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Gemeinsamer Ministerrat, 8. 3. 1868

II. Interpellation in bezug auf das Waffentragen des Militärs außer Dienst

Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_I1/pdf/oe_hu_mrp_I1_z16.pdf#page=3.

 82 Nr. 16 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 8. 3. 1868

           Nr. 16 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 8. März 1868

     RS. (und RK.)

     Gegenwärtige: der Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke (13. 3.), der Reichskriegs¬
minister FML. Freiherr v. Kuhn (14. 4.), der k. k. Ministerpräsidentenstellvertreter und
Landesverteidigungsminister Graf Taaffe.

     Protokollführer: Sektionschef v. Hofmann.
     Gegenstand: [I.] Vorlage des Landwehrstatutes. [II.] Interpellation in bezug auf das Waf¬
fentragen des Militärs außer Dienst.

    KZ. 599-RMRZ. 16
    Protokoll des zu Wien am 8. März 1868 abgehaltenen Ministerrates für
gemeinsame Angelegenheiten unter dem Vorsitze des Reichskanzlers Frei-
herm v. Beust.

    [L] Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn
brachte die abschriftlich anliegende Skizze des Landwehrstatutes zur Erör¬
terung, indem er bemerkte, daß diese Vorlage mit der ursprünglich von un¬
garischer Seite ausgegangenen Formulierung ziemlich übereinstimme.1
Walte auf ungarischer Seite ein Geist der Versöhnlichkeit, ein Wunsch nach
Verständigung vor, so könne ein Werk zustande kommen, welches Öster¬
reichs Machtstellung zu befestigen und derselben eine dauerhafte Grundla¬
ge zu verbürgen geeignet sei. Die Hauptdifferenz, welche zwischen der
Auffassung des Vortragenden und jener des ungarischen Ministeriums noch
bestehe, lasse sich darauf zurückführen, daß letzteres alle waffenfähige
Mannschaft über die bewilligte Quote hinaus in die Landwehr einzustellen
beabsichtige. Ein solches Zugeständnis sei absolut unmöglich, denn es wür¬
de die Einheit der Armee gefährden und ein unabhängiges ungarisches Heer
ins Leben rufen.

   Bei Besprechung des Grundsatzes der allgemeinen Wehrpflicht hob
Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke hervor,
daß es als billig erscheine, für diejenigen, welche nicht eintreten, eine Kom¬
pensation in Form einer Gegenleistung zu suchen, welche vielleicht auf
dem Gebiete einer finanziellen Prästation gefunden werden könnte. Dieser
Gedanke sei ursprünglich vom Landesfinanzminister Brestei angeregt wor¬
den. Vortragender müsse demselben aber vollkommen beipflichten.
Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn betonte, daß
in Bayern schon in ähnlicher Weise verfahren werde und daß demnach viel¬
leicht eine neue Steuer auf dieser Basis zustande kommen könnte.

   Ministerpräsidentenstellvertreter Graf Taaffe
gab dem Wunsche Ausdruck, daß ungeachtet der allgemeinen Wehrpflicht

1 Gedruckt als Beilage Nr. 16a und 16b: Skizze des Wehrsystems, Skizze des
       Landwehrstatuts.
<pb/>Nr. 16 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 8. 3. 1868  83

 die noch bestehenden Bürgerkorps erhalten bleiben möchten. Es werde auf
 diese Institution vielfach Wert gelegt, und dieselbe habe sich als praktisch
 und dem konservativen Interesse dienend erwiesen.

    Bezüglich der Sprache bemerkte der Reichskriegsminister
Freiherr v. Kuhn, daß die Abrichtung der Landwehr in der Lan¬
dessprache geschehen, das Kommando jedoch deutsch sein werde. Letzte¬
res sei aus dem Grunde wünschenswert, weil die Landwehr nach dem vor¬
liegenden Plane aus schon gedienten Leuten zu bestehen haben werde, wel¬
che, an deutsches Kommando gewöhnt, sich ein anders nur mit Schwierig¬
keit aneignen würden.

