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Gemeinsamer Ministerrat, 1. 12. 1870

I. Begehren des Reichsfinanzministers, an das Ministerium für die Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder das Ersuchen zu stellen, die bis zum Schlusse des Jahres 1870 vorkommenden Zahlungsanweisungen für Rechnung des gemeinsamen Staatshaushaltes zu honorieren und bis zur Erlangung der gesetzlichen Bedeckung als vorschußweise Zahlungen zu behandeln

Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_I2/pdf/oe_hu_mrp_I2_z26.pdf.

Nr. 26 Gemeinsamer Ministerrat, Ofen, 1. 12. 1870                    179

jestät die Beschleunigung der Einbringung des Pferdekonskriptionsgesetzes so¬
wie des Ausbaues der ungarisch-galizischen Verbindungsbahn, die jetzt wieder
dringender werde, in Erinnerung zu bringen.

   Ministerpräsident Graf Andrässy erbat sich in letzterer Be¬
ziehung die Erlassung eines Ah. Handschreibens an den Minister Gorove17 mit
dem Aufträge, die Sache sofort vor den ungarischen Reichstag zu bringen.

    Schließlich betonte noch Reichskriegsminister Freiherr v.
Kuhn die baldige Zustandebringung des Gesetzes über den Landsturm, um
demselben im Falle des Aufgebotes eine völkerrechtlich anerkannte Stellung zu
geben, worauf Seine Majestät die Sitzung zu schließen geruhte.

                                                                                                  Beust

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen.
Ofen, 30. November 1870. Franz Joseph.

       Nr. 26 Gemeinsamer Ministerrat, Ofen, 1. Dezember 1870

    RS. (und RK.)
    Gegenwärtige: der Reichskanzler Graf Beust (o. D.), der kgl. ung. Ministerpräsident Graf
Andrässy (o. D.), der Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn (o. D.), der Reichsfinanzminister v.
Lönyay (12. 12.), der k. k. Finanzminister Freiherr v. Holzgethan (15. 12.), der kgl. ung. Finanzmi-
nister v. Kerkäpoly (o. D.).
    Protokollführer: Sektionsrat v. Teschenberg.
    Gegenstand: Begehren des Reichsfinanzministers, an das Ministerium für die im Reichsrate
vertretenen Königreiche und Länder das Ersuchen zu stellen, die bis zum Schlüsse des Jahres 1870
vorkommenden Zahlungsanweisungen für Rechnung des gemeinsamen Staatshaushaltes zu hono¬
rieren und bis zur Erlangung der gesetzlichen Bedeckung als vorschußweise Zahlungen zu behan¬
deln.

   KZ. 4711-RMRZ. 92
   Protokoll des zu Ofen am 1. Dezember 1870 abgehaltenen Ministerrates für
gemeinsame Angelegenheiten unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers.

   Nachdem Seine Majestät der Kaiser die Sitzung zu eröfftien
geruht, erbittet sich Reichsfinanzminister v. Lönyay das
Wort, um den Standpunkt des Reichsfinanzministeriums in einem ausführlichen
Expose zu begründen. Dem Reichsfinanzministerium sei von Seite des k. k. Fi¬
nanzministeriums für die im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder
durch eine Note vom 16. Oktober 1. J. der ziffermäßige Nachweis zugekommen,

17 Die Sache des Ausbaues der ungarisch-galizischen Verbindungsbahn siehe: HHSxA., Kab.
        Kanzlei KZ. 4518 v. 24. 11. 1870; KZ. 4738 v. 10. 12. 1870; KZ. 47 v. 4. 1. 1871.
<pb/>180 Nr. 26 Gemeinsamer Ministerrat, Ofen, 1. 12. 1870

daß zur Zahlung der für die Monate November und Dezember d. J. zu leistenden
Quotenbeiträge nur noch circa drei Millionen Gulden verfügbar seien, welcher
Betrag zur Deckung der auf diese Monate entfallenden gemeinsamen Auslagen in
der westlichen Reichshälfte nicht ausreichend sei.

