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Gemeinsamer Ministerrat, 25. 11. 1883

I. Der Ausbau der ung.-galizischen Eisenbahnnetzes

Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_IV/pdf/oe_hu_mrp_IV_z2.pdf.

II. Die Vorbereitungen für den Bau von einfachen Feldbahnen

Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_IV/pdf/oe_hu_mrp_IV_z2.pdf#page=7.

VI. Das Offizierswitwen- und Waisenversorgungsgesetz

Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_IV/pdf/oe_hu_mrp_IV_z2.pdf#page=22.

VII. Die Anbahnung eines gesicherten Kundschaftswesens

Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_IV/pdf/oe_hu_mrp_IV_z2.pdf#page=23.

214 Nr. 2 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 25. 11. 1883

festzustellen sei - bwas aber das Übrige nicht aufzuhalten braucheb - und das
Weitere nur vom Reichskriegsministerium abhängen werde.

   Se. Majestät der Kaiser geruhen Ag. zu bemerken, daß die Frage
bezüglich Aufbringung der Fuhren auch in Ungarn zu lösen, dort aber nicht so
dringend sei.

   FML. Baron Beck erlaubt sich au. zu bemerken, daß in Ungarn nur
Differenzen über die Art und Weise der Stellung der Fuhren bestehen; man
fürchte dort, es könnte die Pferdeassentierung hievon ungünstig beeinflußt
werden, indem sich einzelne Besitzer unter dem Vorwände der Fuhrenbeistel-
lung der Assentierung ihrer Pferde entziehen.

   Se. Majestät der Kaiser geruhen hierauf die Frage der Publikation
der Daten für die Fuhrenaufbringung in Galizien der raschen Erledigung zu
empfehlen und schließen hiemit die Sitzung.

Wien, am 13. November 1883.

Nr. 2 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 25. November 1883

    RS.
    Gegenwärtige: der k. u. k. gemeinsame Minister des Äußern Graf Kdlnoky (4. 12.), der kgl. ung.
Ministerpräsident Tisza (21. 1. 84), der k. k. Ministerpräsident Graf Taaffe (8. 12.), der k. u. k.
gemeinsame Kriegsminister FZM. Graf Bylandt-Rheidt (6. 12.), der k. u. k. gemeinsame Finanzmi-
nisterv. Källay(7. 12.), der kgl. ung. Finanzminister Graf Szapäry (23. 1. 84), der kgl. ung. Minister
für öffentliche Arbeiten und Kommunikationen Baron Kemeny (25. 1. 84), der k. k. Minister für
Landesverteidigung FML. Graf Welsersheimb (o. D.), der k. k. Finanzminister Ritter v. Dunajews-
ki (8. 1. 84), der k. k. Handelsminister Freiherr v. Pino (2. 1. 84), der kgl. ung. Minister für Acker¬
bau, Industrie und Handel Graf Szechenyi (o. D.), der Chef* des k. u. k. Generalstabes FML.
Freiherr v. Beck (4. 1. 84), der Staatssekretär im kgl. ung. LVM. FML. Freiherr v. Fejerväry (o. D.)
und der Oberst Ritter v. Pohl des k. u. k. Generalstabskorps in Vertretung des Vorstandes der
k. u. k. Militärkanzlei Sr. Majestät (27. 1. 84).
    Protokollführer: Hptm. v. Thuränszky des k. u. k. Generalstabskorps.
    Gegenstand: I. Der Ausbau des ung.-galizischen Eisenbahnnetzes. II. Die Vorbereitungen für
den Bau von einfachen Feldbahnen. III. Das neue Pferdestellungsgesetz. IV. Das Kriegsleitstungsge-
setz. V. Das Landsturmgesetz. VI. Das Offizierswitwen- und Waisenversorgungsgesetz. VII. Die
Anbahnung eines gesicherten Kundschaftswesens.

   Protokoll1 der unter Ah. Vorsitze Sr. k. u. k. apost. Majestät am 25. Novem¬
ber 1883 in Budapest stattgehabten gemeinsamen Beratung.

    [I.JSe. k. u. k. apost. Majestät geruhen in Eröffnung der Sitzung
die Ah. Willensmeinung bekannt zu geben, Sich über den Stand der im Monate

h'b Einfügung Welsersheimbs.

 1 KA., MKSM. 20-1/14-2 de 1883. Vgl. Vermerkzettel im HHStA., PA. XL, Karton 293: Z.
        317/RMR. erliegt sub Nr. 3088/MKSM.
<pb/>Nr. 2 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 25. 11. 1883  215

Februar d. J.2 zur Sprache gebrachten, die Schlagfertigkeit des Heeres in so
hohem Maße beeinflussenden Fragen orientieren zu lassen, betonen die Wich¬
tigkeit einer raschen Lösung derselben und fordern zunächst die Ressortmini¬
ster auf, den Bau der Eisenbahnlinie Munkäcs-Stryj zur Sprache zu bringen.

    Handelsminister Freiherr v. Pino erlaubt sich au. anzuführen,
daß der Bau dieser Linie auf galizischer Seite gesichert erscheint. Zur Ausarbei¬
tung der Detailprojekte wurden vom Reichsrate 100 000 Gulden bewilligt, und
sobald bezüglich des Anschlußpunktes, des Tunnelbaues und der Steigungen
das Einverständnis mit der ung. Regierung erzielt sein wird, werden die zum Bau
nötigen Mittel zum Teile in das Budget pro 1884 eingestellt. Zur Erzielung dieses
Einverständnisses findet am 27. November d. J. der Zusammentritt der beider¬
seitigen technischen Organe statt und glaubt Se. Exzellenz, daß man sich leicht
einigen wird. Als Anschlußpunkt wird wahrscheinlich der ursprünglich ins Auge
gefaßte gewählt werden müssen.

   Minister Baron Kemeny führt auch au. an, daß der frühere An¬
schlußpunkt beibehalten, nur die Richtung des Tunnels geändert, hiedurch
jedoch dessen Länge wenig beeinträchtigt wird. Auch von ung. Seite werden
gegen die Ausführung keine Schwierigkeiten gemacht. Auf Grund des Projektes
vom Jahre 1873 sind die Trassierungsarbeiten beendet. Nach den am 27. d. M.
stattfindenden Verhandlungen wird Se. Exzellenz in der Lage sein, die Konzes-
sionierungskomission einzuberufen und, sobald diese ihren Bericht erstattet, die
Gesetzesvorlage fertigzustellen.

   Se. Exzellenz entwirft noch ein kurzes Bild der Bauverhältnisse dieser Bahn
und führt namentlich an, daß die im Tale führende untere Strecke in der Länge
von 40 bis 48 Kilometer leicht herzustellen, dagegen das schwierige Terrain in
der letzten 9-10 Kilometer langen Strecke dem Bau mancherlei Schwierigkeiten
bereiten wird (Rutschterrain, Anlage von Viadukten, Galerien). Von den auf
10 400 000 Gulden veranschlagten Gesamtkosten dürften 6 Millionen auf diese
letzte Strecke entfallen.3 Große Steigungen sind unvermeidlich und hat auch das
gemeinsame Kriegsministerium solche bis 25 Promille (1:40) zugestanden. Die
Bauzeit dürfte auf drei Jahre zu veranschlagen sein; die Techniker behaupten
zwar, daß bei forcierter Arbeit die Herstellung in 2 1/2, selbst zwei Jahren zu
ermöglichen wäre, doch hält Se. Exzellenz mit Rücksicht auf die gemachten
Erfahrungen diese Zeit als zu knapp bemessen.

   Ministerpräsident v. Tisza stimmt den Ausführungen des Vorred¬
ners zu und spricht die Hoffnung aus, daß der Reichstag die notwendigen
Summen bewilligen dürfte.

Randbemerkung Kemenys Nb. Die 6 Millionen wurden durch mich rektifiziert. - (Nach dem
Voranschläge dürften auf die letzten 11 Kilometer bis 5 Millionen entfallen).

Protokoll des am 4. Februar 1883 unter Ah. Vorsitze Sr. k. u. k. apost. Majestät in der
Hofburg zu Wien abgehaltenen gemeinsamen Ministerrates über mehrere Fragen militäri¬
schen Inhaltes. KA., MKSM. 20-1/6-4 von 1883. - Protokoll der unter Ah. Vorsitze am 6.
Februar 1883 stattgehabten Konferenz. KA., MKSM. 20-1/6-5 von 1883.
<pb/>216 Nr. 2 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 25. 11. 1883

   Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen Ag. zu betonen, daß mit
Rücksicht auf die eminente Wichtigkeit der Bahn und die Schwierigkeiten des
Baues es umso dringender geboten sei, mit den Arbeiten und namentlich jenen
beim Tunnel ehebaldigst zu beginnen.

   Ministerpräsident v. Tisza und Minister Baron Kemeny
erklären, daß mit den Arbeiten im Mai 1884 begonnen werden kann.

   Reichskriegsminister FZM. Graf Bylandt-Rheidt betont
neuerdings die militärische Wichtigkeit dieser Bahn, über die schon so viel
geschrieben und gesprochen wurde, und hebt hervor, daß die möglichst rasche
Inangriffnahme des Baues sehr dringend geworden.

   Die Marschlinie Munkäcs-Stryj hat sechs Tagmärsche im unwirtbaren Ter¬
rain, eine Abkürzung der Marschdauer wäre schon von großem Vorteile und
da der Tunnel erst in drei Jahren fertig wird, mittlerweile aber politische Ver¬
wicklungen eintreten können, stellt Se. Exzellenz die dringende Bitte, gleichzei¬
tig mit dem Tunnel auch den Bau der Bahn von Munkäcs bzw. Stryj gegen den
Tunnel zu beginnen, dadurch in nicht ferner Zeit die Marschdauer auf dieser
Linie um drei Tage abgekürzt würde.

   Chef des Generalstabes FML. Baron Beck schließt sich den
Ausführungen Sr. Exzellenz des Reichskriegsministers an und erlaubt sich noch
au. anzuführen, daß insolange der Tunnel nicht fertig wird, die Orte Skole
(eineinhalb Märsche von Stryj) und Zsolyva (ein Marsch von Munkäcs) als
Ausbarkierungsstation in Aussicht zu nehmen wären. Die von diesen beiden
Orten gegen den Tunnel in Aussicht genommenen Steigungen bis 25 Promille
sind bedenklich; beeinträchtigen die Leistungsfähigkeit in hohem Maße. Vom
militärischen Standpunkte muß die Beförderung von 1500 Achsen täglich nach
jeder Richtung gefordert werden, um den durchlaufenden Verkehr der Trans¬
porte, welche von den südlichen Anschlußbahnen kommen, zu ermöglichen.
Eventuell könnte man sich mit der von ungarischer Seite proponierten Einlei¬
tung von Zwillingszügen begnügen, obschon die Teilung der Züge stets mißlich
bleibt.

   Schließlich bezeichnen es Se. Exzellenz als höchst wünschenswert, daß die
betriebstechnische Leitung der Linie von Debreczin bis Stryj zur tunlichsten
Vereinfachung des Transportdienstes in eine Hand gelegt, d. h. einer Verwal¬
tung übertragen werden.

   Minister Baron Kemeny führt au. an, daß sich die ung. Nord-Ost-
Bahn um die Übernahme des Betriebes der Linie Munkäcs-Beskiden beworben
hat und die Absicht besteht, ihr denselben zu übertragen. Die Betriebsführung
auf dieser kurzen und mit Linien des ung. Staatseisenbahnnetzes nicht in Ver¬
bindung stehenden Eisenbahn durch den Staat wäre sehr prekär. Der Beginn
des Baues von Munkäcs gegen den Tunnel (bis Zsolyva) ist nicht nur leicht in
einigen Monaten durchführbar, sondern im gewissen Sinne sogar notwendig,
um die Zufuhr des Baumaterials für die schwierige obere Strecke zu ermögli¬
chen. Der Bau des Tunnels könnte dann eventuell in zweiter Linie erfolgen.

