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Gemeinsamer Ministerrat, 15. 7. 1871

I. Wappen zum Gebrauch in gemeinsamen Angelegenheiten

Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_I2/pdf/oe_hu_mrp_I2_z50.pdf.

Nr. 50 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 15. 7. 1871                      339

Regierungsansatzes in der Reichsratsdelegation als hoffnungslos hinstellte, mit
dem Bemerken, daß wohl nichts erübrigen werde, als das ungarische Ministerium
wegen der Geldbeschaffung zu begrüßen [sic!].

   Seine Majestät der Kaiser hatte sonach die Gnade, die im heu¬
tigen Vortrage entwickelten Anträge des Kriegsministers zu genehmigen und an¬
zubefehlen, daß die Taktik der gemeinsamen Regierung demgemäß eingerichtet
werde, indem Allerhöchstderselbe besonders auf die Durchbringung der höheren
Ansätze der ungarischen Delegation in den Titeln 3, 18, 19 und 20, welche den
Bestand der Armee in sich fassen, Gewicht legte. Seine Majestät der Kaiser ge¬
ruhte noch ferner in bezug auf die von den Delegationen gefaßten Resolutionen
und deren Tragweite zu bemerken, daß es sich empfehle, gegen Resolutionen,
denen die gemeinsame Regierung nicht entsprechen zu können glaubt, rechtzeitig
zu remonstrieren, weil die Delegationen, wiewohl ohne einen im Gesetz vorfin-
digen Anhalt der Meinung zu sein scheinen, daß solche Resolutionen sofort noch
ausgefuhrt werden müssen.

   Reichsfinanzminister v. Lönyay gab die Äußerung ab, daß
die diesjährigen Resolutionen keine neuen Momente, sondern nur Wiederholun¬
gen früherer Wünsche enthalten, daß übrigens die Regierung sich nur durch ge¬
meinsame Resolutionen beider Delegationen bestimmen lasse. Nachdem noch
Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn den Giskraschen
Antrag6 auf Einsetzung einer Enquete wegen Feststellung eines Normalbudgets
mit Hinweis auf die dermaligen, ein Normalbudget involvierenden Regierungs¬
ansätze abfällig besprochen hatte, geruhte Seine Majestät der Kaiser die Sitzung
aufzuheben.

                                                                                                  Beust

[Ah. E.] Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen.
Wien, 16. Juli 1871. Franz Joseph.

          Nr. 50 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 15. Juli 1871

    RS. (undRK.)
    Gegenwärtige: der k. k. Ministerpräsident Graf Hohenwart (o. D.), der Reichskriegsminister
Freiherr v. Kuhn (o. D.), der Reichsfinanzminister v. Lönyay (19. 7.), der kgl. ung. Minister am Ah.
Hoflager Freiherr v. Wenkheim (o. D.), Hoffat Freiherr v. Hammer.
    Protokollführer: Sektionsrat Freiherr v. Konradsheim.
    Gegenstand: Wappen zum Gebrauch in gemeinsamen Angelegenheiten.

6 Betreffend die Einsetzung einer Enquetekommission zur Feststellung eines Normalbudgets
        siehe GMR. v. 11. 12. 1870, RMRZ. 95. Gegenstand: I; über Antrag von Giskra wurde die
        Regierung am 14. 1. 1871 von der Delegation aufgefordert, ein Normalbudgetfestzustellen.
        Siehe weiter GMR. v. 15. 1. 1871, RMRZ. 99. Gegenstand: III.
<pb/>340 Nr. 50 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 15. 7. 1871

   KZ. 2318-RMRZ. 116
   Protokoll des zu Wien am 15. Juli 1871 abgehaltenen Ministerrates für ge¬
meinsame Angelegenheiten unter dem Vorsitze Sr. Exzellenz des Reichskanzlers
Grafen Beust.

   Reichskanzler Graf Beust eröffhete die Sitzung mit der Mittei¬
lung, es sei von ungarischer Seite und zwar auch in Delegationskreisen die Anfer¬
tigung eines Wappens und Siegels zum Gebrauche in gemeinsamen Angelegen¬
heiten angeregt worden.

