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[Tagesordnungspunkte]

Gemeinsamer Ministerrat, 11. 10. 1868

100 Nr. 20 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 11. 10. 1868

       Nr. 20 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 11. Oktober 1868

    RS. (und RK.)
    Gegenwärtige: der Reichskanzler Freiherr v. Beust, der Reichsfinanzminister Freiherr v.
Becke (15. 10.), der Reichskriegsminister [FML.] Freiherr v. Kuhn (15. 10.), der k. k.
Ministerpräsidentenstellvertreter Graf Taaffe.1
    Protokollführer: Sektionschef v. Lackenbacher.
    Gegenstand: [fehlt.]

   KZ. 3752 - RMRZ. 20
   Protokoll des zu Wien am 11. Oktober 1868 abgehaltenen Ministerrates
für gemeinsame Angelegenheiten unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des
Kaisers.

   Seine Majestät der Kaiser geruhen zu eröffnen, daß
Allerhöchstdemselben ein au. Vortrag des Reichskriegsministers mit dem
Armeebudget pro 1869 vorliege, welches ein Erfordernis der Landarmee
im Ordinario von 80 500 000 fl., eine Bedeckung durch eigene Einnahmen
von 6 550 000 fl., mithin einen Staatszuschuß für das Ordinarium von
73 950 000 fl., dann ein Extraordinarium von 12 462 664 fl. nachweise. Es
handle sich dermalen nicht darum, über die einzelnen Ansätze dieses Voran¬
schlages einen Beschluß zu fassen, da eine Verhandlung hierüber des
Reichskriegsministers vorauszugehen habe. Die Durchsicht dieser Vorlage
lasse im allgemeinen entnehmen, daß sie mit Rücksicht auf die tunlichste
Schonung der Finanzen verfaßt, daß alle Ansätze auf das äußerste reduziert
seien, und daß daher dieser Voranschlag im großen und ganzen festzuhalten
sein werde. Die bevorstehende Vorlage des vom ungarischen Reichstage
bereits angenommenen Wehrgesetzes2 an den Reichsrat mache vor allem
die Klarstellung der Frage notwendig, inwieweit die gegen das Vorjahr um
2 900 000 fl. gesteigerte Mehrforderung durch die Bestimmungen des neu¬
 en Wehrgesetzes hervorgerufen sei.

    Reichskriegsminister bemerkt, daß das neue Wehrgesetz
 keine wesentliche Erhöhung des Armeeaufwandes zur Folge haben werde,

 1 Vom 23. Juli 1868 ist Ministerpräsident Auersperg in Urlaub, und Taaffe als Minister¬
        präsidentenstellvertreter versieht seine Funktion. So nimmt also Taaffe als Chef der
         cisleithanischen Regierung am Ministerrat teil. Taaffe ist im übrigen jenes Mitglied der
         cisleithanischen Regierung, mit dem Beust am harmonischsten zusammenarbeitet.

 2 Das ungarische Abgeordnetenhaus begann am 30. Juli 1868 die Gesetzvorlage über die
         Wehrkräfte, Landwehr und Landsturm und über Rekrutenzahl v. Jahre 1868 zu verhan¬
         deln, am 4. August war die allgemeine Debatte beendet (Könyi, Deäk Ferenc beszedei,
         Bd. 5 421, 455), und am 8. August nimmt das Abgeordnetenhaus das Wehrgesetz an.
         Schulthess, Europäischer Geschichtskalender, Jg. 9 (1868) 260.
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da dadurch der Locostand der Truppen und Pferde nicht erhöht werde. Die
6. Bataillone bleiben bloß auf dem Papiere. Es handle sich bloß um die Ver¬
mehrung einer Anzahl Stabsoffiziere und Chargen, der sehr ausgiebige
Ersparungen in der Administration, in der Justiz und Seelsorge gegenüber¬
stehen. Der Vergleich mit dem Vorjahre falle nur darum so ungünstig aus,
weil man bei Feststellung des Budgets pro 1868 in einer Art Selbst¬
täuschung alle Berechnungen für Monturausrüstungsgegenstände und
Verpflegsartikel auf zu niedere, der Wirklichkeit nicht entsprechende Ein¬
heitspreise basiert habe. Rechne man zu den hiedurch unvermeidlich ge¬
wordenen Überschreitungen einzelner Rubriken der Dotation noch die in
anderen Rubriken bewirkten, im Voranschläge nicht in Aussicht genomme¬
nen Ersparungen hinzu, so werde die Vergleichung mit dem Vorjahre nicht
zum Nachteile der Ansätze pro 1869 ausfallen.