   Minister Baron Pxno führt zunächst an, daß die jüngsten, bei Tun¬
nelbauten gewonnenen Erfahrungen den Se. Exzellenz dem Minister Baron
<pb/>Nr. 2 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 25. 11. 1883  217

 Kemeny gegenüber gemachten Ausspruch der Ingenieure gerechtfertigt erschei¬
 nen lassen und daß, wenn keine ungünstigen Zufälle verkommen, der Bau des
 1600-1700 Meter langen Tunnels bei [den] Beskid[en] auch in zwei Jahren
 erfolgen kann. Se. Exzellenz haltet in erster Linie die Inangriffnahme der Tun¬
 nelarbeiten für notwendig.

    Auf die von Sr. Exzellenz dem Reichskriegsminister und Sr. Exzellenz dem
 Chef des Generalstabes gemachte Bemerkung bezüglich der gleichzeitigen Inan¬
 griffnahme der im Tale liegenden Bahnstrecken übergehend, hebt Se. Exzellenz
 hervor, daß die auf galizischer Seite liegende zirka 40 Kilometer lange Strecke,
 ausgenommen im obersten kurzen Teile, keine Schwierigkeiten bietet, wenig
 Kunstbauten erfordert und innerhalb eines Jahres nach Ausarbeitung der De¬
 tailprojekte hergestellt werden kann, so daß - wenn diese Arbeiten erst im
zweiten Baujahre beginnen, dieselben gleichzeitig mit dem Tunnel Ende 1885
vollendet sein können.

    Ob es möglich sein wird, dieselben schon 1884 in Angriff zu nehmen, läßt sich
jetzt nicht bestimmen, doch bezweifelt Se. Exzellenz, daß die nötigen Geldmittel
mit Rücksicht auf die Finanzlage und die bedeutenden Summen, welche schon
für den Bau der Eisenbahnen in Galizien angesprochen wurden, in der Gesamt¬
höhe von 3 600 000 schon pro 1884 bewilligt werden. Dazu kommt noch die
Schwierigkeit der Grundeinlösung, welche in der unteren Strecke bedeutende
Zeit erfordert, während sie in der oberen Strecke von Skole an, wegen der
dortigen großen Besitzungen leicht durchzuführen ist. Die Betriebsführung
könnte in Anbetracht des großen Netzes (1000 km), welches Ende 1884 in
Galizien in Staatsregie verwaltet wird, auch nur vom Staate erfolgen; die
Übergabe des Betriebes dieser kurzen Linie an eine Privatgesellschaft wäre nicht
zweckmäßig und auch nicht zu motivieren.

   Wenn es der ungarischen Regierung genehm ist, würde die k. k. Regierung
auch den Betrieb der Linie Beskiden-Munkäcs auf Grund eines im Sinne der
ungarischen Gesetze abzuschließenden und Ungarn die tunlichsten Vorteile
gewährenden Vertrages übernehmen. - Hiedurch würden für beide Teile die für
die Einrichtung der Wechselstationen nötigen Auslagen erspart. Sollte jedoch
die ungarische Regierung die Übergabe des Betriebes an die ung. Nord-Ost-
Bahn vorziehen, so wäre Se. Exzellenz auch in diesem Falle geneigt, die tunlich¬
sten Erleichterungen im Verkehr zu befürworten und die Wechselstation auf
galizischem Boden anzulegen.

   Schließlich führt Se. Exzellenz an, daß die unvermeidliche Anlage von Kur¬
ven mit geringem Halbmesser und die großen Steigungen (25 Promille) kein
Hindernis bilden, um 1500 Achsen täglich in jeder Richtung (zusammen 60
fünfzigachsige Züge) durchzubringen.

   Minister Baron Kemeny betont auch die Gewährung tunlichster
Erleichterungen im Betriebe, als im gegenseitigen Interesse gelegen, erörtert die
Schwierigkeiten, wenn eine Bahn mitten im Gebirge aüfhört und dort die Züge
aufgelöst werden müssen, wodurch ein gegenseitiges Übergreifen der Züge
<pb/>218 Nr. 2 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 25. 11. 1883

bedingt ist, spricht jedoch die Ansicht aus, daß die Frage des Betriebes gegen¬
wärtig noch nicht entschieden werden könnte.3

   Minister Graf Szapäry hebt hervor, daß gegenwärtig die erforderli¬
che Bausumme noch nicht klar festgestellt ist, insbesondere ist nicht bekannt,
wieviel der Tunnel und die einzelnen Bahnstrecken kosten werden; auch läßt
sich in Anbetracht der mißlichen Finanzlage jetzt nicht angeben, welche Summe
für den Bau pro 1884 bewilligt werden wird; es wäre daher die Frage, ob mit
dem Baue des Tunnels oder jenem der unteren Strecke, oder mit beiden zugleich
zu beginnen wäre, noch offen zu lassen.

   Ministerpräsident v. Tisza erlaubt sich auf Grund der gehörten
Ansichten den au. Antrag zu stellen, Se. Majestät geruhen bezüglich des Baues
der Eisenbahnlinie Munkäcs-Stryj Ag. auszusprechen, daß beide Regierungen
den Ausbau der ganzen Linie bis Ende 1885 -- und die einheitliche Leitung des
Betriebes tunlichst anstreben sollen.b

   Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen den Antrag des ung. Mini¬
sterpräsidenten Ag. zu genehmigen und betonen insbesondere, daß der Termin
Ende 1885 für den Ausbau der unteren leichten Strecken als der äußerste zu
gelten hätte. Hierauf geruhen Se. Majestät zu fragen, was von der Regierung
der im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder bezüglich des Tunnel¬
baues in Aussicht genommen ist, dann ob die Detailprojekte schon in Angriff
genommen wurden.

   Minister Baron Pino erlaubt sich au. anzuführen, daß erst in der
am 27. d. M. stattfindenden kommissioneilen Beratung die Frage erörtert wird,
welche Regierung den Ausbau des ganzen Tunnels gegen einen vom anderen
Teile zu leistenden Pauschalbeitrag zu übernehmen hat. Da der Tunnel auf
ungarischer Seite länger ist (1000 m.), so würde sich die Übernahme des Baues
durch die ung. Regierung empfehlen; eventuell könnte jedoch auch die k. k.
Regierung den Bau übernehmen. Die Ausarbeitung der Detailprojekte wurde
begonnen.

   Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen auf die Beratung des Baues
der Eisenbahn Csäcza-ungarisch-galizische Landesgrenze überzugehen und fra¬
gen den Minister Baron Kemeny, welche Hindernisse der Erteilung der Konzes¬
sion für diese Linie entgegenstehen.

   Minister Baron Kemeny führt au. an, daß die öster.-ung. Staatsei¬
senbahngesellschaft sich um die Konzessionierung dieser Linie beworben hat,
dieselbe jedoch nur als sekundäre Bahn bauen oder als integrierenden Teil der
Waagtal-Bahn betrachtet wissen wollte. Das gern. Kriegsministerium hat gegen
die bedeutenden Steigungen (25 Promille) als auch gegen den Bau dieser als
Bahn erster Klasse in Betracht kommenden Linie - im Stile der Sekundärbah-

        Randbemerkung Tiszas Ich glaube nicht, bis Ende 1885 gesagt zu haben, da ja immer von drei
        Jahren die Rede war, also füglich nur Ende 1886 als der letzte Termin angegeben werden
        konnte.

         33/MT. Üng.MR. v. 20. 11. 1883. 5. Die Eisenbahn Munkäcs-Stryj, OL., K. 27, Karton 37.
<pb/>Nr. 2 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 25. 11. 1883  219

 nen, Einsprache erhoben. Gegenwärtig sind die Schwierigkeiten behoben und
 glaubt Se. Exzellenz in der Lage zu sein, demnächst eine entsprechende Vorlage
 machen, cd. i. eine Gesetzesvorlage unterbreiten0 zu können.

    Minister Baron Pino führt an, daß sich die öster.-ung. Staatseisen¬
 bahngesellschaft verpflichtet hat, sobald sie die Konzession bekommt, die Linie
 um einen Monat früher als jene von Zwardon nach Saybusch herzustellen, was
 auch möglich ist, weil die Grundeinlösung auf ungarischer Seite keine Schwie¬
 rigkeiten verursacht.

    Chef des Generalstabes FML. Baron Beck betont die Wich¬
 tigkeit, diese Linie gleichzeitig mit der galizischen Transversalbahn dem Verkehr
 zu übergeben, um eine neue Aufmarschlinie zu gewinnen. Nach dem jetzigen
 Elaborat muß das 5. Korps (Preßburg) in Sillein auswaggoniert werden, was
 eine Verspätung von fünf-sechs Tagen im Aufmärsche verursacht. Die Vollen¬
 dung dieser Linie wäre bis Oktober 1884 sicherzustellen.

    Se. Exzellenz spricht weiters den Wunsch aus, die Leistungsfähigkeit der
 Kaschau-Oderberger Bahn in der kurzen Strecke Sillein-Csäcza zu erhöhen.
Die Kosten der hiezu nötigen Ausweichen in Kisuca sind unbedeutend. Die
einheitliche Leitung des Betriebsdienstes auf der ganzen Linie Preßburg-Say-
busch wäre ebenso wie bei der Linie Debreczin-Stryj geboten und könnte
eventuell von der öster.-ung. Staatseisenbahngesellschaft übernommen werden.
Der viermalige Wechsel in der Betriebsleitung auf dieser Linie (von Preßburg
bis Sillein öster.-ung. Staatsbahn, dann bis Csäcza Kaschau-Oderberger Bahn,
weiters bis Zwardön wieder öster.-ung. Staatsbahn, schließlich Direktion der
k. k. Staatsbahnen) wäre für den Transportsdienst sehr erschwerend.

   Se. k. u. k. apost. Majestät betonen, deß der häufige Wechsel in
der Betriebsleitung hier noch auffallender ist als auf der Linie Debreczin-Stryj.

   Minister Baron Pino. Die Herstellung eines Nebengleises in Kisuca
zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Kaschau-Oderberger Bahn in der
Strecke Sillein--Csäcza kann nur relativ unbedeutende Kosten verursachen.
Dieselben Gründe, welche bezüglich des Betriebsdienstes auf der Linie Beski-
den-Stryj angeführt wurden, sprechen auch hier für die Beibehaltung desselben
durch den Staat. Der Reichsrat würde schwerlich einwilligen, daß von dem
ausgebreiteten, dem Staate gehörigen Eisenbahnnetze in Gahzien ein kleiner
Teil an eine Privatgesellschaft übergeben werde.

   Seine Exzellenz hat übrigens gehört, daß die öster.-ung. Staatseisenbahn-
Gesellschaft mit der Kaschau-Oderberger Bahn ein Abkommen wegen Mitbe¬
nützung der Strecke Sillein-Csäcza getroffen hat, wodurch der Wunsch bezüg¬
lich des einheitlichen Betriebes bis Zwardön erfüllt wird. Beim Übergange nach
Galizien und umgekehrt müßte man sich gegenseitig helfen und die Wechselsta¬
tionen in Csäcza und Saybusch bestimmen.

   Minister Baron Kemeny hat auch von dem Vertrage des öster.-
ung. Staats mit der Kaschau-Oderberger Bahn und von den in Kisucza vorzu-

C-C Einfügung Kemenys.
<pb/>220 Nr. 2 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 25. 11. 1883

nehmenden Umgestaltungen gehört, wurde jedoch hievon amtlich noch nicht
unterrichtet.

   Se. k. u. k. apost. Majestät empfehlen, auch die in Rede stehen¬
de Bahnlinie unausgesetzt im Auge zu behalten und geruhen sodann den Mini¬
ster Baron Kemeny zu fragen, in welchem Stadium sich die beabsichtigte
Konzessionierung der Linie Großwardein-Ermihälyfalva befindet.