    Zu Punkt 2 wünschen Reichskanzler Freiherr v. Beust

und Ministerpräsidentenstellvertreter Graf Ta affe,
daß die Bezeichnung ,,ehrenhafte&quot; Honveds als zu mißliebigen Erörterun¬
gen Anlaß gebend, durch eine passende ersetzt, oder die ganze Stelle ausge¬
lassen werden möchte.2

    Nachdem Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn
seine Darlegung beendet hatte, erklärte Reichsfinanzminister
Freiherr v. Becke, daß ihm eine Differenz mit Ungarn in fol¬
genden drei Hauptpunkten wahrscheinlich sei: 1. man werde unga-
rischerseits von dem Ansprüche auf selbständige Besetzung der Kadres
nicht abgehen wollen. 2. Man werde die Befugnisse des Landesver¬
teidigungsministers allzu beengt finden. Von ungarischer Seite werde sehr
daran gearbeitet, die Kompetenz desselben auszudehnen und ihm großem
Einfluß zu sichern. 3. Vortragender müsse die Tendenz, nur gediente Leute
in der Landwehr zu verwenden und dieselben dadurch in der Hand zu behal¬
ten, natürlich im höchsten Grade billigen, es sei aber große Vorsicht im
Ausdrucke und in den Dispositionen nötig, damit das Mißtrauen nicht allzu
sichtbar hervortrete und dadurch von ungarischer Seite Rekriminationen
hervorrufe.

   Ministerpräsidentenstellvertreter Graf Taaffe:
Was die Bemerkung des Freiherrn v. Becke zu Punkt 2 betreffe, so sei zwi¬
schen Ungarn und hier insofern ein Unterschied, als in den im Reichsrate
vertretenen Königreichen und Ländern die Statthalter und Landeskom¬
mandanten gewisse Befugnisse hätten, während sich in Ungarn alles in den
Händen des Landesverteidigungsministers konzentriert fände. Anbelan¬
gend Punkt 3 würde das Mißtrauen wohl am besten dadurch beschwichtigt
werden können, wenn die Bewaffnung als eine gemeinsame vor die Delega¬
tionen gehörige Angelegenheit hingestellt werde. Reichskanzler
Freiherr v. Beust würde in einer solchen Bestimmung eine sehr
richtige Vorsicht erkennen. Ministerpräsidentenstellvertre-

2 Siehe das Landwehrstatut, Punkt 2. Bei Ernennung der Landwehroffiziere können auch
       ehrenhafte ehemalige Honv6d berücksichtigt werden.
<pb/>84 Nr. 16 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 8. 3. 1868

ter Graf Taaffe: Nach seiner Auffassung seien in dem vorlie¬
genden Entwürfe folgende drei Punkte die wichtigsten: 1. das Prinzip, daß
der Mann erst spät in den Landwehrdienst trete, 2. die Bestimmung, daß den
Ländern die &quot;Bekleidung8 der Mannschaft zukomme, die Bewaffnung aber
Reichssache sei und 3. die Ernennung aller Offiziere durch Seine Majestät
den Kaiser. Diese Hauptgrundsätze festzuhalten sei unbedingt erforderlich.

   R e i c h s f i n a n z m i n i s t e r Freiherr v. Becke
wünscht zu wissen, was zu geschehen habe, wenn Ungarn von seinen
Prätensionen nicht abzubringen sei?

   Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn wies
darauf hin, daß Seine Majestät der Kaiser das Recht der Organisation in
bezug auf die Armee unbestrittenermaßen besitze. Kein guter Österreicher
könne über die Bestimmungen des Entwurfes noch hinausgehen. Es wurde
hierauf beschlossen, zunächst das Resultat der bevorstehenden Besprechun¬
gen des Reichskriegsministers Freiherm v. Kuhn mit dem ungarischen Mi¬
nisterpräsidenten Grafen Andrässy, welch letzterer nunmehr seinen eigenen
Entwurf vorzulegen veranlaßt werden müsse, abzuwarten.3

    [II.] Ministerpräsidentenstellvertreter Graf
Taaffe erwähnte sodann die Interpellation, welche in bezug auf das
Waffentragen des Militärs außer Dienst, von seiten der Linken im Reichs¬
rate an ihn gerichtet worden sei.4 Der Gegenstand gehöre eigentlich nicht in
sein Ressort, sondern in jenes des Kriegsministers. Vortragender könne da¬
her nur Träger und Vermittler der Auffassung dieses letzteren sein.

