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[Tagesordnungspunkte]

Gemeinsamer Ministerrat, 30. 7. 1870

32 Nr. 5 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 30. 7. 1870

lands zu erwarten sei, deren Ton sich nach den mittlerweile eingetretenen Ereig¬

nissen richten werde, man möge sich über die Antwort jetzt schon klar werden.

Ministerpräsident Graf Andrässy: Für uns sei es gar nicht

unerwünscht, wenn Rußland einmal ein Zeichen von sich gebe.

                                                                       Beust

[Ah. E.] Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen.
Wien, 5. September 1870. Franz Joseph.

          Nr. 5 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 30. Juli 1870

    RS. (und RK.)
    Gegenwärtige: der Reichskanzler Graf Beust (o. D.), der k. k. Ministerpräsident Graf Potocki
(3. 8.), der Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn (o. D.), der Reichsfinanzminister v. Lönyay
(3. 8.), der kgl. ung. Minister am Ah. Hoflager Graf Festetics (o. D.), der k. k. Finanzminister Frei¬

herr v. Holzgethan (5. 8.).
    Protokollführer: Sektionsrat Freiherr v. Konradsheim.
    Gegenstand: Geldbedarf des Kriegsministers.

   KZ. 2864-RMRZ. 71
   Protokoll des zu Wien am 30. Juli 1870 abgehaltenen Ministerrates für ge¬
meinsame Angelegenheiten unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers.

    Seine Majestät der Kaiser geruhte die Beratung mit der An¬
deutung zu eröffnen, wie notwendig es sei, den finanziellen Teil der zur Siche¬
rung der Monarchie gegen Gefahren von außen beschlossenen Maßregeln noch¬
mals durchzusprechen, um auch in dieser Beziehung volle Klarheit in die Aktion
der Regierung zu bringen. Das Ergebnis der bisherigen Verabredungen sei eine
Krediteröffnung an den Kriegsminister im Betrage von zwölf Millionen Gulden.
Es frage sich nun, was seither geschehen sei, um diese Verabredung praktisch zu
verwirklichen, und was für Mittel zu Gebote stehen, um eventuellen weiteren fi¬
nanziellen Anforderungen des Kriegsministers entsprechen zu können.

    Reichs finanzminister v. Lönyay: Er müsse vor allem er¬
wähnen, daß erhaltenen Nachrichten zufolge der ungarische Ministerrat das durch
die Zustimmung des ungarischen Finanzministers v. Kerkäpolyi in der gemeinsa¬
men Ministerratssitzung vom 24. Juli zustande gekommene Arrangement auch
seinerseits akzeptiert habe,1 dann daß Vortragender dem Reichskriegsminister
aus den vorhandenen Kassenbeständen vorläufig zwei und halb bis drei Millio¬
nen flüssig gemacht habe.

1 Ung. MR. v. 29. 7. 1870, Nr. 55/1870. [KZ. XXXV] MOL. Sektion K-27.
<pb/>Nr. 5 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 30. 7. 1870                            33

   Was die vereinbarte Belehnung der gemeinsamen Aktiven betreffe, so habe er
mit Wodianer2 und der Kreditanstalt Rücksprache gepflogen und seien diese Fir¬
men bereit, gegen eine Provision von 5/8 % der Regierung Wechsel zur Verfü¬
gung zu stellen, welche sodann die Nationalbank eskomptieren solle dafür, daß
ihr durch die jüngst gestattete Einbeziehung von 33 Millionen Silberwechseln in
den Metallschatz eine weitere Notenemission ermöglicht wurde. Es werde nur
noch darauf ankommen, daß die Nationalbank sich zugleich zu einer dreimonat¬
lichen Prolongation für den Fall herbeilasse, als die Kreditoperationen, zu denen
die Regierung aufgrund der gegenwärtigen Delegationsbeschlüsse schreiten wer¬
de, sich verzögern sollten.

   Auch sei es wünschenswert, wenigstens beiläufig zu wissen, wie sich im äu¬
ßersten Falle die Auslagen des Kriegsministers gestalten werden, damit den De¬
legationen, welche möglicherweise in diesem äußersten Fall nicht versammelt
sind, eine halbwegs bestimmte Basis für eventuelle Kreditvotierungen geliefert
werden könne.

