehung derselben Einfluß haben und dieselbe so leiten, daß die diesem Stande sich widmenden jüngeren Korrektur Bylandt-Rheidts aus mit einer geringen Gageamelioration. <pb/>Nr. 5 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 26. 9. 1884 251 Leute den äußeren Einflüssen, den politischen Einwirkungen und den Verfüh¬ rungen einer großen Stadt entzogen werden. Mit Rücksicht auf die geplante innere Organisation der Akademie glaubte Sprecher es für genügend, bloß die Meinung einiger hervorragenderen Mitglie¬ der der Wiener Universität vorgängig einzuholen,1 und die Budapester Universi¬ tät erst dann anzugehen, wenn nach dem Perfektwerden der Angelegenheit es sich um die Herbeiziehung von Lehrkräften handeln wird. Zur Errichtung des angestrebten Zieles sei eine notwendige Bedingung, daß die aus der Akademie hervorgehenden Ärzte auch die Zivilpraxis ausüben können und ihr ärztliches Diplom in beiden Teilen der Monarchie als gültig anerkannt werde. Sprecher glaubte, daß dies keinem Anstande begegnen werde, weil auch die älteren Josephiner die Zivilpraxis ausüben können. Nun erfahre er, daß hiezu ein Gesetz notwendig wäre; hätte er dies früher gewußt, so würde er sich mit den beiderseitigen Regierungen schon vorgängig ins Einvernehmen gesetzt haben. Der Kriegsminister bestreitet dann, daß die ehemaligen Josephiner einen schlechten ärztlichen Ruf hätten -- wie dies hie und da ausgestreut wird --, da gerade aus der Josephsakademie sehr hervorragende Ärzte hervorgegangen sind, so daß jene falsche Ansicht über die Josephiner nur dadurch entstehen konnte, daß man die früher habilitierten Wundärzte für wirkliche Ärzte hielt. Bei der großen Wichtigkeit, die diese Angelegenheit für die Armee besitzt, bittet Sprecher dringend, daß die dagegen erhobenen Schwierigkeiten behoben werden. Ministerpräsident v. Tisza entgegnet, daß er sich für seine Person weder dafür noch dagegen ausgesprochen habe, und hätte dies auch nicht tun können, da er kein Fachmann ist; wohl neige er sich der Ansicht zu, daß man dem Bedürfnisse an Militärärzten vielleicht auch auf einem anderen Weg ent¬ sprechen könnte. Er habe bloß behauptet, daß die Sache noch nicht reif ist, um jetzt schon eine Vorlage diesbezüglich den Delegationen zu machen, selbst wenn man sich für die Wiedererrichtung der Akademie entscheiden sollte, weil bisher über diese Frage hier noch mit niemandem gesprochen wurde. Er bringe dies keinesfalls als Vorwurf vor, sondern will nur konstatieren, daß heute die öffent¬ liche Meinung in Ungarn entschieden dagegen sei, so daß diese Angelegenheit jetzt vor die Delegationen zu bringen, soviel hieße, als sie auch zu Falle zu bringen; und hiebei sei es noch zu bedenken, daß wenn die Forderung aus prinzipiellen Gründen nicht votiert werden sollte, es sehr schwer wäre, darauf - wenigstens innerhalb einiger Jahre - wieder zurückzukommen. Sprecher verwahrt sich dagegen, selbst behauptet zu haben, daß die aus dem Josephinum hervorgegangenen Ärzte einen schlechten Ruf hätten, da er selbst hierüber keine Erfahrung habe, er sagte bloß, was man darüber spricht, und gibt auch bereitwilligst zu, daß an diesem Gerede bloß die vom Kriegsminister erwähnte Verwechslung Schuld trägt. Wagner, Geschichte des k. k. Kriegsministeriums Bd. 2, 249. <pb/>252 Nr. 5 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 26. 9. 