   Minister Baron Kemeny kann bezüglich dieser Linie leider nichts
Endgiltiges berichten. Das Konsortium, welches um die Konzessionierung ge¬
boten, konnte sich wegen der gegenwärtigen schlechten Geldverhältnisse nicht
konstituieren, obschon sowohl von den Komitaten Bihar und Bekes als auch
von einzelnen Grundbesitzern Beihilfen in Aussicht gestellt wurden und der
Gesellschaft auch die Hilfe des Staates (Vergütung der Postsendungen) zu Gute
käme. Se. Exzellenz beabsichtigt das Möglichste zu tun, um dieser Gesellschaft
unter die Arme zu greifen.

   Chef des Generalstabes FML. Freiherr v. Beck motiviert
die Notwendigkeit des Ausbaues der in Rede stehenden Linie durch das gegen¬
wärtige Eisenbahndefile Püspökladäny-Debreczin, welches bei einem Aufmär¬
sche gegen Norden sowohl von den über den Bahnknotenpunkt Szolnok diri¬
gierten als auch von den aus Siebenbürgen kommenden Transporten benützt
werden muß und nur die Beförderung von 1500 Achsen täglich gestattet. Entwe¬
der müßte die Leistungsfähigkeit dieser Strecke auf 3000 Achsen täglich erhöht
oder die Bahn Großwardein-Ermihälyfalva gebaut werden, um zwei durchlau¬
fende Aufmarschlinien schon vom äußersten Süden der Monarchie einerseits
über Lupköw nach Chyröw, andererseits über Munkäcs nach Stryj zu erhalten.

   [II.] Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen den Chef des General¬
stabes aufzufordern, die zu treffenden Vorbereitungen für den Bau von einfa¬
chen Feldbahnen in Galizien im Falle eines russischen Krieges zu erörtern.

   Chef des Generalstabes FML. Freiherr v. Beck. Die
Hauptschwierigkeit bei Einleitung von Operationen der modernen großen Ar¬
meen bildet die Sicherstellung der Verpflegung. Bei Bearbeitung der konkreten
Kriegsfälle und namentlich jenes gegen Rußland gewinnt man immer mehr die
Überzeugung, daß der Nachschub mit Fuhrwerk, welches in der erforderlichen
großen Zahl kaum aufzutreiben sein wird, stets prekär bleibt, und daß gleich
nach Beginn der Operationen der Bau von einfachen Feldbahnen zu Nach¬
schubzwecken in Aussicht genommen werden muß.4 Diese können vom Eisen-
bahnregimente, wenn keine besonderen Terrainschwierigkeiten zu überwinden
sind, wohl in relativ kurzer Zeit gebaut werden, doch stehen der Kriegsverwal¬
tung nicht die Mittel zu Gebote, um schon im Frieden das Fahrmaterial vorrätig
zu halten. Es müßte daher aufdas vorhandene Material für Rollbahnen, welches
in größerer Menge nur bei den Bauunternehmern zu finden ist, gegriffen werden.
Die Schwierigkeiten, es von weitem an den Bedarfsort zu transportieren, ma-

4 Vortrag des Chefs des Generalstabes v. 29. 4. 1883 hinsichtlich des Aufmarschelaborates für
        den Kriegsfall gegen Rußland, KA., MKSM. 69-2/1-3 ex 1883.
<pb/>Nr. 2 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 25. 11. 1883  221

dien es wünschenswert, dasselbe in der Nähe des Aufmarschraumes bereitzu¬
stellen.

   In Preußen ist die eventuelle Übergabe derlei Materials an die Militärverwal¬
tung gesetzlich geregelt; auch werden größere Privatbesitzer zur Anlage von
Rollbahnen, welche den mannigfachen industriellen Zwecken dienen, animiert.

   Die Anlage von Feldbahnen für den Verkehr mit normalen Lovris ist in
Anbetracht der größeren Leistungsfähigkeit wohl vorteilhafter, doch können
Fälle eintreten, wo namentlich in Rücksicht der raschen Herstellung auf die
Anlage von Rollbahnen gegriffen werden muß. Es wäre daher höchst wün¬
schenswert, wenn Erhebungen gepflogen würden, was an derlei Material vor-
handen ist, und zu erwägen, in welcher Weise es im gegebenen Falle den
militärischen Zwecken dienstbar gemacht werden könnte.

   Minister Baron Pino ist bereit, die nötigen Erhebungen zu machen,
welche leicht zu bewerkstelligen sind. Die Brauchbarkeit dieses Materials ist
zweifellos, nur besteht die Schwierigkeit, es an den Bedarfsort zu transportieren.

   Ministerpräsident v. Tisza bemerkt, daß bei den Erhebungen be¬
hutsam vorgegangen werden müßte, um nicht Stoff zu alarmierenden Kriegsge¬
rüchten zu geben und erklärt nach einer kurzen Debatte, daß diese Erhebungen
gepflogen werden können.

    [III.] Se. k. u. k. apost. Majestät ordnen Ag. an, daß über diesen
 Gegenstand Studien anzustellen seien, und fordern den Reichskriegsminister
 auf, den Stand der Verhandlungen bezüglich des neuen Pferdestellungsgesetzes
 darzulegen.

    Reichskriegsminister FZM. Graf Bylandt-Rheidt. Infolge
Ah. Auftrages wurden die Beratungen über den neuen Entwurf des Pferdestel¬
lungsgesetzes fortgesetzt und zunächst mit der ung. Regierung folgende Stilisie¬
rung des § 3, welcher von der Repartition des Pferdekontingentes auf die
Militärterritorialbezirke handelt und in Verbindung mit dem § 4 das Wesen des
neuen Entwurfes ausmacht, vereinbart:

   ,,Alle in einem Militärterritorialbezirke zu mobilisierenden Truppen des ge¬
meinsamen Heeres haben die Pferde grundsätzlich aus demselben Territorialge¬
biete zu erhalten.

   Im Falle der Pferdebedarf eines Militärterritorialbezirkes dessen Leistungsfä¬
higkeit (§ 4) übersteigt, so ist die unbedeckte Quote aus einem benachbarten
Militärterritorialbezirke beizustellen, dessen Leistungsfähigkeit durch den Be¬
darf seiner eigenen Truppen nicht erschöpft wurde, nötigenfalls ohne Rücksicht
darauf, ob dieser Militärterritorialbezirk demselben Staatsgebiete angehört oder
nicht. Hiernach ist die Repartition des Pferdebedarfes für das gemeinsame Heer
auf die beiden Reichshälften vom gemeinsamen Kriegsminister und den beider¬
seitigen Ministem für Landesverteidigung festzusetzen.

   Der Pferdebedarf der Landwehr ist auf Basis ihrer Territorialeinteilung nach
dem analogen Verfahren innerhalb des eigenen Staatsgebietes zu decken. Die
Adrepartition des Pferdebedarfes der Landwehr obliegt dem Landesverteidi¬
gungsminister im Einvernehmen mit dem Kriegsminister.&quot;
<pb/>222 Nr. 2 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 25. 11. 1883

   Da diese Stilisierung vom k. k. Ministerium nicht angenommen wurde, hat
das Reichskriegsministerium einen neuen Entwurf ausgearbeitet, der von der
k. k. Regierung zwar angenommen, dagegen wieder vom ungarischen Ministe¬
rium abgelehnt wurde, so daß man gegenwärtig vor einer ungelösten Aufgabe
steht.

   Bei Feststellung des Pferdeassentplanes für das Jahr 1884 hat das k. k.
Landesverteidigungs- und das k. k. Ackerbauministerium die weitgehendsten
Konzessionen gemacht, um die geringste Verschiebung von Pferden zu ermögli¬
chen; auch die kgl. ung. Regierung hat ein Virement zwischen Reit- und Zug¬
pferden gestattet, wodurch sehr günstige Verhältnisse für die Augmentierung
des Pferdestandes im Mobilisierungsfalle geschaffen wurden (es werden nur
5000, früher 10 000 Pferde verschoben). Bedenklich bleibt es aber, daß diese
Konzessionen eben nur für das Jahr 1884 Geltung haben. Da keine Hoffnung
vorhanden ist, bezüglich des neuen Gesetzes in nächster Zeit eine Vereinbarung
zu erzielen, so wären im Interesse der Stabilität der Mobilisierungsarbeiten die
gleichen Konzessionen auch für das Jahr 1885 zu machen.

   Der vom Reichskriegsministerium neu verfaßte Paragraph 3 des Entwurfes
enthält im wesentlichen dasjenige, das schon früher vom ungarischen Ministe¬
rium angenommen wurde. Derselbe lautet:

   ,,Die Ermittlung derjenigen Anzahl von Pferden, deren Abstellung aus jedem
Militärterritorialbezirke erforderlich ist, erfolgt durch den gemeinsamen Kriegs¬
minister mit Rücksicht auf die möglichste Raschheit und Zweckmäßigkeit der
Mobilisierung des Heeres und auf die Leistungsfähigkeit der Militärterritorial¬
bezirke.

   Hiernach ergibt sich der Pferdebedarf, welcher einerseits auf die im Reichsrat
vertretenen Königreiche und Länder, andererseits auf die Länder der ungari¬
schen Krone anzurepartieren ist.

   Der Pferdebedarf der Landwehr ist stets auf Grund ihrer Territorialeinstel¬
lung innerhalb des eigenen Staatsgebietes zu decken.&quot;

   Soweit sich Se, Exzellenz aus den stattgehabten Verhandlungen ein Urteil
bilden konnte, so scheint der Hauptgrund der Nichtannahme des neuen Ent¬
wurfes seitens der ungarischen Regierung darin zu liegen, daß diese nicht
gesonnen ist, dem Reichskriegsministerium ein Pleinpouvoir bei Ermittlung der
in einem Militärterritorialbezirke abzustellenden Anzahl von Pferden einzuräu¬
men und dieselbe im Einvernehmen mit dem Honved- und Ackerbauministe¬
rium durchgeführt wissen will, während das k. k. Landesverteidigungsministe¬
rium sich bereit erklärt, diese Ermittlung ausschließlich dem Reichskriegsmini¬
sterium zu überlassen. Wenn keine Aussicht vorhanden wäre, auf Basis des
letzten Entwurfes eine Vereinbarung zu erzielen, so müßte eventuell auf den
ersten Antrag zurückgegriffen werden.

   Landesverteidigungsminister FML. Graf Welsersheimb
erlaubt sich vorbehaltlich der Schlußfassung der k. k. Regierung au. anzufüh¬
ren, daß dieselbe auch in künftigen Jahren bereit sein wird, die bei Feststellung
des Pferdeassentplanes pro 1884 gemachten Konzessionen zuzugestehen, weil
das jetzige Gesetz eine derartige Interpretation zuläßt. Die zum Zwecke der
<pb/>Nr. 2 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 25. 11. 1883  223

 tunlichsten Herabminderung der Pferdeverschiebungen gemachten Konzessio¬
 nen bestehen darin, daß die Repartition der Pferdekontingente auf die einzelnen

 Kronländer &quot;mit tunlichster Rücksichtd der Ordre de bataille und die Subrepar-
 tition auf die Stellungsbezirke derart erfolgte, daß die für die Pferdeaugmentie-
 rung günstig gelegenen ein 1. Linie - und wonötig6 bis zur Grenze der Leistungs¬
 fähigkeit belastet wurden.

    Betreffend den vom Reichskriegsministerium verfaßten letzten Entwurf eines
 neuen Pferdestellungsgesetzes führt Se. Exzellenz an, daß er demselben über
 Ermächtigung der k. k. Regierung zugestimmt hat, weil darin dem in allen
anderen Staaten befolgten Prinzip, wonach nur die Heeresverwaltung eine den
militärischen Interessen entsprechende Repartition des Pferdekontingentes vor¬
nehmen kann -, Rechnung getragen wird. Der Paragraph 3 des Entwurfes sagt
auch, daß die Entwicklung der aus jedem Militärterritorialbezirke abzustellen¬
den Anzahl von Pferden mit Rücksicht auf die möglichste Raschheit und
Zweckmäßigkeit der Mobilisierung des Heeres und auf die Leistungsfähigkeit
der Militärterritorialbezirke zu erfolgen hat, es werden somit sowohl die militä¬
rischen als auch die volkswirtschaftlichen Interessen berücksichtigt.

