Gemeinsamer Ministerrat, 21. 10. 1868
I. Budget für das Jahr 1869
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_I1/pdf/oe_hu_mrp_I1_z21.pdf.
II. Behandlung der gemeinsamen Pensionen
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_I1/pdf/oe_hu_mrp_I1_z21.pdf#page=2.
III. Einberufungen der Delegationen
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_I1/pdf/oe_hu_mrp_I1_z21.pdf#page=7.
IV. Armeedefizit pro 1868
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_I1/pdf/oe_hu_mrp_I1_z21.pdf#page=9.
V. Hinsichtlich des Vermögens der Militärgestüte in Ungarn
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_I1/pdf/oe_hu_mrp_I1_z21.pdf#page=9.
106 Nr. 21 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 21. 10. 1868 Nr. 21 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 21. Oktober 1868 RS. (und RK.) Gegenwärtige: der Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke (26. 10.), der Reichskriegs¬ minister FML. Freiherr v. Kuhn (26. 10.), Ministerpräsidentenstellvertreter Graf Taaffe, Sek¬ tionschef v. Hofmann, Sektionschef v. Weninger. Protokollführer: Sektionschef v. Lackenbacher. Gegenstand: I. Budget für das Jahr 1869. II. Behandlung der gemeinsamen Pensionen. III. Einberufung der Delegationen. IV. Armeedefizit pro 1868. V. Hinsichtlich des Vermögens der Militärgestüte in Ungarn. KZ. 3760 - RMRZ. 21 Protokoll des zu Wien am 21. Oktober 1868 abgehaltenen Ministerrates für gemeinsame Angelegenheiten unter dem Vorsitze des Reichskanzlers Freiherrn v. Beust. [L] Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke bringt die Vorlage des Staatsvoranschlages für gemeinsame Angelegenhei¬ ten pro 1869 zur Erörterung, wobei es sich um die vorläufige Beantwortung mehrerer formeller Fragen handle. Als 1. Frage stelle sich dar, ob jedes der verantwortlichen Ministerien seine Anforderungen selbständig bei den Delegationen einzubringen und zu begründen habe, oder ob dies mit einer gemeinsamen Vorlage des Gesamt¬ ministeriums unter Unterschrift der drei gemeinsamen Minister geschehen soll. Er spreche sich für diese letztere Form aus, da sie auch im vorigen Jahre eingehalten und von den Delegationen nicht beanstandet wurde, mit¬ hin schon ein Präzedenz für sich habe, eine Abänderung in der Form der Vorlage aber die irrige Auffassung eines Mangels an Einverständnis der Minister hervorrufen könnte.1 Er werde daher einen entsprechenden Auf¬ satz als Einbegleitung zum gemeinsamen Budget mit einer allgemeinen Begründung desselben ausarbeiten lassen und der Approbation und Unter¬ schrift der Minister vorlegen. Dies hindere nicht, daß über einzelne Materi¬ en, die eine eingehendere Erläuterung bedürfen, von dem betreffenden Mi¬ nisterium besondere Denkschriften ausgearbeitet werden, auf die sich in der allgemeinen Einleitung ausdrücklich bezogen würde. Dieser Antrag wurde allseitig genehmigt und über einige Bemerkungen des Reichskriegs¬ ministers über den zweckmäßigsten Vorgang bei Begründung des Militär¬ budgets beschlossen, mit den Erläuterungen zum Armeeaufwande nicht a priori den Delegationen entgegenzukommen, sondern abzuwarten, über welche Gegenstände nähere Aufklärungen verlangt werden. Die gemeinsamen Minister legen den Delegationen am 20. Januar 1868 zusammen das gemeinsame Budget vor. Siehe A közös Ogyek tArgyalAsAra a magyar orszaggyüles ältal kiküldött s Öfels6ge ältal 1868 januär 19-re Becsbe összehIvott bizottsAg iromAnyai 9-14. <pb/>Nr. 21 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 21. 