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Gemeinsamer Ministerrat, 19. 3. 1868

I. Anstände in den Delegationen bezüglich des Reichsbudgets

Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_I1/pdf/oe_hu_mrp_I1_z17.pdf.

Nr. 17 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 19. 3. 1868  89

16. Jurisdiktion für die Landwehrmannschaft im Krieg und Frieden analog
wie für die Rekruten und Reservisten der Feldarmee vorgeschrieben.

17. Behandlung der Offiziere in ehrengerichtlicher Beziehung oder wenn
die kriegsrechtliche Behandlung eintreten muß, nach den Vorschriften der
Feldarmee.

          Nr. 17 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 19. März 1868

    RS. (und RK.)
    Gegenwärtige: der Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke, der Reichskriegsminister FML.
Freiherr v. Kuhn, der k. k. Ministerpräsident Fürst Auersperg, der kgl. ung. Ministerpräsident
Graf Andrässy.
    Protokollführer: Sektionschef v. Hofmann.
    Gegenstand: Anstände in den Delegationen bezüglich des Reichsbudgets.

   KZ. 640-RMRZ. 17
   Protokoll des zu Wien am 19. März 1868 abgehaltenen Ministerrates für
gemeinsame Angelegenheiten unter dem Vorsitze des Reichskanzlers Frei-
herm v. Beust.

   Ministerpräsident Graf Andrässy wies darauf hin,
daß noch in drei Punkten zwischen den beiden Delegationen Differenzen
bestünden, welche dringend eine Lösung erheischten, solle die Arbeit der
Delegationen einem raschen Ende zugeführt werden.

   Diese Differenzen betreffen: a) die Anforderung der Regierung von
75 000 Gewehren, b) die Auslage des zu Ofen neu zu errichtenden Militär¬
spitals und c) das Gestütwesen. Ad a) bemerkte Graf Andrässy, daß die
diesseitige Delegation den dafür begehrten Betrag zu hoch befunden habe,
um denselben auf einmal zu bewilligen; die ungarische Delegation sei auf
den Ausweg verfallen, daß nur die Hälfte der Gewehre bestellt werden
möge, aber auch dieser Betrag sei der diesseitigen Delegation als zu hoch
erschienen. Es trete nun die Notwendigkeit an die Regierung heran, eine
Entscheidung zu treffen. Komme es zu einem gemeinschaftlichen Votum,
so sei das Resultat sehr zweifelhaft. Möglicherweise könne es aber doch der
Einwirkung des cisleithanischen Ministeriums, insbesondere aber dem Für¬
sten Auersperg gelingen, die Auffassung der deutschen Delegation umzu¬
stimmen.1

1 Die beiden Delegationen behandeln dem Gesetz entsprechend das gemeinsame Budget
        getrennt und teilen ihre Bemerkungen einander schriftlich mit, und den Punkt, hinsicht¬
        lich dessen ihre Ansichten nicht übereinstimmen sollten, entscheiden sie in Zusammen-
<pb/>90 Nr. 17 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 19. 3. 1868

   Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn be¬
merkte, die deutsche Delegation habe ihm die Ermächtigung erteilt, die
fraglichen Gewehre zu bestellen und die Kontrakte abzuschließen. In der
ungarischen habe man jedoch hingegen Bedenken vom Standpunkte des
konstitutionellen Prinzips aus erhoben. Er lege übrigens auf die Bewilli¬
gung der Summe keinen allzu großen Wert.

   Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke
sprach sich dahin aus, daß diese Anforderung für jetzt fallen zu lassen sei.
Die nächste Delegation werde den Betrag sicher ohne Anstand bewilligen.

   Ministerpräsident Graf Andrässy hob hervor, daß
es sich zwar um keine Regierungsfrage handle, die Angelegenheit aber
doch immerhin eines ernsten Versuches bei den Delegationen wert sei; vom
spezifisch ungarischen Standpunkte müsse er ein Beharren wünschen, weil
die Stellung derjenigen Mitglieder der ungarischen Delegation, welche sich
für die Bewilligung ausgesprochen haben, im Lande verschlimmert werden
müsse, wenn die Sache nachträglich fallen gelassen werde.