   Ministerpräsident Graf Potocki und Finanzmini¬
ster Freiherr v. Holzgethan konstatieren, daß sich die National¬
bank zur Vorschußleistung von zwölf Millionen schon bereit erklärt habe. Eine
imperative Einflußnahme auf die Bank stehe der Regierung zwar nicht zu, aber es
sei kein Zweifel, daß sie auch in die Prolongation eingehen werde.

   Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn: Infolge der
von Seiner Majestät anbefohlenen Einberufung der Reservisten und Urlauber der
Kavallerie, Artillerie und des Fuhrwesens erster Linie und infolge der Preisstei¬
gerung bei der Fourage und Mannschaftskost, dann durch gewisse Anschaffun¬
gen, worunter er nur Sanitätsrequisiten und Landkarten (letztere allein im Betra¬
ge von 231 000 fl.) erwähnen wolle, habe sich der Bedarf bis Ende August wohl
etwas höher gestellt, als bei den bisherigen Besprechungen in Aussicht genom¬
men wurde. Nach Wegfall der von Seiner Majestät vorläufig sistierten Befesti¬
gung von Jaroslau, und obschon vorläufig nur die Bespannung und das Fuhrwe¬
sen erster Linie mit einem Pferdebedarf für 11 1/2 Millionen hergestellt, die
Bespannung zweiter Linie im Kostenbeträge von 8 1/2 Millionen aber auf später
verschoben werde, so sei der unerläßliche Gesamtbedarf an Geldmitteln bis Ende
August doch auf 24 340 000 Gulden veranschlagt worden. Komme es aber zu
einer Mobilisierung auf Kriegsfuß, so belaufe sich - mit Einschluß aller Kriegs¬
gebühren etc. - das dreimonatliche Erfordernis auf weitere 177 Millionen.

   Über die Frage, ob es unerläßlich nötig sei, mit der Mobilisierung sofort auch
die Kriegsgebühren eintreten zu lassen und ob, wenn mobilisiert wird, unaus¬
weichlich die ganze Armee auf Kriegsfuß gesetzt werden müsse, entspann sich
sofort eine Diskussion, wobei Ministerpräsident Graf Potocki
und Reichsfinanzminister v. Lönyay es immerhin für mög¬
lich hielten, daß zur Aufstellung eines Observationskorps oder zur Bewältigung

2 Moritz Wodianer (1810-1885), Direktor der Österreichischen Nationalbank.
<pb/>34 Nr. 5 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 30. 7. 1870

innerer Unruhen eine partielle Mobilisierung genüge, während Reichs-
kriegsminister Freiherr v. Kuhn, welchem auch Seine
Majestät der Kaiser zuzustimmen die Gnade hatte, den Standpunkt
vertrat, daß eine teilweise Mobilisierung zwecklos sei und daß man überhaupt
nur dann mobilisieren solle, wenn man sich darüber klar sei, auch losschlagen zu
wollen. Man solle nicht in den Fehler des Jahres 1854 verfallen, wo die letzten
Aufstellungen gleichzeitig mit dem Wegfall des Anlasses erfolgten.

   Nachdem noch Reichskanzler Graf Beust hervorgehoben hat¬
te, wie die Berechnung unserer Gegner gerade darauf gerichtet sei, uns an ver¬
schiedenen Punkten zu beschäftigen und wie wir uns zur Erhaltung der Gesamt¬
stärke hüten müßten uns zu teilweisen Aufstellungen verleiten zu lassen, führte
Reichsfinanzminister v. Lönyay die Besprechung auf ihren
Ausgangspunkt zurück, durch die Bemerkung, wie sich eigentlich die Verhältnis¬
se seit dem Beschlüsse vom 24. Juli nach zwei Richtungen geändert hätten. Der
Bedarf des Kriegsministers sei nicht nur größer, sondern auch dringender gewor¬
den. Nach der früheren Verabredung seien zwölf Millionen bis zum 12. Septem¬
ber beizuschaffen gewesen; jetzt stehe man einem Erfordernisse von 24 Millio¬
nen in dem Zeiträume bis Ende August gegenüber. Dazu komme noch die
Möglichkeit eines Bedarfes von 177 Millionen. Es frage sich nun, wie man das
erhöhte momentane Erfordernis decken solle?