   Andererseits wird auch dem Landesverteidigungsminister die Gelegenheit
geboten, auf die Pferderepartition Einfluß zu nehmen, weil er mit der Durchfüh¬
rung des Gesetzes betraut wird. Dessen Einflußnahme in § 3 zum Ausdruck zu
bringen, wäre in politischer Beziehung nicht vorteilhaft, fweil dann schon der
erste Entwurf des Pferdeassentplanes nicht ohne weitläufiger Einvernahme

beider Landesverteidigungsministeri zustande gebracht werden könnte. Es kann
jedoch den Entwurf prüfen und wenn dieser gesetzlich unbegründet wäre, die
Durchführung verweigern.

   FML. Freiherr v. Fejerväry führt zunächst au. an, daß der unga¬
rischen Regierung die Wahrung der militärischen Interessen ebenso sehr am
Herzen gelegen ist und daß sie auch den bisher gestellten Anforderungen bezüg¬
lich der Pferderepartition bereitwilligst entsprochen hat.

   Nach Durchführung der Reorganisation der Armee auf Grund des Territo¬
rialsystems5 hat sich im militärischen Interesse das Bedürfnis eingestellt, den
Pferdebedarf der einzelnen Korps im Mobilisierungsfalle tunlichst im betreffen¬
den Territorialbezirke aufzubringen. Dies involviert eine Änderung des bisheri¬
gen Pferdestellungsgesetzes,6 weil in diesem der Repartitionsschlüssel genau
festgesetzt ist. Bei Änderung dieses, sowie überhaupt jedes Gesetzes erscheint
es zweckmäßig, die Änderungen auf das möglichst geringste Maß zu reduzieren.
Der mit dem neuen Gesetze beabsichtigte Zweck wird durch den von der

d&#39;d Einfügung Welsersheimbs.
e&quot;e Einfügung Welsersheimbs.

        Korrektur Welsersheimbs aus weil schon der erste Entwurf des Assentplanes nicht ohne dessen
        Einvernahme.

 5 Hlavaö, Die Armeeorganisation der Jahre 1881-1883 238-275.
6 In Österreich das Gesetz vom 13. April 1873, in Ungarn der GA. XX vom Jahr 1873.
<pb/>224 Nr. 2 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 25. 11. 1883

ungarischen Regierung proponierten und auch vom gemeinsamen Kriegsmini¬
sterium akzeptierten Entwurf vollständig erreicht, indem die territoriale Pfer-
deaugmentierung als Grundsatz aufgestellt wird und etwa nötige Aushilfen von
den nächstgelegenen, noch leistungsfähigen Territorialbezirken ohne Rücksicht
auf die Staatsgebiete beizustellen sind. In der vom gemeinsamen Kriegsministe¬
rium zuletzt proponierten Fassung würde die Durchbringung des Entwurfes bei
der ungarischen Legislative auf Schwierigkeiten stoßen, weil die Vorbereitungen
zur Pferdestellung die Landesregierung zu treffen hat.

   Ministerpräsident v. Tisza erlaubt sich au. hervorzuheben, daß
der vom gemeinsamen Kriegsministerium zuletzt proponierte Entwurf, wonach
dieses Ministerium die Anzahl der aus jedem Militärterritorialbezirke auszuhe¬
benden Pferde zu ermitteln hätte, demselben eine Art der Exekutive einräumen
und somit eine Verletzung des Staatsgrundgesetzes involvieren würde.

   Der zweite wesentliche Unterschied zwischen diesem und dem von der ungari¬
schen Regierung proponierten Entwürfe besteht darin, daß in ersterem die
Grenze der Leistungsfähigkeit (85 % der kriegsdiensttauglichen Pferde) nicht
aufgenommen ist. Se. Exzellenz glaubt auch, daß mit dem von der ung. Regie¬
rung proponierten Entwürfe der Zweck vollständig erreicht wird.

   Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen Ag. zu fragen, ob die bei
der Pferderepartition pro 1884 gemachten Konzessionen von der ungarischen
Regierung auch weiterhin zugestanden werden.

   FML. Freiherr v. Fejerväry führt au. an, daß dagegen bis zum
Zustandekommen des neuen Gesetzes keine Schwierigkeiten obwalten.

   Ministerpräsident v. Tisza weist auf die Angriffe seitens des Par¬
laments hin, wenn Verfügungen getroffen werden, die nicht ausdrücklich im
Gesetze begründet sind, erklärt aber, daß nachdem der neue Gesetzentwurf vor
dem nächsten Herbste nicht eingebracht werden kann, kein Hindernis besteht,
die Pferderepartition pro 1885 nach den gleichen Grundsätzen wie pro 1884 zu
 treffen. Jedenfalls müßte man im kommenden Sommer über den neuen Gesetz¬
 entwurf schlüssig werden.

    Reichskriegsminister FZM. Graf Bylandt-Rheidt propo-
 niert 8für den Fall, als die ung. Regierung die Ingerenz des Landesverteidigungs-
 ministers aus parlamentarischen Rücksichten für unabweislich erklären sollte,
 und unter der Voraussetzung, daß die Textierung der anderen §§ im Entwürfe
 der Novelle zum Pferdestellungsgesetze angenommen wird,8 eine neue Fassung
 des § 3 des Pferdestellungsgesetzentwurfes, wonach die Ermittlung der aus jedem
 Militärterritorialbezirke abzustellenden Anzahl von Pferden mit Rücksicht auf
 die möglichste Raschheit und Zweckmäßigkeit der Mobilisierung des Heeres
 und auf die Leistungsfähigkeit der Militärterritorialbezirke vom Reichs- (ge¬
 meinsamen) Kriegsminister im Einvernehmen mit dem Landesverteidigungsmi¬
 nister zu erfolgen hätte. Se. Exzellenz glaubt, daß dieselbe der Auffassung der
 ung. Regierung entsprechen dürfte.

  8&#39;8 Einfügung Bylandt-Rheidts.
<pb/>Nr. 2 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 25. 11. 1883          225

   Auch die Grenze der Leistungsfähigkeit mit 85 % der kriegsdiensttauglichen
Pferde könnte im Gesetzentwürfe aufgenommen werden. Das Reichskriegsmini¬
sterium hat nie die Absicht gehabt weiterzugehen. Se. Exzellenz spricht die
Hoffnung aus, daß sich die Differenzen beheben lassen.

   Se. k. u. k. apost. Majestät weisen auf die zahlreichen, resultats¬
losen Kommissionsverhandlungen hin, fordern die gemeinsamen Minister auf,
diese Angelegenheit im Auge zu behalten, damit die vorhandenen Differenzen
im Wege der persönlichen Besprechung der Minister endlich ausgetragen wer¬
den, und geruhen Ag. zu eröffnen, daß die pro 1884 zugestandenen Konzessio¬
nen der Pferderepartition vorbehaltlich der Schlußfassung im Ministerrate auch
pro 1885 in Aussicht zu nehmen sind.

   [IV.] Sodann geruhen Se. k. u. k. apost. Majestät den Reichs-
kreigsminister aufzufordern, den Stand der Verhandlungen bezüglich des
Kriegsleistungsgesetzes zu skizzieren.

   Reichskriegsminister FZM. Graf Bylandt-Rheidt. Nach
vieljährigen kommissioneilen Verhandlungen wurde der Entwurf eines Kriegs¬
leistungsgesetzes samt Durchführungsbestimmungen sowie eine Verordnung
verfaßt, welche im Mobilisierungsfalle dann zu verlautbaren wäre, wenn bis
dahin das Gesetz noch nicht zustande gebracht sein sollte. Diese Entwürfe
wurden an die Regierungen zur Begutachtung geleitet.

   Beim Wiederzusammentritt der Kommission hat der Vertreter der ungari¬
schen Regierung erklärt, daß dieser Entwurf von derselben nicht angenommen
werden kann, und betonte, daß das Gesetz selbst kürzer verfaßt und das
Schwergewicht in den Durchführungsbestimmungen gelegt werden müßte. Er
produzierte auch einen in diesem Sinne von ihm selbst verfaßten Entwurf, in
dem auch einzelne Ausdrücke, welche bei der Legislative Bedenken wachrufen
konnten, wie z. B. ,,Requisition&quot;, eliminiert waren.

   Die Kommission hat nun diesen Entwurf zur Basis ihrer Verhandlungen
genommen und wurde er nach stattgehabter Durchführung neuerdings an die
beiderseitigen Regierungen zur Abgabe der Wohlmeinung geleitet. Die Antwort
der k. k. Regierung ist schon eingetroffen. Die geltendgemachten Bedenken
laufen der Hauptsache nach dahin aus, daß dieser Entwurf unvollständig sei
und daher aufjenen vom Jahre 1878 zurückgegriffen werden müßte.7 Nament¬
lich hat das k. k. Justizministerium den von ungarischer Seite beantragten
Modus der Liquidation perhorresziert. Von der ungarischen Regierung ist auf

diesen Entwurf noch keine Antwort eingelangt.
   Ministerpräsident v. Tisza muß sich selbst beschuldigen, erlaubt

sich aber au. auf die in jüngster Zeit in so außerordentlichem Maße anderswie
in Anspruch genommene Tätigkeit der ungarischen Regierung hinzuweisen,
welche es nicht gestattete, sich mit diesem Entwürfe bisher eingehend zu befas¬

sen.

7 Wagner, Geschichte des k. k. Kriegsministeriums Bd. 2, 178.
<pb/>226 Nr. 2 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 25. 11. 1883

   Die Wohlmeinungen der ungarischen Ministerien sind beim ungarischen
Landesverteidigungsministerium eingetroffen und hofft Se. Exzellenz, diesen
Entwurf im Monate Dezember, zu welcher Zeit ruhigere Tage eintreten dürften,
einer eingehenden Beratung unterziehen zu können.

   Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen Ag. zu fragen, was dann ge¬
schehen soll.

   Reichskriegsminister FZM. Graf Bylandt-Rheidt erkennt
an, daß das in Rede stehende Gesetz tief einschneidender und drakonischer
Natur sei, aber ein Zustandekommen desselben muß als sehr erwünscht bezeich¬
net werden, weil sonst im Frieden keine entsprechenden Vorbereitungen für den
Kriegsfall getroffen werden können. Speziell weist Se. Exzellenz auf die in
Galizien bezüglich der Fuhrenbeistellung erforderlichen Vorbereitungen hin,
welche umfassende Erhebungen notwendig machen. Die Verlautbarung von
Bestimmungen, welche keine Gesetzeskraft haben, bleibt immer sehr mißlich.
Am schwierigsten dürfte eine Vereinigung der Ansichten bezüglich der Liquida¬
tionsfrage zu erzielen sein.

   Chef des Generalstabes FML. Freiherr v. Beck betont
auch, daß namentlich die Repartition und Disponierung der im Kriegsfälle
gegen Rußland für Nachschubszwecke massenhaft erforderlichen Fuhrwerke
(100 000) schon im Frieden entsprechende Vorarbeiten bedingt, und daß bei
Mangel einer gesetzlichen Grundlage die getroffenen Bestimmungen leicht auf
Widerstand stoßen können. In anderen Staaten bestehen schon seit zehn Jahren
Kriegsleistungsgesetze; auch wir müssen eine gesetzliche Grundlage haben, um
solche Vorbereitungen treffen zu können, die im Kriegsfälle einen raschen,
geordneten Aufmarsch der Armee und damit im Zusammenhänge den mög¬
lichst frühen Beginn der Operationen sicherstellen.

   Landesverteidigungsminister FML. Graf Welsersheimb
führt an, daß der Gesetzentwurf zunächst im Einvernehmen der drei militäri¬
schen Ministerien festzustellen, den anderen Ministerien zur Begutachtung zu
übergeben und die Beseitigung der auftauchenden Differenzen in einem gemein¬
samen Ministerrate anzustreben wäre. Hauptsache bleibt, je früher eine Eini¬
gung über den Entwurfzwischen den beteiligten Ministerien herbeizuführen, um
auf Basis dessen die Durchführungsbestimmungen ausarbeiten zu können.

