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Gemeinsamer Ministerrat, 5. 6. 1869

290 Nr. 52 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 5. 6. 1869

kriegsminister Freiherr v. Kuhn auf die Rücksichten,
die er der Armee schulde, und auf die Unbilligkeit hin, die darin liege, wenn
man die Supemumerären, welche mit den übrigen Offizieren gleiche Dien¬
ste leisten, von einer diesen zugewendeten Existenzverbesserung ausneh¬
me. Es werde speziell gegen ihn Anlaß zu großer Verstimmung in der Ar¬
mee gegeben, wenn er diesen Ausgabsposten nicht zum mindesten im
Ministerrate durchbringe. Wollten die Delegationen die Streichung der
fraglichen 200 000 fl. vornehmen, so mögen sie immerhin das Odium eines
solchen Abstreiches auf sich nehmen, wenigstens sei er dann gegenüber den
Offizieren der Armee gedeckt. Der moralische Nachteil des Abstreiches
stehe mit der Ersparung in keinem Verhältnisse.

   Schließlich einigte sich die Konferenz in der ungeschmälerten Einstel¬
lung des Erfordemisansatzes von 1 800 000 fl. für die Supemume¬
rären und wurde das Resultat der heutigen Besprechung dahin präzisiert,
daß die vorgenommenen Abstriche und Überweisungen in das Ordina-
rium eine Herabminderung des eingangs bezifferten Extraordinariums um
1 988 530 fl. repräsentieren, wonach sich als effektives Erfordernis der Be¬
trag von 4 761 620 fl. herausstelle, welcher Betrag dem mit 4 739 000 fl.
genehmigten Extraordinarium des Vorjahres wenigstens annähernd gleich¬
komme.

   Womit die Sitzung geschlossen wurde.
                                                                                          Beust

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen.
Wien, 10. Juni 1869. Franz Joseph.

           Nr. 52 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 5. Juni 1869

    RS. (und RK.)
    Gegenwärtige: derk. k. Ministerpräsident GrafTaaffe, der Reichsfinanzminister Freiherr v.
Becke, der Reichskriegsminister [FML.] Freiherr v. Kuhn (9. 6.), der kgl. ung. Finanzminister
v. Lönyay, der kgl. ung. Minister am Ah. Hoflager Graf Festetics, k. k. Finanzminister Brestei,
Vizeadmiral v. Tegetthoff.1
    Protokollführer: Sektionschef Freiherr v. Konradsheim.
    Gegenstand: Marinebudget für das Jahr 1870.

       Das ist der erste Ministerrat, an dem der Außenminister nicht teilnimmt und auch im
       Protokoll seine Abwesenheit nicht begründet wird.
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   KZ. 1924-RMRZ. 52

   Protokoll des zu Wien am 5. Juni 1869 abgehaltenen Ministerrates für
gemeinsame Angelegenheiten unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kai¬
sers.

   Seine Majestät der Kaiser geruhte die Beratung mit
der Bemerkung zu eröffnen, daß Allerhöchstderselbe, bevor er dem in der
gestrigen Sitzung des gemeinsamen Ministerrates beschlossenen Appell an
Seine Entscheidung über die Ziffer des von den Delegationen zu beanspru¬
chenden Extraordinariums der Marineverwaltung für das Jahr 1870 zu ent¬
sprechen in der Lage sei,2 eine detaillierte Besprechung des Gegenstandes
für nötig halte, worauf sich Reichsfinanzminister Frei¬
herr v. Becke das Wort zu nachstehender Rekapitulation des
Verhandlungsganges des Vortrages erbat: Das Extraordinarium für das Jah¬
re 1870 sei von der Marineverwaltung mit 3 824 000 fl. beziffert worden,
was gegenüber den von den Delegationen für das laufende Jahre bewilligte
Extraordinarium von 1 289 000 fl. ein Mehrerfordemis von 2 536 000 fl.
ergebe.