   Seine Majestät der Kaiser: Daß nunmehr zunächst
über den Verhandlungsmodus dieses Voranschlages die Entscheidung zu
treffen sei.

   Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke: Die
Vorlage des Wehrgesetzes werde vor allem den Kostenpunkt auf die Tages¬
ordnung bringen. Es sei vorauszusehen, daß schon der betreffende Aus¬
schuß des Reichsrates hierüber Vorlagen in Anspruch nehmen und in eine
Prüfung derselben eingehen werde wollen. Hiedurch entstehe die Gefahr,
daß der Reichsrat oder doch dessen Ausschuß in Debatten über das Militär¬
budget hineingezogen werde, was verfassungsmäßig außerhalb seines
Wirkungskreises liege. Wenn auch der Reichsrat hierüber keine bindenden
Beschlüsse fassen könne, so kann doch durch diese Verhandlung eine so
bestimmte Ansicht dieses Vertretungskörpers zum Ausdrucke gelangen,
daß das unabhängige Urteil der entsendeten Delegationsglieder dadurch
präjudiziert und die Anordnung der Verfassung, wonach derselben keine
Instruktion erteilt werden darf, illusorisch gemacht würde. Es müsse daher
die Grenze dessen, was man dem Reichsrate über das Militärbudget über¬
haupt mitteilen wolle, genau festgestellt werden.

   Zur Vergleichung des dem bisherigen Organismus und der künftigen
Heerverfassung entsprechenden Aufwandes sind vorzugsweise die unver¬
änderlichen Auslagen, d. i. vor allem die stehenden persönlichen Bezüge,
geeignet, welche daher von den veränderlichen, nach den jeweiligen Prei¬
sen sich bemessenden Auslagen für Montur, Armatur und Verpflegung zu
trennen wären. Für diese Artikel wären Tabellen mit zu Grundelegung
bestimmter Einheitspreise, welche die stabilen Grundpreise zu bilden hät¬
ten, anzufertigen. Bei der Aufstellung des jährlichen Voranschlages wäre
der nach diesen Grundpreisen bereits berechnete Aufwand durch
Perzentualzuschüsse oder Abzüge nach Maß der voraussichtlich wirklichen
Preise richtigzustellen. Durch eine solche Einrichtung der Mitteilungen
könne ein Übergreifen auf die Budgetberatung pro 1869 femgehalten wer¬

den.
<pb/>102 Nr, 20 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 11. 10. 1868

   Seine Majestät der Kaiser geruhen die Wichtigkeit
hervorzuheben, daß die verfassungsmäßigen Grenzen der verschiedenen
Vertretungskörper genau eingehalten und daß jedem Übergriffe in das aus¬
schließend den Delegationen zustehende Recht, das Militärbudget zu
votieren, entgegengetreten werde. Zu einer solchen Überschreitung des
Wirkungskreises sei für den Reichsrat um so weniger ein Anlaß vorhanden,
als auch der ungarische Reichstag das Wehrgesetz votiert habe, ohne die
Bedeckungsfrage in den Bereich seiner Erörterung zu ziehen.

   Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn äußert
sich, daß sich eine Vergleichung der stehenden Gebühren und sonstigen un¬
veränderlichen Auslagen nach der bisherigen und künftigen Formation
ohne Anstand zusammenstellen lasse. Die Gebühren für die neuen Stabs¬
offiziere werden circa 130 000 fl. ausmachen, da die ursprüngliche Idee,
nur Titularchargen zu kreieren, wieder aufgegeben würde, da es zu unbillig
wäre, einem Offiziere, der nur die Hauptmannsgage bezieht, alle Auslagen
eines Stabsoffiziers aufzulegen. Indessen ist es vielleicht möglich, in
andern Punkten noch einige Einschränkungen Platz greifen zu lassen, so
daß die Differenz des Kostenpunktes ganz auf Null herabgebracht werde.
Der aus der beabsichtigten Gagenerhöhung sich ergebende Mehraufwand
ist in dem vorliegenden Voranschläge nicht berücksichtigt, sondern einer
besondem Gesetzesvorlage Vorbehalten. Dieser Aufwand konnte nicht ein¬
gestellt werden, da er noch nicht bewilligt ist und mit der neuen Formation
in keinem Zusammenhänge steht. Diese Mehrauslage ist keine Folge des
Wehrgesetzes und würde im Falle der Bewilligung auch unter Beibehaltung
des bisherigen Organismus eintreten. Die Gagenerhöhung werde wohl eine
große Wohltat sein, die Schlagfertigkeit der Armee sei aber dadurch nicht