10. 1868 107 Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke gibt über den Inhalt des Budgets weiters bekannt, daß die Anforderungen des Ministeriums des Äußern eine Ersparung von 83 000 fl. gegen die Bewilligung des Vorjahres nachweisen. Da somit die Abstriche ohnedies bis auf die äußerste Grenze gebracht wür¬ den, so unterliege die Einstellung dieser Anforderung in das Budget wohl keinem Anstande. Das Budget des Reichsfinanzministeriums weise eine Mehrforderung von 6000 fl. gegen das Vorjahr nach, was zum überwiegen¬ den Teile auf die zu gering bemessenden Druckkosten für die Vorlagen an die Delegationen falle, worüber man den Delegationen den Nachweis lie¬ fern wird. Beim obersten Rechnungshof erscheine nun eine Mehrforderung für die persönlichen Bezüge des Freiherm von Hock um 2000 fl. für den Fall der Bestellung eines wirklichen Präsidenten statt eines provisorischen Leiters, worüber sich die Delegationen zu entscheiden haben werden. Alle diese Punkte seien finanziell nicht erheblich. Von eingreifender Bedeutung sei nur die Höhe des Armeebudgets, welches abgesondert zur Sprache kom¬ men werde. Diese Mitteilungen werden ohne Erinnerung zur Kenntnis ge¬ nommen. [II.] Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke bringt nun die 2. zu lösende Vorfrage, nämlich die Behandlung der gemeinsamen Pensionen zur Spra¬ che. Im vergangenen Jahre sei man von der Absicht ausgegangen, alle Pen¬ sionen, welche nach den früheren faktischen Zuständen im gemeinsamen Dienste erworben würden, in eine mit Ende 1867 abschließende Pensions¬ liste zusammenzufassen und als eine aus der Vergangenheit übernommene gemeinsame Last auf die gemeinsamen Finanzen zu übernehmen. Dagegen wären alle vom 1. Jänner 1868 neu zuwachsenden Pensionen der neu gebil¬ deten "gemeinsamen" Ministerien auf den Etat dieser Ministerien selbst zu übernehmen. Die ungarische Delegation habe aber die Kompetenz zur Be¬ willigung der Bedeckung der gemeinsamen Pensionsliste pro praeterito ab¬ gelehnt und dieselbe auf den Weg der Vereinbarung der beiderseitigen Mi¬ nisterien und Legislativen verwiesen.2 Infolge eines neuerlichen Überein¬ kommens zwischen den Finanzministem Brestei und Lönyay habe man sich nur dahin verständigt, aus obiger abgeschlossener Pensionsliste alle ** Einfiigung Beckes. 2 Über die gemeinsamen Pensionen verhandelt die Delegation in der XI. Sitzung am 4. 3. 1868. A közös ügyek tArgyalAsAra a magyar orszäggyüles ältal kiküldött s Öfelsdge ältal 1868 januär 19-re B6csbe összehIvott bizottsAg naplöja 37-38. Beach¬ tenswert aber ist, daß die ungarische Regierung in der Sitzung am 16. Januar 1868 be¬ schloß, in das gemeinsame Budget ist nur die Pension derer einzustellen, die in solchen Bereichen arbeiteten, die auch GA. XII/1867 nachträglich als gemeinsam anerkannt hat; daher die Pensionen der Hofbeamten, des weiteren im Dienst der Äußeren und der Militärangelegenheiten gestandenen Personen zu den Gegenständen des gemeinsamen Budgets gehören. OL., Sektion K-27, Nr. 2/1868. <pb/>108 Nr. 21 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 21. 10. 