Gemeinsamer Ministerrat, 3. 8. 1870
I. Rascherer Ausbau einiger Eisenbahnen
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_I2/pdf/oe_hu_mrp_I2_z6.pdf.
38 Nr. 6 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 3. 8. 1870 Nr. 6 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 3. August 18701 RS. (und RK.) Gegenwärtige: der Reichskanzler Graf Beust (o. D.), der kgl. ung. Ministerpräsident Graf Andrässy (o. D.), der k. k. Ministerpräsident GrafPotocki (9. 8.), der Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn (o. D.), der Reichsfinanzminister v. Lönyay (11.8.), der kgl. ung. Kommunikationsminister v. Gorove (o. D.), der k. k. Finanzminister Freiherr v. Holzgethan (12. 8.), der Leiter des k. k. Han¬ delsministeriums Freiherr v. Pretis (12. 8.). Protokollführer: Sektionsrat Freiherr v. Konradsheim. Gegenstand: Rascherer Ausbau einiger Eisenbahnen. KZ. 3100-RMRZ. 72 Protokoll des zu Wien am 3. August 1870 abgehaltenen Ministerrates für ge¬ meinsame Angelegenheiten unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers. Seine Majestät der Kaiser geruhte die Besprechung mit der Andeutung zu eröffnen, wie es immerhin möglich erscheine, daß gewisse Eisen¬ bahnen bald zur Beförderung von Truppen und Kriegsmaterial benötigt werden. Nun sei aber ein großer Teil gerade der belangreichsten Bahnen erst im Bau be¬ griffen, und so sei es wichtig, sich darüber klar zu werden, welche Eisenbahnlini¬ en mit einiger Kraftanstrengung in sechs bis acht Wochen wenigstens so weit hergestellt werden könnten, daß darauf im Notfall der Transport von Truppen und Kriegsbedürfhissen bewerkstelligt werde. Eine weitere Frage sei es dann, mit welchen Mitteln und Maßregeln die raschere Herstellung dieser Bahnen ange¬ strebt werden sollte.2 Kommunikationsminister v. Gorove: Soweit der Eisen¬ bahnbau in Ungarn hier in Frage komme, müsse er konstatieren, daß 1. die Strek- ke Großwardein-Klausenburg in wenigen Tagen eröffnet werden und mit ihren 250 eigenen Fahrbetriebsmitteln sowie mit Zuhilfenahme jener der Theißbahn dem Truppentransport nachjener Gegend wesentlich zustatten kommen werde. 2. Die Alföld-Fiumaner Eisenbahn sei auf der Strecke Esseg-Großwardein mit Aus¬ nahme der Flußübergänge über die Theiß und Drau beinahe fertig. Mit einiger Mahnung an die Unternehmer, welche bis Ende des Jahres die ganze Bahn ohne¬ hin fertig machen müßten, werde es gelingen, dieselbe, abgesehen von den er¬ wähnten beiden Brücken, wenigstens für den Transport der Grenztruppen im Fal¬ le einer Konflagration fahrbar zu machen. 3. Wenn man sehr energisch urgiere, werde man auch die Strecke Szerencs-Üjhely noch rechtzeitig fertigbringen kön- Die Ministerratsdebatte analysiert Diöszegi, Österreich-Ungarn und der französisch-preußi¬ sche Krieg 1870-1871 70. 2 Uber die Beschleunigung des Baues der strategisch wichtigen Eisenbahnen: GMR. v. 15. 7. 1870, RMRZ. 66. In: Dm Protokolle des gemeinsamen Ministerrates der österreichisch¬ ungarischen Monarchie 1/1 382-383. <pb/>Nr. 6 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 3. 8. 1870 39 nen; weiterhin gegen Munkäcs aber werde es schwer gehen. Die Arbeiten seien auf diesem Punkte noch wenig fortgeschritten, und die Unternehmer seien zum Ausbau jetzt auch noch nicht verpflichtet. Viel leichter sei es, 4. die Strecke Debreczin-Szatmär selbstverständlich mit Verzichtleistung auf die Beendigung der Brücke über den Szamosfluß fahrbar zu machen. 