   Die namhafte Steigerung des Bedarfes finde, abgesehen von erhöhten
Anforderungen für Hinterlader und für Arsenalbauten in Pola die Erklärung
in dem Ansätze eines Betrages von 2 760 000 fl., welchen die Marinever¬
waltung zur Realisierung der nunmehr auf einen neunjährigen Turnus be¬
rechneten Anschaffung für 15 Schlachtschiffe für unerläßlich erkläre. Die¬
ser Anforderung habe Finanzminister Brestei mit Hinweisung auf den un¬
günstigen Stand des bereits durch die beschlossene Gagenerhöhung für die
Offiziere, wie nicht minder durch die Kosten für die Einrichtung der Land¬
wehr ohnehin stark in Anspruch genommenen Staatsschatzes finanzielle
Bedenken entgegengehalten, und so seien, um beide Standpunkte miteinan¬
der zu kombinieren, vom Finanzminister v. Lonyay und vom Ministerprä¬
sidenten Grafen Taafife Vermittlungsanträge gestellt worden, die wenigstens
ein teilweises Eingehen in die Anträge der Marineverwaltung anstrebten.
Ersterer habe die Einstellung des runden Betrages von 10 Millionen fl. für
die gesamte Marineverwaltung proponiert, wodurch sich zugunsten des
Extraordinariums ein im Vergleiche zum vorjährigen Budget um zirka
1 200 000 fl. günstigeres Verhältnis herausgestellt haben würde, wäh¬
rend der schließlich auch vom Finanzminister Brestei wenigstens nicht
perhorreszierte Antrag des Grafen Taaffe, anknüpfend an die allgemeine
Teilnahme, welche der Katastrophe der Fregatte Radetzky folgte, dahin ge¬
gangen sei, der Marineverwaltung unter dem speziellen Titel eines Ersatzes
für das erwähnte Schiff bei den Delegationen eine Erhöhung des nächst-

GMR. v. 4. 6. 1869, RMRZ. 50.
<pb/>292 Nr. 52 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 5. 6. 1869

jährigen Ordinariums zu erwirken. Beide Anträge seien aber an dem prinzi¬
piellen Festhalten des Vertreters der Marineverwaltung gescheitert, welcher
bei der Notwendigkeit einer Fixierung des Flottenstandes und der sohin all¬
jährlich enthaltenden Quote für Schiffsbauten beharrte.

   Vizeadmiral v. Tegetthoff: In dem vorjährigen Ma¬
rinebudget beigegebenen Expose habe er umständlich Gattung und Zahl der
Kriegsschiffe dargelegt, die er für die Marine unerläßlich halte, wenn sie
ihrer Aufgabe entsprechen solle. Die deutsche Delegation habe dieses
Expose unter Ausdruck des Bedauerns über die momentane Untunlichkeit
der Berücksichtigung und ohne in das Meritum der Sache einzugehen, ein¬
fach zur Wissenschaft genommen, während die ungarische Delegation dar¬
über ganz hinweggegangen sei und sich bloß auf die Preisung der faktischen
Erfordemisansätze beschränkt habe. Beides wäre nicht geschehen, und hät¬
ten die Delegationen der prinzipiellen Diskussion über die Fixierung eines
Flottenstandes nicht aus dem Wege gehen können, wenn es ihm infolge der
bekannten Anfechtungen seines Budgets im Ministerrate nicht unmöglich
gemacht worden wäre, schon damals die dem obigen Expose entsprechen¬
den Erfordemisansätze in das Budget einzustellen.3

   Infolge der damaligen Vertröstungen habe er daher heuer wenigstens im
Ministerrate keinem Widerspmch begegnen zu müssen geglaubt und die
ungeschmälerte Einstellung des Betrages für Schiffsherstellungen gehofft,
von welcher er sich, ohne auf dessen volle Bewilligung seitens der Delega¬
tionen mit Zuversicht zu rechnen, doch gewiß eine partielle Berücksichti¬
gung und - was wichtiger sei - die für die Marineentwicklung wohltätige
praktische Folge verspreche, daß die dadurch herbeigeführten Diskussionen
und Beschlüsse der Delegationen doch endlich eine Basis schaffen werden,
von welcher aus es möglich sei, Pläne über die zukünftige Gestaltung der
Marine zu entwerfen und auf deren Durchführung Bedacht zu nehmen. Die¬
ses sei wichtig, da die Marineverwaltung bei dem langen Zeiträume, den die
neue Herstellung und Instandsetzung eines Kriegsschiffes erfordere, das
Eigentümliche habe, daß die stets über Jahre hinausgreifen müsse. Das heu¬
tige Budget bewege sich noch in denselben Grenzen wie vor zehn Jahren;
damals, wo man überdies nur die viel billigeren Holzschiffe kannte, möge
das Budget für die kurrenten Nachschaffungen genügt haben; es könne aber
heute nicht mehr maßgebend sein, wo es sich um Herstellung eines neuen
Flottenstandes von unvergleichlich kostbarerer Qualität handle. Allerdings
sei ihm die Abneigung der Vertretungen gegen die Extraordinarien bekannt,
in diesem Falle aber könne dasselbe nicht umgangen werden; im Ordi-
narium habe er sich die größte Sparsamkeit angelegen sein lassen, so daß er
für das Jahr 1870 ungeachtet der Gagenerhöhungen ein Mindererfordemis
von reell 13 586 fl. auszuweisen imstande sei.

