Gemeinsamer Ministerrat, 29. 8. 1870
I. Fortsetzung der Besprechung über das gemeinsame Budget 1871
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Nr. 14 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 29. 8. 1870 93 Einkommensteuer als Abzugspost von diesem Standpunkte vollkommen korrekt sei. Womit die Sitzung geschlossen wurde. Beust Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 17. September 1870. Franz Joseph. Nr. 14 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 29. August 1870 RS. (undRK.) Gegenwärtige: der kgl. ung. Ministerpräsident GrafAndrässy (o. D.), der k. k. Ministerpräsident Graf Potocki (o. D.), der Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn (o. D.), der Reichsfinanzminister v. Lonyay (6. 9.), der k. k. Finanzminister Freiherr v. Holzgethan (6. 9.), der kgl. ung. Finanzminister v. Kerkäpoly (o. D.). Protokollführer: Sektionsrat Freiherr v. Konradsheim. Gegenstand: Fortsetzung der Besprechung über das gemeinsame Budget 1871. KZ. 3111-RMRZ. 80 Protokoll des zu Wien am 29. August 1870 abgehaltenen Ministerrates für gemeinsame Angelegenheiten unter dem Vorsitze Sr. Exzellenz des Reichskanz¬ lers Grafen Beust. Die Beratung wurde mit der Vorlesung des Protokolles über die Sitzung vom 27. August eingeleitet,1 während welcher sich über die Anschaffung von Wemdl- gewehren eine neuerliche Diskussion entspann, indem Ministerpräsi¬ dent Graf Andrässy seinen vorgestrigen Antrag wegen zweifacher Hinstellung des Erfordernisses in das Extraordinarium des Jahresbudgets und in das heurige Kriegsnachtragsbudget wieder aufhahm und hierin vom Reichs- finanzminister eifrig unterstützt wurde, welcher der Ansicht war, daß man durch Einstellung des Erfordernisses in das außergewöhnliche Kriegsbudget einen größeren Erfolg erzielen werde als durch Beschränkung auf das Jahresbud¬ get. GrafAndrässy betonte, daß wir wahrscheinlich in die Lage kommen werden, Gewehre zu benötigen, und durch die sofortige Bestellung eines größeren Quan¬ tums uns nicht nur einen möglichst ausgiebigen Vorrat sicherstellen, sondern die Fabriken zugleich verhindern, fremde Bestellungen zu effektuieren, was mittel¬ bar auch einem Gewinn gleichkomme. Was man also heute an Gewehren sich verschaffen könne, und er glaube, daß man auf die Vötierung durch die Delega¬ tionen rechnen könne, solle man nicht aus der Hand lassen. Die Gewehre seien kein fressendes Kapital wie die Pferde, welche man fortlaufend erhalten müsse. 1 GMR. v. 27. 8. 1870, RMRZ. 79. <pb/>94 Nr. 14 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 29. 8. 1870 In diesem Sinne sprach sich auch der Reichskriegsminister aus, worauf mit ausdrücklicher Zustimmung der beiden Landesfinanzminister der gestrige Be¬ schluß dahin modifiziert wurde, daß man, neben der dem angenommenen Abnüt¬ zungsperzente entsprechenden Inanspruchnahme von 35 000 Gewehren im Ex- traordinarium des 1871er Präliminars, in der Rechnung für die gegenwärtigen Rüstungen auch noch ein weiteres Erfordernis einstellen solle, welches, nachdem die Meinungen über die Ziffer anfangs auseinander gingen, schließlich mit 100 000 Gewehren angenommen wurde. Sofort nahm Finanzminister Kerkäpoly das Wort, um der Konferenz das Ergebnis seiner Budgetüberprüfung vorzutragen. Von dem Grund¬ sätze ausgehend, daß man, nachdem aus Anlaß der Rüstungen ohnehin noch ein schwer belastendes außergewöhnliches Budget in Aussicht stehe, wenigstens bei den kurrenten Budgetansätzen für das Jahr 1871 mit der größten Sparsamkeit Vorgehen sollte, beantragte er 1. Die Streichung des Erfordernisses für die Gage¬ erhöhung der Obriste und Oberstlieutenants. Er begreife vollkommen die Grün¬ de, welche den Kriegsminister bei diesem Ansätze leiteten, und habe selbst prin¬ zipiell dagegen nichts einzuwenden, aber es sei auch einleuchtend und werde von den in Frage kommenden Stabsoffizieren gewiß begriffen werden, wie wenig ge¬ rade das nächste Jahr, wo an den Staatsschatz so große Anforderungen gestellt werden, den geeigneten Zeitpunkt zu einer solchen Initiative bilde. Anderseits werde die Delegation in diesem spontanen Abstriche der Regierung einen Beweis von dem guten Willen erblicken, sich mit ihren finanziellen Ansprüchen auf das Maß des dringendsten Erfordernisses zu beschränken. 