    Reichskanzler Freiherr v. Beust äußerte: Es sei für
die Position der Regierung nach außen schlimm, wenn sie sich in einem
Falle - wie der vorliegende - bei den Delegationen noch einmal fruchtlos
verwende. Aus dieser Erwägung würde sich daher das Fallenlassen der An¬
forderungen anempfehlen. Vortragender verkenne übrigens nicht, daß die
Regierung der ungarischen Delegation gegenüber gewissermaßen eine
Ehrenschuld übernommen habe und dieselbe einlösen müsse. Es erfolgte
hierauf der Beschluß, auf die deutsche Delegation in geeigneter Weise ein¬
zuwirken, damit dieselbe womöglich von ihrer bisherigen Anschauung ab¬
gehe.

    Ad b) Ofner Spital bemerkte Reichsfinanzminister
Freiherr v. Becke, daß die deutsche Delegation die hiefür erfor¬
 derliche Summe von 150 000 fl. nicht bewilligt habe. Aus Rücksichten der
 Humanität und Billigkeit halte Vortragender es jedoch für eine Pflicht der
 Regierung, alles anzuwenden, damit es bei diesem Beschlüsse nicht sein
 Bewenden behalte.

    Ministerpräsident Graf Andrässy: Die deutsche
 Delegation fasse die Angelegenheit prinzipiell auf, sie bewillige überhaupt
 nichts für Bauten, wenn ihr nicht die betreffenden Voranschläge früher voll¬
 ständig bekanntgegeben werden. In Ungarn würde die Verweigerung einen
 sehr ungünstigen Eindruck machen und man Vergleiche ziehen mit den Mil¬
 lionen, die für ähnliche Zwecke in den übrigen Ländern der Monarchie ver¬
 ausgabt worden seien.

         Sitzung durch Abstimmung. GA. XII/1867, § 40. Ähnlich verfügt RGBl. Nr. 146/1867,
         §15. Vgl. Zolger, Der staatsrechtliche Ausgleich zwischen Österreich und Ungarn,

         331-332.
<pb/>Nr. 18 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 30. 6. 1868                    91

   Nachdem Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn
erwähnt hatte, daß das Gesamterfordemis des Ofner Spitals sich auf eine
Million belaufe, erfolgte der Beschluß, daß Reichskanzler Freiherr v. Beust
sich bei der deutschen Delegation für Bewilligung verwenden möge. Es sei
dabei das Recht, grundsätzlich in bisheriger Weise vorzugehen, nicht in
Abrede zu ziehen, dagegen aber aus Opportunitätsgründen für Bewilligung
dieser Summe zu plädieren.

   Ad c) Gestütwesen bemerkte Graf Andrässy, er habe mit
Reichskriegsminister Freiherm v. Kuhn folgendes Auskunftsmittel verabre¬
det, welchem Seine Majestät auch die Ah. Genehmigung zu erteilen geruht
hätten. Hiernach wäre das Erfordernis bei den betreffenden Landesmi¬
nisterien zwar einzustellen, das Gestütwesen aber foro delegatiorio wie bis¬
her fortzuführen, bis geeignete Mittel gefunden wären, das Ausscheiden
dieser Post ohne volkswirtschaftliche Nachteile zu bewerkstelligen. Gegen
eine andere Behandlung ergeben sich von der ungarischen Seite gesetzliche
Schwierigkeiten, und würde die ungarische Delegation, da die Auslagen
nicht als pragmatische betrachtet werden, zu einer gemeinsamen Abstim¬
mung hierüber nicht zu bewegen sein.

   Es wurde beschlossen, daß Reichsfinanzminister Baron Becke die Ver¬
tretung der kaiserlichen Regierung im Sinne des eben bezeichneten Vor¬
schlages bei der deutschen Delegation zu übernehmen habe.

                                                                                         Beust

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen.
Ofen, 5. April 1868. Franz Joseph.

          Nr. 18 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 30. Juni 1868

    RS. (und RK.)
    Gegenwärtige: der Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke (o. D.), der Reichskriegs¬
minister [FML.] Freiherr v. Kuhn (o. D.), Generalkriegskommissär Früh, (später) General¬
major Ritter v. Zastavnikovic.
    Protokollführer: Sektionschef v. Hofmann.
    Gegenstand: I. Überschreitung der Militärdotation. II. Verkauf der Waldungen in der
Militärgrenze.

   KZ. 2058-RMRZ. 18
   Protokoll des zu Wien am 30. Juni 1868 abgehaltenen Ministerrates für
gemeinsame Angelegenheiten unter dem Vorsitze des Reichskanzlers Frei¬
herm v. Beust.

   [I.] Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke
machte der Konferenz Mitteilung der zwischen ihm und dem Reichskriegs-
<pb/>