   aZwei und eine halbe bis drei3 Millionen sei wie gesagt schon flüssig gemacht
worden, weitere zwölf Millionen werde die Nationalbank vorschießen, es bleibe
also ein unbedeckter Rest von circa neun Millionen. Da nun die Nationalbank
wegen Mangel belehnbarer Werte über jene zwölf Millionen nichts mehr vor¬
schießen werde, so wäre der Rest nach dem Quotenverhältnisse aufzubringen.
Nim seien aber Kreditoperationen ohne Zutun der Delegationen absolut nicht
möglich, es bleibe also, sofern der cisleithanische Finanzminister nicht etwa
durch eine auf das Verhältnis der Salinenscheine zum Staatsnotenumlauf basierte
Kombination Rat schaffen könne, nichts übrig, als daß der Kriegsminister die
Geldverausgabung durch auf Zeit abzuschließende Lieferungsverträge derart
verteile, daß ein Teil der benötigten Gelder erst nach dem Zusammentritt der De¬
legationen zur Verausgabung gelange.

   Seine Majestät der Kaiser hatte die Gnade anzudeuten, daß
diese Verteilung der Ausgaben im Detail beraten werden müsse, was am besten in
der dem Kriegsminister zur Seite gestellten Beiratkommission geschehen
könne.3

   Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn: Bei Pferdeein¬
käufen und Verpflegsartikeln, wo sich der Einkauf über das ganze Reich verteile
und wo man es nicht nur mit einem einzigen Lieferanten zu tun habe, müsse die

        Korrektur aus drei und eine halbe.

3 Siehe GMR. v. 22. 7. 1870, RMRZ. 68. Änm. 5.
<pb/>Nr. 5 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 30. 7. 1870  35

Zahlung sogleich bar erfolgen. Ebenso müßten bei den Befestigungsarbeiten die
Taglöhner sofort entlohnt werden. In den Hauptrubriken sei also das ,,Auf Kredit
nehmen&quot; schwer. Dagegen wolle er nicht leugnen, daß man gewisse Lieferungs¬
verträge, namentlichjene mit Skene,4 aufZeit werde abschließen können, und auf
diese Weise glaube er die Verausgabung von drei Millionen verschieben zu kön¬
nen.

   Reichsfinanzminister v. Lonyay: Vor die Delegationen
werde man zunächst nur mit der Anforderung der zuerst erwähnten 24 Millionen
treten; man solle aber, weil bis 12. September verschiedene Eventualitäten eintre-
ten können, für den Kriegsfall doch auch schon auf die weiteren 177 Millionen
bedacht sein. Brauche man sie nicht, so sei es gewiß ein Gewinn; für den Bedarfs¬
fall müsse jedoch die Vorlage wenigstens vorbereitet werden, dazu gehöre nun
aber, daß die zwei Landesministerien im Sinne des Gesetzes sich jetzt schon über
diese eventuelle Vorlage untereinander ebenso verständigen, wie es bezüglich der
ersten zwölf Millionen bereits geschah5 und bezüglich des Restes der gegenwär¬
tigen Anforderung des Kriegsministers auch erfolgen müsse.

   Minister Graf Festetics: Es sei hierbei zu bedenken, ob es im
Auslande nicht beunruhigen werde, wenn in den Delegationen vielleicht vorzei¬
tig der Bedarf von 177 Millionen erörtert wird, und ob es nicht ratsamer wäre, im
wirklichen Bedarfsfälle die Delegationen lieber ad hoc wieder einzuberufen.

   Ministerpräsident Graf Potocki: Dem diesseitigen Mini¬
sterium stünden keine Mittel zu Gebote, um künftigen Eventualitäten zu Hilfe zu
kommen; habe auch der Finanzminister im Augenblick einige Millionen vorrätig,
so seien dieselben doch zur Bestreitung der laufenden Auslagen bestimmt, und es
trete gerade angesichts der drohenden Kriegsgefahr und ihrer Konsequenzen an
den Finanzminister die erhöhte Pflicht heran, sein Budget in Ordnung zu halten.
Ein Anlehen im gegenwärtigen Momente sei nicht möglich, schon deshalb, weil
die Staatsschuldenkommission ein solches einfach nicht kontrasignieren werde,
und es müsse also jede Kreditoperation bis zum Zusammentritt der Delegationen
bzw. des Reichsrates unterbleiben.