2. Er glaube ferner, daß alle periodischen Nachschaffungen, welche wie Re- monten, Monturstücke, Schuhe nach einem gewissen Verbrauchsperzente jähr¬ lich besorgt werden, für diesmal im Jahresbudget fortzubleiben hätten, denn ent¬ weder breche ein Krieg wirklich aus, so erreiche dann der Ausrüstungsbedarf ganz unberechenbare, den gemachten Erfordemisansatz weit übersteigende Di¬ mensionen, oder aber wir behielten Frieden, dann aber finde sich für den kurren¬ ten Verbrauchsersatz, zumal an Pferden, in den Nachschaffiingen die dermalen im Zusammenhang mit den Rüstungsmaßregeln gemacht werden, mehr als genü¬ gendes Material. 3. Eine weitere Post, um welche das Militärbudget entlastet werden könnte, sei nach seiner Meinung die für den Telegrafenpost- und Seesanitätsdienst einge¬ stellte halbe Million. Die Übernahme dieser Verwaltungszweige in die ungari¬ sche Administration sei in den Delegationen bereits beschlossen und von Seiner Majestät dem Kaiser genehmigt worden, und die faktische Ausführung dieses Beschlusses sei bisher nur deshalb unterblieben, weil man auch diesen Gegen¬ stand von der Regelung der Quotenffage abhängig gemacht habe. Wenn nun auch dieser Ausgabspost die auf 262 000 fl. veranschlagten Einnahmen in den erwähn¬ ten Verwaltungszweigen gegenüberstünden, so bleibe noch immer eine Viertel¬ million zu bestreiten, welche bei Übernahme in die ungarische Administration im Militärbudget verschwinden werde. <pb/>Nr. 14 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 29. 8. 1870 95 Ministerpräsident Graf Andrässy weist daraufhin, daß die angeregte Geschäftsübergabe mit der Quotenfrage nichts gemein habe und ganz unrichtig mit derselben in Zusammenhang gebracht wurde. Die erwähnten Ver¬ waltungszweige seien im Jahre 1867 nur interimistisch dem Kriegsministerium übergeben worden. Reichsfinanzminister v. Lönyay sprach sich entschieden für den Antrag des ungarischen Finanzministers aus, weil gerade dieser Gegen¬ stand, der in den Delegationen wiederholten Anlaß zu schwierigen Verhandlun¬ gen gegeben habe und in der ungarischen Delegation gewiß wieder präferierter aufgegriffen werden dürfte, geeignet sei, die kulante Geschäftsabwicklung dieser Vertretungskörper aufzuhalten, was aus Gründen politischer Natur diesmal mehr als je zu vermeiden wäre. Von Seite des Reichskriegsministers Freiherrn v. Kuhn wurde gegen diese Vorstellung keine Einwendung erhoben, dagegen gab er ad 1. bezüglich der Gagenerhöhung für die Obriste und Oberstlieutenants zu bedenken, wie es sich dabei nur um ein relativ geringes Mehrerfordemis von wenig über 200 000 fl. handle, und wie er es der Armee schuldig sei, wenigstens, soweit es an ihm liegt, für die Verbesserung der Lage der Offiziere zu sorgen. Man möge es darauf ankommen lassen, daß die Delegationen das Odium des Abstriches auf sich nehmen. Diese würden nach gewohnter Weise jedenfalls eini¬ ge Abstriche beschließen, und wenn sie die Streichung an der erwähnten Gagen¬ erhöhung vornehmen, so sei es für den Gang der Militäradministration weniger empfindlich als ein Entgang in anderen Rubriken. Ebenso scheine ihm ad 2. die Weglassung des Erfordernisses für Remonten und Montumachschafftmgen nicht gerechtfertigt, denn gerade beim Ausbruche eines Krieges sei der Verbrauch dieser Artikel ein größerer, und wenn auch die erste Ausrüstung aus dem Kriegsbudget beköstigt werde, so biete doch die in Rede stehende Rubrik die Mittel zur Ersetzung des Abganges während des Krie¬ ges. Die