   Das Reichsfinanzministerium habe hierauf mit Note vom 27. Oktober erwi¬
dert, daß die Rücksicht auf die aus den gemeinsamen Kassenmitteln beschaffte
Bedeckung der Nachtragskredite für die Landarmee pro 1868 und 1869 sowie auf
die im Jahre 1868 ohne gesetzliche Sanktion bestrittenen gemeinsamen Pensio¬
nen den Schluß gestatte, daß der westlichen Reichshälfte noch eine Beitragslei¬
stung von rund vier Millionen Gulden zugemutet werden könne. Das Reichsfi¬
nanzministerium habe daher an das Finanzministerium für die im Reichsrate
vertretenen Königsreiche und Länder das Ersuchen gestellt, die auf Rechnung
des gemeinsamen Staatshaushaltes vorkommenden Zahlungsanweisungen bis
zur Höhe des Betrages von vier Millionen zu honorieren und vorläufig als vor¬
schußweise Zahlungen zu behandeln.1

   Diese Zuschrift sei von Seite des k. k. Finanzministeriums mit der Eröffnung
beantwortet worden, daß dasselbe einem Beschluß des Ministerrates vom 23. No¬
vember zufolge, dem Ersuchen des Reichsfinanzministeriums zu entsprechen,
nicht in der Lage sei.2 Das Ministerium sei gesetzlich nicht berechtigt, für den
Mehraufwand des Heeres in den Jahren 1868 und 1869 Geldmittel zur Verfügung
zu stellen, und es würde den Beschlüssen der Vertretungskörper vorgreifen, wenn
es zur Bedeckung der erwähnten Nachtragskredite Gelder selbst vorschußweise
flüssig macht. Die Antwort des k. k. Finanzministeriums habe das Reichsfinanz-
ministerium umsomehr überrascht, als sie mit einer kurz vorher eingelangten Zu¬
schrift jener Behörde in inneren Widerspruch zu stehen schien, da letztere zu der
Hoffnung berechtigte, daß der k. k. Finanzminister Zahlungsanweisungen für das
Militär bis zum Schlüsse des Jahres anstandslos honorieren werde.

   Zur weiteren Kritik der obenerwähnten Ablehnung führt der Reichsfinanzmi¬
nister aus, es sei der Ton darauf zu legen, daß das günstige Resultat, wonach die
westliche Reichshälfte ihren vollen Zahlungsverpflichtungen für das Jahr 1870
schon jetzt Genüge getan habe, nur dadurch erzielt worden sei, daß derselben
das aus den Gebarungsnachweisungen für die Jahre 1868 und 1869 sich erge¬
bende Guthaben mit 15 032 505 fl. 51 kr. schon vor Genehmigung der bezügli¬
chen Rechnungsabschlüsse gutgeschrieben sei. Es sei dabei zu bemerken, daß
diese namhafte Gutschreibung nicht nur aus faktischen Mehrleistungen an baren
Quotenabfuhren, sondern besonders daraus resultiere, daß bei der vorläufigen
kontokorrentmäßigen Abrechnung die Mehreinnahmen aus den Zollgefalleüber-

         Siehe darüber Ah. E. v. 10. 12. 1870. Sie genehmigtfür den Kriegsminister zu Lasten desfiir
         die Deckung der Erfordernisse der Armeefür die Jahre 1868 und 1869 erbetenen Nachtrags¬
         kredites die Auszahlung von vier Millionen Gulden, die die beiden Finanzminister des Rei¬
         ches im Sinne der bestehenden Gesetze zahlen. MOL. Sektion K-26, 1978/1870.
2 Das Protokoll dieses cisleithanischen Ministerrates ist nicht auffindbar.
<pb/>Nr. 26 Gemeinsamer Ministerrat, Ofen, 1. 12. 1870  181

Schüssen, welche für beide Reichshälften und beide Jahre zusammen 13 327 132
fl. 35 kr. betragen haben, berücksichtigt worden seien. Wenn nun auch beide
Reichshälften ihren Verpflichtungen zur Zahlung der Quotenbeiträge für 1870
bereits entsprochen haben, so wäre demgegenüber doch auch der Umstand zu
berücksichtigen, daß die gemeinsamen Finanzen sich einem Mehr von Leistun¬
gen unterzogen haben, als denselben durch die von den beiden Reichsteilen in¬
nerhalb des Rahmens der für 1870 festgestellten Budgetquotenabfiihren zuge¬
flossen sei. Es sei nämlich durch die Schlußrechnung pro 1868 bereits konstatiert,
daß das ordentliche Erfordernis der Landarmee im Jahre 1868 um 4 292 160 fl.
51 kr. überschritten werden mußte. Behufs der vorläufigen Bedeckung dieser
Überschreitung sei einstweilen ein Betrag von 1 592 160 fl. 51 kr. aus den bei
den Militärkassen mit Ende 1867 verbliebenen gemeinsamen Aktiven entnom¬
men, der Restbetrag von 2 700 000 fl. aber der Militärverwaltung aus den ge¬
meinsamen Kassenmitteln der Reichszentralkasse gegen Deponierung von
6 696 400 fl. Effekten des Stellvertreterfondes vorschußweise zur Verfügung
gestellt worden. Im Jahre 1868 seien ferner laut der Schlußrechnung pr. 1 868
328 079 fl. 86 1/2 kr. an gemeinsamen Pensionen bestritten worden, rücksicht¬
lich welcher die gesetzliche Bedeckung bei den Delegationen bereits ange¬
sucht sei.