5. Endlich sei die Strecke Kaschau-Eperies der Vollendung sehr nahe und sehe man der Betriebseröffhung in wenigen Tagen entgegen. Reichsfinanzminister v. Lönyay: Er glaube nicht, daß die Weiterführung der sub 3 erwähnten Linie Szerencs-Ujhely nach Munkäcs großen Schwierigkeiten unterliege. Wie er unterrichtet sei, halte er den Notausbau der Bahn bis Munkäcs in acht Wochen für möglich. Schlipper und Schienen lägen schon parat. Das Haupthindernis biete die Brücke über die Latorcza, aber auch da seien drei Joche schon fertig, und einstweilen könne man sich mit noch zwei Notbrückenjochen behelfen. Es komme nur darauf an, dem Unternehmer und den Subuntemehmem gehörig zuzusetzen und ihnen die Entlohnung für den erhöhten Arbeitsaufwand zuzusichem. Ein an Ort und Stelle gesandter Regierungskom¬ missar könne durch die Unmittelbarkeit der Einflußnahme den Bau wesentlich fordern. Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn: Er habe in den letzten Jahren sich leider vergeblich bemüht, daß die verschiedenen Eisenbahnen über die Karpaten zu Stande kommen. Da dies nicht gelungen, so müsse er darauf dringen, daß die Eisenbahnen zum mindesten möglichst nahe an die Karpaten geführt werden, und zwar zur besseren Verteidigung in möglichst vielen Richtun¬ gen. In dieser Beziehung müsse er, da die Strecke Kaschau-Eperies bereits beinahe fertig sei, in Übereinstimmung mit dem Reichsfinanzminister zunächst die Linie Szerencs-Üjhely-Munkäcs betonen. Dieselbe sei absolut nötig. Ebenso wichtig seien aber auch die Linien Csap-Ungvär und von Szatmär an die Theiß bei Huszt oder Kirälyhäza. Neben diesem Ausbau der Eisenbahnen müsse er aber Gewicht darauf legen, daß auch die Fahrstraßen über die Karpaten in Ungarn hergestellt werden, da er gesehen und gehört habe, daß der Straßenbau in den letzten Jahren arg vernach¬ lässigt wurde. Ministerpräsident Graf Andrässy: Die Reichsstraßen sei¬ en gut, was man von den Komitatsstraßen leider nicht behaupten könne.3 Kgl. ung. Kommunikationsminister v. Gorove: Wenn es der Ah. Wille sei, werde er gewiß bestrebt sein, die Unternehmer zum Ausbau der Linie bis Munkäcs binnen acht Wochen zu vermögen, obschon er sich nicht verhehlen könne, daß von Seite Strousberg vielleicht Dififikultäten gemacht 3 Diefür das Land wichtigen Straßen, die Reichsstraßen, werden aufStaatskosten gebaut und erhalten, wogegen die Komitatsstraßen aufKomitatskosten gebaut und unterhalten werden. <pb/>40 Nr. 6 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 3. 8. 1870 werden.4 Die Differenz der Kosten für die schnellere Herstellung könnte aber nicht Ungarn aufgebürdet werden, vielmehr scheine es Vortragendem selbstver¬ ständlich, daß dieselben von dem Etat des Kriegsministers getragen werden. Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn: Die Verteidi- gungslinie Eperies-Ungvär-Munkäcs-Sziget sei so wichtig und die Herstellung von an diese Punkte führenden Eisenbahnen so unerläßlich, daß dieselben selbst auch mit subsidiarischer Herbeiziehung des Ärars zu bauen wären. Seine Majestät der Kaiser geruhte sonach anzubefehlen, daß man auf den drei vom Kriegsminister benannten Strecken das Möglichste leisten, vor allem aber nach Munkäcs zu gelangen trachten solle. Gleichzeitig solle ein Regierungskommissar an Ort und Stelle gesendet werden, mit der Ermächtigung, vorkommende Diffikultäten welch' immer Natur zu beseitigen. Hierauf erbat sich der Leiter des Handelsministeriums Freiherr v. Pretis das Wort, um den Stand einiger Eisenbahnbrücken in der diesseitigen Reichshälfte darzulegen. Was zunächst die Karpatenbahnen betreffe, so sei in Galizien vorläufig nichts