Gemeinsamer Ministerrat, 22. 4. 1871
I. Gemeinsames Budget für das Jahr 1872
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290 Nr. 43 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 22. 4. 1871 Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn erklärte hier¬ auf, abwarten zu wollen, was Seine Majestät nach Kenntnisnahme des heutigen Protokolls zu beschließen geruhen werde - worauf die Sitzung geschlossen wurde. Beust [Ah. E.] Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 25. April 1871. Franz Joseph. Nr. 43 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 22. April 1871 RS. (und RK.) Gegenwärtige: der Reichskanzler Graf Beust (o. D.), der kgl. ung. Ministerpräsident Graf Andrässy (o. D.), der k. k. Ministerpräsident Graf Hohenwart (o. D.), der Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn (o. D.), der Reichsfinanzminister v. Lönyay (2. 4. [sic!]), der k. k. Finanzminister Freiherr v. Holzgethan (3. 5.), der kgl. ung. Finanzminister v. Kerkäpoly (o. D.), Sektionschef v. Früh. Protokollführer: Sektionsrat Freiherr v. Komadsheim. Gegenstand: Gemeinsames Budget für das Jahr 1872. KZ. 1059-RMRZ. 109 Protokoll des zu Wien am 22. April 1871 abgehaltenen Ministerrates für ge¬ meinsame Angelegenheiten unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers. Seine Majestät der Kaiser geruhte die Sitzung zu eröffnen, indem Allerhöchstderselbe es als Aufgabe der heutigen Konferenz bezeichnete, daß in der Sitzung des gemeinsamen Ministeriums vom 19. April1 bereits vorbe¬ ratene gemeinsame Budget für das Jahr 1872 heute unter Zuziehung von Vertre¬ tern der beiden Landesministerien definitiv festzustellen. Reichsfinanzminister v. Lönyay erbat sich hierauf das Wort zur Darstellung der Hauptziffem des Budgets und Vergleichung mit der vorjähri¬ gen Bewilligung. Seit der Besprechung vom 19. April hätten sich einige Positio¬ nen verändert. So sei namentlich A. beim Ministerium des Äußern gegenüber dem Vorjahr im Ordinarium bei der Zentralleitung ein Mindererfordemis von 300 fl. und bei den Konsulatsausla¬ gen ein solches im Betrage von 420 fl. erzielt worden. Dagegen übersteige das Präliminare die vorjährige Bewilligung um ein Mehrerfordemis für Geheimaus¬ lagen von 60 000 fl. und für diplomatische Auslagen von 62 268 fl. Letztere be¬ treffen die Dotationen für einige, früher im Extraordinarium geführte und jetzt wieder im Ordinarium übertragene deutsche Gesandtschaften. Diesem Mehrer- 1 GMR. v. 19. 4. 1871, RMRZ. 108. <pb/>Nr. 43 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 22. 4. 1871 291 fordernis im Extraordinarium von 68 035 fl. stehe dann die erhöhte Bedeckung aus eigenen Einnahmen durch Einstellung eines Mehrbetrages von 79 290 fl. an Einkommensteuer, dann von 10 203 fl. an Posteinnahmen des Lloyd entgegen, so daß sich das pro 1872 auf 3 807 207 fl. veranschlagte Erfordernis des Ministeri¬ ums des Äußern effektiv um 41 480 fl. niederer darstelle als im Vorjahre. B. Was das Erfordernis des Kriegsministeriums betreffe, so sei 1. der Ausweis über das Ordinarium für das Heer seit der früheren Bespre¬ chung durch Ausscheidung der Grenze auf 87 278 500 fl. reduziert worden. An Extraordinarium wurden begehrt 25 809 520 fl., so daß von dem Gesamtbedarfe im Betrage von 113 088 020 fl. nach Abzug der eigenen Einnahmen ä 4 900 000 fl. noch ein zu bedenkendes Erfordernis von 108 188 020 fl. erübrige, welches die vorjährige Bewilligung (selbstverständlich ohne Hinzurechnung der damals be¬ willigten Nachtragskredite, dann der Kosten für die Unruhen in Dalmatien und die Heeresausrüstung im Jahre 1870) um 8 370 000 fl. übersteige. 