    Reichskanzler Freiherr v. Beust: Die Angelegen¬
heit habe eine prinzipielle Bedeutung und man müsse sich sorgfältig hüten,
ein Präzedenz zu schaffen, welches namentlich für das Ministerium des
Äußern sehr wichtig sein würde. Vortragender müsse darin einen ersten
Versuch erkennen, über den Wirkungskreis des Reichsrates hinaus in jenen
der Delegationen einzugreifen. Vor das Forum der letztem würde der Ge-

        Korrektur Taaffes aus Beistellung.

        Am 23. 3. 1868 meldete Kuhn dem Kaiser den Abschluß der kommissioneilen Beratun¬
        gen, am 11. 4. legte er die Entwürfefür Wehrgesetz, Landwehr und Landsturmstatut vor,
        welche für die nun beginnenden Verhandlungen mit den beiden Landesverteidigungs¬
        ministern bestimmt waren. Diese sowie die Resolution sind in den Akten des Kriegs¬
        ministeriums nicht vorhanden. Wagner, Geschichte des Kriegsministeriums, Bd. 2 47.
         Gesetzentwurf des ungarischen Ministerpräsidenten auf den Entwurfdes Reichskriegs¬
         ministers: 1. Heeresergänzungsgesetz-Entwurf, 2. Landwehrgesetzentwurf, übergeben
         in Ofen am 18. 4. 1868, KA., MKSM. Sep.Fasc. 29/a.
        Interpellation von Dr. Rasers wegen Tragens der Waffen von seiten der Militärs außer
        Dienst: Stenographische Protokolle über die Sitzungen des Hauses der Abgeordne¬
         ten des Reichsrates, IV. Session, Sitzung 75; Beantwortung; Sitzung 82.
<pb/>Nr. 16a Skizze des Wehrsystems, o. O., o. D.                         85

genstand gehören, und vielleicht wäre es das beste Auskunftsmittel, selbst
eine Interpellation im Schoße derselben hervorzurufen, um dadurch die Sa¬
che ein für allemal abzuschneiden. Nach erfolgter Erörterung der Oppor¬
tunität dieses Schrittes wurde beschlossen, daß Graf Taaffe sich vorderhand
jeder Antwort zu enthalten, werde er aber gedrängt, als Minister der öffent¬
lichen Sicherheit sich dahin zu äußern habe: es seien die Polizeibehörden
bereits mit entsprechenden Weisungen versehen worden und habe auch der
kaiserliche Kriegsminister die nötigen Anordnungen getroffen, damit sol¬
chen Unordnungen für die Zukunft möglichst vorgebeugt, eventuell diesel¬
ben strenger Strafe unterzogen werden. Was den Punkt wegen des Waffen¬
tragens betrifft, so sei gleichzeitig beizufügen, daß dasselbe nicht den Wir¬
kungskreis des Landesverteidigungsministers betreffe.

   Hiemit wurde die Sitzung geschlossen.
                                                                                          Beust

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen.
Wien, 20. März 1868. Franz Joseph.

Nr. 16a Skizze des Wehrsystems, o. O., o. D.

    Beilage zum GMRProt. v. 8. 3. 1868, RMRZ. 16
   Abschrift

1. Allgemeine Wehrpflicht in vollster Reinheit, daher auch Beseitigung des
Loskaufes.

2. Die Wehrpflicht im allgemeinen beginnt mit 1. Jänner des auf das vollen¬
dete 18. Lebensjahr folgenden Jahres und endet mit dem vollstreckten 40.
Lebensjahre. Die Pflicht zum Eintritte in das Heer und in die Kriegsmarine
beginnt mit 1. Jänner des auf das vollendete 20. Lebensjahr folgenden Jah¬
res.