beanstandeten beiden Posten bilden stehende Rubriken in dem jährlich wiederkehrenden Armeeerfordemisse. Die Delegationen seien daran gewöhnt und würden daran auch heuer keinen Anstoß nehmen. Finanzminister v. Kerkäpoly erklärte, auf der Hinweglassung der obigen Gagenerhöhung nicht beharren zu wollen, und so beschloß die Konfe¬ renz, in diesem Punkte den Wünschen des Kriegsministers nachzugeben, dage¬ gen stellte sie sich bezüglich der Weglassung der periodischen Nachschaffungen aus dem Ordinarium gegen den Kriegsminister auf die Seite des ungarischen Fi¬ nanzministers. Reichsfinanzminister v. Lönyay sprach sich dahin aus, man solle die ständigen 22 Posten des Ordinariums auch jetzt behalten, aber bei den auf die Augmentation Bezug habenden Posten für diesmal die Zifferrubrik unaus- gefüllt lassen mit ausdrücklicher Hinweisung auf die in das außerordentliche Rü¬ stungsbudget des Jahres 1870 eingestellten Anschaffungen. <pb/>96 Nr. 14 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 29. 8. 1870 Finanzminister v. Kerkäpoly fügte zur Ergänzung seiner obi¬ gen Motivierung bei, daß seine Ansicht zuverlässig auch in der ungarischen De¬ legation auftauchen werde mit dem Erfolge, daß die fraglichen Posten des Ordi- nariums gestrichen werden. Dies gab dem Reichskanzler Graf Beust Anlaß, die schon bei den Ministerberatungen früherer Jahre ventilierte Frage anzuregen, ob es prak¬ tisch besser sei, den Delegationen die Abstriche anheimzustellen, oder ob schon die Regierungsvorlage auf das unerläßliche Maß des Erfordernisses zu beschrän¬ ken wäre. Im ersteren Falle setze man sich dem aus, daß diese Vertretungskörper einen Totalabstrich vornehmen, der sich dann schwer einbringen lasse. Ministerpräsident Graf Andrässy sprach sich dahin aus, daß man allerdings trachten solle, die Budgetansätze mit nach und nach auf ein solches Maß des unerläßlichen Erfordernisses herabzusetzen, welches die Regie¬ rung in die Lage setze, für die Regierungsvorlage mit dem ganzen Gewicht ihrer Stellung eintreten zu können. Heute stehe man freilich noch der zur Regel gewor¬ denen Übung der Delegationen, Abstriche vorzunehmen, gegenüber, und in die¬ sem Anbetracht habe er nichts dawider, wenn dieser Gewohnheit in den Budget¬ ansätzen Rechnung getragen werde, aber einen gar zu weiten Spielraum solle man den Delegationen nicht lassen. Finanzminister Freiherr v. Holzgethan: Man habe es diesmal mit zwei Budgets zu tun, die charakterisiert werden müssen. Auf der ei¬ nen Seite stehe das Präliminare für das Jahr 1871, welches nach dem Friedensfü¬ ße bemessen wurde, aufder andern das durch die gegenwärtigen Kriegsrüstungen hervorgerufene Nachtragsbudget für das Jahr 1870, welches die Nachschafftm- gen an Pferden, Schuhen und sonstigen Gegenständen enthalte. Diese Anschaf¬ fungen würden nun evident mit großen Kosten in das nächste Jahr übergehen und - die Erhaltung des Friedens vorausgesetzt - hinlängliches Material für die kur¬ renten Augmentationen liefern, wohingegen bei Verschlimmerung der Verhält¬ nisse für den Militärbedarf des Jahres 1871 heute überhaupt noch keine bestimm¬ ten Erfordemisansätze aufgestellt werden können. Diese Erwägung scheine ihm die Herabminderung gewisser Kosten zu rechtfertigen. Nachdem hierauf Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn die Erklärung abgegeben, daß er die nach obigen Andeutungen sich ergebende Budgetherabminderung in Detail berechnen lassen werde, brachte Finanzminister v. Kerkäpoly im Zusammenhang mit dem Militärbudget die Frage des Ludoviceums zur Sprache. Die Frage sei eine alte.2 In den vorjährigen Beratungen der ungarischen Delegationen habe der Reichs- kriegsminister seine Zustimmung dazu ausgesprochen, daß das Ludoviceum sei¬ ner früheren Bestimmung als Bildungsanstalt für ungarische Offiziere zurück¬ gegeben werde. Wenn nun diese Übergabe, bzw. die Rückstattung der Ludovicealfonds, deren circa 50 000 fl. erreichendes Erträgnis dermalen auf Stif- 2 Papp, Die königliche ungarische Landwehr (Honved) 1868-1914 672-676. <pb/>Nr. 14 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 29. 