MRP-2-0-01-2-18710119-P-0035.xml

|
[Tagesordnungspunkte]

Gemeinsamer Ministerrat, 19. 1. 1871

238 Nr. 35 Gemeinsamer Ministerrat, Ofen, 19. 1. 1871

Gutachten zugunsten der Gesellschaft gegenüber. Vierzigststeigerungen machten

übrigens keine Schwierigkeiten und seien durch die technischen Betriebsmittel

leicht auszugleichen, wie namentlich auch die Erfahrungen des Jahres 1866 be¬

züglich der Truppentransporte unwiderleglich dargetan hätten.

Kommunikationsminister v. Gorove bemerkt, daß unter

übrigens gleichen Umständen die Trasse mit geringerer Steigerung jedenfalls

vorzuziehen sei.
   Ministerpräsident Graf Andrässy stellt die Frage, ob die

Gesellschaft im Frühjahr mit den Arbeiten beginnen könne.

Kommunikationsminister v. Gorove bemerkt, daß dem

keine Schwierigkeiten entgegenstünden, wenn sie die neue Trasse akzeptieren

und mit den Vorarbeiten beginnen wollte.
   Seine Majestät der Kaiser geruht mitzuteilen, daß die Gesell¬

schaft nach Angabe des Grafen Waldstein7 sich anheischig mache, unter Voraus¬

setzung einer nicht näher bezeichneten Subvention und der Bewilligung der von

ihr gewählten Trasse die Bahn bis Ende Dezember 1871 zu vollenden.

Kommunikationsminister v. Gorove glaubt einwenden zu

dürfen, daß die Bahngesellschaften etwa mit Ausnahme der Alfoldbahn ihren

Versprechungen in der Regel nicht nachgekommen seien.

Leiter des k. k. Handelsministeriums Freiherr de

P r e t i s weist daraufhin, daß in solchen Fällen durch Kautionsverfall Abhilfe

möglich sei.
   Kommunikationsminister v. Gorove erklärt seine Bereit¬

willigkeit, die Bahn anzuweisen, den Termin und die übrigen Bestimmungen ih¬

rer Konzessionsurkunde strickt einzuhalten.

Seine Majestät der Kaiser geruht die Ausführung des Kommu-

nikationsministers zur Ah. Kenntnis zu nehmen, worauf die Sitzung geschlossen

wurde.

                                                                     Beust

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen.
Ofen, 17. März 1871. Franz Joseph.

        Nr. 35 Gemeinsamer Ministerrat, Ofen, 19. Jänner 1871

    RS. (und RK.)
    Gegenwärtige: der Reichskanzler Graf Beust (o. D.), der kgl. ung. Ministerpräsident Graf
Andrässy (o. D.), der Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn (o. D.), der Reichsfinanzminister v.
Lönyay (25. 1.), der kgl. ung. Finanzminister v. Kerkäpoly (o. D.).
    Protokollführer: Sektionsrat v. Teschenberg.
    Gegenstand: Kriegsbudget.

7 Waldstein, Ernst Graf(1824-1904), Großgrundbesitzer in Böhmen, Landtagsabgeordneter.
<pb/>Nr. 35 Gemeinsamer Ministerrat, Ofen, 19. 1. 1871  239

   KZ. 566-RMRZ. 101
   Protokoll des zu Ofen am 19. Jänner 1871 abgehaltenen Ministerrates für ge¬
meinsame Angelegenheiten unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers.

   Seine Majestät der Kaiser geruht die Sitzung mit dem Hinweis
darauf zu eröffnen, daß die Votierungen bezüglich des Kriegsbudgets eine klare
Haltung der Regierung und eine eventuelle Einwirkung auf die ungarische Dele¬
gation erheischen. Im allgemeinen könne angenommen werden, daß das Plenum
der ungarischen Delegation die Anträge der Kommission genehmigen werde. Es
gelte nun, sich zu entscheiden, ob man in allen Punkten an diesen Anträgen fest¬
zuhalten oder eine Akkomodierung derselben mit den Anträgen der deutschen
Delegation oder endlich eine gemeinsame Abstimmung herbeiführen wolle.

   Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn stellt die Frage,
wann die Beratungen im Plenum der ungarischen Delegation beginnen würden.