2. Für die Marine wurde begehrt im Ordinarium 8 507 350 fl., im Extraordina¬ rium 3 458 000 fl., zusammen nach Abzug der eigenen Bedeckung von 233 350 fl. Effektiv 11 732 800 fl., folglich um 749 000 fl. mehr als im Vorjahre. Der Bedarf des Reichsfinanzministeriums weise im Ordinarium 1 783 579 fl. und im Extraordinarium 4360 fl., im ganzen also nach Abzug der Bedeckung 1 786 001 fl. nach, sohin im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 4812 fl., welches trotz geringer Ersparungen auf anderer Seite durch eine Mehrbelastung mit Pen¬ sionen hervorgerufen werde. Das Erfordernis für den gemeinsamen Obersten Rechnungshofendlich 101 164 fl. bleibe dem vorjährigen gleich. Dem Voranstehenden zufolge werde sich das gemeinsame Budget pro 1872 auf 125 615 192 fl. und nach Abzug des gemeinsamen Erträgnisses aus dem Zollgefalle in dem angenommenen Betrage ä 12 200 000 fl. auf 113 415 00011. in runder Summe belaufen. Die vorjährige Bewilligung habe rund 104 533 000 fl. betragen, sohin um circa neun Millionen weniger. Werden aber zu der vorjährigen Bewilligung noch die oben erwähnten Nachtragskredite, dann die Kosten für Dalmatien etc. von zusammen 19 715 000 fl. hinzugerechnet, so stelle sich die Gesamtvotierung der letzten Delegationen auf 124 248 000 fl., welcher gegenüber dem 1872er Erfordernis von 113 415 000 fl. sich schon im vorhinein um 10 833 000 fl. günstiger gestatte, vorbehaltig weiterer Herabminderungen im Laufe der heu¬ tigen Besprechung. Anläßlich dieser Darstellung gaben einige Posten im Budget des Ministeriums des Äußern Anlaß zu einer kurzen Zwischendiskussion. <pb/>292 Nr. 43 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 22. 4. 1871 Reichskanzler Graf Beust erwähnte über Befragen, daß von den kleinen deutschen Gesandtschaften nur noch München, Stuttgart und Dres¬ den ins Präliminare eingestellt, Karlsruhe und Darmstadt aber fallengelassen wurde, und beantwortete die Frage Seiner Majestät des Kaisers über die Zulässigkeit der Einziehung des Stuttgarter Postens mit dem Hinweis auf die zahlreichen Belange der dort zu vertretenden Interessen, ferner die Ah. ge¬ stellte Frage über den Stand unserer Vertretung in Ostasien und Südamerika mit der Erwiderung, daß neben der bestehenden Vertretung in Shanghai auch eine solche in Yokohama sich empfehle und im Präliminar berücksichtigt wurde, die Frage wegen Südamerika dagegen einstweilen noch schwebe. Ministerpräsident Graf Andrässy brachte die Dotation der Generaikonsule in Belgrad und Bukarest zur Sprache. Indem er dies tat, verwahr¬ te er sich gegen die in manchen Kreisen bestehende Ansicht, als ob diese beiden Missionen vorwiegend ungarische Interessen zu vertreten hätten, mit der Bemer¬ kung, daß Ungarns fast ausschließlich aus Rohprodukten bestehender Exporthan¬ del mehr nach Westen gerichtet sei, während gerade die cisleithanische Reichs¬ hälfte ihre Industrieerzeugnisse nach den Fürstentümern absetze. Er befinde sich also auf keinem spezifisch ungarischen Standpunkte, wenn er im Zwecke einer tüchtigen und auch nach außen glänzenden Vertretung, so wie sie die übrigen Mächte daselbst haben, eine Aufbesserung der betreffenden Dotationen um eini¬ ge 1000 fl., welche zugleich ein Äquivalent für die minder angenehmen Seiten dieser zwei Posten bilden würde, beantrage. Reichskanzler Graf Beust erklärte sich vorbehaltlich der Ah. Genehmigung mit einer Zulage für die erwähnten beiden Funktionäre