8. 1870 97 tungsplätze für ungarische Zöglinge in den verschiedenen Militärbildungsanstal¬ ten verwendet wird, tatsächlich erfolge, so ergebe sich natürlich ein ebensogroßer Ausfall in der Bedeckung für diese Bildungsanstalten, und Vortragender glaube, daß man schon deshalb, um der ungarischen Delegation einen Beweis von dem ernsten Willen der Regierung zu der Rückstellung des Ludoviceums zu geben, für die Militärbildungsanstalten noch ein Erfordernis von 50 000 fl. in das Armee¬ budget einstellen solle. Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn: Die Frage des Ludoviceums sei noch nicht entschieden, und es werde die Entscheidung vor dem 1. Oktober, wo der Kurs in den Militärbildungsanstalten beginnt, auch nicht er¬ folgen. An diese Erklärung des Kriegsministers knüpfte sich nun eine längere Diskussion, ohne daß es jedoch zu einen Beschlüsse über den Antrag des ungari¬ schen Finanzministers gekommen wäre. Ministerpräsident Graf Andrässy gab ein Resume der bis¬ herigen Verhandlungen über diesen Gegenstand mit dem Kriegsminister. Anfangs habe sich die Kriegsverwaltung zustimmend ausgesprochen, auf die Urgierung des Vortragenden sei sodann eine dilatorische Antwort erfolgt, und als schließlich die ungarische Regierung ein Programm über die Rückstellung des Ludoviceums einbrachte, sei dies vom Kriegsminister verworfen worden, was Vortragenden zu einer unmittelbaren Vortragerstattung an Seine Majestät veranlaßt habe, "welchen Vortrag er jedoch bis jetzt wegen Dazwischenkunft der Kriegsereignisse zurück¬ gehalten habe, nunmehr aber, da die nahenden Verhandlungen der Delegationen das weitere Verschieben der Entscheidung nicht mehr gestatten, Seiner Majestät vorlegen werde."3 Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn erwiderte, er habe auch einen Antrag über die Rückstellung des Ludoviceums mit Rücksicht auf die gebotene Wahrung der Einheit der Armee erstattet und sei bereit, auf die¬ ser Grundlage mit dem ungarischen Ministerium in Unterhandlung zu treten. Finanzminister v. Kerkäpoly gab sofort nähere Aufklärung über die Berechtigung des ungarischen Verlangens mit Hinweis auf die Entste¬ hung des durch Stiftungen ungarischer Patrioten und aus Landesmitteln gebilde¬ ten Ludovicealfondes. Finanzminister Freiherr v. Holzgethan: Dem Gesag¬ ten zufolge handle es sich hier um einen Landesfond, der nicht richtig verwendet Einfiigung Andrässys. Die Rückstellung des Ludoviceums und des Ludovicealsfonds ist ein mederkehrendes Thema zwischen der ungarischen und der gemeinsamen Regierung. Die ungarische Regierung ver¬ langte die Rückgabe des Fonds, wogegen sich der gemeinsame Kriegsminister daraufberief, daß die Ungarn in den militärischen Bildungsanstalten die Ludovical-GrafButtlersche und andere ungarische Privatstiftungsplätze nicht ausfüllten, und solange das nicht geschehe, sehe der Kriegsminister von einer Behandlung der besagten Frage ab. Vgl. au. Vortrag des Reichskriegsministers v. 29. 10. 1870, KA. MKSM. 14-10/13/1870. <pb/>98 Nr. 14 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 29. 8. 1870 wird. Nun lasse sich zwar gegen die Wiederzuwendung des Fondes zu seiner Bestimmung prinzipiell nichts einwenden, aber Vortragender müsse doch darauf aufmerksam machen, daß die diesseitige Delegation eine, aus dem Titel der Rück¬ stellung des Ludovicealfondes eingestellte Ersatzpost von 50 000 fl. im Budget, welche nach dem Verhältnis von 70 : 30 repartiert wird, nicht zustimmend hin¬ nehmen werde. Es müsse also die Einstellung ohne Bezugnahme auf den Ludo- vicealfond erfolgen. Finanzminister v. Kerkäpoly: So habe er es auch gemeint. Ministerpräsident Graf Andrässy: Über