   Finanzminister Freiherr v. Holzgethan gab hieraufeine
eingehendere Darstellung der diesseitigen Finanzlage. Das heurige Budget sei ein
knappes Friedensbudget. Ungeachtet dessen fehle ihm auf das reichsrätlich vo¬
tierte Erfordernis ein Betrag von zehn Millionen, da ihm von der präliminierten
Bedeckung acht Millionen, welche er von dem unterbliebenen Verkauf des Wie¬
ner Waldes6 bund anderer Objekte zu erhoffen hatteb, und zwei Millionen, welche
ihm aus den nun für Armeezwecke verwendeten gemeinsamen Aktiven zufließen

b-b Einfiigung Holzgethans aus erhoffte.

        Skene, Alfred (1815-1887), Heereszeugfabrikant in Brünn.
        Siehe GMR. v. 24. 7. 1870, RMRZ. 70.
6 Über die historisch-rechtlichen Probleme des Wiener Wald-Verkaufes siehe au. Vortrag von
        Andrässy v. 7. 7. 1874. HHSxA., PA. I, Karton 558.
<pb/>36 Nr. 5 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 30. 7. 1870

sollten, entgehen. Anderseits seien ihm aus dem Erlös für den Paradeplatz7 und
durch sonstige Verkäufe vier Millionen zugeflossen, so daß sich der tatsächliche
Abgang auf sechs Millionen vermindere. Seine Hoffnung, diesen Abgang durch
Steigerung des in der ersten Jahreshälfte sehr zugenommenen Erträgnisses des
Tabakgefalles, der indirekten Steuern und der Zölle zu decken, werde sich nun
infolge der Kriegsereignisse, welche sofort bei den Zöllen einen rapiden Rückgang
eintreten ließen, dann infolge des Mindererträgnisses der direkten Steuern nicht
erfüllen und sei er zu der größten Sparsamkeit genötigt, um die nötigen 16 Millio¬
nen für den Novemberkupon cbereit zu haltenc; 13 Millionen in Silber für den
Jännerkupon dseien aber noch ganz ungedeckt11. Was er also an barem Geld &quot;über
den kurrenten Bedarf habe, sei zunächst für den Novemberkupon bestimmt.

   Andererseits aber könne er sich der Erkenntnis nicht verschließen, daß mit
dem heurigen Friedensbudget bei der veränderten Lage unmöglich ausgelangt
werden könne und daß er sonach im Reichsrat, sowie er Zusammentritt, neben
dem Budget für das Jahr 1871 eine Nachtragsforderung für das laufende Jahr
einbringen müsse. In Anhoffung, daß der Reichsrat ihm diesen Nachtragskredit
bewilligen und mit der Bewilligung zugleich die Mittel zur Auszahlung des No¬
vemberkupons an die Hand geben werde, könne er bis Ende August dem Kriegs-
minister fungefahrf vier Millionen aus seinen Geldvorräten 8mittels schnellerer
Quotenabfuhr an die Reichszentralkasse liefern.8 Er müsse aber Gewicht darauf
legen, daß auch der ungarische Finanzminister wegen Hilfeleistung angegangen
werde und daß an ihn über die bereits geleisteten Vorschüsse für die dalmatini¬
sche Expedition8 von 3 700 000 Gulden (während Ungarn noch hiebei gar nicht
ins Mitleiden gezogen wurde) keine weiteren Zumutungen in dieser Beziehung
gestellt werden.

   Die vom Herrn v. Lönyay angedeutete Manipulation mit den Salinenscheinen,
die übrigens nur ein Erträgnis von 600 000 Gulden liefern würde, sei nicht tunlich.

   Fasse er nun alles zusammen, so ergebe sich nach der heutigen Lage für den
Bedarf des Kriegsministers ä 24 Millionen mit Einschluß der dem Obigen zufol-

c-c Korrektur Holzgethans [?] aus und die budgetmäßig noch gar nicht sichergestellten.
d&quot;d Korrektur Holzgethans [?] aus parat zu heben.
c&quot;e Einfügung Holzgethans [?].
f_f Einfügung Holzgethans [?].
E_g Einfügung Holzgethans [?].