   Für das Jahr 1869 sei dem Reichskriegsministerium von Seite der Delegatio¬
nen ein Nachtragskredit von 3 790 000 fl. bewilligt worden. Obwohl nach der den
Delegationen in dieser Richtung gemachten Vorlage die Militärverwaltung aus
ihren eigenen Mitteln den Betrag von 1 110 777 fl. zu bedecken haben werde, so
hätte doch der ganze Betrag der obigen Summe aus den allgemeinen Kassenmit¬
teln der Reichszentralkasse verfügbar gemacht werden müssen, da die Militärver¬
waltung bis zur Austragung der Frage über die Bedeckung des fraglichen Nach¬
tragskredites pro 1869 auf gesetzlichem Wege nicht zuwarten konnte. Schließlich
sei auch noch der vorschußweisen aus den gemeinsamen Kassenresten bestritte¬
nen Mehrkosten der ostasiatischen Expedition Erwähnung zu tun, welche sich bis
mm auf 403 016 fl. 31 kr. belaufen.

   Aus der Summierung der im vorstehenden bezeichneten Posten ergebe sich,
daß im ganzen 7 221 096 fl. 17 1/2 kr. aus den allgemeinen Mitteln der Reichs¬
zentralkasse geleistet worden seien, worauf bis nun von den beiden Reichsteilen
ungeachtet der unzweifelhaften Gemeinsamkeit jener Auslagen (mit Ausnahme
der Kosten für die ostasiatische Expedition, die nicht gemeinsam sind) keine Be¬
träge geleistet worden seien. Dieser Gegenforderung des Reichsfinanzministeri¬
ums gegenüber dürfe der Anspruch, den es an das Finanzministerium für die im
Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder stelle, wohl als liquid betrachtet
werden. Der Gegenstand sei übrigens äußerst dringlicher Natur. Die auf die Er¬
haltung des Heeres entfallenden Auslagen, die Entlohnungen usw. müßten be¬
stritten, ein laufender Wechsel der ostasiatischen Expedition honoriert werden.
Die Erwägung aller dieser Umstände rechtfertige ein neuerliches Ersuchen an
den Finanzminister für die im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder,
<pb/>182 Nr. 26 Gemeinsamer Ministerrat, Ofen, 1. 12. 1870

daß derselbe zur Vermeidung jeder Störung des gemeinsamen Dienstes die bis
zum Schlüsse des laufenden Jahres vorkommenden Zahlungsanweisungen für
Rechnung des gemeinsamen Staatshaushaltes anstandslos honorieren und bis zur
Erlangung der gesetzlichen Bedeckung als vorschußweise Zahlung behandeln