3 GMR. v. 29. 10. 1868, RMRZ. 22.
<pb/>Nr. 52 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 5. 6. 1869  293

   Seine Majestät der Kaiser hatten hierauf die Gnade,
die musterhafte Gebarung in der Verwaltung der Kriegsmarine anzuerken¬
nen, welche ohne Budgetsüberschreitung viele neue Herstellungen, wie z.
B. die Einrichtung eines Artillerieschulschiffes, regelmäßiger Schie߬
übungen und dergleichen, ermöglicht habe, und welche es wohl verdiene,
den Delegationen vorgehalten zu werden.

   Über Anfrage des Reichsfinanzministers gab sofort Vizeadmiral
v. Tegetthoff den Betrag der in das Ordinarium eingestellten
Schiffs- und Maschinen-Instanderhaltungskosten mit 3 702 153 fl. an, als
deren wesentlichste Subrubriken er unter andern: Herstellungen am Linien¬
schiff Kaiser mit 182 000 fl., Kostenanschaffungen mit 378 000 fl.,
Ölanschaffung mit 195 000 fl., Maschinenanschaffungen 866 400 fl. mit
dem Bemerken namhaft machte, daß sich als Neubauten neben der Repara¬
tur am Schiffskörper des Schwarzenberg die Herstellung eines neuen

Avisodampfers (solche Schiffe mußten im Jahre 1866 vom Lloyd ausge¬
borgt werden) und eines Werkstättenschiffes als nötig herausstelle. Die von
einer Seite vorgeschlagene Einstellung der Kosten für den Neubau der Fre¬
gatte Radetzky in das Extraordinarium verstoße gegen das Prinzip, denn der
Verlust gehöre unter die tausenden Abgänge, wie sie bei jeder Marine Vor¬
kommen können, und überdies bezögen sich die Ansätze des Extraordi-
nariums für Schiffsbauten nur auf die projektierte Panzerflotte.

   Übergehend auf das Extraordinarium gab Vortragender eine umständli¬
che Darlegung der einzelnen Posten und schloß mit der Bemerkung, daß
sich eine aus der Mitte der Delegationen zu entsendende Enquete¬
kommission empfehlen würde, deren Aufgabe es wäre, sich namentlich von
der Notwendigkeit gewisser Arsenalbauten in Pola zu überzeugen und den
Delegationen das Material zur Entscheidung, ob und was sie für die Marine
tun wollen, an die Hand zu geben.

   Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke: Die
eben vernommene fachgemäße Begründung lasse die Zweckmäßigkeit der
beabsichtigten Geldverwendung nicht verkennen, doch schließe dieselbe
die Bedenken gegen die Höhe und Aufbringlichkeit der Gesamtziffer nicht

aus.
   Ministerpräsident Graf Taaffe: Die Delegationen wür¬

den die Gesamtziffer des ins Extraordinarium eingestellten Erfordernisses
gewiß nicht bewilligen; vielmehr würden dieselben aus der Höhe dieser Zif¬
fer schon im vorhinein Anlaß nehmen, an die Verhandlung des Budgets mit
Restringierungsabsichten zu gehen, während es bei niederer Ziffer leichter
gelingen werde, die Delegierten für die einzelnen Posten zu kapazitieren.

   Finanzminister Brestei: Er könne sich nicht auf die spe¬

zielle Diskussion über die Detailansätze des Marinebudgets einlassen; er
habe nur das Ganze vor Augen, und da könne er sich einerseits den üblen
Eindruck, den eine so hohe Ziffer auf die Delegierten zu Folge haben müs¬
se, anderseits die bereits gestern erwähnten finanziellen Bedenken, zu wel-
<pb/>294 Nr. 52 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 5. 6. 1869

chen sich auch noch die Rücksicht auf neue Eisenbahnbauten geselle, nicht
verhehlen. Er sei also dafür, daß über wenig mehr als den diesjährigen Be¬
trag des Marineextraordinariums nicht hinausgegangen werde. Dies schlie¬
ße die spätere Realisierung der Entwürfe der Marineverwaltung nicht aus,
denn die gegenwärtig beinahe 2 Millionen erfordernde Erhaltung der Super-
numerären in der Landarmee lasse eine stete Verminderung und baldiges
Verschwinden der erwähnten Ausgabe erwarten, deren Kostenbetrag, wenn
die heutige Ziffer des gesamten Kriegsbudgets beiläufig auch in der Folge
festgehalten werden wolle, immerhin zur Bestreitung von erhöhten Marine¬
auslagen verwendet werden könne.