1868 diejenigen Ruhegenüsse auszuscheiden, die auch nach den gegenwärtig gültigen Staatsgrundsätzen unbezweifelt als gemeinsame anzusehen sind, d. h. die Pensionen des auswärtigen Amtes und die Militärruhegenüsse, na¬ mentlich die Pensionen der ehemaligen Hofkriegs- und der Militärzentral¬ buchhaltung. Diese Pensionen seien beim Etat des betreffenden gemeinsa¬ men Ministeriums einzustellen, da sie bei den Delegationen auf keinen An¬ stand stoßen können.3 Das Übereinkommen sei nur über den Rest der stritti¬ gen Pensionen zu schließen. In diesem Sinne habe das Reichsfinanz¬ ministerium sich an das Ministerium des Äußern gewendet, das aber Ein¬ wendung gegen diese neue Belastung seines Etats erhebe. Reichskanzler Freiherr v. Beust macht auf den mehr formellen Charakter der Differenz aufmerksam. Er sei keineswegs dagegen, daß diese Pensionen in das gemeinsame Budget eingestellt werden, sondern wünsche nur, daß sie nicht als eine spezielle neue Auslage seines Ressorts Der ungarische Finanzminister berichtet in der Regierungssitzung am 6. Oktober dar¬ über, daß er mit dem österreichischen Finanzminister Brestei über die Angelegenheit der gemeinsamen Pensionen verhandelt habe, der zu diesem Zweck am 5. Oktober in Buda eintraf. Die Delegationen hatten nämlich den Standpunkt eingenommen, daß in dieser Hinsicht die beiden Minister zum Einvernehmen kommen müßten. OL., Sektion K-27, Nr. 41/1868. Die beiden Finanzminister machten folgenden Vorschlag: a) Nachdem die Kosten der Kabinettskanzlei zur Hälfte Ungarn und zur Hälfte die übrigen Länder Sei¬ ner Majestät trügen, solle auch die Deckung der Pensionen desselben ebenso gesche¬ hen. b) Die Ruhegenüsse des Personals des Außenministeriums sollen einen Teil des von den Delegationen zu beschließenden Budgets bilden, c) Hinsichtlich der Pensionen des Ministerrates und des Staatsrates sei der Geburtsort der betreffenden Pensionierten ent¬ scheidend. d) Hinsichtlich der Pensionen des k. k. Innen- und Justizministeriums sowie des k. k. Obersten Gerichtshofes zwischen 1850 und 1860, bis diese Behörden ihre Tä¬ tigkeit auf das ganze Reich 'ausdehnten, des weiteren hinsichtlich der Pensionen des Personals der drei Hofkanzleien soll ähnlicherweise der Geburtsort richtungweisend sein, e) Da die Pensionen der Finanz- und Handelsministerien sowie des obersten Rechnungshofes als aus der Vergangenheit übriggebliebene Lasten zu betrachten seien, muß diese Ungarn nach dem hinsichtlich der Staatsschuldfestgelegten Verhältnis über¬ nehmen. f) Die Pensionen nach dem März 1867 belasten den Teil des Reiches, der die Pensionierung veranlaßte. Der Ministerrat akzeptiert die von den beiden Finanzministern festgelegten Grund¬ prinzipien und beauftragt den Finanzminister, seinen Vorschlag dem Parlament zu unterbreiten. Doch es tritt ein, daß der Finanzausschuß des Abgeordnetenhauses die aus der Zeit des früheren Systems stammenden Pensionen aufgrund GA. XII/1867 zu den das Reich gemeinsam betreffenden Lasten zu rechnen wünscht, die gemäß dem bestimm¬ ten prozentuellen Anteil der beiden Staatsgebiete zu tragen sind. Demgemäß fällt Un¬ garn eine um 80 000 Gulden höhere Last zu, als würden die Pensionen der Staatsbürger¬ schaft gemäß festgestellt, wie es in dem ministeriellen Vorschlag steht. Dennoch be¬ steht das Abgeordnetenhaus aus prinzipiellen Gründen darauf, und der Ministerrat nimmt den Standpunkt des Parlaments am 12. November 1868 zur Kenntnis. OL., Sek¬ tion K-27, Nr. 50/1868. Vgl. GA. XLVII/1868. <pb/>Nr. 21 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 21. 