einverstan¬ den, worauf Seine Majestät der Kaiser den Antrag des Grafen Andrässy zum Beschluß zu erheben und sohin die Diskussion auf das veran¬ schlagte Heereserfordemis, und zwar zunächst auf das Ordinarium, hinzuleiten die Gnade hatte. Reichsfinanzminister v. Lönyay erneuerte die schon bei der ersten Besprechung gestellten Anträge, daß zum Behufe der möglichsten Einhal¬ tung der Positionen des vorjährigen Budgets und um die Diskussionsobjekte in den Delegationen tunlichst zu vermindern: a) Der im Erfordernis ersichtlich ge¬ machte Schalttag, für welchen zusammen 102 000 fl. präliminiert wurden, dann die Gagenerhöhungen nicht bei den einzelnen Titeln durchgeführt, sondern in einer eigenen Position (vorbehaltlich der Detaillierung in einer Beilage) zum Ausdruck gebracht, ferner überhaupt b) wo es nur immer zulässig sei, die Über¬ schreitung gegenüber der vorjährigen Bewilligung in den sachlich unbedeutende¬ ren Posten ausgeglichen und nur auf die Hauptpositionen beschränkt werden mö¬ gen, für welche man sodann umso nachdrücklicher eintreten könne. Den Antrag ad a) geruhte Seine Majestät der Kaiser mit Zu¬ stimmung des Reichskriegsministers Freiherr v. Kuhn zu genehmigen, welch letzterer jedoch sich gegen den Antrag ad b) aussprach, mit Hinweisung teils auf die durch neue Organisierungen gebotenen Mehrausla- <pb/>Nr. 43 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 22. 4. 1871 293 gen, teils auf die Notwendigkeit, die vorjährigen Abstriche in manchen Positio¬ nen, wie z. B. bei den Kommanden und Stäben, bei der Naturalienverpflegung, dann beim Montur- und Bettenwesen etc. heuer wieder mitsamt dem nach den Normalien sich ergebenden regelrechten kurrenten Erfordernis in Ansatz zu brin¬ gen. In gewissen Titeln wie die eben erwähnten lasse sich ein Abstrich absolut nicht durchführen und bleibe ihm kein anderer Ausweg, als zu Virements zu grei¬ fen. Diese Notwendigkeit trete namentlich bei den Kommanden und Stäben, dann bei der Naturalverpflegung ein, deren Entgang er heuer durch Heranziehung der einstweilen offen gehaltenen 100 000 fl. für die Reservedivisionen, dann durch früheren als terminmäßigen Verkauf der zur Veräußerung bestimmten Pferde zu decken bemüßigt sei. Finanzminister v. Kerkäpoly, welchem auch GrafAndrässy zustimmte, wies auf das Unzulässige der Virements hin und bezeichnete es zu¬ gleich unter Ag. Zustimmung Seiner Majestät als korrekter, wenn die votierten Gelder ihrer rubrikmäßigen Verwendung zugefuhrt und dafür in Titeln, wo sich die Überschreitung rechtfertigen lasse, die nachträgliche Bedeckung in Anspruch genommen werde. Auf Ah. Befehl brachte sodann Reichskriegsminister Frei¬ herr v. Kuhn punktweise jene Positionen des 1872er Ordinariums zur Erörterung, in welchen dasselbe ein Mehrerfordemis gegenüber der vorjährigen Bewilligung nachweist. 1. Der Ansatz für den Schalttag wurde unverändert belas¬ sen. 2. An Gagenerhöhung für die Obriste und Oberstlieutenants, dann für die Geistlichen und Militärbeamten waren eingestellt 334 667 fl. Wovon auf die er- stere Kategorie 170 000 fl., auf letztere 164 000 fl. entfallen. Dieser Posten rief eine längere Diskussion hervor. Finanzminister v. Kerkäpoly ließ die prinzipielle Frage unbe¬ rührt und bat nur im allgemeinen um Beseitigung jeder entbehrlichen Auslage, um den erschöpften Staatskassen, welche in Ungarn in den zwei letzten Jahren jedesmal mit einem Defizit von 20 Millionen abschlossen, wenigstens während eines Jahres Zeit zur Erholung zu lassen. Diese Defizite konnten nur mit größter Anstrengung