1884 Was die Zulassung zur Zivilpraxis betrifft, so könnte diese in Ungarn - wahr¬ scheinlich auch in der anderen Hälfte der Monarchie - ohne besonderer gesetzli¬ chen Verfügung nicht gestattet werden. Die Berufung diesbezüglich auf die alten Josephiner sei nicht zutreffend, da deren Berechtigung auf dem Sanitätsgesetze vom J. 1876 fußt.2 Bei der Schaffung dieses Gesetzes sei man nämlich aus dem Prinzipe ausgegangen, daß die bereits faktisch bestehenden Rechte nicht ge¬ schmälert werden sollen; für die Zukunft wurde jedoch ausdrücklich bestimmt, daß in Hinkunft nur jene Ärzte die Praxis in Ungarn ausüben können, die ihr Diplom auf einer ungarischen oder - insolange auch österreichischerseits die Reziprozität beobachtet wird - auf einer österreichischen Universität erlangt haben werden. Daher könnte den durch die Militärakademie diplomierten Ärzten die Zivil¬ praxis bloß auf Grund eines besonderen Gesetzes gewährt werden. Um die Sache zu fördern, wäre er der Ansicht, daß der Kriegsminister ohne sofortiger Beiziehung der Universität und bloß mit den Kultusministern eine Art engerer Enquete abhalte, wo die Ansichten geklärt und die vorhandenen Besorgnisse, welche beim ungarischen Kultusminister tatsächlich bestehen, be¬ seitigt werden könnten.3 Sprecher beantragt daher im Interesse der Sache selbst, die Aufschiebung der Angelegenheit, nachdem gegenwärtig - er müsse es wiederholen - gar keine Aussicht vorhanden sei dazu, daß die ungarische Delegation die Mittel für die Wiedererrichtung der militärärztlichen Akademie votieren würde. Der k. k. öster. Ministerpräsident Graf Taaffe bemerkt, daß vom Standpunkte des österreichischen Ministeriums die Wiedererrichtung der militärärztlichen Akademie in Wien nur mit Freuden begrüßt werden könn¬ te; nichtsdestoweniger glaubt er, daß angesichts der vom ungarischen Minister¬ präsidenten abgegebenen Erklärung es nicht opportun wäre, mit dieser Angele¬ genheit jetzt vor die Delegationen zu treten, weil hiedurch die spätere günstige Lösung der Frage erschwert werden würde. Was die Notwendigkeit eines besonderen Gesetzes zur Gestattung der Zivil¬ praxis betrifft, so sei die Schaffung eines solchen Gesetzes seines Dafürhaltens auch in Österreich erforderlich; nur glaubt er, daß die Schaffung dieses Gesetzes insofern nicht sehr dringend sei, als ohnedies mehrere Jahre verstreichen wür¬ den, bis Doktordiplome von der Akademie verteilt werden könnten. Unterdes¬ sen könnten die erforderlichen Vereinbarungen zwischen den beiderseitigen Kultusministern getroffen werden, damit die von der Akademie ausgestellten Diplome in der ganzen Monarchie für gültig anerkannt werden. So erwünscht aber auch die Errichtung der erwähnten Akademie sei, so empfehle sich doch bei der gegebenen Lage die Aufschiebung dieser Angelegen¬ heit, da wenn die ganze ungarische Delegation dagegen wäre, gewiß auch in der 2 Magyar Törv£nytär 1875-1876 363-397. 3 8!MT. Ung.MR. v. 11. 4. 1885. 1. Über die Abhilfe der sich in der militärärztlichen Körper¬ schaft erweisenden Mängel und die Errichtung einer dritten Medizinischen Universität, OL., K. 27, Karton 39. <pb/>Nr. 5 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 26. 9. 1884 253 österreichischen Delegation sich Stimmen dagegen fanden, wodurch die Durch¬ führung der Sache auf mehrere Jahre erschwert werden würde. Der ung. Ministerpräsident hat auf die Ausführungen seines Vor¬ redners nur das zu bemerken, daß wenn es auch richtig sei, daß erst in einigen Jahren Diplome von der Akademie erteilt werden könnten, im Interesse des Institutes doch sehr wünschenswert wäre, daß die Frage der Zivilpraxisberechti¬ gung schon vorgängig gelöst werde, damit die Zöglinge schon beim Eintritte in die Akademie diesbezüglich gesichert seien, sonst werden die besseren Elemente Anstand nehmen, dahin einzutreten. Se. Majestät geruhen Sich dahin auszusprechen, daß bei der bestehen¬ den Sachlage es zweckmäßiger sei, die Angelegenheit aufzuschieben, aber in der nächsten Delegation müßte die Vorlage dennoch gemacht werden; denn wenn auch in der Theorie verschiedene Mittel plausibel erscheinen mögen, so habe doch die Praxis bewiesen, daß es keinen anderen Weg zur Sanierung des beste¬ henden und immer fühlbarer werdenden Übelstandes gebe als die Wiederer¬ richtung der militärärztlichen Akademie. Se. Majestät geruhen daraufhinzuwei¬ sen, daß