zu erwarten, denn selbst auch nur die Vorarbeiten seien, wie ihm Ministerialrat Nördling5 aus eigener Wahrnehmung mitgeteilt habe, noch zu weit zurück. Dies gelte namentlich von der Linie Munkäcs-Stry. Dagegen werden 1. zunächst in Galizien die Linie Zloczov-Podwoloczyska bis Ende September fertig. In den übrigen Teilen Cisleithaniens könne 2. die Strecke Gmünd-Tabor in 14 Tagen fahrbar gemacht werden, ebenso die Linie Eger-Karlsbad bis Ende August, die Linie Dux-Komotau und 5. Neumarkt- Braunau, bezüglich welch' letzterer die Konzession an die Kaiserin Elisabeth- Westbahn überging, bedürfe keiner besonderen Urgierung, um bald fertig zu wer¬ den, sowie man auch der Eröffnung der Linie Znaim-Grussbach-Brünn (der Staatsbahn) und 7. Teschen-Jablunka (der Kaschau-Oderberger Bahn) bis Ende September entgegensehen könne. 8. Von der Eisenbahnlinie Linz--Budweis kön¬ ne die Strecke Budweis-Zadlitzdorf im Oktober hergestellt werden, aes würde aber möglicherweise notwendig werden3 den Konzessionären bei früherer Inbe¬ triebsetzung der Teilstrecke bfür den ordentlichen Verkehr und nicht bloß für eventuelle Militärtransporteb ein Äquivalent für die auf die Teilstrecke entfallen¬ de Zinsengarantie, welche erst vom Tage der Verkehrseröfthung auf der ganzen Linie laufe, zu geben. 9. Die Eisenbahn von Kollin nach Jungbunzlau dürfte im Laufe des Monats September eröffnet werden und 10. die Linie Groß-Wossek- a_a Korrektur von Pretis aus es sei aber notwendig. b_1' Einfügung von Pretis. 4 Bethel Henry Strausberg (urspr. Baruch Hirsch Strausberg) (1823-1884), Eisenbahnbau- Unternehmer. 5 Wilhelm von Nördling (1821-1908), Techniker, war in leitender Funktion bei Straßen- und Eisenbahnbauten in Frankreich und der Schweiz tätig, wo er auch als Theoretiker in Trassie¬ rungsfragen hervortrat. 1870 wurde er technischer Konsulent im k. k. Handelsministerium. <pb/>Nr. 6 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 3. 8. 1870 41 Paka mit Ende Oktober. Es könne auch noch die Weiterführung bis Trautenau forciert werden; die Gesellschaft verlange aber, wie Vortragender unterrichtet sei, für letzteres eine Beihilfe der Regierung. Worin letztere bestehen solle, sei noch nicht zur Sprache gekommen, doch scheine es ihm zum mindesten notwendig, daß den Schwierigkeiten bezüglich der Grundeinlösung behördlich ein Ende ge¬ macht werde, in welcher Beziehung er sich bereits an den Fürsten Mensdorff5 gewendet habe. 11. Die Linie Komotau-Kacic als direkte Verbindung mit Prag werde einge¬ holten Erkundigungen zufolge bis Ende September hergestellt werden. Nicht minder leicht herzustellen wären die kurzen Strecken 12. Ostrau-Friedland und 13. Hohenstadt-Schönberg. 14. Endlich empfehle sich in Böhmen noch die Her¬ stellung einer unmittelbaren Verbindung zwischen dem Bahnhof der Staatsbahn in Prag und jenem der böhmischen Westbahn in Smichov. Dies lasse sich, wenn die Verbindung beliebt werde, mit einem Kostenaufwande von circa 300 000 fl. in kurzer Zeit efFektuieren. 15. Im Süden der Monarchie könne von der Eisenbahn Laibach-Tarvis eine elf Meilen lange Strecke ab Laibach in ganz kurzer Zeit fahrbar gemacht werden, während 16. auf der Linie Villach-Brixen die Strecke bis Spittal mit Anwendung von Provisorien bis 15. Oktober und weiter nach Sachsenburg bis Mitte Novem¬ ber d. J. gegen eine von der Gesellschaft verlangte Entschädigung von 50-60 000 fl. per cMeilec dagegen bis Brixen im äußersten Falle mit 1. November 1871 fahr¬ bar gemacht werden könne. dFür diese letztere Leistung beanspruche