gedeckt werden, und am Ende des 1. J. werden Ungarns Finanzen erschöpft sein. Er müsse also Wert darauf legen, daß das Budget ohne zwingen¬ den Anlaß zum Gegenteil innerhalb der Grenzen der kurrenten Einnahmen gehal¬ ten werde. Ausgaben, die ein Anlehen erfordern, würden die Delegationen heuer nicht bewilligen, und er könne dieselben gegenüber seinen Landsleuten auch um¬ soweniger vertreten, als er sich infolge der diesjährigen Überschwemmungen auf einen Steuemachlaß von circa drei Millionen gefaßt machen müsse. Seine Majestät der Kaiser geruhte einzuschalten, es sei wün¬ schenswert, daß man sich diesen Standpunkt auch bei Anfertigung des ungari¬ schen Landesbudgets gegenwärtig halte. Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn machte hierauf das Zugeständnis, die Geistlichen und Militärbeamten diesmal noch wegzulas¬ sen, wobei es freilich bedauerlich sei, daß dadurch auch die Intendanturbeamten <pb/>294 Nr. 43 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 22. 4. 1871 betroffen werden, die gleich den Offizieren ins Feld rücken müssen und bei wel¬ chen sich die Gageerhöhung als Lockmittel für geeignete Bewerber als zweckmä¬ ßig darstelle. Für die Weglassung der Geistlichen und Beamten sprachen sich auch die Ministerpräsidenten Graf Andrässy und Graf Hohen¬ wart aus, ersterer mit Hinweis auf die Schaffung eines Präzedenzfalles für die Zivilbeamten, letzterer mit dem Bemerken, daß bei den Bezügen der Militärbe¬ amten nicht die Gleichstellung mit den Offizieren, sondern mit den korrespondie¬ renden Kategorien der Zivilbeamten, welche um etwas sogar niederer dotiert sind, vor Augen zu halten sei. Seine Majestät der Kaiser geruhte bezüglich der höher als die übrigen Militärbeamten gestellten Intendanzbeamten den Bemerkungen des Kriegsministers zwar zuzustimmen, aber gleichwohl zur Vermeidung der Unzu¬ friedenheit bei den übrigen Militärbeamten den Ah. Beschluß dahin zu fassen, daß sich die Gagenerhöhung diesmal nur auf die Obriste und Oberstlieutenante zu erstrecken habe. 3. Bei der Poste Höhere Kommanden und Stäbe geruhte Seine Maje¬ stät, auf die Erklärung des Reichskriegsministers, daß die De¬ legationsabstriche bezüglich der bestehenden Kommanden ohne Alterierung der Armeeinteilung unmöglich eingehalten werden können, vielmehr die Durchfüh¬ rung der Divisionseinteilung deren Vermehrung bedinge, die Wiedereinstellung des von den Delegationen gestrichenen Betrages ä 190 000 fl. samt den Kosten für die Vermehrung ä 238 071 fl., zusammen rund von 429 000 fl., zu genehmi¬ gen. 4. Die Kosten für die Aufstellung eines 13. Artillerieregiments mit 521 321 fl. wurde ohne Einwendung angenommen, und geruhte Seine Majestät der Kaiser anzubefehlen, daß hierüber ein ähnliches Expose, wie im vori¬ gen Jahre bei Vermehrung der Kavallerie den Delegationen vorgelegt werde. 5. Die Position von 366 936 fl. für Fourageportionen an die beritten zu ma¬ chenden Kompagniekommandanten wurde gleichfalls beibehalten, nach dem den Einwendungen, welche Graf Andrässy mit Hindeutung auf die Ämula- tion bei Kriegsstrapazen "und anderen Gründen2 und Finanzminister v. Kerkäpoly mit Hinweisung auf die Verteuerung der Landwehr durch die gebotene gleiche Einrichtung gegen diese Neuerung erhoben hatten, von Seite des Reichskriegsministers Freiherr v. Kuhn das Bei¬ spiel der preußischen und bayerischen Armee, wo sich die Einrichtung im letzten Kriege bewährte, entgegen gehalten wurde, welchem Argument Seine Ma¬ jestät der Kaiser noch die Betonungb der Minderbelastung des Pensi¬ onsetats durch Erhaltung längerer Dienstfahigkeit älterer Offiziere beizufügen die Gnade hatte. 