bei der Reorganisation der Armee auf Grund theoretischer Annahmen viele Institutionen über Bord geworfen wurden,4 welche dann infolge der ge¬ machten Erfahrungen allmählich wiedereingeführt werden müßten, und es sei ein besonderes Verdienst des gegenwärtigen Kriegsministers, daß er sich hiebei durch allgemeine Phrasen nicht beirren läßt. So war es auch mit dem Josephi¬ num, welches auf Grund der Annahme aufgelöst wurde, daß man Ärzte überall bekomme, während die Erfahrung lehrt, daß man solche nur in ganz ungenü¬ gender Anzahl findet. Dabei sei noch zu berücksichtigen, daß um brauchbare und verläßliche Militärärzte zu bekommen, dieselben eigens hiezu gebildet werden müssen, da - abgesehen von anderen - gewisse Disziplinen, die für die Militärärzte notwendig sind, an den Universitäten nur höchst flüchtig oder auch gar nicht gelehrt werden. Se. Majestät geruhen somit den Kriegsminister Ah. anzuweisen, sich wegen Wiedererrichtung der militärärztlichen Akademie mit den beiderseitigen Regie¬ rungen ins Einvernehmen zu setzen; für jetzt aber habe die Vorlage an die Delegationen zu unterbleiben. Der Ah. Entscheidung gemäß werden die in Absicht auf die Wiedererrichtung der militärärztlichen Akademie eingestellten Summen, u. zw. im Ordinarium 20 487 fl. im Extraordinarium 63 900 fl. das ist im ganzen 84 387 fl., gestrichen. III. Bestimmung der Höhe der Baurate für die Festung Przemysl Der Kriegsminister Graf Bylandt-Rheidt bittet umsomehr den eingestellten Betrag zu votieren, als sich infolge des früher beschlossenen Abstri¬ ches das Erfordernis ohnehin wieder herabminderte. 4 Rothenberg, The Anny of Francis Joseph 78-80. <pb/>254 Nr. 5 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 26. 9. 1884 Der k. k. öster. Finanzminister Dunajewski beruft sich auf seine Ausführungen in den vorangegangenen Ministerkonferenzen, in welchen er die Gründe darlegte, die ihn bestimmt haben zu verlangen, daß von der eingestellten Summe 200 000 fl. gestrichen werden, und da er einerseits in den Äußerungen des Ministers des Äußern in betreff der Erhaltung des Friedens insoweit doch eine beruhigende Erklärung gefunden zu haben glaubt, daß die Vollendung der galizischen Festungsbauten nicht so dringend erscheint; ande¬ rerseits es bei einem Millio.nenbau doch möglich sein dürfte, die Zahlungstermi¬ ne so einzurichten, daß die Zahlung von ein- oder zweihunderttausend Gulden auf das nächste Jahr verschoben wird, sieht er sich bemüßigt, seine Bitte auf Streichung von 200 000 fl. - oder da infolge der Streichung der für die militär¬ ärztlichen Akademie präliminiert gewesenen Summen sich das Heereserforder¬ nis bereits nahezu um 100 000 fl. vermindert hat - wenigstens von 100 000 fl. zu wiederholen, indem er der Berücksichtigung empfiehlt, daß das 1885iger Finanzjahr leider ein schlechtes zu werden verspricht und beim Heeresbudget außer dem laufenden Erfordernisse auf zirka 1 400 000 fl. belaufende Nach¬ tragsforderungen werden verlangt werden. Ministerpräsident v. Tisza befürwortet ebenfalls einen Abstrich, bemerkend, daß man nicht die Verlangsamung des Bautempos, sondern bloß eine solche Einteilung der Zahlungsfristen wünsche, wonach ein-zweitausend Gulden im künftigen Jahr zur Auszahlung gelangen, was zu erreichen seiner Ansicht nach doch möglich sein dürfte. Kriegsminister Graf Bylandt-Rheidt entgegnet, daß er das em¬ pfohlene Mittel der Aufschiebung der Zahlungen hier nicht anwenden könne, weil er einerseits infolge der diesjährigen sehr günstigen Bauperiode bereits auf Rechnung des jetzt verlangten Kredites Arbeiten verrichten ließ; andererseits der Natur des Festungsbaues entsprechend größtenteils in eigener Regie arbei¬ ten läßt, wo die Zahlungen unmittelbar nach der Leistung der Arbeit zu ent¬ richten sind. Bei einigen wenigen Arbeiten, welche an Unternehmer vergeben werden, sowie bei den