   Die Einbringung des Gesetzentwurfes bei der Legislative könnte einem gün¬
stigen Zeitpunkte Vorbehalten werden, da es sehr fraglich erscheint, ob dieses
Gesetz, in welchem die militärischen Anforderungen den von der Legislative
hauptsächlich vertretenen volkswirtschaftlichen Interessen gegenüberstehen, in
Friedenszeiten zustande gebracht werden könnte. Andererseits ist es schwer, im
Frieden ohne gesetzlicher Basis die entsprechenden Vorbereitungen zu treffen.
Se. Exzellenz glaubt aber, daß eine solche bezüglich der Fuhrenbeistellung in
dem Regulatio vom Jahre 1782 zu finden ist.8 Ob dasselbe auch für Ungarn

       Regulament für das kaiserlich-königliche Militair Verpflegs-Fuhrwesen-Corps. Wien, ge¬
       druckt bey Johann Thomas Edlen von Trattner, kaiserl. königl. Hofbuchdruckem und
       Buchändlem 1782. KA., Mihtärimpresse Nr. 406/1.
<pb/>Nr. 2 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 25. 11. 1883  227

Gesetzeskraft hat, kann Se. Exzellenz nicht ermessen. In diesem Regulatio sind
auch die Ersatzleistungen vorgezeichnet, welche, den damaligen Verhältnissen
angepaßt, wohl minimaler Natur sind, aber im administrativen Wege geregelt
werden könnten.

   Die statistischen Daten bezüglich der Fuhrwerke wurden schon gelegentlich
der letzten Volkszählung gesammelt und werden bei der künftigen Volkszäh¬
lung in noch zweckmäßigerer Weise eingeholt werden. Es unterliegt keinem
Anstande, die Fuhrenrepartition jetzt schon einzuleiten, was auch in der vom
k. k. Landesverteidigungs- an das Reichskriegsministerium gerichteten Zu¬
schrift zum Ausdrucke gebracht wurde.

   Reichskriegsminister FZM. Graf Bylandt-Rheidt kennt
das Regulatio im Jahre 1782 nicht, kann sich daher darüber nicht aussprechen.
Wenn auch das Kriegsleistungsgesetz nicht eingebracht werden kann, wäre eine
Einigung über den Entwurf ehebaldigst zu erzielen, damit die Durchführungsver¬
ordnung festgestellt werde.

   Ministerpräsident v. Tisza will das Zustandekommen des Geset¬
zes nicht hinüberschieben. Schon der schwierige Stand, welchen die Regierung
anläßlich der Okkupation Bosniens bezüglich der Fuhrenbeistellung gegenüber

dem Parlamente hatte, macht den Wunsch erklärlich, die Kriegsleistungen
gesetzlich zu regeln; nur wären die Anforderungen nicht höher als unbedingt
notwendig, dann bloß solche zu stellen, die tatsächlich geleistet werden können.
Se. Exzellenz kennt nicht die Details des Entwurfes, kann sich daher jetzt
darüber nicht aussprechen.

   Se. k. u. k. apost. Majestät nehmen zur Ag. Kenntnis, daß nun¬
mehr die Verhandlungen bezüglich des Kriegsleistungsgesetzes wieder in Gang
kommen, und geruhen Ag. zu eröffnen, daß nach Einlangen der Antwort der
ungarischen Regierung dieselben mit der Absicht, ein Resultat zu erreichen,
weiterzuführen sind. Die Regelung der Kriegsleistungen auf gesetzlichem Boden

ist jedenfalls vorzuziehen.
   FML. Freiherr v. Fejerväry erlaubt sich noch au. auf die Schwie¬

rigkeiten hinzuweisen, welche durch die Fuhrenbeistellung sich bei der gleichzei¬
tig vorzunehmenden Pferdestellung ergeben können.

   Chef des Generalstabes FML. Freiherr v. Beck führt au.
an, daß von den im Kriegsfälle gegen Rußland anfänglich erforderlichen
100 000 Fuhren nur 13 000 auf Oberungarn anrepartiert wurden, der Rest auf
Galizien, Mähren und Schlesien entfallt.9

   In Oberungarn, da infolge des kleinen Pferdeschlages ohnehin nur wenig
kriegsdiensttaugliche Pferde zur Stellung gelangen, können demnach in dieser
Richtung keine besonderen Anstände Vorkommen, hum so weniger als die
Fuhrenabstellung in Oberungarn erst nach beendeter Pferdestellung erfolgen
wird.h Im übrigen könnte diesbezüglich ein entsprechender Modus vereinbart
werden.

h-h Einfügung Becks.
9 Siehe Anm. 4.
<pb/>228 Nr. 2 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 25. 11. 1883

   Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen Ag. zu eröffnen, daß eben
weil Schwierigkeiten vorausgesetzt werden, im Frieden die Frage wohl erwogen
und entsprechende Maßnahmen in Aussicht genommen werden müssen, damit
die Pferdestellung durch die Fuhrenbeistellung nicht gestört werde.

   [V.] Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen sodann auf die Bera¬
tung des Landsturmgesetzes überzugehen.

   Ministerpräsident Graf Taaffe. Im Schoße des k. k. Ministe¬
riums wurden die Beratungen über das Landsturmgesetz gepflogen und ein
Entwurf vereinbart. Nachdem jedoch durch die Bestimmungen desselben der § 5
des Wehrgesetzes alteriert wird und eine Änderung des letzteren nicht einseitig
vorgenommen werden kann, ist die k. k. Regierung in Verbindung mit der kgl.
ung. Regierung getreten, um ein Einverständnis zu erzielen.

   Se. Exzellenz erlaubt sich, sowohl die von ihm an den kgl. ung. Ministerpräsi¬
denten gerichtete Zuschrift als auch die von letzterem eingelangte Antwort
vorzulesen. Der wesentliche Inhalt der ersteren lautet:

   Die k. k. Regierung hat die Einbringung eines Landsturmgesetzes für die im
Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder mit Ausnahme von Tirol und
Vorarlberg in der nächsten Session in Aussicht genommen und übermittelt den
Entwurf desselben samt der für den internen Gebrauch bestimmten Begrün¬
dung. Sie fühlt sich verpflichtet, vorher das Einvernehmen mit der kgl. ung.
Regierung, insofeme das Gebiet gemeinsamer Angelegenheiten berührt wird, zu
pflegen.

   Durch die ausgesprochene Ausdehnung des Prinzips der allgemeinen Wehr¬
pflicht auf den Landsturm werden die Bestimmmungen des § 5 des Wehrgesetzes
berührt, wo für den Fall der Beschließung eines Gesetzes über den Landsturm
derselbe nur aus Freiwilligen gestattet wird, die weder dem Heere noch der
Landwehr angehören.

   Indem derart eine prinzipielle Bestimmung des Wehrgesetzes aufgehoben wür¬
de, letzteres im Sinne des Gesetzes über die gemeinsamen Angelegenheiten der
Monarchie nach gleichen, fallweise zu vereinbarenden Grundsätzen zu behan¬
deln ist, so wird in Anbetracht der dringenden Gründe, welche schon in der
unter Ag. Vorsitze am 4. Februar d. J. stattgehabten Konferenz10 zur Sprache
kamen, um die Erklärung des Einverständnisses der kgl. ung. Regierung gebe¬
ten, daß die im § 5 des Wehrgesetzes statuierte Beschränkung des Landsturmes
auf den Grundsatz der Freiwilligkeit durch weitere gesetzliche Bestimmungen
faktisch aufgehoben werde, zu welchem Behufe jeder der beiden Regierungen
freie Hand Vorbehalten bliebe.11

   Die auf diese Zuschrift eingelangte Antwort des ung. Ministerpräsidenten
lautet im wesentlichen:

   Bei Besprechung dieser Angelegenheit im ung. Ministerrate konnte vor allem

10 Siehe Anm. 2.
11 Magyar Törvenytär 1836-1868, 470.
<pb/>Nr. 2 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 25. 11. 1883                  229

der Umstand nicht übersehen werden, daß im Sinne des Gesetzes über die
gemeinsamen Angelegenheiten in jenen Fällen, wo es sich um die Feststellung
oder Abänderung des Wehrsystems handelt, beide Ministerien nach vorheriger
Vereinbarung einen auf gleichen Prinzipien beruhenden Entwurf den Legislati¬
ven vorzulegen haben.

   Auch der Umstand fiel nicht außer acht, daß durch den Entwurf tatsächlich
eine Abänderung der prinzipiellen Bestimmungen des Wehrgesetzes beabsich¬
tigt wird.

   Bei dieser Sachlage und im Hinblick, daß die kgl. ung. Regierung wenigstens
in der gegenwärtigen Sessionsperiode überhaupt nicht bestimmt werden könnte,
in Angelegenheit der allgemeinen Landsturmpflicht einen Gesetzentwurf einzu¬
bringen, wäre zu erwägen, ob es angezeigt erscheint, einen vom § 5 des Wehrge¬
setzes abweichenden Entwurf einseitig der verfassungsmäßigen Behandlung
zuzuführen, wobei noch berücksichtigt werden müßte, daß die ung. Regierung
die erwünschte Zustimmung nur in dem Falle geben könnte, wenn sie hiezu von
der Legislative ermächtigt würde.

   Wenn die k. k. Regierung dessenungeachtet auf dem geäußerten Wunsche
beharrt, ist die ung. Regierung zwar bereit, die Erwirkung dieser Ermächtigung
im ung. Reichstage zu versuchen, doch auch in diesem Falle scheint die Erwä¬
gung dringend geboten, ob es im allgemeinen zweckmäßig wäre, wegen dieser
Frage eine die Wehrkraft berührende staatsrechtliche Debatte hervorzurufen,
welche voraussichtlich sowohl im ungarischen als im österreichischen Parlament
auftauchen dürfte.

   Ministerpräsident v. Tisza könnte nur das in der Zuschrift Ange¬
führte wiederholen.

   Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen Ag. zu äußern, daß wenn in
dieser Angelegenheit nichts geschieht, die ung. Regierung eine große Verantwor¬
tung auf sich ladet.

   Landesverteidigungsminister FML. Graf Welsersheimb
hätte vom militärischen Standpunkte nur den einen Wunsch, daß in der Wehr¬
frage im ganzen Gebiete der Monarchie nicht nur nach gleichen Prinzipien,
sondern auch nach gleichen Tatsachen vorgegangen werde.

   `In der praktischen Ausführung des Ausgleichsgesetzes wurden indes&#39; die
Maßnahmen bezüghch der Landwehr und des Landsturmes, insoferne durch
dieselben die Bestimmungen des Wehrgesetzes nicht tangiert werden, in beiden
Reichshälften Aon Hause ausj durch die betreffenden Regierungen selbständig
durchgeführt. Bezüglich des Landsturmes enthält das Wehrgesetz nur die Be¬
stimmung, daß er kdurch ein besonderes Gesetz zu regeln und diesfalls nurk aus
solchen Freiwilligen zu bilden sei, welche weder dem stehenden Heere noch der
Landwehr angehören. In welch geringem Maße auf solche Freiwillige zu rech¬
nen ist, haben die gemachten Erfahrungen genügend dargetan.

w Korrektur Welsersheimbs aus Im Sinne des Ausgleichsgesetzes wurden.
J&quot;J Einfügung Welsersheimbs.
k&#39;k Einfügung Welsersheimbs.
<pb/>230 Nr. 2 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 25. 11. 1883

   Die Stärkung der Wehrmacht durch entsprechend organisierte Landsturm-
formationen ist unerläßlich geworden und wurde schon in der im Jahre 1880
unter Vorsitz Sr. kais. Hoheit des Generalinspektors des Heeres FM. Erzherzog
Albrecht stattgehabten Enquete-Kommission die Notwendigkeit eines obligato¬
rischen Landsturmgesetzes hervorgehoben. Zur Zeit als das Wehrgesetz in
Angriff genommen wurde, erschien die Bildung entsprechender Landsturmfor¬
mationen weniger dringend als heute. Seither sind in der Organisation der
Wehrmacht anderer Staaten bedeutende Fortschritte geschehen. Folgende Da¬
ten mögen dartun, wie weit dieselbe gediehen:

a) Stehendes Heer

Österreich-Ungarn  894 000 Mann (inkl. Ersatzreserve)

Rußland            2 654 000 Mann (Inklusive] Reichswehr u.