6. Nicht minder passiert wurden die Mehrauslagen von 100 000 fl. für Konzen¬ trierungsauslagen, wobei Seine Majestät den Ah. Willen dahin auszu- Einfügung Andrässys. b Streichung der Popularität der Einrichtung in der Armee und. <pb/>Nr. 43 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 22. 4. 1871 295 sprechen geruhten, daß die Übungen der Reservisten diesmal und hinfort die ge¬ setzlichen vier Wochen dauern sollen. 7. Ebenso wurden Ah. genehmigt die Kosten für die zu errichtenden Territori¬ albezirke mit 83 000 fl., dann 8. das Mehrerfordemis der Materialgebarung für die technische Artillerie mit 51 910 fl. und für die Militärbauverwaltung mit 78 334 fl., wogegen die 139 580 fl. für die Fuhrwesenmaterialdepots zu entfallen haben. 9. Der Mehrbetrag von circa 100 000 fl. für das Militärgeographische Institut als einjährige Rate für den prinzipiell auf zehn Jahre schon bewilligten Zuschuß zur Herstellung neuer Karten für die Monarchie wurde mit dem vom Kriegs- minister als ohnehin schon befolgt bezeichneten Wunsche des Finanzmini¬ sters Kerkäpoly genehmigt, daß bei den neuen Kartenaufhahmen die be¬ stehenden Katastralvermessungsapparate zu verwenden wären. 10. Für die Reorganisation der Ärzte wurden genehmigt 68 000 fl. 11. Zu den für Preissteigerung der Naturalien angesetzten und genehmigten 600 000 fl. machte Reichskanzler Graf Beust die Bemerkung, daß im gegenteiligen Falle des Sinkens der Naturalpreise der erzielte Überschuß den gemeinsamen Finanzen als Guthabung, die von späteren Votierungen abge¬ schlagen werden könne, zustatten komme und daß sich gegenüber den Delegatio¬ nen die durch den Leiter des gemeinsamen Obersten Rechnungshofes konstatier¬ te Tatsache der Erübrigung einer Million im Jahre 1869 mit Vorteil hervorheben lasse. 12. Der Mehrbetrag für Monturen infolge der Preissteigerung und der Herab¬ setzung der Kategoriedauer mit 640 000 fl. wurde genehmigt. F i n a n z m i - nister v. Kerkapoly regte hiebei die Frage an, ob die Herabsetzung der Kategoriedauer nicht eine notgedrungene Folge der Verschlechterung der Stoffe sei? Worauf Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn die stärkere Abnützung der Monturen durch angestrengtere Übungen infolge der kürzeren Präsenzzeit betonte. Ministerpräsident Graf Andrässy zugleich mit dem ungarischen Finanzminister sprachen sich übrigens in dem Sinne aus, daß man beim Montur- und Bettenwe¬ sen bis an die Grenze der Möglichkeit herabgehen und dann das Erfordernis mit allem Nachdrucke vertreten solle, worauf Seine Majestät der Kaiser anzudeuten geruhte, wie es im Interesse der ordentlichen Armeewirt¬ schaft nötig sei, daß die Kriegsverwaltung in die Lage gesetzt werde, den Trup¬ pen die normalmäßigen Monturgebühren ausfolgen zu können, nachdem diesel¬ ben infolge der letztjährigen Abstriche an dieser Rubrik in einen ungewöhnlich schlechten Stand gerieten. Das Ordinarium sei in dieser Beziehung wichtiger als das Extraordinarium. 13. Über die Darstellung des Sachverhaltes von Seite des Reichs¬ kriegsministers Freiherrn v. Kuhn wurde auch die Wieder¬ einstellung der Abstriche an der Naturalienverpflegung, dann an der Mann- <pb/>296 Nr. 43 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 22. 4. 