Materialbestellungen könnten wohl Zahlungsaufschübe stattfinden, aber hiedurch würde der Bau verteuert werden, weil die betreffenden Unternehmer dann Verzugszinsen anrechnen würden. Sprecher betont, daß er überall die größtmöglichste Sparsamkeit beobachtet, und kann sich diesbezüglich auf die Resultate berufen, welche beweisen, daß bei den durch ihn veranlaßten Bauten nicht nur keine Überschreitungen stattfan¬ den, sondern bei einigen sogar Ersparungen erzielt wurden. Um aber dies bewerkstelligen zu können, müsse er volle Freiheit und demzufolge auch die Mittel besitzen, daß er die Baueinteilung bei voller Ausnützung der dabei verwendeten Personen so einrichten könne, wie es den gegebenen Umständen nach am zweckmäßigsten erscheint. Sprecher erörtert dann die hohe Wichtigkeit, daß die galizischen Festungen je eher in einen solchen Stand gesetzt werden, daß wenn sie auch nicht vollkom¬ men fertig, doch wenigstens verteidigungsfahig gemacht werden. Mit den jetzt verlangten Summen könnte auch Przemysl soweit ausgebaut werden, daß der <pb/>Nr. 6 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 7. und 8. 4. 1885 255 Ring des Festungswerkes geschlossen und somit die ganze Festung verteidi- gungsfahig wäre. Minister des Äußern Graf Kälnoky vermag es zwar nicht zu beurteilen, wieviel noch nötig wäre, um die galizischen Festungen in den Zu¬ stand der vollkommenen Verteidigungsfähigkeit zu setzen; aus seinem Gesichts¬ punkte müsse er aber ebenfalls Gewicht darauf legen, daß dieser Zustand je eher erreicht werde. Finanzminister Dunajewski befürchtet, daß wenn bei Przemysl die ganze präliminierte Summe belassen wird, Schwierigkeiten bei Krakau entstehen können, da man auf diese letztere Ausgabe nicht gefaßt war. Kriegsminister Graf Bylandt-Rheidt rechtfertigt die Mehrfor¬ derung bei Krakau durch die eingetretenen Elementarereignisse sowie durch die außerordentliche Steigerung der Materialpreise und der Arbeitslöhne. Der weitere Verlauf der Diskussion, in welchem die beiderseitigen Finanzmi¬ nister wiederholt für eine Herabminderung der für 1885 eingestellten Summe eintreten, wogegen der Kriegsminister sich außer Stande zu sein erklärt, diesem Wunsche nachgeben zu können, bot keine neuen Gesichtspunkte, und nachdem schließlich auch die beiderseitigen Finanzminister der unveränderten Belassung des fraglichen Ausgabepostens zustimmten, geruhten Se. Majestät Ah. zu bestimmen, daß die Baurate bei Przemysl in der vom Kriegsminister bean¬ tragten Höhe ins Budget einzustellen sei. In betreff der Verhandlung des gemeinsamen Budgets in den Delegationen geben Se. Majestät der Ah. Erwartung Ausdruck, daß, gleich wie es in den letzteren Jahren mit Erfolg geschehen ist, die beiderseitigen Regierungen für die ins Budget eingestellten Beträge mit vollem Gewichte eintreten und keine Ab¬ striche gestatten werden, welcher Ah. Erwartung die Mitglieder der beiderseiti¬ gen Regierungen nachzukommen versprechen. Schließlich wurde noch als Termin für die Einberufung der Delegationen der 27. Oktober 1. J. bestimmt, worauf die Sitzung von Sr. Majestät Ag. geschlossen wurde. Datum ut supra. Ah. E. Ich habe den Inhalt des Protokolls zur Kenntnis genommen. Eisenerz, 8. Oktober 1884. Franz Joseph. Nr. 6 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 7. und 8. April 1885 RS. (und. RK.) Gegenwärtige: der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza (10. 5.), der k. k. Ministerpräsident Graf Taaffe (15. 5.), der k. u. k. gemeinsame Kriegsminister FZM. Graf Bylandt-Rheidt (16. 5.), der k. u. k. gemeinsame Finanzminister von Källay (17. 5.), der kgl. ung. Finanzminister Graf Szapäry (10. 5.), der k. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski (17. 5.), der k. k. Handelsminister Freiherr v. Pino (17. 5.), der kgl. ung. Handelsminister Graf Szechenyi (10. 5.), der Sektionschef <pb/>