                                           d[ie] R[eserve])

Deutschland        1 890 000 Mann

Frankreich         1 936 000 Mann

Italien, welches um 12 Millionen weniger Einwohner als Ö.-U. hat,

                   720 000 Mann

b) Landwehr bzw. Territorialarmee            372 000 Mann

 Österreich-Ungarn                         - (inbegriffen bei a)
 Rußland                                     645 000 Mann
 Deutschland                                 745 000 Mann
 Frankreich                                  300 000 Mann
 Italien

c) Landsturm bzw. Reserveterritorialarmee

Österreich-Ungarn (nur in Tirol, ohne Wert. Ungarn zwar Gesetz, aber
keinen Landsturm)

Rußland                                    7 600 000 Mann
Deutschland                                1 800 000 Mann
Frankreich
Italien                                      714 000 Mann
                                           1 300 000 Mann

   Diese Inferiorität der Gesamtzahl unserer Streitkräfte macht es notwendig,
Flanken und Rücken der Armee durch territoriale Formationen zu decken,
wenn dieselbe im offenen Felde Chancen erringen soll. Noch deutlicher tritt dies
hervor, wenn man speziell die Wehrverhältnisse in Rußland näher betrachtet.
In Russisch-Polen sind so viele Truppen disloziert, daß deren Stärke dem
Friedensstande der ganzen öster.-ung. Armee inklusive der Landwehren, bzw.
im Mobilisierungsfalle der Kriegsstärke unserer gesamten Streitkräfte gleich¬
kommt. Speziell sind zahlreiche Regimenter der im ganzen aus 150 000 Mann
bestehenden, mit Gewehren ausgerüsteten und für das Feuergefecht ausgebilde-
<pb/>Nr. 2 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 25. 11. 1883  231

ten Kavallerie dicht an unserer Grenze disloziert und können 24 Stunden nach
Eröffnung der Feindseligkeiten das nächste Gebiet in Galizien überschwemmen.

   Von dem nach Gouvernements gegliederten Landsturm ist die erste Linie de
facto ausgerüstet. Angesichts dieser Verhältnisse hat sich Se. Exzellenz vielfach
mit der Frage beschäftigt, was zur Stärkung unserer Wehrmacht geschehen
kann.

   Was nun in erster Linie das stehende Heer anbelangt, so hätten zunächst Se.
Exzellenz der Reichskriegsminister und Se. Exzellenz der Chef des Generalsta¬
bes zu beurteilen, ob eine Stärkung desselben unter den obwaltenden Verhältnis¬
sen möglich ist. Jedenfalls erscheint dieselbe sehr fraglich, wenn erwogen wird,
daß die Stärke des stehenden Heeres durch das Wehrgesetz fixiert ist, die
Verhandlungen anläßlich der Wehrgesetznovelle vom Jahre 1882 aber dargetan
haben, daß deren Bestimmungen die Summe des überhaupt Erreichbaren ent¬
halten und daß manches Wünschenswerte unerfüllt bleiben mußte; schließlich
daß keine Aussicht auf eine Vermehrung des Budgets vorhanden ist.

   Auf die Verhältnisse der Landwehr übergehend, führt Se. Exzellenz zunächst
an, daß durch das letzte Gesetz insoferne freie Bahn geschaffen wurde, als die
Organisation innerhalb der bewilligten Mittel und des Standes ausschließlich Sr.
Majestät Vorbehalten ist. Eine bedeutende Vermehrung des Standes ist durch
die beschränkte1 Dienstzeit ausgeschlossen und enthält hiemit auch die Frage,
ob im gegebenen Rahmen eine Stärkung der Landwehr möglich ist. Doch wenn
auch genügend Leute zur Verfügung stünden, was eine Verlängerung der
Dienstpflicht in der Landwehr voraussetzen würde, so ist mit Rücksicht auf die
Finanzlage des Staates keine Aussicht vorhanden, die zur Kreierung der Kadres,
Beschaffung der Ausrüstung etc. nötigen Mittel zu erlangen; auch würde der
schon jetzt fühlbare Mangel an Offizieren in noch höherem Maße zur Geltung
kommen.

   Auf Grund dieser Erwägungen ist Se. Exzellenz zu der Überzeugung gelangt,
daß eine Stärkung der Wehrmacht unter den gegebenen Verhältnissen nur durch
die Schaffung eines obligatorischen Landsturmes möglich ist. Insbesondere ist
die Organisierung desselben in den im Reichsrate vertretenen Königreichen und
Ländern sehr dringend, weil diese an die militärischen Großstaaten grenzen. Se.
Exzellenz hat daher alles aufgeboten, um einen entsprechenden Gesetzentwurf
zustande zu bringen und bittet nur die ungarische Regierung, mit Rücksicht auf
die Bestimmungen des § 5 des Wehrgesetzes, die formelle Einbringung desselben
zu ermöglichen.

   Die ungarische Regierung hegt die Besorgnis, daß dadurch eine weitgehende
Debatte in staatsrechtlichen Fragen hervorgerufen würde. Se. Exzellenz kann
diese Besorgnis nicht teilen, da es sich im vorliegenden Falle nicht um eine
Abänderung gesetzlicher Bestimmungen, sondern nur die Aufhebung eines
Prinzips handelt, damit jede der beiden Reichshälften die Angelegenheit des
Landsturmes selbständig ordnen könne.

i Korrektur Welsersheimbs aus kurze.
<pb/>232 Nr. 2 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 25. 11. 1883

   Jedenfalls wird die Stellung der k. k. Regierung, welche in dieser Angelegen¬
heit die Initiative ergreift, dem Parlamente gegenüber eine schwierigere sein als
jene der ungarischen Regierung. Zur ehebaldigsten Zustandebringung des so
dringend gewordenen Landsturmgesetzes ist die Unterstützung der ung. Regie¬
rung, um die Se. Exzellenz bittet, und die Unterstützung militärischer Autoritä¬
ten, bei welchen sich die Abgeordneten in ähnlichen Fällen Rat zu holen pflegen,
unbedingt notwendig.

   Ministerpräsident v. Tisza kann auch nach dem Gehörten nur
die in der Zuschrift an den k. k. Ministerpräsidenten ausgedrückte Ansicht
wiederholen und bezeichnet es als wichtig, daß das im Ausgleichsgesetze ausge¬
sprochene Prinzip, wonach Bestimmungen des Wehrgesetzes in beiden Reichs¬
hälften nur nach gleichen Grundsätzen abgeändert werden können, aufrechter¬
halten bliebe. Trotz dieser Bedenken hat jedoch Se. Exzellenz sich bereit erklärt,
die gewünschte Ermächtigung beim ungarischen Reichstag nachzusuchen.

   Weiters fühlt sich Se. Exzellenz verpflichtet, auf die Konsequenzen hinzuwei¬
sen, wenn der Gesetzentwurf eingebracht, aber nicht votiert wird. Die Frage der
Abgeordneten: ,,Warum sollen wir mehr Blutopfer bringen als die anderen&quot; -
liegt sehr nahe.

   Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen zu fragen, ob eben mit
Rücksicht auf die vom Ministerpräsidenten Tisza angeführten Gründe es nicht
angezeigt wäre, wenn die ung. Regierung die Einbringung eines ähnlichen
Gesetzentwurfes ins Auge fassen und an den Patriotismus der Bevölkerung
appellieren würde.

   Ministerpräsident v. Tisza erlaubt sich au. seine Bedenken gegen
die Einbringung eines ähnlichen Gesetzentwurfes vorzubringen und den Zweifel
auszusprechen, ob, wenn einmal die Armee geschlagen ist, auf den aus rutheni-
schen und rumänischen Elementen bestehenden Landsturm zu rechnen sein
wird. Se. Exzellenz ist jedoch bereit, dem ung. Reichstage eine Vorlage zu
machen, wonach unter Vorbehalt der Regelung der Landsturmfrage durch den
ung. Reichstag die Bestimmungen des § 5 des Wehrgesetzes aufzulassen sind.

   Chef des Generalstabes FML. Freiherr v. Beck erlaubt
sich zu den von Se. Exzellenz dem Landesverteidigungsminister FML. Graf
Welsersheimb angeführten Daten noch hinzuzufügen, daß auch die kleineren
Nachbarstaaten der Monarchie eifrigst bestrebt sind, ihre Wehrmacht zu stär¬
ken. Der Landsturm Serbiens beträgt 200 000 Mann, Rumänien wird in drei¬
vier Jahren einen solchen von 500 000 Mann haben.

   Diesen kleineren Staaten gegenüber können bei einem gleichzeitigen Kriege
mit einer Großmacht zum größten Teile nur territoriale Formationen in Aktion
treten; denn die Streitkräfte der großen Staaten repräsentieren so erschreckende
Ziffern (Rußland 3 000 000, Frankreich 2 500 000, Deutschland 2 400 000, Ita¬
lien 1 000 000), daß der Krieg nur dann mit einiger Aussicht auf Erfolg geführt
werden kann, wenn das Gros unserer 1 200 000 Mann betragenden Wehrmacht
auf dem Hauptkriegsschauplatze zur Verwendung gelangt. Aber auch dort
müßte die Sicherung der Flanken und Nachschubslinien territorialen Formatio¬
nen überlassen werden. - Galizien ist 200 Meilen lang, der Einbruch auf dieser
<pb/>Nr. 2 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 25. 11. 1883  233

 längen Linie kann nicht auf allen Punkten durch die Feldarmee direkte verwehrt
 werden, weil diese mit der Gesamtkraft dort in Aktion treten müssen, wo die
 Entscheidung fällt. Es ist aber mit Bestimmtheit vorauszusehen, daß Rußland
 seine zahlreichen irregulären Formationen und auch Teile der sehr zahlreichen
 regulären Kavallerie dazu verwenden wird, um an möglichst vielen Punkten des
 Landes überraschend einzubrechen, Verwirrung und Panik unter die Bevölke¬
 rung zu tragen und die Nachschubslinien der Armee zu bedrohen.

    Diesen Streifzügen, welche zwar keine Entscheidung herbeiführen, aber unter
 Umständen sehr lähmend auf die Operationen wirken, können zum großen
 Teile nur die territorialen Formationen entgegentreten und dürften dieselben
 zur Lösung dieser Aufgabe auch befähigt sein, da den genannten Streifkorps
 wohl eine große Beweglichkeit, aber nur selten eine bedeutende Schlagkraft
 innewohnen wird. Auf diese Weise können die Landsturmformationen wertvol¬
 le Dienste leisten, noch bevor die Armee eventuell geschlagen ist.

    Se. Exzellenz bespricht sodann die Verhältnisse in Siebenbürgen bei einem
 eventuellen Einmarsch der Rumänen, wo der aus Szeklern gebildete Landsturm
 ebenfalls unschätzbare Dienste leisten kann. Ist die Notwendigkeit einer zweck¬
 entsprechenden Organisierung des Landsturmes in einem nur gegen eine Gro߬
 macht geführten Kriege dargetan, um wieviel mehr stellt sich dieselbe heraus,
 wenn ein Doppelkrieg geführt werden müßte, der, nachdem die politischen
 Situationen wechseln, trotz der bestehenden Allianzen doch in Kalkül gebracht
werden muß.

    Was nun die Organisation des Landsturmes anbelangt, so muß dieselbe im
Frieden festgestellt und sich eingelebt haben, wenn ein brauchbares Werkzeug
geschaffen werden soll. Es ist ein Irrtum, wenn man glaubt, entsprechende
Formationen erst bei Ausbruch des Krieges schaffen zu können.