möge.
   Finanzminister Freiherr v. Holzgethan bestreitet, daß

die vom Reichsfinanzminister angeführten Posten als liquide anzusehen seien.
Entweder läge, was die einzelnen der vom Reichsfinanzminister erwähnten Punk¬
te anbelange, ein Beschluß der Delegationen überhaupt nicht vor, oder es sei an
Bedingungen geknüpft, die zur Zeit nicht erfüllt seien. Liquid seien für den öster¬
reichischen Finanzminister im eigentlichen Sinne des Wortes überhaupt nur die
Posten, die im Finanzgesetze erscheinen, da den Delegationen ein unmittelbares
Beschlußrecht in dieser Beziehung nicht zustehe. Das Finanzministerium für die
im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder habe seine Zahlungsverpflich¬
tungen sogar mit 300 000 fl. zugunsten des gemeinsamen Aufwandes überschrit¬
ten. Nichtsdestoweniger habe er, da er der Sache größeres Gewicht beilege als der
Form, im Ministerrate für die Bewilligung einer vorschußweisen Zahlungslei¬
stung bis zum Ende des laufenden Jahres gesprochen. Er hätte geglaubt, diesen
Standpunkt einnehmen zu sollen, da einerseits die Dringlichkeit der Angelegen¬
heit in der Tat nicht bestritten werden könne, andererseits eine Gefahr in keiner
Richtung vorhanden sei. Die Alternative, eine Vorsorge für das Erfordernis durch
die Inanspruchnahme eines Nachtragskredits oder einer vorschußweisen Übertra¬
gung der Ansätze auf das Jahr 1871, schließe eben jede Annahme einer Gefahr
aus. Allein dieser persönliche Standpunkt habe nicht die Zustimmung des Mini¬
sterrates gefunden, und auch in der deutschen Delegation scheine keine Neigung
vorzuwalten, auf die Auffassung des Reichsfinanzministers einzugehen. Die
Geldmittel seien übrigens vorhanden, und sachlich liege eigentlich kein Grund
vor, dem Ansinnen nicht zu entsprechen. Jedenfalls sei aber der Beschluß des
Ministerrates bindend, und der Finanzminister halte sich nicht für berechtigt, von
demselben einseitig abzugehen.

    Reichs finanzminister v. Lönyay verspricht sich von neuer¬
lichen Aufklärungen an die Delegierten eine günstige Wirkung.

    Seine Majestät der Kaiser verweist auf die Notwendigkeit,
 den Anforderungen des gemeinsamen Haushaltes zu entsprechen. Allerhöchst-
 derselbe billigt die Auffassung des Finanzministers v. Holzgethan, daß der Be¬
 schluß des Ministerrates für denselben als maßgebend anzusehen sei. Es sei unter
 Geltendmachung der dargelegten Motive eine Modifikation dieses Beschlusses
 zu erzielen.

    Finanzminister v. Kerkäpoly schließt sich dem Finanzmini-
 ster v. Holzgethan bezüglich des Satzes an, daß für das Ministerium nur jene
 Posten als liquid zu betrachten seien, welche in dem betreffenden Finanzgesetze
 votiert und sanktioniert erscheinen.
<pb/>Nr. 26 Gemeinsamer Ministerrat, Ofen, 1. 12. 1870  183

    Seine Majestät der Kaiser stellt die Frage, warum das Ersu¬
chen des Reichsfinanzministers nur an das österreichische Ministerium gerichtet
werde, welche Frage vom Reichsfinanzminister v. Lonyay
mit der Aufklärung beantwortet wird, daß die ungarische Quote nur den geringen
Betrag von nicht ganz 1 1/2 Millionen repräsentieren würde.

   Finanzminister v. Kerkäpoly regt die Frage an, ob nicht eine
sachgemäße Erledigung dadurch zu erzielen wäre, daß mit möglichster Beschleu¬
nigung an die Delegationen zur Erlangung des Nachtragskredites gegangen
werde.

   Finanzminister Freiherr v. Holzgethan weist darauf
hin, daß der Reichsrat vertagt, eine für das österreichische Finanzministerium
gültige Entscheidung also für die allernächste Zeit dadurch nicht zu erzielen sei.

   Finanzminister v. Kerkäpoly hält für genügend, wenn die
Entscheidung wenigstens durch den ungarischen Reichstag herbeigeführt werde,
da sich dann wohl Mittel zur vorschußweisen Zahlung der erforderlichen Beträge
von Seite des ungarischen Finanzministeriums würden finden lassen.

    Seine Majestät der Kaiser hebt hervor, daß es jedenfalls vor¬
teilhaft sein werde, den Beschluß der Delegationen zu erzielen, da der Reichsrat
gesetzlich an diesen Beschluß gebunden sei.

   Reichsfinanzminister v. Lönyay verweist nochmals darauf,
daß das Finanzministerium für die im Reichsrate vertretenen Königreiche und
Länder in der erwähnten Zuschrift bereits eine als prinzipiell anzusehende Aus¬
nahme zu Gunsten der Auffassung des Reichsfinanzministeriums habe eintreten
lassen.

   Finanzminister Freiherr v. Holzgethan bemerkt, daß
die Ausnahme nicht das Prinzip durchbrochen, sondern nur einem ganz konkre¬
ten Falle der Quotenleistung für den Monat November gegolten habe.