   Reichsfinanzminister v. Lönyay beantwortet diese Frage
dahin, daß Samstag den 21. die Beratung über das Finanzministerium yorgenom-
men werde und dieser sich die Beratung über das Ministerium des Äußern, die
Marine, endlich über das Kriegsministerium anschließen werde. Die Arbeit dürf¬
te mit Ausgang der nächsten Woche zuende geführt sein und dann der Nuntien¬
wechsel eintreten.

   Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn bezeichnet als
wünschenswert, daß das Plenum der ungarischen Delegation fertig werde, ehe die

deutsche mit der Beratung beginne.
   Ministerpräsident Graf Andrässy teilt mit, daß die ungari¬

sche Linke durch den Abgeordneten Ivänka1 eine Solidarität mit der Majorität der
deutschen Delegation in bezug auf die Verweigerung der Bewilligung abgelehnt

habe.
    Seine Majestät der Kaiser stellt die Frage, warum das Marine¬

budget vor dem Kriegsbudget zur Beratung komme, welche Frage Reichs-
finanzminister v. Lönyay dahin beantwortet, daß die Votierung
des ersteren nur sehr kurze Zeit in Anspruch nehmen werde.

    Seine Majestät der Kaiser hebt nochmals hervor, es sei zu¬
nächst prinzipiell die Frage zu besprechen, ob alle von dem Ausschuß der unga¬
rischen Delegation bewilligten Posten aufrechtzuerhalten oder Transaktionen

einzuleiten seien.
    Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn: In den Kapi¬

talfragen seien Transaktionen unmöglich, so müsse er beispielsweise bezüglich
der Streichungen im Posten ,,höhere Kommanden und Stäbe&quot; erklären, daß mit
der bewilligten Summe nicht auszukommen sei. Man müsse auch in den höheren
Stäben Kadres haben, davon könne nicht abgegangen werden. Mit der von der

1 Ivänka, Imre (1818-1896), Reichstags- und Delegationsabgeordneter, Mitglied der Mitte¬
        linkspartei.
<pb/>240 Nr. 35 Gemeinsamer Ministerrat, Ofen, 19. 1. 1871

ungarischen Delegation bewilligten Summe, welche einen Abstrich von 127 000
fl. repräsentiere, könne man auskommen.

    Seine Majestät der Kaiser betont, daß jedenfalls die ungari¬
sche Abstimmung als Basis zu dienen habe.

   Finanzminister v. Kerkäpoly weist auf das Bedenkliche ge¬
meinsamer Abstimmungen hin. Es sei zunächst ins Auge zu fassen, ob nicht die
Abstimmung der Polen in vielen Fällen den Maßstab für einen Anschluß der Ma¬
jorität der reichsrätlichen Delegation an eine höhere Summe an die Fland geben
könne. In solchen Fällen sei eine Transaktion der gemeinsamen Abstimmung
wohl vorzuziehen.

   Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn schließt daran
die Bemerkung, daß die Majorität oft nur in drei bis vier Stimmen bestanden
habe. Die ungarische Majorität mehr der deutschen Minorität stelle übrigens den
Erfolg gemeinsamer Abstimmungen gänzlich außer Zweifel [sic!].

    Seine Majestät der Kaiser macht geltend, daß wenn man sich
die Delegationen als einen vereinigten Vertretungskörper denke, die eklatante
Majorität zugunsten der Anforderungen der Regierung sich herausstelle.

   Ministerpräsident Graf Andrässy: Die Maschine müsse
gebraucht werden können, sonst tauge sie nicht viel. Die reichsrätliche Delegati¬
on werde es nicht leicht auf eine gemeinsame Abstimmung ankommen lassen.

    Reichskanzler Graf Beust: Die gemeinsame Abstimmung habe
dann etwas Mißliches, wenn die beiden Delegationen sich gewissermaßen als
geschlossene Körperschaften gegenüberstünden. Bei der gemeinsamen Abstim¬
mung sollten alle so stimmen, wie sie in ihrer Delegation gestimmt haben. Ein
derartiges Vorgehen würde den bedenklichen Charakter der gemeinsamen Ab¬
stimmung beseitigen, einen Charakter, der keineswegs in der Institution selbst
liege. Denn diese wisse an sich nichts von dem Gedanken, daß jeder bei der Ab¬
stimmung nicht seine Meinung, sondern seine Delegation zu vertreten habe. Die¬
ser Gedanke sei aber namentlich in der ungarischen Delegation praktisch durch¬
geführt und dadurch die deutsche im Nachteile.