die Gesell¬ schaft eine Entschädigung von mindestens 80 000 fl. für jeden Monat, um wel¬ chen die Linie vor dem 1. September 1872 fahrbar gemacht werden sollte.d Über die sub 10 angedeutete Weiterfuhrung der Eisenbahn von Paka nach Trautenau unter eventueller Beitragsleistung des Staates entspann sich eine kurze Diskussion, die damit endete, daß dieser Gedanke wieder fallengelassen wurde, nachdem der Reichskriegsminister über Befragen Seiner Majestät des Kaisers die Linie Paka-Trautenau zwar als erwünscht, jedoch nicht so dringend bezeichnete wie die Linie Jungbunzlau-Znaim, welch letztere Freiherr v. Pretis jedoch seiner¬ seits dermalen als unausführbar erklärte. Eine längere Erörterung rief hervor die sub 14 erwähnte Verbindung der Staatsbahn mit der böhmischen Westbahn bei Prag. Militärischerseits wurde die Zweckmäßigkeit der Verbindung anerkannt und diese selbst als wünschenswert bezeichnet, weil man dadurch des besonders bei Verpflegsartikeln und Kriegsmaterial beschwerlichen und zeitraubenden Aus- und Einwaggonierens in Prag überhoben werde, allein die Frage, wer die Kosten tragen solle, bot einige Schwierigkeiten. M Einßigung von Preitis. d_d Einfügung von Preitis. 6 Mensdorff-Pouilly, Alexander Graf, Fürst v. Dietrichstein (seit 1869) (1813-1871), General und Diplomat, 1864-1866 Minister des Äußern. <pb/>42 Nr. 6 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 3. 8. 1870 Reichskanzler Graf Beust bemerkte, daß diese provisorische Verbindungsbahn bis zu der erst in zwei Jahren zu erwartenden stabilen Verbin¬ dung jedenfalls auch von den beteiligten Eisenbahnen zur Frachtenbeforderung benützt werden dürfte, daher es nur billig wäre, dieselben auch zur Konkurrenz zu den Herstellungskosten herbeizuziehen, worauf Freiherr v. Pretis diese Konkurrenzpflicht nur bezüglich des Betriebs, nicht aber auch bezüglich der Herstellungskosten zugab. Er habe sich übrigens oben nur auf die einfache Darlegung des Kostenerfordemisses beschränkt, ohne die möglichen Arrange¬ ments weiter zu erwähnen. Wenn es der Ah. Wille sei, daß diese Verbindungsbahn im äußersten Falle auf Staatskosten gebaut werde, so werde er sich beeilen, ein Arrangement zu versuchen. Seine Majestät der Kaiser geruhte sofort in Erwägung, daß die Refundierung, wenn sie zu erreichen sei, immerhin noch nachträglich im Abrech¬ nungswege erfolgen könne, den Ah. Beschluß dahin zu fassen, daß die Herstel¬ lung der fraglichen Verbindungsbahn in Gang zu bringen sei; im übrigen aber Freiherr v. Pretis da, wo es sich als nötig darstelle, den erforderlichen Nachdruck üben solle, damit das von letzterem heute entwickelte Programm eingehalten werde. Allerhöchstderselbe hatte ferner die Gnade, es als selbstverständlich aus¬ zusprechen, daß die aus Anlaß der heutigen Beschlüsse sowohl in Ungarn als in der diesseitigen Reichshälfte auflaufenden Kosten, weil zu gemeinsamen Zwek- ken erforderlich, auch aus gemeinsamen Mitteln getragen werden müssen, wor¬ auf Reichsfinanzminister v. Lonyay den formellen Vorgang dahin präzisierte, daß die auflaufenden Kosten ins Extraordinarium des Reichs- kriegsministeriums einzustellen wären. Seine Majestät der Kaiser geruhte ferneres noch die rechtzei¬ tige Hereinbringung des im Auslande befindlichen material roulant der inländi¬ schen Eisenbahngesellschaften zur Sprache zu bringen, damit wir im Falle des Bedarfes für Militärtransporte nicht selbst aufliegen, worüber der Leiter des Handelsministeriums Freiherr v. Pretis die Aufklä¬ rung gab, daß von den 38 000 Waggons, die unseren