die Frage des Lu- doviceums müsse zuerst das noch nicht erzielte Einverständnis zwischen dem Reichskriegsminister und der ungarischen Regierung unter Genehmigung Seiner Majestät hergestellt werden, dann erst könne man vor die Delegationen mit einem Antrag treten. Reichsfinanzminister v. Lönyay nahm sofort das Wort, um auf die im Staats- ebenso wie im Privathaushalte gebotene Ordnung der finanzi¬ ellen Gebarung hinzuweisen. Im Zusammenhang damit stehe die Verpfändung eines Teiles der Obligationen des Militärstellvertreterfondes zur Deckung des 1868er Defizits in der Militärverwaltung. Die Reichszentralkasse habe dem Reichskriegsministerium zur Militärdotationsquote pro Dezember 1868 einen Vorschuß von 3 700 000 fl. gegeben, wofür der Reichszentralkasse vom Stellver¬ treterfond 8 836 463 fl. Obligationen in Ö(sterreichischen) W(erten) und 292 450 fl. in Nationalanlehensobligationen verpfändet wurden. Im Jahre 1869 habe hier¬ auf das Kriegsministerium eine Million zurückgezahlt und dafür Effekten der einheitlichen Staatsschuld im Belaufe von 2 500 000 fl. aus dem der Staatszen¬ tralkasse gegebenen Pfände zurückerhalten, wonach nunmehr als Pfand für den noch nicht zurückgezahlten Vörschußrest von 2 700 000 fl. noch 6 696 400 fl. in den Stellvertreterfond gehörigen Obligationen in der Staatszentralkasse erlie¬ gen. Nachdem nun zufolge des von den Delegationen ausgesprochenen Wunsches behufs heuriger Vorlage mit dem Kriegsbudget ein Ausweis verfaßt wurde, worin die Werte des Militärstellvertreterfondes ersichtlich gemacht werden, so wünsche Vortragender zu wissen, ob die verpfändeten Obligationen des Stellvertreterfon- des im Ausweise gleichfalls Aufnahme fanden. Auf die bejahende Auskunft des Sektionschefs v. Früh erwider¬ te der Reichsfinanzminister fortfahrend, daß der vorliegende Aus¬ weis nur dann korrekt wäre, wenn die Verpfändung eines Teiles der Obligationen darin ersichtlich gemacht werde. Man solle ausdrücklich erwähnen, daß solange die Delegationen jenen Nachtragskredit nicht votieren, der Ausweis um den Be¬ trag der verpfändeten Obligationen weniger wert wäre. Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn erklärte sofort seine Bereitwilligkeit und Zustimmung, daß in den Ausweis eine in diesem Sinne verfaßte Anmerkung aufgenommen werde. <pb/>Nr. 14 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 29. 8. 1870 99 Finanzminister Freiherr v. Holzgethan wies daraufhin, wie es überhaupt nötig sei, auch mit den gemeinsamen Aktiven, woran der dies¬ seitigen Reichshälfte eigentlich zwei Millionen sogleich erfolgt werden sollen, und mit den aus den Jahren 1868 und 1869 herrührenden unbedeckten Nachtrags¬ krediten der Militärverwaltung ins Reine zu kommen. Reichsfinanzminister v. Lönyay gab bezüglich des mit 370 000 fl. bezifferten Nachtragskredites pro b1869b folgende Erklärung: Die De¬ legationen hätten bezüglich der Bedeckung dieses Erfordernisses eine Resolution gefaßt, wonach der Kriegsminister im Einvernehmen mit den beiden Landesfi¬ nanzministem jene Werte ausfindig machen solle, welche ohne Schädigung der Wehrkraft und ohne Belastung der Steuerträger verwendet werden könnten. Infolgedessen habe das Kriegsministerium einen Plan zur Bedeckung des er¬ wähnten Nachtragskredites entworfen, welcher schon im Frühjahr 1. J. in einem Ministerrate, dem Vortragender noch als ungarischer Landesfinanzminister bei¬ wohnte, zur Verhandlung käme.4 Hiernach hätte die Bedeckung durch Beiziehung der eigenen Mittel der Kriegsverwaltung im Gesamtbelaufe von 1 079 497 fl. b) durch die mit Ende März 1869 von den aufgelösten Kriegskassen an die Zivil¬ staatskassen übergegangenen Geldreste in dem angenommenen Betrage von 1 262 270 fl. zusammen mit 2 342 270 fl. erfolgen sollen, wonach noch eine Sum¬ me von 1 447 729 fl. unbedeckt geblieben wäre. Nun hätte sich aber nachträglich herausgestellt, daß