bedingt.
    Reichskanzler Freiherr v. Beust: Es sei durchaus

notwendig, für die parlamentarische Behandlung sowohl des Wehrgesetzes
als auch des Armeebudgets pro 1869 einen bestimmten Plan festzustellen
und dabei keine Verrückung der Kompetenz der verschiedenen Vertretungs¬
körper zuzulassen. Es sei dabei zu unterscheiden zwischen den Mitteilun¬
gen, die über den Armeeaufwand dem diesseitigen Ministerium zu machen
seien, und den Vorlagen, die an den Reichsrat und dessen Ausschüsse zu
gelangen hätten. Zur parlamentarischen Behandlung genügen solche ver¬
gleichende Übersichten, welche entnehmen lassen, daß durch das Wehr¬
gesetz an sich eine Erhöhung des Aufwandes nicht bedingt sei. Eine Ver¬
mehrung des Aufwandes, der aus anderen Ursachen wie Preissteigerungen,
 Gagenerhöhungen etc. entspringe, sei aber der ausschließlichen Kompetenz
 der Delegationen Vorbehalten. Den Ministem dagegen könne eine Mittei¬
 lung über das, was pro 1869 im Ordinario und Extraordinario wirklich ge¬
 fordert werde, nicht vorenthalten werden, um ihnen die Überzeugung zu
 verschaffen, daß allfällige Mehransätze in keinem ursächlichen Zusam¬
 menhänge mit dem Wehrgesetze stehen, und um sie in den Stand zu setzen,
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im Reichsrate dafür einzustehen, daß mit dem Wehrgesetze eine Verpflich¬
tung zu höheren Beitragsleistungen nicht übernommen werde. Diese Zusa¬
gen müßten dann aber auch eingehalten werden, um sich nicht dem Vor¬
wurfe auszusetzen, ein Votum unter unrichtigen Angaben erwirkt zu haben.
Das Wehrgesetz und eine derselben entsprechende Stärke und Ausrüstung
der Armee sei nach der allgemeinen politischen Lage eine Notwendigkeit.
Die jetzige gespannte Haltung könne sich unmöglich über das Jahr 1869
hinausziehen. Innerhalb dieses Jahres müsse die Kriegs- oder Friedensfrage
zur Entscheidung kommen. Solange diese Entscheidung nicht getroffen ist,
sei auch eine Abrüstung nicht ausführbar.

   Ministerpräsidentenste11vertreter Graf Taaffe:
Man dürfe sich darüber keiner Täuschung hingeben, daß die erste Frage bei
Vorlage des Wehrgesetzes die Frage nach den hiedurch hervorgerufenen
Kosten sein werde, und dabei werde natürlicherweise das Bestreben er¬
weckt, die mitgeteilten Ansätze zu prüfen und in den Kreis der Erörterung
zu ziehen. Das Wehrgesetz, wenn es zur Durchführung kommt, fasse ein
Normalbudget in sich, und hiedurch kann die Besorgnis entstehen, daß
durch die Votierung des Wehrgesetzes das jährliche Bewilligungsrecht der
Delegationen präjudiziert werde. Über diesen Punkt müsse der Reichsrat
vor allem beruhigt werden. Um den Einfluß des Wehrgesetzes auf den
Armeeaufwand zu überblicken, genüge eine Vergleichung der künftigen
und bisherigen (Kadres und Chargen) und deren Geldgebühren. Da der
Truppenlocostand durch das Wehrgesetz nicht erhöht werde, und da über¬
haupt der Präsenzstand nicht durch das Wehrgesetz bestimmt wird, so hat
dasselbe auch keinen direkten Einfluß auf den Aufwand für Verpflegs-
artikel. Auf diese Punkte seien die Mitteilungen an den Reichsrat zu be¬
schränken. Dagegen sei gegenüber des diesseitigen Ministeriums mit der
größten Offenheit vorzugehen, was sich ohnedies nicht umgehen lasse, da
nach dem Gesetze das gemeinsame Budget im Einvernehmen mit den bei¬
den Finanzministem festgestellt werden muß3 und es sich voraussehen las¬
se, daß der diesseitige Finanzminister seine Haltung bei der Budget¬
verhandlung von einem Beschlüsse des Ministerrates, dem er angehöre, ab¬
hängig machen werde. Um aber sicher zu gehen, daß von diesen Mitteilun¬