10. 1868 109 in denselben gruppiert würden. Er habe mit so großer Anstrengung eine Ersparung von 83 000 bewirkt, die aber unter der Wucht dieser neuen Last gänzlich verschwinden und den guten Eindruck seiner Vorlage vorweg verwischen würde. Die Pensionsliste könne allerdings nach Ministerien verfaßt werden. Der Ort der Einstellung sei aber mehr Sache der Manipu¬ lation. Beschließe die Delegation, diese Pensionen beim Etat des Äußern zu resolvieren, so habe er nichts dagegen zu erinnern. Dann sei allerdings der Glanzpunkt seines Budgets, nämlich die erzielte Ersparung, außer Über¬ sicht gebracht; sei es aber doch ein Unterschied, ob dies bei der Bewilli¬ gung oder schon in der Vorlage geschehe. Sektionschef v. Hofmann bemerkt, daß nach dem von den Delegationen ausgesprochenen Wunsche kein neuer Posten ohne vor¬ ausgegangener Bewilligung der Delegationen in das Budget des Ministeri¬ ums des Äußern eingestellt werden soll. Nach diesem Prinzip sei man bei den Pensionen dann bei einer Forderung von 10 000 fl., die das diesseitige Handelsministerium für den Telegrafendienst in Anspruch nimmt, vorge¬ gangen, und habe hierüber eine besondere Denkschrift für die Delegationen vorbereitet, worin die Einstellung in das Budget vom Delegationsbe- schlusse abhängig gemacht wird, das Äquivalent für die im Budget ab¬ gesetzten Wartegelder sei in den für Pensionen in Anspruch genommenen 90 000 fl. schon erhalten. Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn be¬ merkt, daß die Einstellung der dermalen bei Kriegskassen zahlbaren eigent¬ lichen Militärpensionen in die gemeinsame Pensionsliste eine weit¬ greifende Neuerung wäre, und daß in diese Liste nur die bei Kameralkassen flüssigen, das Militärbudget belastenden Pensionen aufzunehmen seien. Beschluß: Die Einstellung der nach Ministerien getrennt abgefaßten ge¬ meinsamen Pensionsliste habe beim Voranschläge des Reichsfinanz¬ ministers zu geschehen. In diese Liste seien nur die bei Kameralkassen flüs¬ sigen Militärpensionen aufzunehmen. Die Motivierung sei in die gemeinsa¬ me Vorlage aufzunehmen. Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke bringt nunmehr das Kriegsbudget zur Sprache. Da über diese Angelegenheit im ganzen und großen zwischen den gemeinsamen Ministem keine Meinungs¬ verschiedenheit herrsche, so handle es sich wesentlich darum, nach Vor¬ schrift des Gesetzes hierüber mit den beiderseitigen Ministerien so schleunig als möglich in Verhandlung zu treten, damit die Vorlage zeitge¬ mäß bereit und gedruckt sein könne. Sektionschef v. We¬ tt i n g e r zitiert den Wortlaut der diesfalls bestehenden verfassungs¬ mäßigen Bestimmungen.4 Reichskanzler Freiherr v. Beust übernimmt es, ein neues Urgens an den ungarischen Ministerpräsidenten zu richten. Es handelt sich um GA. XII/1967 § 40. Vgl. GMRProt. v. 13. 1. 1868, RMRZ. 4. Anm. 6. <pb/>110 Nr. 21 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 21. 10. 1868 Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn be¬ merkt, daß es sich auch bei den Verhandlungen mit den beiden Landes- finanzministem nur um die Feststellung der Gesamtziffem handeln könne, da zu einem eingehenden Studium derselben wohl keine Zeit mehr übrig sei, und eine Detailprüfung ohnedies in den Delegationen vor sich gehe. [III.] Reichskanzler Freiherr v. Beust bemerkt über die aufgeworfene Frage, ob die bevorstehende Session als eine neue Session oder nur als eine Fortsetzung der unterbrochenen Sitzungsperiode anzusehen sei, daß er die Versammlung als in 2. Session befindlich ansehen müsse, da sie das Budget pro 1869 votiere, während die letzte Versammlung das Budget pro 1868 zum Gegenstände hatte. Die im Frühjahre zusammen¬ tretende 3. Delegation werde das Budget pro 1870 behandeln. Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn macht auf die Unzukömmlichkeiten aufmerksam, die so schnell aufeinander fol¬ gende Sitzungsperioden für den eigentlichen Dienst des Kriegs¬ ministeriums nach sich ziehe. Insofern dies aber nach den Verfassungs¬ bestimmungen unvermeidlich sei, so könne er nur hoffen, daß nach Fest¬ stellung eines Normalbudgets der Zeitverlust ein geringerer sein werde. Reichskanzler Freiherr v. Beust bringt nunmehr den Zeitpunkt der zu eröffnenden Delegation und die Seiner k. k. apostolischen Majestät diesfalls zu unterbreitenden au. Anträge und Vorla¬ gen zur Sprache. Zu dieser Erörterung erscheint der Ministerpräsidenten¬ stellvertreter Graf Taaffe.5 Sektionschef v. Hofmann: Daß er sämtliche für diesen Zweck erforderlichen Vorarbeiten und auch den au. Vortrag wegen der Ein¬ berufung bereits vorbereitet habe, und daß es sich daher nur um die Bestim¬ mung der Tage handle.6 Reichskanzler Freiherr v. Beust: Es sei vor allem zu überlegen, wann die deutsche Delegation veranlaßt werden soll, sich nach Pest zu übersiedeln. Hier sei im Reichsrate das Wehrgesetz einge¬ bracht, und die Mandate der ungarischen Delegation erlöschen mit 10. De¬ zember. Es sei daher eine solche Einteilung der Zeit nötig, daß keine der beiden Versammlungen sich mit Recht beschweren könne, bei so wichtigen Vorlagen in eine Zwangslage versetzt worden zu sein. Anderseits seien die kurzen verfügbaren Termin ein ausgiebiges Compelle für die Körperschaf¬ ten, woraus man zur Beschleunigung der Verhandlung und zur Abkürzung des Widerstandes Nutzen ziehen könne. Er glaube deshalb, daß die deutsche In den späteren Jahren ist es nicht üblich, daß zur Verhandlung eines bestimmten Tages¬ ordnungspunktes der Vertreter der einen oder anderen Landesregierung eintrifft, wie es hier geschieht. 6 Siehe: au. Vortrag des Reichskanzlers v. 24. 10. 1868 HHStA., Kab.Kanzlei, KZ. 3943/ 1868. <pb/>Nr. 21 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 21. 10. 1868 111 Delegation nicht später als am 5. November von hier abgehen sollte, und daß der 10. November als äußerster Termin festzuhalten sei. Bis dahin kön¬ nen die Ausschußberatungen im hiesigen Abgeordnetenhause vollendet sein. Die deutsche Delegation könnte sich alsdann in Pest konstituieren, ihre Ausschüsse wählen, und die alsdann entbehrlichen Mitglieder könnten zur Debatte über das Wehrgesetz nach Wien zurückkehren. Da vorauszu¬ sehen sei, daß die Budgetausschüsse die besten Kräfte der Delegationen absorbieren werden, und da gerade auf diese Kräfte für die Durchsetzung des Wehrgesetzes am meisten gerechnet werde, so könnten zu den wichti¬ gen Sitzungen sämtliche Delegierte unter Vertagung der Ausschu߬ sitzungen nach Wien kommen. Sektionschef v. Hofmann hebt hervor, wie wichtig es sei, an dem staatsrechtlichen Prinzip der Zusammengehörigkeit der Delegatio¬ nen nicht zu rütteln und daher keinen modus procedendi einreißen zu las¬ sen, wodurch diese Idee untergraben würde.b Bei der Unpopularität dieses Institutes in