    Ministerpräsident Graf Andrässy betrachtet es als ein
glückliches Verhältnis, daß in der ungarischen Delegation keine Parteien existie¬
ren. Er verweise übrigens auf das gleichartige Verhältnis zwischen Ober- und
Unterhäusern.

    Seine Majestät der Kaiser hebt hervor, daß in solchen Fällen
die Oberhäuser regelmäßig den kürzeren ziehen. Auch beim Nuntienwechsel
werden die Anträge der Regierung sukzessive in Nachteil geraten.

    Ministerpräsident Graf Andrässy schließt sich im allge¬
meinen den Ah. Bemerkungen Seiner Majestät an, exzipiert aber bezüglich des
Details mit einigen Beispielen aus der englischen Parlamentsgeschichte.

    Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn weist auf einen
Umschwung in der Presse, namentlich auch der Wiener Oppositionspresse hin,
welche sich einer Bewilligung der von der Regierung angesprochenen Summen
<pb/>Nr. 35 Gemeinsamer Ministerrat, Ofen, 19. 1. 1871                       241

nun günstiger zeige. Er habe von dieser Tatsache auch im Schoße des Delegati¬

onsausschusses Erwähnung getan.

Ministerpräsident Graf Andrässy: Die verfassungsmäßi¬

gen Ergebnisse des Ausgleiches seien nun gefestet genug, um einen kleinen Stoß

ertragen zu können. Insofeme halte er die Anwendung der gemeinsamen Abstim¬

mung, wo sie eben nicht vermieden werden könne, nicht für allzu bedenklich.

Seine Majestät der Kaiser hebt gleichfalls hervor, daß Gesetze

dazu vorhanden seien, um zur Anwendung gebracht zu werden.

Es wird sodann zur Beratung der einzelnen Positionen, und zwar zunächst im

Ordinarium, geschritten:

a,bBei Titel 3 ,,Truppenkörper und allgemeine Truppenauslagen&quot; hat die Regie¬

rung beantragt                                              22 773 522 fl.

die deutsche Delegation bewilligte                          2 180 000 &quot;

die ungarische                                              2 200 000 &quot;.

Es wird beschlossen, an dem ungarischen Antrag unbedingt, eventuell durch

Herbeiführung gemeinsamer Abstimmung, festzuhalten.3&#39;b

Titel 18 ,,Militärgrenze&quot; von der Regierung mit 980 373 fl. eingestellt, von der

deutschen Delegation ganz gestrichen, von der ungarischen im vollen Betrag be¬

willigt. Gleicher Ah. Beschluß.2

Titel 19 ,,Naturalverpflegung&quot; Antrag der Regierung         14 167 855 fl.

Beschluß der reichsrätlichen Delegation                     12 700 000

Beschluß der ungarischen                                    13 900 000 &quot;.

Gleicher Ah. Beschluß.

Titel 20 ,,Mannschaftskost&quot; Antrag der Regierung            9 941 394 fl.

Beschluß der deutschen Delegation                           9 200 000

Beschluß der ungarischen                                    9 800 000

Gleicher Ah. Beschluß.

Titel 21 ,,Monturs- und Bettenwesen&quot; Regierungsantrag       7 138 831 fl.

Bewilligung der deutschen Delegation                        6 300 000

Bewilligung der ungarischen Delegation                      6 600 000

Die Polen beantragten einen höheren als den von der ungarischen Delegation

bewilligten Betrag.

Gleicher Ah. Beschluß.

Bezüglich Titel 22 ,,Remontierung&quot; wird bemerkt, daß die ungarische Delega¬

tion denselben im Betrage von 1 180 000 fl. ins Ordinarium gesetzt habe, weil sie

den erhöhten Stand der Kavallerie bewilligte.