gen von den einzelnen Mitgliedern des Ministeriums im Verlaufe der Ver¬
handlungen auch in den Ausschüssen kein Gebrauch gemacht werde, müsse
sich der Ministerrat durch einen förmlichen Beschluß über die Grenze der
Vorlagen an den Reichsrat binden.

   Reichskanzler Freiherr v. Beust drückt die Be¬
sorgnis aus, daß wenn einmal mit Mitteilung von Ziffern der Anfang ge¬
macht werde, dies unwillkürlich weiterführen, und daß sich alsdann die
Grenzen der Diskussion nicht so genau festhalten lassen.

3 Vgl GMRProt. V. 13. 1. 1868, RMRZ. 4. Anm. 6.
<pb/>104 Nr. 20 Gemeinsamer Ministermt, Wien, 11. 10. 1868

   Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke er¬
laubt sich, an einen früheren Ah. Ausspruch Seiner Majestät des Kaisers zu
erinnern, daß es von der höchsten Wichtigkeit sei, das Wehrgesetz prinzipi¬
ell zur gesetzlichen Geltung zu bringen, und daß es ein geringeres Übel sei,
wenn auch in dem einen oder andern Jahre wegen zu kärglicher Bewilligun¬
gen der Delegationen dessen Bestimmungen nicht in ihrem vollen Umfange
durchgeführt werden könne. Bei dieser Ah. Auffassung bilde die Abstim¬
mung über das Wehrgesetz kein Präjudiz für das Bewilligungsrecht der De¬
legationen.

   Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn er¬
klärt, daß er die gewünschten vergleichenden Übersichten, welche sich teil¬
weise schon unter den Beilagen der Budgetvorlage befinden, ohne Schwie¬
rigkeit zusammenstellen lassen und zur Verhandlung übergeben werde.

   Seine Majestät der Kaiser geruhen darauf aufmerksam
zu machen, daß das Extraordinarium nur in den Posten 8 und 9 (ständige
Geldverläge und Kriegsaugmentation für die 6. Bataillone) mit dem Wehr¬
gesetze im Zusammenhänge stehe. Die übrigen Posten seien von diesem
Gesetze ganz unabhängig, und es könne in denselben allenfalls noch ein
Nachlaß eintreten. Gegenüber des cisleithanischen Ministeriums sprechen
sich Allerhöchstdieselben für die größte Offenheit sowie überhaupt für den
streng gesetzlichen Gang der parlamentarischen Verhandlung unter
Wahrung der Kompetenz der Delegationen für gemeinsame Angelegenhei¬
ten aus.

    Seine Majestät machen aber darauf aufmerksam, daß wenn man an der
allgemeinen europäischen Politik beteiligt sei - und Österreich könne sei¬
ner Lage nach sich dieser Beteiligung nicht entziehen -, eine gerüstete Ar¬
mee hiezu die unentbehrliche Vorbedingung bilde. Dies sei daher keine
cisleithanische, ja nicht einmal eine bloß österreichische, sondern eine eu¬
ropäische Frage. Dieser Standpunkt müsse jedem Widerstande gegenüber
festgehalten werden. Träten gesicherte Friedenszustände im Jahre 1869 ein,
so werde eine Reduktion und eine ausgiebige Erleichterung der Finanzen
nicht auf sich warten lassen.