   Infolgedessen habe Vortragender den beiden Ministerpräsidenten Mitteilung
gemacht und ihre Wohlmeinung erbeten, aufwelche Weise ein solches gemeinsa¬
mes Wappen zusammengestellt werden könnte, woraufjedoch eine meritorische
Äußerung noch nicht erfolgt sei.1 Vortragender produzierte hierauf einige mittler¬
weile im Auftrag des Ministeriums des Äußern angefertigte Zeichnungen. Hier¬
nach hätte das gemeinsame Wappen zu bestehen in einem von zwei einwärts ge¬
kehrten Greifen gehaltenen und von der Kaiserkrone überragten Schild, auf
welchem der gekrönte Doppeladler als Brustschild das eigentliche Wappen ent¬
hält. Dasselbe ist dem Dualismus entsprechend in zwei Hauptfelder der Länge
nach geteilt, in deren Mitte sich das genealogische Hauswappen der Ah. Dynastie
als Herzschild befindet, und von welchen das eine, heraldisch linke, das Wappen
Ungarns umgeben von jenen der Annexen darstellt, während das andere die Wap¬
pen aller im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder, wovon die Wappen
der Königreiche Böhmen, Galizien, Dalmatien und des Erzherzogtums Öster¬
reich unter der Enns als Stammland an hervorragender Stelle angebracht sind,
enthält.

   Der Reichskanzler sprach sich schließlich über diese Zusammenstellung zu¬
stimmend aus, bis auf die Sonderbarkeit, daß das Wappen Dalmatiens zweimal
vorkomme, nämlich im Wappen Ungarns, in welches es historisch gehört, und in
jenem der Reichsratsländer, in deren Verband Dalmatien im Sinne der Verfassung
faktisch aufgenommen ist, allein dies sei ein Anstand, über den man nicht weg¬
kommen könne.

   Minister Freiherr v. Wenkheim betonte, daß vom ungari¬
schen Standpunkte Gewicht darauf gelegt werden müsse, daß Dalmatien in der
ungarischen Hälfte des Wappens unter allen Umständen die historisch gebotene
Berücksichtigung finde. Ob dieses Land auch unter den Wappen der Reichsrats¬
länder ersichtlich zu machen sei, erscheine für ihn weniger relevant, doch wolle
er der Aufiiahme wenigstens nicht entgegen sein. Ferner ahabe der Adler als Um-

i Ungarischer Ministerrat über Wappen zum Gebrauch in gemeinsamen Angelegenheiten: 29.
         3. 1871, Gegenstand: 3. MOL. Sektion K-27, 9/1871. Beust an Andrdssy über den Wappen¬
         entwurf, den er gleichzeitig an den cisleithanischen Ministerpräsidenten sendet 12. 5. 1871.
        MOL. Sektion K-26, 704/1871.
<pb/>Nr. 50 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 15. 7. 1871  341

fassung des Wappens, und zwar als Zeichen der Einheit der Monarchie nach au¬
ßen, zua verbleiben.

   Hofrat Freiherr v. Hammer warf hierauf einen Rückblick auf
die bisher bestandenen Ah. Titel und Wappen. Es habe entsprechend den beste¬
henden drei Titeln, nämlich des großen, mittleren und kleineren Titels, bisher
auch nur drei Wappen gegeben.2 Der große Titel samt Wappen sei auch nach der
letzten staatsrechtlichen Umgestaltung unverändert belassen worden. Im mittle¬
ren Titel sei nur das Wort apostolisch eingeschaltet worden, und habe Seine Ma¬
jestät in bezug auf das Wappen gestattet, daß nach dem definitiven Verluste Lom-
bardo-Venetiens der leer gewordene Raum durch die neuaufzunehmenden
Wappen von Kärnten und Krain ausgefiillt werde. Der kleine Titel endlich sei
durch die Ah. Entschließung vom 14. November 1868 in der bekannten Weise
verändert worden,3 das dazugehörige Wappen sei aber dabei unberücksichtigt ge¬
blieben. Es befinde sich mit dem Titel nicht in Harmonie, und müsse also ein
neues gefunden werden, was selbstverständlich nicht hindere, daß jede der beiden
Reichshälften in speziellen Angelegenheiten noch das eigene Wappen führe, so
daß es hinkünftig deren fünf geben wird.

    Was das heute in Frage kommende Wappen betreffe, so scheine ihm die vorlie¬
gende Zeichnung als Darstellung der Zweiteilung des Reiches bei gleichzeitiger
Verbindung zu einer Monarchie die neue staatsrechtliche Gestaltung richtig zum
Ausdruck zu bringen.