Randbemerkung Sr. Majestät: Muß ein Schreibfehler in den Ziffern unterlaufen sein.
Randbemerkung Lönyays: Bei den beiden Ziffern fehlt eine Null. Sollte sein 21 800 000 die
ungarische 22 200 000.

Über die Kosten der Militärgrenze in Zusammenhang mit deren Provinzialisierung siehe
GMR. v. 15. 1. 1871, RMRZ. 99. Gegenstand: I.
<pb/>242 Nr. 35 Gemeinsamer Ministerrat, Ofen, 19. 1. 1871

   Ministerpräsident Graf Andrässy fragt, ob nicht an die
Erhöhung der Kavallerie eine Konzession ungarischerseits angeknüpft werden
könne.

   Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn: Man habe sich
vollständig klar zu machen, ob man eventuell mit 25-26 000 Mann Kavallerie
ausmarschieren wolle oder nicht.

   Seine Majestät der Kaiser hebt hervor, daß dies einer der aller¬
wichtigsten Punkte sei.

   Finanzminister v. Kerkäpoly: Wenn ein derartiges Zuge¬
ständnis ungarischerseits wohl als Kompensationsobjekt unbedingt nötig sei, so
werde die ungarische Delegation die angesprochenen Summen sehr gerne bewil¬
ligen.

   Ministerpräsident Graf Andrässy will dies Prinzip im all¬
gemeinen zur Anwendung gebracht haben. Konzessionen seien nur dort zu ma¬
chen, wo ihnen nicht ein wirkliches Bedürfnis gegenüber stehe, wo sie nötig und
Tätlich erscheinen.

   Bezüglich des gesamten Ordinariums geht mithin der Ah. Beschluß, daß sämt¬
liche Positionen nach dem Antrag des Ausschusses der ungarischen Delegation
unbedingt eventuell durch gemeinsame Abstimmung aufrecht zu erhalten seien.

   Bezüglich des 1. Extraordinariums geruht Seine Majestät der Kaiser den Ah.
Beschluß dahin zu fassen, daß sämtliche Mehrbewilligungen der ungarischen De¬
legation mit Ausnahme von Post 22, 25 und 31 als Kompensationsobjekte zu
betrachten seien, von welchen im Nuntienwechsel im Sinne der Beschlüsse der
reichsrätlichen Delegation abgegangen werden könne. An Post 22 für den Bau
eines Kriegspulvermagazins im Werke No. 13 der Palatinallinie von Komom
25 000 fl. Post 25 für die Herstellung neuer und Erweiterung der bestehenden
Schießplätze im Bereiche sämtlicher Gamisonsorte des Reiches. Regierungsan¬
trag 200 000 fl., Beschluß der deutschen Delegation 100 000 fl. Post 31 zur Be¬
schaffung der für die gesamte Kavallerie nötigen sowie zur Vergrößerung und
Herrichtung der schon bestehenden Exerzierplätze und Reitplätze dagegen sei
unbedingt festzuhalten.

   Zu Post 25 ist zu bemerken, daß die von der gänzlichen Durchführung der
Arrestvermehrung infolge Ah. Beschlusses abgesehen werden könnte.

   Post 33 für Neubauten im Tierarzneiinstitute ergibt nach dem Regierungsan-
trage eine Einstellung von 81 000 fl., die reichsrätliche Delegation hat diesen
Anspruch bewilligt, die ungarische abgelehnt. Seine Majestät der Kaiser geruht
zu resolvieren, daß in diesem Punkte der Antrag der deutschen Delegation bzw.
der Regierungsantrag als Basis zu gelten habe.

    Im zweiten außergewöhnlichen Extraordinarium kommt zunächst Al C ,,Erhö-
hung des Verlagsquantums der Truppen&quot; zur Beratung. Diese Position ist einge¬
plant mit 130 000 fl. nach dem Regierungsantrag und dem Votum des Ausschus¬
ses der ungarischen Delegation. Die reichsrätliche Delegation hat den Betrag
gestrichen.
<pb/>Nr. 35 Gemeinsamer Ministerrat, Ofen, 19. 1. 1871                     243

Seine Majestät der Kaiser geruht zu beschließen, daß der Betrag geopfert wer¬

den könne.