     An ein allgemeines gleichzeitiges Massenaufgebot des Landsturmes hat
niemand gedacht; wir benötigen ihnm speziell in Galizien, Innerösterreich und
Siebenbürgen. Die Ruthenen sind unter militärischer Führung verläßlich; unter
den Szeklern herrscht eine dem Landsturm günstige Stimmung

   Se. Exzellenz bespricht noch die unzureichende Stärke der Ersatzreserve, die
es nicht gestatten wird, die Stände nach den ersten verlustreichen Gefechten zu
komplettieren. Die idealen Verhältnisse in Deutschland, wo das stehende Heer
aus der Landwehr, die Landwehr aus dem Landstürme komplettiert werden
kann, sind bei uns wohl nicht zu erreichen, doch ist es hoch an der Zeit, daß
zur Stärkung der Wehrmacht überhaupt etwas geschieht.

   Reichskriegsminister FZM. Graf Bylandt-Rheidt. Es ist
allerdings wahr, daß andere Staaten große Anstrengungen machen, um die
Wehrmacht zu steigern; es dürfen jedoch bei der Beurteilung derselben das
stehende Heer, die Landwehr und der Landsturm nicht in eine Linie gestellt
werden. Der letztere, gegenwärtig nur in Rußland und Deutschland eingeführt
(Franktireurs waren Freiwillige), kann zu weitgehenden Operationen nicht

m-m Einfügung bzw. Korrektur Becks.
<pb/>234 Nr. 2 Gemeinsamer Ministenat, Budapest, 25. 11. 1883

herangezogen werden; es fehlt die hiezu nötige Ausrüstung. Auch ist es fraglich,
ob bei so großen Massen die zur Führung geeigneten Individuen vorhanden

sind.
   In Tirol und Siebenbürgen hat der Landsturm eine große Berechtigung, in

volksreichen Bezirken&quot; hätte er jedoch in Anbetracht der dortigen Elemente,
abgesehen von allen politischen Gefahren, einen sehr problematischen Wert. Bei
der Erweiterung der Wehrfähigkeit des Staates muß auch berücksichtigt wer¬
den, ob die proponierten Maßnahmen bei den Vertretungskörpern durchgeführt

werden können.
   Aus dem Gespräche mit einem Wortführer des Parlaments hat Se. Exzellenz

den Eindruck gewonnen, daß die Durchbringung des Landsturmgesetzes wenig
Chancen hat, dagegen eine Erweiterung der Landwehrpflicht, die Kreierung
einer Art0 Landwehr zweiten Aufgebotes, welche die Aufgaben des Landstur¬
mes zu erfüllen hätte und denselben, weil aus ausgesuchteren Elementen beste¬
hend, besser entsprechen dürfte, in parlamentarischen Kreisen weniger Wider¬
stand finden würde.

   Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen zu bemerken, daß die so ge¬
bildeten Formationen wohl einen größeren militärischen Wert hätten, aber
quantitativ unzureichend sein dürften, während durch die Einführung der Land¬
sturmpflicht an den Bedarfsorten große Massen zur Verfügung stünden. Der
Landsturm braucht nur dort, wo er eben benötigt wird, organisiert zu werden;
das Gesetz muß jedoch allgemeine Geltung haben und wäre auch für Ungarn
von großem Vorteile.

    Reichskriegsminister FZM. Graf Bylandt-Rheidt erlaubt
 sich au. anzuführen, daß er nur diese Idee in Anregung bringen wollte. Die
 hiernach gebildete Formation, welche gegenüber dem Landsturm eine Erleichte¬
 rung der Wehrpflicht möglich machen würde, könnte auch zu weitgehenden
 Operationen verwendet werden, während der Landsturm an der Scholle hängt.

    Die Leistungen des Landsturmes in Tirol, wo die dynastischen Gefühle in
 besonderem Werte ausgebildet sind und wo diese Institution sich seit vielen
 Jahren eingelebt hat, könnten nicht als Maßstab für die Brauchbarkeit ähnlicher
 Institutionen angenommen werden.

    Landesverteidigungsminister FML. Graf Welsersheimb
 hat sich mit diesem Gedanken schon beschäftigt und würde demselben - da auf
 dieser Basis militärisch mehrwertige Elemente gewonnen würden, beipflichten,
 wenn die zur Erhaltung der Kadres und zur Beschaffung der Ausrüstung erfor¬
 derlichen Mittel zur Verfügung stünden. Auf Grund der vor Ausarbeitung des
 Entwurfes zum Landsturmgesetze gemachten Erwägungen hat Se. Exzellenz die
 Überzeugung gewonnen, daß eher das in Rede stehende Gesetz als die zur
 weiteren Ausbildung der Landwehrinstitution notwendige Geldsumme votiert

 wird.

         Korrektur Bylandt-Rheidts aus Städten.
          Einfügung Bylandt-Rheidts.
<pb/>Nr. 2 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 25. 11. 1883  235

    Eine eventuelle Verlängerung der Dienstpflicht in der Landwehr etwap um
 zehn Jahre müßte übrigens qals Gegenstand11 des Wehrgesetzes in beiden Reichs¬
 hälften gleichzeitig rund gleichmäßig durchgeführL werden, und weiß Se. Exzel¬
 lenz nicht, wie sich die ungarische Regierung zu dieser Frage stellt.

    Wenn der Finanzminister für die erforderliche, erkleckliche Anzahl Millio¬
 nen zur Vermehrung der Landwehr und ihrer Ausrüstung einstehen - und die
 beiderseitigen Regierungen die alsbaldige Durchbringung entsprechender Än¬
 derungen des Wehrgesetzes übernehmen wollten, hätte die Sache nicht erst jetzt
in Erwägung gezogen zu werden gebraucht, nachdem die Landsturmfrage seit
drei Jahren von den Militärautoritäten zustimmend behandelt worden. Der
Landesverteidigungsminister muß für eine Verzögerung der Angelegenheit je¬
denfalls die Verantwortung ablehnen.5

   Ministerpräsident v. Tisza ist gegenwärtig nicht in der Lage, dar¬
über eine Äußerung abzugeben.

   Ministerpräsident Graf Taaffe glaubt, das Landsturmgesetz im
Reichsrate durchzubringen, will jedoch vorher mit den maßgebenden Persön¬
lichkeiten das Einvernehmen pflegen. Bedenklich erscheint nur, daß die ungari¬
sche Regierung nicht gleichzeitig einen ähnlichen Gesetzentwurf einbringt und
daß in militärischen Kreisen über diesen Gegenstand verschiedene Anschauun¬
gen herrschten.

   Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen zu eröffnen, daß die Frage
leider noch nicht zur Entscheidung reif ist.

   Darüber besteht kein Zweifel, daß etwas zur Stärkung der Wehrmacht ge¬
schehen muß, nur über die Form und Ausdehnung, ob die verlängerte Dienst¬
pflicht in der Landwehr oder der obligatorische Landsturm in Aussicht zu
nehmen wäre, sind die Ansichten noch nicht geklärt. Bei der ersteren ist es
fraglich, ob die erforderlichen Mittel bewilligt werden, letzterer würde die
Aufstellung großer Massen an den Bedarfsorten ermöglichen.

   Se. Majestät geruhen Ag. anzuordnen, daß über diesen Gegenstand mit
tunlichster Beschleunigung weitere Verhandlungen zu pflegen seien.

   [VL] Sodann geruhten Se. k. u. k. apost. Majestät sich um den
Stand der Verhandlungen bezüglich des Offizierswitwen- und Waisenversor¬
gungsgesetzes zu erkundigen.

   Ministerpräsident v. Tisza erlaubt sich au. anzuführen, daß das
Wesen des Gesetzentwurfes von der ung. Regierung akzeptiert wurde und
derselbe in der nächsten Session eingebracht werden kann.

   Reichskriegsminister FZM. Graf Bylandt-Rheidt führt au.
an, daß der zuletzt verfaßte Gesetzentwurf den beiden Regierungen übermittelt

p Einfügung Welsersheimbs.
11 q Korrektur Welsersheimbs aus im Sinne.

r&#39;r Korrektur Welsersheimbs aus in Aussicht genommen.
s&quot;5 Einfügung Welsersheimbs.
<pb/>236 Nr. 2 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 25. 11. 1883

wurde. Von der ung. Regierung ist &#39;soeben erklärt worden,&#39; daß prinzipielle
Gegensätze nicht bestehen, von der k. k. Regierung wird die Umarbeitung und
Vervollständigung der dem Entwürfe zuliegenden statistischen Daten verlangt.
Se. Exzellenz glaubt, daß durch die vorhandenen Daten alles geklärt ist.

   Finanzminister Ritter v. Dunajewski erlaubt sich au. hervor¬
zuheben, daß die Vervollständigung der Daten nicht in der Absicht verlangt
wurde, das Zustandebringen des Gesetzes zu verzögern, sondern &quot;zu dem Zwek-
ke gewünscht wurde, um eine verläßlichere - als die bisher gelieferte - Grundla¬
ge für die Berechnung jener Kosten zu gewinnen, welche das projektierte Ver¬
sorgungsgesetz für den Fall seiner Ausdehnung auf die sog. Feindesversorgung
nach sich ziehen wird.&quot;

   Bezüglich des Taxfondes gibt man sich im allgemeinen zu sanguinischen
Hoffnungen hin und berechnet Ziffern, die er nie erreichen wird. Diesen Berech¬
nungen wird gewöhnlich eine 10jährige Friedensära zu Grunde gelegt, welche
Hoffnung nachträglich nicht in Erfüllung geht. Bevor Se. Exzellenz den Gesetz¬
entwurf im Ministerrate vortragen kann, müßte er im Besitze des geforderten
Ziffemmateriales sein.

   [VII.] Nach einer hierüber noch stattgehabten kurzen Debatte geruhen Se.
k. u. k. apost. Majestät den Wunsch auszusprechen, daß die Ver¬
handlungen bald zum Abschlüsse gelangen. Sodann geruhten Se. k. u. k. apost.
Majestät den Chef des Generalstabes aufzufordern, die zur Anbahnung eines
gesicherten Kundschaftswesens und besseren Zusammenwirkens zwischen Zi¬
vil- und Mihtärbehörden nötigen Maßnahmen zu skizzieren.

    Chef des Generalstabes FML. Freiherr v. Beck erlaubt
 sich au. anzuführen, daß die Anbahnung eines gesicherten Kundschaftsdienstes
 im Mobilisierungsfalle nicht möglich ist, wenn nicht schon im Frieden besonde¬
 re Vorkehrungen getroffen werden, die ein stetes Zusammenwirken zwischen
 Zivil- und Mihtärbehörden erfordern. Für den Bereich der Korps in Lemberg
 und Krakau wurden im Einverständnis mit Se. Exzellenz dem Minister des
 Äußern entsprechende Maßnahmen getroffen; ein Gleiches wäre für Siebenbür¬
 gen dringend geboten, wo keine Verbindungen nach außen bestehen. Für den
 dortigen Korpskommandanten ist es schwer, da keine vin einer politischen
 Funktion stehendev Persönlichkeit vorhanden ist, bei der die Fäden aus dem
 ganzen Lande zusammenlaufen, die widersprechenden Nachrichten gesichtet
 werden und an die er sich in pohtischer Richtung wenden könnte.

    Ministerpräsident v. Tisza hat bisher von der Art der in dieser
 Richtung gewünschten Maßnahmen der Heeresleitung keine Verständigung
 erhalten und spricht die Bereitwilligkeit aus, denselben entsprechen zu wollen.

    Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen die Schwierigkeiten zu beto-

  &#39;-&#39; Korrektur Bylandt-Rheidts aus die Antwort eingelangt.
  &quot;·&quot; Korrektur Dunajewskis aus zur eigenen Belehrung, um ein entsprechendes Ziffemmaterial zu

          gewinnen, auf Basis dessen eine eingehende Beurteilung möglich gemacht werden soll.

  v&#39;v Einfügung Becks.
<pb/>Nr. 2a Nicht ausgetragene Fragen, o.D.          237

nen, welche dem Korpskommandanten infolge Mangels eines politischen Zen¬
trums in Siebenbürgen erwachsen, sprechen die Überzeugung aus, daß sich ein
Auskunftsmittel wird finden lassen, ordnen die schriftliche Bekanntgabe der

wünschenswerten Maßnahmen von Seite des Reichskriegsministeriums an den
ung. Ministerpräsidenten an und geruhen sodann die Sitzung Ag. aufzuheben.