    Bei der nunmehr folgenden Besprechung wurde gegen die der Zeichnung zu¬
grunde liegende Idee und deren Ausführung im Prinzip keine Einwendung erho¬
ben und nur bezüglich der Details wurden einige Verbesserungsanträge vorge¬
bracht und angenommen.

    Freiherr v. Wenkheim wünschte, daß inbdemungarischen Schil¬
de1&#39; das Wappen Ungarns als Kemschild seiner Bedeutung entsprechend größer
dargestellt, dann, daß insofern auch die Orden der Monarchie angebracht werden
sollten, der Stefansorden so gereiht werden möge, daß er unter das ungarische
Feld kommt.

    Ministerpräsident Graf Hohenwart dagegen machte dar¬
auf auftnerksam, daß die Gruppierung der Wappen von Böhmen, Galizien, Dal¬
matien und des Erzherzogtums Österreich leicht mißverstanden werden könnte,
und wünschte daher eine dem ungarischen Wappenfelde auch in der symmetri-

*-· Korrektur aus sei der Adler als Umfassung des Wappens zwar für Ungarn neu, doch könne es
        dabei als Zeichen der Einheit der Monarchie nach außen.
        Korrektur aus der einen Hälfte.

        Vgl. GMR. v. 22. 1. 1869, RMRZ. 31: Feststellung des mittleren und großen Titels Seiner
        Majestät des Kaisers mit Rücksicht aufdie neuerlich geordneten Verfassungsverhältnisse. In:
         Die Protokolle des gemeinsamen Ministerrates der österreichisch-ungarischen Monar¬
         chie 1/1 178-183.
3 Ebd. Anm. 1.
<pb/>342 Nr. 51 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 20. 7. 1871

sehen Anordnung mehr entsprechende Zusammengruppierung der Wappen der
drei Königreiche als Kemschild unter den Wappen der Reichsratländer.

   Die Konferenz beschloß schließlich die Umarbeitung der Zeichnung nach den
obigen Andeutungen, nachdem die von einer Seite vorgebrachten Bedenken über
die technische Ausführbarkeit eines solchen Wappens vom Reichskanzler mit
Hinweis auf die eventuelle Bestellung bei englischen Graveuren widerlegt wor¬
den waren.

   Es wurde ferner beschlossen, daß bei den hiernach verfertigten Siegeln auch
die Umschrift dem durch das Wappen veranschaulichten veränderten kleinen Ti¬
tel anzupassen sei, daß aber vorerst die nach dem heutigen Beschlüsse neu zu
entwerfende Zeichnung den beiden Ministerpräsidenten zur Einholung der Zu¬
stimmung der bezüglichen Ministerkonferenzen mitzuteilen sei.

   Womit die Sitzung geschlossen wurde.
                                                                                                   Beust

[Ah. E.] Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen.
Wien, 23. Juli 1871. Franz Joseph.

          Nr. 51 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 20. Juli 1871

    RS. (und RK.)
    Gegenwärtige: der Reichskanzler Graf Beust (o. D.), der kgl. ung. Ministerpräsident Graf
Andrässy (o. D.), der k. k. Ministerpräsident Graf Hohenwart (o. D.), der Reichskriegsminister
Freiherr v. Kuhn (o. D.), der Reichsfinanzminister v. Lönyay (o. D.), der kgl. ung. Finanzminister
v. Kerkäpoly (o. D.), Oberst König, Oberstleutnant Horst.
    Protokollführer: Sektionsrat Freiherr v. Konradsheim.
    Gegenstand: Beköstigung der Militärgrenze.

   KZ. 2324-RMRZ. 117
   Protokoll des zu Wien am 20. Juli 1871 abgehaltenen Ministerrates für ge¬
meinsame Angelegenheiten unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers.

    Seine Majestät der Kaiser geruhte die Sitzung zu eröffnen,
indem Allerhöchstderselbe mit Bezugnahme auf die letzten Delegationsbeschlüs¬
se betreffend1 die Beköstigung der Militärgrenze die Frage zur Erörterung brach¬
te, mit welchen Mitteln nunmehr dem aus der Nichtvotierung der Regierungsan¬
forderung sich ergebenden Ausfall begegnet werden könnte.

i Am 13. 7. 1871 hat die Reichsratsdelegation die Post ,,Erforderniß für die Grenztruppen&quot;
         abgelehnt. Stenographische Sitzungs-Protokolle der Delegation des Reichsrates. Vierte
         Session 143.
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