Gesellschaften gehören, nach dem Wagenstande von vorgestern nur 600 inländische Waggons sich mehr im Auslande befinden als umgekehrt. Die meisten seien mit Getreide beladen auf der Westbahn hinausgegangen, und eben aus Rücksicht für unseren Export habe er es noch nicht für geboten erachtet, die Ausführung unserer Waggons förmlich zu sistieren, sondern den Gesellschaften nur andeuten lassen, keine Waggons mehr über die Grenze zu senden. Sowie die Zahl 1000 erreiche, werde er die Hinaussendung sistieren. Ministerpräsident Graf Andrässy erwähnte ferner eine Nachricht, daß Frankreich von Händlern 10 000 Stück Pferde außer der Grenze gestellt zugesichert erhalten habe. Dies könne nur mittels Schmuggel vollführt werden, und es liege die Gefahr nahe, daß ungeachtet des Ausfuhrverbotes auf diesem Wege auch Schießmaterial u. dgl. den Weg ins Ausland nehme. Eine strenge Kontrolle der oft bestechlichen Grenzorgane sei daher nötig, und scheine ihm also der Fall gegeben, um nach dem Zoll- und Handelsbündnis zwischen <pb/>Nr. 7 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 4. 8. 1870 43 Österreich und Ungarn eine gegenseitige Kontrolle der Zollgebarung eintreten zu lassen. Finanzminister Freiherr v. Holzgethan: Es sei schwer, den gewaltsamen Pferdeschmuggel, wenn diese auf der Eisenbahn bis an die Grenze gebracht werden, zu hindern, denn es sei schon öfters vorgekommen, daß die Händler ganze Rudel Pferde über die Grenze jagten, wo es dann unseren nicht berittenen Grenzwächtem unmöglich sei, die Schmuggler zu verfolgen. Um dies zu verhindern, sei nun verordnet worden, daß auf Eisenbahnen Pferdetransporte ohne Zertifikate nicht weiter als bis zehn Meilen diesseits der Grenze befördert werden dürfen. Er müsse bei diesem Anlasse darauf aufinerksam machen, wie schädlich für den Grenzdienst die Einberufung der militärpflichtigen Finanzwächter im Mobi¬ lisierungsfalle wäre, und die Erfahrung, die er im Jahre 1859 in Italien gemacht, nötige ihn zu der Bitte, bei einer Militäreinberufung die Finanzwächter davon auszunehmen. Widrigenfalls werde die Grenze bloßgelegt und der Schaden für das Ärar sei dann viel größer als der Nutzen für die Armee. Seine Majestät der Kaiser geruhte zu bemerken, daß jetzt von einer Einberufung der Finanzwächter unter die Waffen keine Rede sei. Komme es aber zur Mobilisierung, so müßten auch sie einberufen werden, schon aus Rück¬ sicht auf das Gesetz über die allgemeine Wehrpflicht. Nachdem noch Ministerpräsident Graf Potocki hervorge¬ hoben hatte, wie zur Verhinderung des vom k. k. Finanzminister angedeuteten Pferdeschmuggels auch die Gendarmerie mit Erfolg verwendet werden könnte, wurde die Sitzung geschlossen. Beust [Ah. E.] Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 20. August 1870. Franz Joseph. Nr. 7 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 4. August 18701 RS. (und RK.) Gegenwärtige: der Reichskanzler Graf Beust (o. D.), der kgl. ung. Ministerpräsident Graf Andrässy (o. D.), der k. k. Ministerpräsident GrafPotocki (9. 8.), der Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn (10. 8.), der Reichsfinanzminister v. Lönyay (11. 8.). Protokollführer: Sektionsrat Freiherr v. Konradsheim. Gegenstand: I. Armeebefehl wegen Pferdeankauf und teilweiser Mannschaftseinberufung. II. Militärgrenzfrage. III. Munkäcs-Stryer Eisenbahn. Den Ministerrat analysieren Diöszegi, Österreich-Ungarn und der französisch-preußische Krieg 1870-1871 71-74, 77-78, 93-95; Lutz, Österreich-Ungarn und die Gründung des Deutschen Reiches 229. <pb/>