   Finanzminister v. Lonyay: Die Lage sei allerdings so, daß
durch die Kosten für die Landwehr beiden Landesteilen eine Mehrauslage
erwachse, die eine gleichzeitige Steigerung der pragmatischen Quotenan¬
forderungen nicht wünschenswert erscheinen lasse. Es frage sich also nur,
ob es nicht Mittel gebe, um den Ansprüchen der Marineverwaltung wenig¬
stens teilweise Rechnung zu tragen, ohne eine solche Steigerung faktisch
eintreten zu lassen. In dieser Beziehung habe er den Ausweg vor Augen,
daß das gemeinsame Zollerträgnis, welches noch vor Repartierung der
Quoten von den gemeinsamen Auslagen in Abzug zu bringen sei, eine wei¬
tere Steigerung der gemeinsamen Revenuen erwarten lasse, und daß es
möglich sei, die Positionen des Extraordinariums so zu stellen, daß die
Gesamtsumme der Quotalanforderung sich relativ nicht höher stelle als
heuer. Bei dem von der Marineverwaltung nachgewiesenen Bedürfnisse sei
es schwer zu umgehen, etwas in der Sache zu tun. Man möge es also ohne
weiters darauf ankommen lassen, daß die Delegationen einige Abstriche
vornehmen; er glaube, daß zum mindesten die ungarische Delegation zirka
1 100 000 fl. mit Rücksicht auf die gesteigerten Zolleinnahmen immerhin
bewilligen werde. Übrigens sei er für seine Person selbst der vom Vizead¬
miral Tegetthoff angedeuteten Enquetekommission nicht entgegen und
sträube sich, wie gesagt, nur gegen die Steigerung der Quote.

   Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke kon¬
statierte die Hebung des Zollerträgnisses, welches bei der fortdauernden
Prosperität der Monarchie den Betrag von 10 bis 12 Millionen erwarten las¬
se, wogegen Finanzminister Brestei sich gegen die Aus¬
führung des ungarischen Finanzministers mit dem Hinweis auf die noch
nicht berechenbaren Exportrückvergütungen und mit dem Bemerken wen¬
dete, daß er die Steigerung des Zollerträgnisses und die daran eventuell ge¬
knüpfte Quotenherabminderung bereits bei seinem eigenen Budget mit in
Kombination gezogen habe.

   Seine Majestät der Kaiser geruhte hierauf auszuspre¬
chen, wie sehr die Forderungen der Marineverwaltung sachlich berechtigt
und darauf berechnet seien, für den Fall des Eintretens der Marine in die
Aktion die Verantwortlichkeit und den Vorwurf von sich fern zu halten, daß
man es während der Friedenszeit versäumt habe, sich für alle Eventualitäten
<pb/>Nr. 52 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 5. 6. 1869  295

zu rüsten, einen Vorwurf, der, wie er wohl wisse, bei früheren Kriegskala¬
mitäten nicht nur gegen die Regierung, sondern auch gegen den Souverain
erhoben worden sei.

   Streiche nun schon die Regierung die fraglichen Budgetansätze, was ei¬
ner Anerkennung der Entbehrlichkeit gleichkomme, so nehme sie damit
eine Verantwortung auf sich, die füglich besser den Delegationen überlas¬
sen werden könnte, während man im entgegengesetzten Falle zum minde¬
sten das Zeugnis für sich habe, das Beste angestrebt zu haben. Man müsse
ohnehin darauf gefaßt sein, daß die Delegationen, um sich das Verdienst an
der Herabminderung des Budgets nicht entgehen zu lassen, Abstriche vor¬
nehmen werden, und da empfehle es sich, bei den Budgetansätzen auch dar¬
auf Bedacht zu nehmen, daß man gewisse Ausgabsposten preisgeben kön¬
ne. Allerhöchstderselbe sei daher der vom Finanzminister v. Lonyay ange¬
regten Taktik, es auf Streichungen in den Delegationen ankommen zu las¬
sen, nicht abgeneigt, zumal Vizeadmiral v. Tegetthoff so viele Argumente
für sich geltend zu machen in der Lage sei, daß bei der für die Marine nicht
ungünstigen Stimmung in den Delegationen von diesen eine höhere als die
von Dr. Brestei konzedierte Bewilligung erwartet werden könne. Jedenfalls
würden die Delegationen in die Notwendigkeit versetzt, sich mit dem Pro¬
jekte eingehend zu beschäftigen, und schließlich werde es auch hier wie
seinerzeit mit dem Budget der Landarmee gehen, wo der Kriegsminister
nach langwierigen Debatten in den Vertretungskörpem doch endlich auf ei¬
nen Standpunkt gelangte, von welchem aus sich organisieren läßt.