7 Erlösfür den Paradeplatz: siehe Verkauf des Josefstädter Exerzierplatzes in Wien. GMR. v.
        30. 4. 1869, RMRZ. 42. In: Dm Protokolle des gemeinsamen Ministerrates der öster¬
         reichisch-ungarischen Monarchie 1/1 237-240.

8 1869 dehnt die Militärbehörde im Sinne des neuen Wehrgesetzes den Militärdienst aufdie
       früher nicht dazu verpflichteten Ragusaner und die Bewohner des Bezirkes Cattaro aus. Ge¬
        gen die Maßnahme bricht in dieser Gegend ein bewaffneter Aufstand aus, der lange Zeit
        hindurch nichtpazifiziert werden kann. Die Insurgenten unterwarfen sich erst am 11.1.1870,
        als ihnen die Militärßhrung eine Amnestie zusicherte. Es handelt sich um die Kosten der
        Niederschlagung des dalmatinischen Aufstandes.
<pb/>Nr. 5 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 30. 7. 1870                       37

ge sichergestellten 15 Millionen und der vom Vortragenden soeben angegebenen
vier Millionen eine Bedeckung von 19 Millionen, es bleiben also noch fünf Mil¬
lionen unbedeckt, welche nach der Andeutung des Reichsfinanzministers erst
nach dem Zusammentritt der Delegationen nach Maßgabe ihres Beschlusses zur
Auszahlung zu gelangen hätten.

   Seine Majestät der Kaiser hatte sonach die Gnade, den Ah.
Beschluß dahin zu fassen, daß - um den formellen Weg korrekt einzuhalten -, der
Kriegsminister sich mit dem Erfordemisausweis über die erwähnten 24 Millio¬
nen an den Reichsfinanzminister wenden und dieser wegen Sicherstellung des
unbedeckten Teilerfordemisses die beiden Landesministerien angehen solle.

   Mittlerweile solle die beim Kriegsministerium aufgestellte Kommission das
Erfordernis nach der Dringlichkeit der Ausgaben sichten und prüfen, welche Aus¬
lagen eine Verschiebung hder Zahlung11 bis zur Votierung durch die Delegationen
dulden.

   Zugleich solle der Kriegsminister dem Reichsfinanzminister jetzt schon auch
den Erfordemisausweis über die in zweiter Linie stehenden 177 Millionen mittei-
len. Es muß noch erwähnt werden, daß anläßlich der massenhaften Aufkäufe von
Cerealien im Inlande für Rechnung der kriegführenden Teile, namentlich Preu¬
ßens, auch die Frage wegen Erlassung eines Getreideausführverbotes zur Sprache
kam, jedoch abgesehen von der Rücksicht aufunsere Produzenten schon im Hin¬
blick auf den einem solchen Verbote entgegenstehenden Handelsvertrag mit dem
Zollvereine vom Jahre 1868 fallen gelassen wurde. Auch geruhte Seine Majestät
der Kaiser zu erwähnen, daß in der letzten bei Allerhöchstdemselben stattgefun¬
denen Militärsitzung in Anbetracht der zunehmenden Verteuerung der Verpflegs-
artikel die Frage angeregt worden sei, ob es nicht ökonomisch wäre, den Ver-
pflegsbedarf bei eventueller Mobilisierung schon jetzt anzuschaffen, worauf sich
Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn die Erwiderung
erlaubte, daß dazu 30 Millionen, die in dem 177 Millionen-Ausweis auch aufge¬
führt wurden, nötig sein würden, daß aber im Augenblicke unsere Geldkräfte für
eine solche Vorsichtsmaßregel nicht ausreichen.

   Endlich betonte auch Reichsfinanzminister v. Lönyay
nochmals die Dringlichkeit des Ausbaues der ungarisch-galizischen Verbindungs¬
bahnen, worauf Seine Majestät der Kaiser zu bemerken geruh¬
te, daß dieser Gegenstand demnächst in einer Sitzung, bei welcher auch der un¬
garische Kommunikationsminister zugegen sein werde, zur Verhandlung gelangen
dürfte.9

                                                                                                  Beust

[Ah. E.] Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen.
Wien, 9. August 1870. Franz Joseph.

h~h Einfügung Sr Majestät.
9 GMR. v. 3. 8. 1870, RMRZ. 72.
<pb/>