    Das Wehrgesetz sei ohne Abänderung in derselben Weise zur Annahme
zu bringen, wie es mit so großen Anstrengungen beim ungarischen Reichs¬
tage durchgesetzt wurde. Amendements, welche den Zusammentritt von
Deputationen zur notwendigen Folge hätten, würden das ganze mühsam er¬
rungene Resultat wieder in Frage stellen. Dies habe namentlich vom § 13 zu
gelten.4 Wenn die ungarischen Stände sich eines durch 1000 Jahre geübten

 4 Das Gesetz v. 5. 12. 1868, GA. XL/1868 § 13, bzw. RGBl. Nr. 151/1868 § 13: Das zwi¬
        schen den im Reichsrate vertretenen Königreichen und Ländern einerseits und den Kö¬
        nigreichen und Ländern der ungarischen Krone andererseits der Bevölkerungszahl nach
         anzurepartierende Kontingent, welches zur Erhaltung des stehenden Heeres und der
<pb/>Nr. 20 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 11. 10. 1868                   105

Rechtes der jeweiligen Rekrutenbewilligung für zehn Jahre begeben haben,
so lasse sich das gleiche wohl auch vom diesseitigen Reichsrate erwarten,
der noch nicht ein Jahr im Besitze dieses Rechtes sei. Dieser zehnjährige
Termin stehe im genauen Zusammenhänge mit allen übrigen, auf zehn Jahre
mit Ungarn geschlossenen vertragsmäßigen Abmachungen.

   Ministerpräsidentenste 11vertreter Graf Taaffe
bemerkt, daß man den Ungarn als Prämie für ihre Nachgiebigkeit die
Honvedinstitution zu bieten hatte, der jenseits der Leitha eine größere Aus¬
dehnung gegeben wird, worauf die ungarische Nation einen großen Wert
legt. Hier aber sei das Landwehrinstitut nicht bedeutend und nicht populär.
Man habe deshalb dem Reichsrate nichts zu bieten, und dies mache die Stel¬
lung der Minister allerdings schwieriger. Am § 13 sei mit allem Nachdrucke
festzuhalten, doch werde es sich nicht vermeiden lassen, ihn nach Zwei¬
drittel-Majorität votieren zu lassen, da er unverkennbar eine Verfassungs¬
änderung involviere. Übrigens könne der Reichsrat nicht den Vorwurf erhe¬
ben, man habe ihn durch den ungarischen Reichstagsbeschluß in eine
Zwangslage versetzt, da der Reichsrat selbst sich dafür entschieden habe,
daß Ungarn in dieser Frage vorangehe. Dies berechtige vielmehr zu der Er¬
wartung, daß er hinter demselben an Opferwilligkeit nicht zurückbleibe.

   Seine Majestät der Kaiser geruhen zu erklären, daß
Allerhöchstdieselben den au. Vortrag des Reichskriegsministers dahin
resolvieren werden, daß der Reichskriegsminister ermächtigt werde, auf
dieser Basis mit den beteiligten Ministem in Verhandlung zu treten.

                                                                                         Beust

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen.
Gödöllö, 17. Oktober 1868. Franz Joseph.

Kriegsmarine in der oben (§ 11) festgestellten Stärke mit Rücksicht auf das eingeführte
Cadre- und Ausbildungssystem, dann für die Ersatzreserve erforderlich ist, kann - nach
Feststellung desselben (Kontingents) - vor Ablauf von zehn Jahren nur in Frage kom¬
men, wenn der Kaiser, im Wege der betreffenden verantwortlichen Regierungen, die
Vermehrung oder Verminderung des Kontingents für notwendig erachtet; die tatsächli¬
che Stellung der Rekruten kann jedoch nur dann erfolgen, wenn die Gesetzgebung die¬
selbe für jenes Jahr auch schon votiert hat.

   Die zehnjährige Gesamtersatzreserve soll nicht größer als das nach dem vorgegange¬
nen Absätze bewilligte erste Jahresrekrutenkontingent sein.

   Bei der Anrepartierung des diesfälligen Kontingents beider Teile dienen, insolange
als nicht in beiden Staatsgebieten eine auf gleichen Grundsätzen basierte neue
Volkszählung effektuiert wird, die gegenwärtig über die Volkszählung vorhandenen amt¬
lichen Daten zur Grundlage, nach welchen von dem festgestellten Stande pr.
800 000 Mann auf die im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder 470 368 Mann
und auf die Bevölkerung der Länder der ungarischen Krone 329 632 Mann entfallen,
wobei die ihre Wehrpflicht auf andere Weise vollziehende Grenzbevölkerung insolange
außer Rechnung bleibt, als das Grenzinstitut tatsächlich besteht.
<pb/>