Bei A 2 (10-13) ,,Sanitätswesen&quot; Regierungsantrag                     175 260

Beschluß der deutschen Delegation                                     125 000

der ungarischen                                                       175 260

Gleicher Ah. Beschluß.

Zu A 2 17 ,,Erhöhung der Leistungsfähigkeit der wichtigsten Eisenbahnlinien

und Herstellung von Weichen an verschiedenen Stationen&quot; - Regierungsantrag

und Beschluß des ungarischen Delegationsausschusses 420 000, von der deut¬

schen gestrichen - ergreift das Wort Reichskriegsminister Frei¬

herr v. Kuhn, um die Zweckmäßigkeit der vorgeschlagenen Ausgabe zu

betonen. Giskra habe übrigens im Ausschüsse angeführt,3 daß man die Eisenbah¬

nen zu den betreffenden Anträgen nicht zwingen könne.

Seine Majestät der Kaiser hebt hervor, daß die Summe auf

Grundlage eines Elaborates der beiderseitigen Landesfachministerien angespro¬

chen werde, und geruht den Ah. Beschluß dahin zu fassen, daß in diesem Punkte

nicht nachgegeben werden könne.

A 2 18 ,,Verpflegsvorschriftsvorrat&quot; und 19 ,,Approvisionierung&quot; der festen

Plätze Dalmatiens sind in der Regierungsvorlage mit je 500 000 eingestellt und

von der ungarischen Delegation in diesem Betrage bewilligt, von der deutschen

abgelehnt.

Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn begründet bei¬

de Posten. Die erste sei zur Anschaffung eines eisernen Vorrates auf zehn Tage

der namentlich durch die Dauer, welche das Backen des Zwiebackes in Anspruch

nehme, gerechtfertigt [sic!]. Ohne Zwieback sei die moderne Verpflegung des

Heeres bei einem eventuellen Ausmarsche undenkbar. Das Backen des Zwiebak-

kes nehme 40 Tage in Anspruch.

Ministerpräsident Graf Andrässy und Finanzmini¬

ster v. Kerkäpoly sind der Ansicht, daß in diesem Posten herabgegan¬

gen werden könne.

Seine Majestät der Kaiser geruht mitzuteilen, daß in Rußland

jetzt schon mit dem Backen des Zwiebackes begonnen werde, und faßt den Ah.

Beschluß dann dahin, daß in jeder dieser Positionen auf die Hälfte herabgegan¬

gen werde.

A 2 21 ,,Anschaffung neuartiger Infanteriekochgeschirre ä zwei Mann für die

Fußtruppen&quot; ist von der Regierung ein Betrag von 487 038 fl. eingestellt, von der

deutschen Delegation ein Betrag von 105 000, von der ungarischen in jenem von

487 038 fl. bewilligt.

Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn führt aus, daß

die Anschaffung derartiger Kochgeschirre bei der Kavallerie unbedingt nötig ge¬

wesen. Da sei sie erfolgt. Was die Infanterie anbelange, so sei die Anschaffung

3 Giskra, Karl (1820-1879), deutschliberaler Reichsratsabgeordneter.
<pb/>244 Nr. 35 Gemeinsamer Ministerrat, Ofen, 19. 1. 1871

unbedingt nötig. Wenn der mit dem Kochgeschirr versehene Mann falle, bleiben
vier Mann ohne Kochgeschirr. Es sei die Frage entstanden, ob nicht jeder Mann
sein Kochgeschirr mit sich führen solle, das könne indes mit Rücksicht auf die
Verteilung der Kochportionen nicht empfohlen werden.

   Reichskanzler Graf Beust: Es sei geltend zu machen, daß die
Bewilligung der ungarischen Delegation kaum mit einem speziellen ungarischen
Interesse in Verbindung gebracht werden könne.

   Finanzminister v. Kerkäpoly beantragt, die Summe der unga¬
rischen Delegation im Wege der Nuntien auffechtzuerhalten, aber nicht zum Ge¬
genstand einer gemeinsamen Abstimmung zu machen.

   Seine Majestät der Kaiser resolviert diesem letzten Antrag
entsprechend.