   Ministerpräsident Graf v. Taaffe äußerte sofort
das Bedenken, daß die Bewilligungen der Delegationen im Marinebudget
auf Kosten der Ansätze des Kriegsministers erfolgen dürften, nachdem die¬
selben über die beiläufige Ziffer der diesjährigen gesamten Kriegsauslagen
wohl kaum hinausgehen würden, worauf Vizeadmiral v. Te¬
getthoff nochmals das Wort ergriff, um auf die hohe Bedeutung der
Marine zunächst auch für unsere Handelsinteressen und auf die großen Ko¬
sten der Ausrüstung von Panzerschiffen, ferner auf die Schwierigkeit seiner
eigenen Stellung gegenüber seinem Korps, wenn die auf seinen Befehl mit
so viel Umständlichkeit ausgearbeiteten Projekte einfach beiseite gescho¬
ben werden, hinzudeuten und die veränderte Belassung seines
Extraordinariums wiederholt zu befürworten, indem er zugleich bemerkte,
daß das Marinebudget, wenn man schon reduzieren wolle, vielleicht bei
aufschiebbaren Bauten von minderem Belange kleine Abstriche vertrage,
durch willkürliche Abstriche von arbiträren Summen aber in seiner auf ein
bestimmtes Ziel berechneten ganzen Anlage über den Haufen geworfen

werde.
   Nachdem noch Finanzminister Brestei die Erklärung

abgegeben, daß er eine so namhafte Erhöhung der Dotation für die Marine¬
verwaltung gegenüber den Delegierten, die daran unzweifelhaft aus eigener
Initiative Abstriche vornehmen würden, unmöglich vertreten könne, und
<pb/> 296 Nr. 53 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 1. 7. 1869

daß er als Äußerstes ein passives Verhalten zugestehen könne, und nachdem
Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke noch her¬
vorgehoben, daß es sich heute durchaus nicht um die Statuierung irgend¬
welchen Prinzips, sondern bloß um die Opportunitätsfrage handle, ob es
empfehlenswerter sei, das Extraordinarium der Marine schon im Schoße
der Regierung auf einen gewissen Minimalbetrag zu reduzieren, für die
Durchbringung desselben in den Vertretungskörpem aber mit Entschieden¬
heit einzustehen, oder ob man es darauf ankommen lassen solle, ob und bis
zu welchem Betrage die Delegationen diese Abstriche vornehmen wollen,
geruhte Seine Majestät der Kaiser den Beschluß dahin
zu fassen, daß man es bei der verfassungsmäßigen Budgetbehandlung mit
der ungeschmälerten Einbringung der Anträge der Marineverwaltung ver¬
suchen solle. Womit die Sitzung geschlossen wurde.

                                                                                          Beust

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen.
Wien, 10 Juni 1869. Franz Joseph.

            Nr. 53 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 1. Juli 1869

     RS. (und RK.)
     Gegenwärtige: der Reichskanzler Graf Beust, der Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke
(o. D.), der Reichskriegsminister [FML.] Freiherr v. Kuhn (o. D.), der kgl. ung. Ministerpräsi¬
dent Graf Andrässy, der kgl. ung. Minister am Ah. Hoflager Graf Festetics.
     Protokollführer: Sektionschef Freiherr v. Konradsheim.
     Gegenstand: Waldverkauf in der Militärgrenze.

   KZ. 1937-RMRZ. 53
   Protokoll des zu Wien am 1. Juli 1869 abgehaltenen Ministerrates für
gemeinsame Angelegenheiten unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kai¬
sers.

   Seine Majestät der Kaiser geruhte die Sitzung mit der
Hindeutung auf die Wahrscheinlichkeit zu eröffnen, daß der bereits in dem
ungarischen und kroatischen Landtage zum Gegenstände von Verhandlun¬
gen gemachte Waldverkauf in der Militärgrenze auch in den nächstens
zusammentretenden Delegationen zur Sprache kommen werde, in welchem
Falle es notwendig sei, daß die Vertreter der Regierung vor allem unter sich
selbst über den modus procedendi einig werden, um sofort auch gegenüber
den benannten Vertretungskörpem einheitlich vergehen zu können.1

1 Die mit dem Waldverkauf befaßten früheren Ministerräte: GMR. v. 30. 6. 1868,
        RMRZ. 18; GMR. v. 11. 7. 1868, RMRZ. 19; GMR. v. 9. 2. 1869, RMRZ. 34; GMR. v.
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