1871 schaftskost und dem Montur-und Bettenwesen mit zusammen 1 803 000 fl. von Seiner Majestät Ag. genehmigt und ebenso 14. mehrere kleinere Posten als Subsistenzzulagen für die in sog. Stationen III. Klasse Dalmatiens verlegten Truppen, Übungszulagen für die Feld- und Fe¬ stungsartillerie, Mehrerfordemis für den Gamisonswechsel der Truppen aus Sa¬ nitätsrücksichten, Erhöhung der Rekrutierungsauslagen durch die Vermehrung der Stellungsbezirke, Diensteszulagen für die Militärschreiber, Mehraufwand der Zinsklassenerhöhung, Ersatz der Verpflegskosten für das Matrosendetachement in Cattaro usw., wonach sich das Mehrerfordemis im Ordinarium gegenüber der vorjährigen Bewilligung in Summe auf 5 364 478 fl. belaufen wird. Reichskanzler Graf Beust nahm hieraus Anlaß, den voraus¬ sichtlichen Gang der Verhandlungen in den Delegationen zu besprechen. Man werde hier vor allem anderen die Steigerung des Heereserfordemisses gegen das Vorjahr konstatieren, und unter diesem Eindrücke werde sich gewiß die Tendenz, Abstriche zu machen, entwickeln. Um diesem Streben die Spitze abzubrechen, sei es nach Ansicht des Vortragenden unerläßlich, gleich anfangs scharf hervor¬ zukehren, daß das eingestellte Mehrerfordemis einesteils in dem Wiederansatze der im Vorjahr gemachten, aber uneinhaltbaren Abstriche, andemteils in neuen Erwägungen und in Reorganisationen, die wie z. B. die Divisionseinteilung von den Delegationen selbst verlangt wurden, begründet sei. Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn verwies in die¬ ser Beziehung auf das hinauszugebende Expose, wo diese Bemerkungen Berück¬ sichtigung finden werden. Seine Majestät der Kaiser hatte hierauf die Gnade, auch noch die Frage wegen Beköstigung der Grenztruppen zur Besprechung zu bringen. Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn gab das Erforder¬ nis in den verschiedenen Titeln mit 2 517 811 fl. an. Finanzminister v. Kerkäpoly war der Meinung, daß diese Auslagen nunmehr keinen Gegenstand eines besonderen Ausweises zu bilden ha¬ ben, sondern zugleich mit dem Heeresbudget zu votieren seien, denn da nach den demnächst auch in der diesseitigen Reichshälfte Gesetzeskraft erlangenden Ab¬ machungen Ungarn a conto der Grenze im vorhinein 2 % der gemeinsamen Aus¬ lagen entrichte, so sei es selbstverständlich, daß das dadurch nicht bedeckte Er¬ fordernis der Grenztruppen, solange sie bestehen, aus gemeinsamen Mitteln zu bestreiten [sein] könne. Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn verwies auf die letzten Delegationen, welche für die Grenze nichts votieren wollten, mit dem Bemerken, daß er, solange kein prinzipieller Beschluß vorliege, die Grenzausla¬ gen getrennt zum Ausdruck zu bringen bemüßigt sei. Seine Majestät der Kaiser geruhte sodann, das Extraordinari- um zur Erörterung zu bringen und bei punktweiser Besprechung des bezüglichen Erfordemisausweises nachstehende Ah. Beschlüsse zu fassen: <pb/>Nr. 43 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 22. 4. 1871 297 Post 7 Zubauten im Gamisonsspital No. 1 in Wien mit 350 000 fl. hat zu ent¬ fallen, ebenso "21 bis 25 für verschiedene Sanitätsauslagen mit zusammen 24 876 fl. " 26 Für die Herstellung einer Wasserleitung in der Militärakademie in Wiener Neustadt mit 30 000 fl. ist aus dem Titel (Sanitätsauslagen) sachgemäßer in den Titel (Bauwesen) zu übertragen. " 28 Festungsgeschütze und Munition für Jaroslau mit 1 920 000 fl. entfallt. " 29 Anschaffung von Wemdlgewehren mit 4 100 000 fl. ist nur mit der Hälfte, d. i. mit 2 050 000 fl., einzustellen, desgleichen " 30 Anschaffung von Revolvern statt 134 400 fl. bloß mit 67 000 fl. " 33 Beschaffung von Pioniersäbeln mit 47 440 fl. entfällt, ebenso " 34 Anschaffung von Feldoperationskasten mit 