   A 2 22 ,,Neuanschaffung von Kapuzen und Leibbinden&quot; - Regierungsantrag
1 275 750 fl., Beschluß der deutschen Delegation 992 750. Beschluß der ungari¬
schen Delegation 1 275 750 - kann auf Ah. Befehl Seiner Majestät auf die von
der deutschen Delegation bewilligte Summe ermäßigt werden.

   A 2 23 ,,Anschaffung eines Vörsichtsvorrates von 10 000 Sätteln&quot;, von der
Regierung mit 70 000 fl. eingestellt, von der ungarischen Delegation in gleichem
Betrage votiert, von der deutschen gestrichen, ist Ah. Beschlüsse zufolge auf¬
rechtzuerhalten.

   Bezüglich A 2 26 ,,Ankauf von Pferden&quot; in der Regierungsvorlage mit
7 250 000 fl. und Erlös von Pferden mit 600 000 fl., also mit einem Ansprüche
von 6 650 000 fl. beziffert, teilt Reichskriegsminister Freiherr
v. Kuhn mit, daß in der deutschen Delegation beschlossen werden sei, alle
Pferde bis Februar zu verkaufen.4

   Ministerpräsident Graf Andrässy hält die Prüfung dieser
Pferde vielleicht nicht für unmittelbar nötig, die Kriegsgefahr sei geschwunden,
wenn auch ein Objekt vorhanden sei, aus welchem eine solche Gefahr entstehen
könne. Der Standpunkt sei, sich entweder zu entschließen, die Pferde zu behalten
oder sie zu verkaufen mit der Ermächtigung eines späteren verlustweisen Wieder¬
ankaufes.

   Reichskanzler Graf Beust glaubt, daß konstitutionelle Beden¬
ken gegen eine solche Ermächtigung sprechen. Er müsse übrigens eine Abrüstung
im Momente der Konferenz als falsch bezeichnen.

   Reichsfinanzminister v. Lönyay weist darauf hin, daß die
Ungarn von diesem Standpunkte die Erhaltung der Pferde votiert haben. Die un¬
garische Delegation müsse beharren, weil ihre Haltung vollkommen motiviert
sei.

   Seine Majestät der Kaiser führt aus, daß der Verkauf in dieser
Jahreszeit jedenfalls ein schlechtes Geschäft sei. Es sei abzuwarten, bis die Lon-

4 Über die Fragefrüher: GMR. v. 5. 11. 1870, RMRZ. 89. Gegenstand: II: Pferdekonskripti¬
        onsgesetz; III: Pferdeausfuhrverbot.
<pb/>Nr. 35 Gemeinsamer Ministerrat, Ofen, 19. 1. 1871                         245

doner Konferenz5 zu Ende sei cund das Frühjahr eintrittc, dann könne man auch

die Pferde mit Vorteil verkaufen. Auf die ungarische Delegation sei in diesem

Sinne einzuwirken. Allerhöchstderselbe faßt den Beschluß, daß an obigem An¬

sprüche unbedingt festzuhalten sei.

Ministerpräsident Graf Andrässy regt die Frage an, wie es

mit der Pferdeausfuhr zu halten sei. Es lägen Anerbietungen von Pferdeankäufen

aus dem Auslande vor.

Reichskanzler Graf Beust stellt die Existenz diplomatischer

Bedenken in dieser Richtung in Abrede.

Seine Majestät der Kaiser erteilt den Befehl, die Frage dim

Einvernehmen mit den beiden Landesministerien zum Austrage zu bringen.11

Bei D. Post 1 ,,Anschaffung von Festungsgeschützen&quot; - Regierungsantrag

3 300 000 fl., Antrag der deutschen Delegation 2 000 000, Antrag der ungarischen

3 000 000 - geht der Ah. Beschluß dahin, den Regierungsantrag bzw. Beschluß

der ungarischen Delegation unbedingt auffechtzuerhalten.

Post 4 ,,Vermehrung des Feldartilleriematerials&quot; - Regierungsantrag und An¬

trag der ungarischen Delegation 2 835 000 fl., von der deutschen Delegation ge¬

strichen. Gleicher Ah. Beschluß der unbedingten Auffechterhaltung.

In der Abteilung: ,,Erste Rate für sturmfreie Vor- und Lagerwerke&quot; ist

Post 10 Ennslinie                                                   1 500 000 fl.