die von Kriegskassen an die Zivilkassen abgeführten Geldreste, von der Kriegsverwaltung bereits verwen¬ det wurden, daher zur Bedeckung der Nachtragskredite für 1869 nicht mehr her¬ angezogen werden können, wonach tatsächlich noch 2 710 503 fl. der Bedeckung bedürfen, welche Summe sich gelegentlich einer späteren Spezialverhandlung auf 2 679 222 fl. herabminderte. Er sei vollkommen der Ansicht, daß die Nach¬ tragskredite, welche sich zusammen auf circa sechs Millionen belaufen, nicht weiter unbedeckt hingeschleppt werden dürfen. Man solle daher offen vor die Delegationen hintreten mit der Erklärung, daß man im Jahre 1870 mit der budget¬ mäßigen Votierung zwar ausgekommen sei, daß aber aus den beiden vorigen Jah¬ ren infolge der Steigerung in den Lebensmittelpreisen noch eine Differenz beste¬ he, für welche man die von den Delegationen vorausgesetzte Bedeckung nicht zu finden vermochte. Sektionschef v. Früh: WasdenNachtragskreditfürdasJahr 1868 betreffe, so hätten die Delegationen die Votierung von der Vorlage des Rech¬ nungsabschlusses abhängig gemacht. Dieser liege nun vor und so dürfte der eine Teil der Frage ins Reine kommen. Bei dem Nachtragskredit für 1869 soweit er nicht bedeckt sei, müsse man sich auf eine ähnliche in suspenso Fassung gefaßt machen. b-b Einfügung. 4 GMR. v. 15. 3. 1870, RMRZ. 64. In: De Protokolle des gemeinsamen Ministerrates der Österreisch-Ungarischen Monarche 1/1 364-369. <pb/>100 Nr. 15 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 30. 8. 1870 Finanzminister Freiherr v. Holzgethan: Zur Beurtei¬ lung der Budgeteinhaltung seien eigentlich die Gebarungsausweise genügend. Die Rechnungsabschlüsse könnten stets nur im zweiten Jahre geliefert werden. Finanzminister v. Kerkäpoly: Wenn die vorjährige Delegati¬ on bezüglich des Nachtragskredites von 3 790 000 fl. ihr Votum dahin abgab, daß die Bedeckung ohne Belastung der Steuerträger erfolgen solle, so müsse sie doch einen bestimmten Gedanken vor Augen gehabt haben, wie die Bedeckung mög¬ lich sei. Ohne Grund habe sie diesen Beschluß nicht gefaßt, man könnte also darauf rechnen, daß in dieser Richtung Fragen gestellt werden. Womit die Sitzung geschlossen wurde. Beust Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 17. September 1870. Franz Joseph. Nr. 15 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 30. August 1870 RS. (undRK.) Gegenwärtige: Seine k. k. Hoheit Erzherzog Albrecht (o. D.), der Reichskanzler Graf Beust (o. D.), der kgl. ung. Ministerpräsident Graf Andrässy (o. D.), der k. k. Ministerpräsident Graf Potocki (7. 9.), der Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn (o. D.), der Reichsfinanzminister v. Lönyay (10. 9.). Protokollführer: Sektionsrat Freiherr v. Konradsheim. Gegenstand: Außerordentliches Militärbudget, anläßlich der Armeeausrüstung. KZ. 3113-RMRZ. 81 Protokoll des zu Wien am 30. August 1870 abgehaltenen Ministerrates für gemeinsame Angelegenheiten unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers. Seine Majestät der Kaiser geruhte im Hinblick auf den baldi¬ gen Zusammentritt der Delegationen die Notwendigkeit darzulegen, daß über das diesen Vertretungskörpem vorzulegende außerordentliche Budget nunmehr Be¬ schluß gefaßt und sohin die Kosten der durch die Verhältnisse veranlaßten Armeeausrüstung nicht nur was die Anschaffungen, sondern auch was die Auf¬ rechterhaltung der Anschaffungen betrifft, fixiert werden. Hiebei müsse aber vor allem die politische Lage mit in Kombination gezogen werden. Reichskanzler Graf Beust: Was uns betreffe, so habe sich seit der durch Graf Choteks mündliche Eröffnungen veranlaßten Konferenz vom 22. August keine Änderung der politischen Lage zugetragen.1 Einstweilen erwarte er von unserem nach Petersburg zurückgekehrten Gesandten Bericht über die Fra- 1 Siehe GMR. v. 22. 8. 1870, RMRZ. 78. Über ChotekAnm. 8 dieses Ministerrates. <pb/>