5000 fl. " 37 Befestigung des Heiligenberg bei Olmütz wird von 500 000 fl. auf 300 000 fl. reduziert. " 39 Bau zweier permanenter Werke bei Cattaro mit 200 000 fl. entfällt. " 43 Herstellung wasserdichter Zementdecken in Kufstein mit 15 000 fl. ist ins Ordinarium zu übertragen. " 44 Verteidigungserfordemisse für die Grenzfestungen mit 30 000 fl. entfällt. " 47 Bau der Infanteriekaseme in Pola wird von 300 000 fl. auf 200 000 fl. reduziert. " 52 und 53 Bau von Kasernen in Bruck a/L. und Szolnok mit zusammen 320 000 fl. entfallen. " 55 Restauration der Ofliziersgebäude und Stallungen in Kruszow mit 20 500 fl. ist ins Ordinarium zu übertragen. "56 Herstellung an der Defensionskaseme im Fort Guppe 40 000 fl. entfallt, ebenso " 62 Neubau einer zweiten gedeckten Reitschule in Lemberg mit 30 000 fl. " 65 Bau von Pulvermagazinen in den Festungen mit 400 000 fl. und " 68 für das Laboratorium in Theresienstadt mit 14 000 fl. entfallen, gleich¬ falls " 72 Rekonstruktion von vier Flugdächem in Karlsburg mit 10 000 fl. kommt ins Ordinarium, " 74 für Schmelzöfen zum Umgusse der Eisenkerne mit Blei mit 2200 fl. ent¬ fallt, desgleichen "81 Neubau eines Bauhofschoppens in Hermanstadt 10 000 fl., " 82 für die Anschaffung von Torpedos mit 300 000 fl. " 83 bis 86 für Ameliorierungen an Militärgebäuden in Ofen, Komom, Arad und Kaschau mit zusammen 36 990 fl. sind ins Ordinarium zu übertragen. " 89 Drucksorten für das neue technische Reglement 500 fl., " 90 für die zu errichtenden Hufbeschlagschulen mit 2297 fl. haben auszublei¬ ben. "91 Miete für Magazine kommt ins Ordinarium 25 000 fl. <pb/>298 Nr. 43 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 22. 4. 1871 "108 Monturvorräte für die Ersatzreserve mit 1 613 620 fl. hat zu entfallen, desgleichen " 109 Kriegsabnützungsvorrat mit 2 000 000 fl. und " 110 Anschaffung von Rüstungen zu Revolvern als Reservevorrat mit 54 388 fl. "112 Zur Anschaffung neuartiger Kochgeschirre wird von 382 000 fl. auf 105 000 fl. reduziert und "113 zur Anschaffung von Leibbinden und Kapuzen mit 283 000 fl. gänzlich weggelassen. Sektionschef v. Früh konstatierte hierauf, daß die heutigen Ab¬ striche am Extraordinarium das Heereserfordemis um circa zehn Millionen ver¬ mindern würden. Im Laufe dieser Sichtung bemerkte Finanzminister v. Kerkä- p o 1 y, daß der Bau von Kasernen in Gamisonsorten grundsätzlich von den gemeinsamen Finanzen abgewälzt und den Gemeinden überlassen werden möge, eine Bemerkung, die allseitige Zustimmung fand, und wünschte ferner zur Wie¬ derherstellung des als Militärspital benützten Ludoviceal-Gebäudes die Einstel¬ lung von 150 000 fl. Seine Majestät der Kaiser geruhte anzudeuten, daß die Reichs¬ ratsdelegation eine solche Ausgabe schwerlich votieren dürfte,jedoch der Wunsch des ungarischen Finanzministers bei den vorgebrachten Billigkeitsgründen ad notam genommen werden könne. Schließlich geruhte Seine Majestät bezüglich des Voranschlages der Marine zu bemerken, daß man auch hier trachten solle, die Ziffern des vorjährigen Budgets möglichst einzuhalten, und nach der Erwiderung des Ministerpräsidenten Grafen Andrässy, daß man wahr¬ scheinlich in den Delegationen mit der Marinedotation hinkünftig kärglicher Vor¬ gehen werde, nachdem die bisherigen Votierungen zum Teile dem persönlichen Wohlwollen für den verstorbenen Vizeadmiral2 zuzuschreiben seien, die Sitzung aufzuheben. Beust [Ah. E.] Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 4. Mai 1871. Franz Joseph. 2 Vizeadmiral: Tegetthqff, Wilhelm von (1827-1871). <pb/>