Nr. 2a  Nicht ausgetragene und in Schwebe verbliebene Fragen, welche in den
        unter Ah. Vorsitze Sr. Majestät in nächster Zeit statthabenden gemein¬
        samen Ministerkonferenzen zur Besprechung zu bringen wären.

Beilage zum GMRProt. v. 25. 11. 1883, RMR. 317

    Ausbau, Vervollständigung und Anschlüsse des ungarischen Eisenbahnnetzes

    a) Munkäcs-Stryj

    In der unter Ah. Vorsitze stattgehabten Konferenz am 6. Februar 1883
ergaben die Besprechungen über den Ausbau dieser Bahn folgendes Resultat:

    Die beiden Regierungen einigten sich über die Trasse der Bahn.
    Minister Baron Pino sprach die Hoffnung aus, die Mittel zum Bau der Linie
Stryj-Landesgrenze im beiläufigen Betrage von 7 1/2 Millionen Gulden vom
Reichsrate bewilligt zu erhalten, betont aber, daß jedenfalls an diese Bewilligung
die Bedingung geknüpft werden wird, die Bahn im Staatsbetriebe zu führen.
(Für das Jahr 1883 bewilligte der Reichsrat tatsächlich die Summe von 100 000
für Vorarbeiten und Vervollständigung der Pläne.)
   Die ungarische Regierung verhält sich im allgemeinen gegenüber der Idee des
Ausbaues der Linie Munkäcs-Landesgrenze auf Staatskosten kühl, versprach
jedoch, die alten Pläne einer Revision unterziehen zu lassen.
   (Finanzminister Graf Szapäry kündigte in seiner am 13. Oktober 1883 im
ungarischen Reichstage gehaltenen Rede über das Budget des Jahres 1884
die Überreichung einer Vorlage betreffs des Baues der Eisenbahn Munkäcs-
Stryj an.)

   Über die Art der Betriebsführung der Bahn konnten die beiderseitigen Regie¬
rungen nicht einig werden.

   b) Eisenbahn Trentschin-Sillein und Csäcza-ungarisch-galizische Grenze

   Die Linie Trentschin-Sillein und Galänta-Szered ist fertiggestellt und mit
1. November 1883 dem öffentlichen Verkehr übergeben worden.

   Die Konzessionierung der Linie Csäcza-ungarisch-galizische Grenze zum
Anschlüsse an die galizische Transversalbahn ist noch immer nicht erfolgt,
daher die Fertigstellung dieser Eisenbahn im Jahre 1884 sehr in Zweifel steht!
(Konferenz am 4. Februar 1883.*)

W Randbemerkung warum?
<pb/>238 Nr. 2a Nicht ausgetragene Fragen, o.D.

   c) Bau einer direkten Bahn von Großwardein nach Debreczin

   Der Chef des Generalstabes erklärte in der Konferenz vom 4. Februar 1883
den Bau dieser Verbindungsbahn für sehr wichtig.

   Minister von Kemeny bemerkte, daß sich ein Konsortium um die Konzession
der Linie Großwardein-Ermihälyfalva bewerbe, und versprach die Förderung
des Projektes.

   d) Vorbereitungen für den Bau von einfachen Feldbahnen in Galizien im
Falle eines russischen Krieges

   Der Chef des Generalstabes beantragt, Erhebungen und Verhandlungen zu
pflegen, damit das Material für Rollbahnen von den Privatgesellschaften im
Mobilisierungsfalle an die Kriegsverwaltung abgetreten werde. Diese in kurzer
Zeit herzustellenden Feldbahnen sollen Nachschubszwecken dienen.

Frage bezüglich des neuen Pferdestellungsgesetzes

    Se. Majestät der Kaiser geruhten in der unter Ah. Vorsitze am 17. April 1883
stattgehabten Konferenz Ag. zu bestimmen, daß das Reichskriegsministerium
im Laufe des Sommers mit den beiden Regierungen einen Entwurf für ein neues
Pferdestellungsgesetz beraten möge und daß dieser Gesetzentwurf im Herbste
 1883 den Vertretungskörpem zu überreichen sei. Für das Jahr 1884 sollte der
 Reichskriegsminister mit den beiden Regierungen bezüglich Erlangung von
Konzessionen unterhandeln.

 Kriegsleistungsgesetz

    In der unter Ah. Vorsitze Sr. k. u. k apost. Majestät am 4. Februar 1883
 stattgehabten Konferenz wurde folgendes zur Ah. Kenntnis gebracht.

    Das Reichskriegsministerium hat bereits im Jahre 1882 einen diesbezüglichen
 Gesetzentwurf den beiden Landesverteidigungsministern übergeben. Der öster¬
 reichische Minister für Landesverteidigung übergab diesen Entwurf allen Mini¬
 sterien zur Durchsicht und Begutachtung. Die bezüglichen Antworten sind mit
 Ausnahme jener des Ministeriums des Innern bereits eingelangt. In Ungarn
 wurde der Gesetzentwurf am 28. Jänner 1883 dem Ministerrate überreicht.
 Ministerpräsident von Tisza versprach, den Entwurf baldigst der Beratung
 zuzuführen.

    Der Chef des Generalstabes bemerkt zu dieser Frage:
    Ministerpräsident Graf Taaffe wurde am 25. September 1883 ersucht, den
 Statthalter von Galizien und den Landespräsidenten in Czernowitz anzuweisen,
 bezüglich der Unterstellung der Gendarmerie und Finanzwache im Grenzrau¬
 me, dann anderer polizeilichen Maßregeln, schon im Frieden mit dem komman¬
 dierenden General in Lemberg die erforderlichen Vereinbarungen zu treffen.
    Die Publikation der Bestimmungen über die Fuhrenaufbringung im Kriegs¬
 fälle ,,Rußland&quot; an die politischen Behörden bis zu einem gewissen Grade ist
 notwendig.
<pb/>Nr. 2a Nicht ausgetragene Fragen, o.D.  239

   Das ungarische Ministerium ist auf dem Standpunkte der Negation.
   Das österreichische Landesverteidigungsministerium hat noch nicht geant¬
wortet.

Landsturmgesetz

   In der unter Ah. Vorsitze Sr. k. u. k. apost. Majestät am 4. Februar 1883
stattgehabten Konferenz wurde folgendes zur Ah. Kenntnis gebracht:

   Für die im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder ist der Gesetzent¬
wurf samt Motivenbericht bereits ausgearbeitet.

   Ministerpräsident von Tisza erbat sich die Ah. Weisung zum Studium der
Landsturmgesetzfrage.

   Se. Majestät der Kaiser geruhten Ag. zu befehlen, daß Minister Graf Welsers-
heimb sein Elaborat und alle Vorstudien der ungarischen Regierung zur Verfü¬
gung zu stellen habe.

 Offizierswitwen- und Waisenversorgungsgesetz

    Konferenz am 6. Februar 1883.

    Bereits im Dezember 1881 kamen die Beratungen zwischen den Delegierten
der beteiligten Ministerien zum Abschlüsse.

    Das Resultat war, daß ein neuer Entwurf des Gesetzes verfaßt und an die
beiden Landesverteidigungsminister übermittelt wurde.

    Im k. k. Ministerrate gelangte diese Frage wiederholt zur Sprache und waren
es stets die finanziellen Schwierigkeiten, welche gegen die endgiltige Lösung der
Frage geltend gemacht wurden.

   Die ungarische Regierung gab auf Grund des Ministerratsbeschlusses vom
22. Oktober 1882 dem Reichskriegsministerium jene grundsätzlichen Bestim¬
mungen bekannt, auf deren Basis die Regierung in weitere Beratungen eingehen
wolle. Dieselben lauten: Gleichstellung der Witwen und Waisen der im Frieden
verstorbenen Militärs mit jenen der Zivilstaatsbeamten, und Aufrechthaltung
der Beschränkungen der Eheschließung nach den jetzt bestehenden Normen.

   Ministerpräsident von Tisza gab in der Konferenz vom 6. Februar 1883 der
Ansicht Ausdruck, daß wenn eine Einigung bezüglich der Versorgung der
Witwen und Waisen im Frieden verstorbener Offiziere nicht erzielbar wäre,
vorerst die Versorgung der Witwen und Waisen vor dem Feinde gefallener oder
infolge von Kriegsstrapazen gestorbener Offiziere gesetzlich geregelt werden
sollte.

   Der Vertreter des Reichskriegsministeriums sprach sich gegen diesen Antrag
aus und plädierte für die gleichzeitige Versorgung beider Kategorien von Offi¬
zierswitwen und Waisen.

   Se. k. u. k. apost. Majestät geruhten Ah. anzubefehlen, daß die Beratungen
über diese Frage fortzusetzen seien.
<pb/>240 Nr. 3 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 24. 9. 1884

Anbahnung eines gesicherten Kundschaftswesens und besseres Zusammenwirken
zwischen Zivil- und Militärbehörden

   Der Chef des Generalstabes bezeichnet Galizien, die Bukowina und Sieben¬
bürgen als jene Gebiete, auf welche diese Fragen besonders Bezug haben.

Nr. 2b Popp an Tisza, Wien, 9. Jänner 1884

     Beilage zum GMRProt. v. 25. 11. 1883

   Ich gebe mir die Ehre, EE. in der Nebenlage das Protokoll der unter Ah.
Vorsitze am 25. November v. J. stattgehabten Konferenz zur gefälligen Ein¬
sichtnahme mit der Bitte ergebenst zu übersenden, das Protokoll auch bei den
übrigen Herrn Ministem, welche an der Konferenz teilgenommen haben, zirku¬
lieren lassen zu wollen.

 Nr. 3 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 24. September 1884

     RS. (und RK.)
     Gegenwärtige: der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza (o. D.), der k. k. Ministerpräsident Graf
 Taaffe (26 9) der k. u. k. gemeinsame Kriegsminister FZM. Graf Bylandt-Rheidt (26. 9.), der
 k. u. k. gemeinsame Finanzminister v. Kdllay (27. 9.), der kgl. ung. Finanzminister Graf Szapary
 (2 10) derk k. Finanzminister Dunajewski (3.10.), der Chef der k. u. k. Marinesektion Vizeadmi¬
 ral Freiherr Daublebsky v. Stemeck (27. 9.), der Sektionschef im k. u. k. Kriegsministenum Lam¬
 bert.
      Protokollführer: Ministerialrat Tarkovich.
      Gegenstand: Voranschlag der gemeinsamen Auslagen pro 1885.

    KZ. 55 - RMRZ. 318
    Protokoll der am 24. September 1884 in Budapest abgehaltenen gemeinsamen
 Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des k. u. k. gemeinsamen Ministers des
 Äußern Grafen Kälnoky.

     Der Vorsitzende erklärt die Sitzung für eröffnet und es gelangt zur
 Verhandlung zunächst der Voranschlag des gemeinsamen Heeres pro 1885.

     Der Kriegsminister Bylandt-Rheidt erläutert in.ausführlicher
  Darstellung die Hauptposten des Voranschlages und begründet die Notwendig¬
  keit der für das Jahr 1885 im Ordinarium geforderten Mehrausgaben sowie der
  im Extraordinarium und für das Okkupationsgebiet verlangten Kredite.

     Nach dem vorgelegten Budgetentwurfe würde das Ordinarium des stehenden
  Heeres ohne Abzug der mit 2 449 399 voranschlagten eigenen Einnahmen
  97 754 706 fl. betragen, d. i. um 2 217 072 fl. mehr, als pro 1884 bewilligt war;
  die Ausgaben des Extraordinariums sind mit 5 375 200 fl. voranschlagt, somit
<pb/>