MRP-2-0-01-1-18690526-P-0047.xml

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Gemeinsamer Ministerrat, 26. 5. 1869

I. Verfügung über die in den Händen der Militärverwaltung befindlichen Immobilien

Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_I1/pdf/oe_hu_mrp_I1_z47.pdf.

II. Gagenerhöhung für die Offiziere der Armee

Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_I1/pdf/oe_hu_mrp_I1_z47.pdf#page=3.

Nr. 47 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 26. 5. 1869 - Protokoll I  267

   § 4 Diejenigen Liegenschaften, welche seit 1. Jänner 1868 auf Grund
von Delegationsbeschlüssen aus den Matrikularbeiträgen beider Teile zur
gemeinschaftlichen Verteidigung oder sonstigen militärischen Zwecken in
dem einen oder dem anderen Territorium erworben worden sind, bleiben im
Besitze der gemeinsamen Militärverwaltung, solange dieselbe für Militär¬
zwecke verwendet werden, sind aber als Simultaneigentum beider Teile zu
betrachten, und wird im Falle ihrer Entbehrlichkeit (§2) der zur Zeit des

Aufhörens der Militärbenützung verbleibende Eigentumswert nach den
pragmatischen Quotenverhältnissen zwischen beiden Teilen unter Wahrung
des Territorialgrundsatzes über das Eigentum geteilt.

         Nr. 47 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 26. Mai 1869 -
                                        Protokoll I

    RS. (und RK.)
    Gegenwärtige: der Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke, der Reichskriegsminister
[FML.] Freiherr v. Kuhn, der kgl. ung. Ministerpräsident Graf Andrassy, der k. k. Ministerprä¬
sident Graf Taaffe, der kgl. ung. Finanzminister v. Lönyay, der kgl. ung. Minister am Ah.
Hoflager Graf Festetics, k. k. Finanzminister Brestei.
    Protokollführer: Sektionsrat Freiherr v. Konradsheim.
    Gegenstand: I. Verfügung über die in den Händen der Militärverwaltung befindlichen Im¬
mobilien. II. Gagenerhöhung für die Offiziere der Armee.

   KZ. fehlt - RMRZ. 47
   Protokoll des zu Wien am 26. Mai 1869 abgehaltenen Ministerrates für
gemeinsame Angelegenheiten unter dem Vorsitze des Reichskanzlers Gra¬
fen Beust.

   I. Reichskanzler Graf v. Beust leitete die Beratung
mit der Verlesung der neu entworfenen Punktationen einer Vereinbarung
über die Behandlung des Immobilienbesitzes der gemeinsamen Militär¬
verwaltung, wie solche nach dem Ergebnisse der gestrigen Sitzung in dem
diesfalligen Protokolle formuliert erschienen, ein.1 Nach Verlesung des
Protokolles erhob Reichskriegsminister Freiherr v.
Kuhn gegen den Schlußpassus desselben, worin das prinzipielle Einver¬
ständnis der Konferenzmitglieder über die Annahme der Punktationen als
hergestellt bezeichnet wurde, mit dem Bemerken Einsprache, daß er seiner¬
seits die Zustimmung nicht unbedingt, sondern nur mit dem Vorbehalte er¬
teilt habe, daß die fragliche Vereinbarung auf den Exerzierplatz auf dem

1 Siehe GMR. v. 25. 5. 1869, RMRZ. 46.
<pb/>268 Nr. 47 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 26. 5. 1869 - Protokoll I

Josefstädter Glacis und die an den Verkauf geknüpften bekannten Projekte
der Kriegsverwaltung keine Ausdehnung habe;2 denn er sei in letzterer An¬
gelegenheit sachlich und persönlich zu sehr engagiert, um in dieser Bezie¬
hung freiwillig irgendwelche Konzessionen machen zu können. Werde die¬
se Bedingung nicht angenommen, so müsse er auf der von ihm proponierten
Fassung beharren.

   Die Konferenz nahm diese Erklärung zur Kenntnis, worauf sich eine
neue Diskussion über die Wahl der gestern strittig gebliebenen Ausdrücke
,,gleichbewertetes oder gleich brauchbares&quot; Objekt entspann. Nachdem
Finanzminister Brestei den Ausdruck ,,gleich verwendbar&quot;
in Vorschlag gebracht, während Ministerpräsident Graf
Andrässy unter logischer Auseinandersetzung der möglicherweise
nachteiligen Konsequenzen, welche - wenn man die Sache auf die Spitze
treibt - einerseits aus dem Ausdruck ,,gleich brauchbar&quot; für die Kriegs¬
verwaltung, anderseits aus dem Ausdruck ,,gleichbewertet&quot; für die Zivil¬
verwaltung herausgedeutet werden könnten, den Vermittelungsantrag stell¬
te, daß gesagt werden solle ,,ein Objekt, welches der Kriegsverwaltung die
gleichen Vorteile bietet&quot;, nachdem ferner Reichskanzler Graf
B e u s t darauf hingewiesen, wie das Hauptmoment der Punktationen in
der Bestimmung liege, daß dergleichen Immobilien Überlassungen im
Wege der Vereinbarung zwischen dem Kriegs- und Finanzminister zu erfol¬
gen haben, wo ja jeder Teil in der Lage sein werde, seinen Nutzen nach
Maßgabe des Falles zu wahren, wurde über Antrag des R e i c h s f i -
nanzminist ers Freiherrn v. Becke der Ausdruck ,,ein
entsprechendes Äquivalent&quot; in Verbindung mit einer dadurch bedingten
stilistischen Abänderung angenommen und ebenso am Schlüsse der zweiten
Alinea zu § 3 ein die verfassungsmäßige Ingerenz der Vertretungskörper
betonender Zusatz beschlossen, so daß § 3 Alinea 1 und 2 in der neuen
Fassung folgendermaßen zu lauten hätte:

   ,,Handelt es sich aber um eine zu militärischen Zwecken benützte und
auch weiterhin benützbare Entität, bei welcher die Auflassung der militäri¬
schen Verwendung aus volkswirtschaftlichen oder Opportunitätsgründen
gewünscht wird, so kann eine Überlassung derselben in den Zivilbesitz im
Wege der Vereinbarung zwischen dem Kriegsminister und dem betreffen¬
den Finanzminister dadurch erfolgen, daß letzterer der Militärverwaltung
ein entsprechendes Äquivalent zur Verfügung stellt. Würde dieses Äqui¬
valent ganz oder teilweise in Barem stipuliert werden, so könnte dies nur
unter der Bedingung geschehen, daß der Kriegsminister verpflichtet werde,
den mitfallenden Betrag zur Erwerbung anderer, in selbem Territorium ge-

2 Der Verkauf des Josefstädter Paradeplatzes war der Anlaß, bei dem die Angelegenheit
       der in den Händen der Militärverwaltung befindlichen Immobilien aufgeworfen wurde.
       Siehe den ersten die Frage behandelnden Ministerrat: GMR. v. 30. 4. 1869, RMRZ: 42.
<pb/>Nr. 47 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 26. 5. 1869 - Protokoll I  269

legener, militärischen Zwecken dienlicher Realitäten zu verwenden. Jede
derlei Verwendung hat im verfassungsmäßigen Wege zu erfolgen.&quot;

   Schließlich machte noch Finanzminister Brestei die
Andeutung, daß er seine Zustimmung selbstverständlich nur sub sperati von
seiten des cisleithanischen Ministerrates geben konnte, wogegen
Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn seinen Stand¬
punkt nochmals hervorhob und sich dessen Vertretung vor Seiner Majestät
dem Kaiser vorbehielt.

II. Sofort nahm der kgl. ung. Finanzminister v. Lönyay

Anlaß, auf die in der Konferenz von 24. Mai gelegentlich der Budget¬

besprechung erwähnte Gagenerhöhung für die Offiziere mit der Andeutung

zurückzukommen,3 daß es sich im Hinblick auf das im Vergleich zum

heurigen um nahezu 5 Millionen höher gestellte Erfordernis der Kriegs¬

verwaltung für das Jahr 1870, ferner mit Rücksicht auf die Inanspruchnah¬

me der beiderseitigen Landesfinanzen durch die Kosten für die Einrichtung

der Landwehr empfehlen dürfte, die projektierte Maßregel nur allmählich

in der Weise durchzuführen, daß vorläufig nur die Gagen für die

Subalternoffiziere erhöht, die Erhöhung für die Offiziere vom Major auf¬

wärts aber erst später vorgenommen werde. Gegen diese auch vom Mini¬

sterpräsidenten Graf Andrässy und dem Finanzminister Brestei, welche je¬

doch beide sich sachlich mit der Gagenerhöhung einverstanden erklärten,

geteilte Bemerkung berief sich Reichskriegsminister Frei¬

herr v. Kuhn auf die der beabsichtigten Maßregel günstige Stim¬

mung in der Bevölkerung und in den Delegationen, welch letztere die Ga¬

generhöhung wahrscheinlich bewilligen würden. Wolle die Delegation die

Stabsoffiziere davon ausnehmen, so möge sie es immerhin tun; sie nehme

dann das Odium einer solchen Streichung auf; er als Kriegsminister könne

aber, um die Stabsoffiziere gegen sich nicht aufzubringen, einen solchen

Unterschied nicht machen, da z. B. ein Major durch die Notwendigkeit der

Pferdeanschaffung relativ ebenso ungünstig gestellt sei wie die Subaltem-

offlziere.

Übrigens wiederhole er, daß sich an dem Extraordinarium pro 1870 eini¬

ges reduzieren lassen werde, und müsse er gleich die vom ungarischen

Finanzministerium gewünschte Errichtung einer Finanzgrenzwache in der

Militärgrenze als einen Posten bezeichnen, durch dessen Streichung sich

ein Mindererfordemis von weit über einer halben Million erzielen lassen

werde. Womit die Sitzung geschlossen wurde.                      Beust

[Ah. E. fehlt.]

3 GMR. v. 24. 5. 1869, RMRZ. 45.
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