Post 11 Prag                                                      2 000 000 fl.

von beiden Delegationen gestrichen.

Post 12 Jaroslau                                                    1 000 000 fl.

von beiden votiert.

Post 13 Eperies                                                     1 000 000 fl.

14 Krakau                                                           500 000 fl.

15 Komom                                                            1 000 000 fl.

sind von der ungarischen Delegation bewilligt.

Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn beantragt, hier

nicht nachzugeben. Es müsse ein Anfang mit der Befestigung gemacht werden.

Seine Majestät der Kaiser erteilt dem Antrag die Ah. Zustimmung.

Post 16 Heiligenberg bei Olmütz ist nach dem Regierungsantrag mit 500 000

fl. eingestellt und von der ungarischen Delegation ein gleicher, von der deutschen

ein Betrag von 300 000 fl. bewilligt.

Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn beantragt, die

Forderung der Regierung auf die Ziffer der deutschen Delegation zu ermäßigen,

c_c Einfügung Sr. Majestät.
d_d Korrektur Sr. Majestät aus bei einem in Wien abzuhaltenden Ministerrate zur Beratung zu

        bringen.

5 Über die Londoner Konferenz siehe GMR. v. 17. 1. 1871, RMRZ. 100.
<pb/>246 Nr. 36 Gemeinsamer Ministerrat, Ofen, 31. 1. 1871

welchen Antrag Seine Majestät der Kaiser zum Ah. Beschlüsse
erhebt.

    Post 17-21 ,,Monturs- und Rüstungswesen&quot; - Regierungsantrag 9 149 784,
Antrag der deutschen Delegation 3 500 000 fl., Antrag der ungarischen 6 257 239
fl.-erteilt Seine Majestät der Kaiser dem Anträge des Reichs¬
kriegsministers, an den Ziffern der ungarischen Delegation festzuhalten, die Ah.
Genehmigung.

    Seine Majestät der Kaiser geruhten endlich, dem Antrag des
Reichskriegsministers, die Divisionseinteilung aufrechtzuerhalten,6 Ag. zuzu¬
stimmen, womit die Sitzung geschlossen wird.

                                                                                                   Beust

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen.
Wien, 3. März 1871. Franz Joseph.

        Nr. 36 Gemeinsamer Ministerrat, Ofen, 31. Jänner 1871

    RS. (und RK.)
     Gegenwärtige: der Reichskanzler Graf Beust (o. D.), der kgl. ung. Ministerpräsident Graf
Andrässy (o. D.), der Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn (o. D.), der Reichsfinanzminister v.
Lönyay (o. D.), der kgl. ung. Finanzminister v. Kerkäpoly (o. D.).
     Protokollführer: Sektionsrat v. Teschenberg.
     Gegenstand: Das Armeebudget.1

    KZ. 80-RMRZ. 102
    Protokoll des zu Ofen am 31. Jänner 1871 abgehaltenen Ministerrates für ge¬
meinsame Angelegenheiten unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers.

    [I.] Seine Majestät der Kaiser geruht die Sitzung mit dem
Hinweis darauf zu eröffnen, daß eine Verständigung der Regierung über die den
jüngsten Beschlüssen der Delegation gegenüber einzuhaltende Taktik erforder¬
lich sei. In erster Linie komme hier der Beschluß der reichsrätlichen Delegation

         Über das Problem der Divisionseinteilung siehe GMR. v. 9. 1. 1871, RMRZ. 97. Gegen¬
        stand: I.

         Weitere Tagesordnungspunkte sind nicht aufgefuhrt, aber auch diese beschäftigen sich mit
         der Stellungnahme der gemeinsamen Minister zur Delegationssession. So: II. Avancements¬
         gesetz. BI. Beantwortung der Interpellation Ebers. IV. Eisenbahnweichen. V. Waffentragen
         der Truppen außer Dienst. VI. Stellvertreterfond. VII. Posten des gemeinsamen Budgets ,,Fe¬
         stungsgeschütze und Munition&quot; und ,,Augmentationsvorräte, insbesondere Monturen&quot;. VIII.
         Befestigungen. Das Armeebudget wurde auch in der Sitzung des GMR. v. 19.1. 1871, RMRZ.
         101 behandelt.
<pb/>