Ungarn würde Lauheit und übles Beispiel der deutschen Dele¬ gation die Lebensfähigkeit dieser Einrichtung in Frage stellen. Da 60 Dele¬ gierte nach Pest gehen und nur 18 in den Ausschüssen erforderlich sind, so brauchen die Debatten über das Wehrgesetz keine Störung zu erleiden. Er halte den 7. für einen passenden Eröffnungstag, da auf den 8. ein Feiertag falle, welcher für die Arbeit ohnedies nicht zu rechnender Tag zu den for¬ mellen Vorbereitungen zweckmäßig benützt werden könne, besonders wenn ein Empfang bei Seiner k. k. apostolischen Majestät stattfinden sollte. M i nisterpräsidentenste11 vert r e t e r Graf Taaffe legt allen Nachdruck auf die Durchbringung des Wehrgesetzes. Der in Un¬ garn erzielte Erfolg dürfe durch nichts wieder in Frage gestellt werden, denn er sei fest überzeugt, daß weder Graf Andrässy noch irgend ein Mini¬ sterium dasselbe ein zweites Mal im ungarischen Reichstage durchbringen werde. Ein Scheitern des Wehrgesetzes in der diesseitigen Reichshälfte müßte auch das ungarische Ministerium bloßstellen und erschüttern.7 Diese Rücksicht müßte daher vor allem gehen. Gehen die hiesigen Delegierten vor gefaßten Beschlüssen nach Pest, so sind sie dort den Einwirkungen der diesem Gesetze abgeneigten Linken ausgesetzt, es können Verabredungen über wechselseitige Konzessionen für den Fall getroffen werden, daß man die Hand dazu biete, das Gesetz scheitern zu machen, und die Gefahr ist um so ernster, als für den § 13 die Zweidrittel-Majorität erforderlich ist.8 Es sei Randbemerkung Sr. Majestät sehr wahr. Das ungarische Abgeordnetenhaus nimmt am 8. August 1868 das Wehrgesetz an; von den 401 Abgeordneten stimmen 235 fiir den Regierungsvorschlag. Papp, Die königliche ungarische Landwehr (Honved) 1868--1914 643. Siehe auch GMRProt. v. 11. 10. 1868, RMRZ. 20. Anm. 2. Gesetz v. 5. 12. 1868, GA. XL/1868 bzw. RGBl. Nr. 151/1868 § 13. Siehe GMRProt. v. 11. 10. 1868, RMRZ. 20. Anm. 4. <pb/>112 Nr. 21 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 21. 10. 1868 daher von höchster Wichtigkeit, daß vor Abgang der Delegierten das Wehr¬ gesetz wenigstens im Abgeordnetenhause in dritter Lesung angenommen sei. Dann werde es auch in Ungarn als ein fait accompli hingenommen wer¬ den, da vom Herrenhause ein Widerstand nicht vorausgesetzt werde. Setzt man dem Abgeordnetenhause den Termin zu kurz, so werde er nicht einge¬ halten werden. Bis zum 5. oder 7. sei es unmöglich, daß das Gesetz diese Stadien durchmache. Aber bis zum 14. sei es möglich. Er spreche dermalen nur im eigenen Namen, da er die Sache im Ministerrate noch nicht zur Spra¬ che gebracht habe. Aber er zweifle nicht, daß seine Kollegen sich mit ihm in den Anstrengungen vereinigen, und er hoffe, daß es gelingen werde, bis zum 14. das Gesetz unter Übung der äußersten Pression zur dritten Lesung zu bringen. Reichskanzler Freiherr v. Beust äußert zwar die Besorgnis, daß für den Fall, daß es doch nicht gelinge, das Gesetz bis zum 14. durchzubringen, man die Partie auf beiden Seiten verspielen könne.9 Indessen bei der Wichtigkeit der von Graf Taaffe geltend gemachten Grün¬ de schließe er sich seinem Anträge an, und es wurde der Beschluß gefaßt, bei Seiner Majestät in diesem Sinne den au. Antrag zu erstatten, wobei den Delegationen volle drei Wochen zur Budgetvotierung erübrigen, was hin¬ reiche. [IV.] Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke macht auf die Notwendigkeit einer Vorlage wegen Bedeckung des Armee¬ defizits pro 1868 aufmerksam. Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn: Daß eine solche Vorlage vorbereitet werde.10 Als Bedeckung denke er auf die Wälder in der Militärgrenze und auf die Lombardierung des Stellvertreterfonds hinzuweisen, hierüber werde mit dem Reichsfinanzminister ein besonderes Einvernehmen gepflogen wer¬ den. [V] Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke bringt vor, daß er gegenüber der Absicht des ungarischen Ministeriums, welche die Militärgestüte als nunmehr ungarisches Staatseigentum nach dem Prinzip des Status quo ohne irgendwelche Abrechnung über lebendes und totes Inventar in Anspruch nehme, im Einklänge mit dem diesseitigen Ministerium an der Ansicht festhalten wolle, daß das in diesen Anstalten investierte Kapital ein gemeinsames Aktivum bilde, und erbittet, sich bei Der Reichsrat nimmt am 13. November das Wehrgesetz an. Stenographische Protokol¬ le über die Sitzungen des Hauses der Abgeordneten des Reichsrates, IV. Session, 150. Sitzung. io Siehe GMR. v. 11. 7. 1868, RMRZ 19. <pb/>Nr. 22 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 29. 10. 1868 113 den diesfälligen Verhandlungen auf die Zustimmung des Gesamtreichs¬ ministeriums berufen zu dürfen. Reichskanzler Freiherr v. Beust ist der Meinung, daß zur Wahrung der vermittelnden unparteiischen Haltung das Gesamt¬ ministerium in dem gegenwärtigen Stadium noch keine ausgesprochene Stellung nehmen solle. Es wird beschlossen, daß der Reichsfinanzminister die Note des Grafen Potocki im eigenen Namen beantworte, der Gegen¬ stand aber in das Protokoll eingeschaltet werde, damit er zur Ah. Kenntnis komme.11 Beust Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Gödöllö, 27. Oktober 1868. Franz Joseph. Nr. 22 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 29. Oktober 1868 RS. (und RK.) Gegenwärtige: der Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke (1. 11.), der Reichskriegs¬ minister FML. Freiherr v. Kuhn (2. 11.), Vizeadmiral v. Tegetthoff, Generalkriegskommissär Früh. Protokollführer: Hofsekretär Freiherr v. Konradsheim. Gegenstand: Budget des gemeinsamen Kriegsministeriums für das Jahr 1869. KZ. 3765 - RMRZ. 22 Protokoll des zu Wien am 29. Oktober 1868 abgehaltenen Ministerrates für gemeinsame Angelegenheiten unter dem Vorsitze des Reichskanzlers Freiherm v. Beust. Der Reichskriegsminister macht die Mitteilung, daß er sich durch die lebhaften Anfechtungen, welche in dem am 28. Oktober d. J. abgehaltenen cisleithanischen Ministerrate1 gegen die Höhe des 1869er Kriegsbudgets erhoben wurden und welche schließlich in der über Antrag des Finanzministers Brestei als unerläßlich für die Vertretung dieses Bud¬ gets gegenüber den Abgeordneten aufgestellten Bedingung der Budget- Restringierung um 10 Millionen einen bestimmt formulierten Ausdruck er- 11 Alfred Graf Potocki (1822-1889), k. k. Ackerbauminister. Note Potockis an Reichsfinanzminister v. 18. 10. 1868 FA., Pr./1868 (Fase. 18.23) Nr. 6860. Die Akte be¬ treffend die Pferdezuchtanstalten und Militärgestüte ebd. 1 MR. v. 28. 10. 1868, Nr. 136. Über das Vorereignis des Ministerrates, Taaffes Wunsch, daß auch die Reichsminister auf der Konferenz des diesseitigen Ministeriums erschei¬ nen mögen, siehe Taaffe an Beust v. 26. 10. 1867, HHStA., PA. I, Karton 563, 1237/RK. <pb/>