   Seine Majestät der Kaiser wünscht zu wissen, ob die Entschei¬
dung schon für die allernächsten Tage dränge, worauf Reichskriegsminister Frei¬
herr v. Kuhn und Reichsfinanzminister v. Lönyay den 10. d. M. als den Tag be¬
zeichnen, an welchem die betreffenden Anforderungen an die Reichsmittel
herantreten dürften.

   Ministerpräsident Graf Andrässy nimmt an, daß der baldi¬
ge Zusammentritt einer Plenarsitzung im ungarischen Reichstage keiner Schwie¬
rigkeit begegnen werde.

   Seine Majestät der Kaiser geruhten darauf die Verhandlung in
Übereinstimmung mit den heute abgegebenen Meinungen der Konferenzmitglie¬
der in dem Ah. Beschlüsse zu resümieren: daß die Vorlagen an die Delegationen
zur Erlangung der erforderlichen Nachtragskredite mit tunlichster Beschleuni¬
gung einzuleiten seien und daß gleichzeitig der Finanzminister für die im Reichs¬
rate vertretenen Königreiche und Länder beauftragt werde, eine Modifikation des
Ministerratsbeschlusses vom 23. November unter Geltendmachung der vorge-
<pb/>184 Nr. 27 Gemeinsamer Ministerrat, Ofen, 6. 12. 1870

brachten Motive und im Sinne der Anträge des Reichsfinanzministers zu erzie¬
len.

   Womit die Sitzung geschlossen wurde.
                                                                                                   Beust

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen.
Ofen, 13. Jänner 1871. Franz Joseph.

       Nr. 27 Gemeinsamer Ministerrat, Ofen, 6. Dezember 1870

    RS. (und RK.)
    Gegenwärtige: der Reichskanzler Graf Beust (o. D.), der kgl. ung. Ministerpräsident Graf
Andrässy (o. D.), der Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn (o. D.), der Reichsfinanzminister v.
Lönyay (12. 12.).
    Protokollführer: Sektionsrat v. Teschenberg.
    Gegenstand: I. Vortrag des Reichskriegsministers über den Wunsch einiger Mitglieder der unga¬
rischen Delegation, eine Inspektion der Militärvorräte herbeizuführen. II. Anträge des Reichs¬
kriegsministers bezüglich der Erhöhung der Schlagfertigkeit der Armee im Falle der Mobilisierung
im Frühjahre. III. Antrag des Reichskriegsministers rücksichtlich der Verpflegung des Heeres in
entsprechenden Fällen.

   KZ. 4712-RMRZ. 93
   Protokoll des zu Ofen am 6. Dezember 1870 abgehaltenen Ministerrates für
gemeinsame Angelegenheiten unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers.

   I. Seine Majestät der Kaiser geruhte die Sitzung zu eröffnen,
indem Allerhöchstderselbe zunächst dem Reichskriegsminister das Wort erteilte.

   Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn teilt mit, daß
mehrere Mitglieder der ungarischen Delegation ihm den Wunsch ausgesprochen
haben, der eventuell auch in einer Resolution Ausdruck finden könnte, Abgeord¬
neten der Delegation die Möglichkeit zu eröffnen, die Vorräte für das Heer, so¬
wohl nach ihrer Quantität als nach ihrer Qualität einer prüfenden Untersuchung
zu unterziehen. Er habe diesem Wunsche gegenüber sich dahin geäußert, daß er
seinerseits kein sachliches Bedenken gegen die Vornahme einer derartigen Unter¬
suchung hege, daß aber die Entscheidung hierüber in einer Ah. Willensäußerung
Seiner Majestät als des obersten Kriegsherrn liege. Die Sache habe offenbar zwei
Seiten, sie könne ganz imschädlich sein, wenn sie eben nur die Überzeugung von
dem Vorhandensein der aufgeführten Vorräte bezwecke, sie könne aber auch wei¬
tere Konsequenzen nach sich ziehen. Das Zugeständnis eines Visitationsrechtes
lasse die Folgerung zu, die Visitation nicht allein auf die Magazine und Vorräte
einzuschränken, sondern auch auf die Visitation der Truppen, die Prüfung der
Abrichtung usf. auszudehnen. Das sei offenbar nicht Sache der Delegationen und
<pb/>