3. Die bewaffnete Macht gliedert sich in das Heer, die Kriegsmarine und
den Landsturm. Das Heer besteht aus: a) der Feldarmee, mit dem Ersätze, b)
der Landwehr. Die Kriegsmarine aus: a) der Flotte, b) der Seewehr. Der
Landsturm aus allen Wehrfähigen vom 18. bis zum 40. Lebensjahre, welche
weder dem Heere noch der Kriegsmarine angehören.

4. Die Wehrpflicht im Heere und in der Kriegsmarine zerfällt:

a) in fünf Jahre für den Liniendienst -&gt; Feldarmee, Flotte

b) in fünf Jahre in der Reserve               J und Ersatz

c) in vier Jahre in der Landwehr, beziehungsweise Seewehr.
<pb/>86 Nr. 16a Skizze des Wehrsystems, o. O., o. D.

5. Die in der Liniendienstverpflichtung stehenden Männer sind gehalten, im
Frieden und im Kriege aktiv zu dienen oder dem Rufe der Militärbehörden
jederzeit zu folgen (mit gewissen Erleichterungen). Die Reserve hat die
Bestimmung, die Feldarmee und die Flotte von Friedens- auf den Kriegs¬
stand zu ergänzen. Die Landwehr und die Seewehr sind zur Unterstützung
der Feldarmee und der Flotte bestimmt. Die Landwehr, organisch gegliedert
(nach einem eigenen Landwehrstatut) wird - teils als Besatzung, teils als
Reserve für die Feldarmee - nach strategischen Grundsätzen zur Reichs¬
verteidigung verwendet. Der Landsturm dient im Kriege als äußerste An¬
strengung in der Verteidigung und zur Unterstützung des Heeres in der Ab¬
wehr des Feindes, wenn er in das Land einzudringen versucht, und in der
Bekämpfung desselben, wenn er bereits eingedrungen ist (Landsturm¬
statut). - Der Landsturm, als integrierender Teil der Wehrkraft des Staates
gleich dem Heere unter völkerrechtlichen Schutz.

6. Die Einberufung der Reserve, Landwehr und Seewehr zum aktiven Dien¬
ste, dann des Landsturmes zur lokalen Landesverteidigung erfolgt - abgese¬
hen von den periodischen Waffenübungen für die ersten drei Kategorien -
nur auf Befehl Seiner Majestät des Kaisers und Königs.

7. Zur Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Innern
können mit vom Fall zu Fall im Wege des Reichskriegsministers einzu¬
holender Bewilligung Seiner Majestät des Kaisers und Königs im Frieden
auch einzelne Landwehrabteilungen für kurze Zeit aktiviert werden, wenn
aus besonderen Gründen die Verwendung anderer aktiver, zur Feldarmee
gehöriger Truppenkörper unzulässig erscheint.

8. Der aus dem Wehrsystem resultierende jährliche Bedarf an Rekruten zur
Einreihung in das Heer und in die Kriegsmarine zum Zwecke der Ergän¬
zung und Ausbildung wird von Jahr zu Jahr - nach dem Verhältnisse der
Bevölkerungszahl geteilt - bei den Vertretungskörpem beider Reichs¬
hälften verfassungsmäßig angesprochen. (Jahreskontingent unter gewöhnli¬
chen Verhältnissen rund 100 000 Mann.)

9. Die nach Stellung des Jahreskontingentes in jedem Stellungsbezirke noch
übrigbleibenden, für den Heeresdienst tauglich erkannten Wehrpflichtigen,
bleiben in Frieden ganz in ihren bürgerlichen Verhältnissen und bilden die
Ersatzreserve des Heeres für den Fall eines längeren Krieges. Diese Ersatz¬
reserve kann nur nach wirklich ausgebrochenem Kriege und auch dann nur
auf Befehl Seiner Majestät des Kaisers und Königs zum Heeresdienst ein¬
berufen werden.
<pb/>Nr. 16b Skizze des Landwehrstatuts, o. O., o. D.  87

Nr. 16b Skizze des Landwehrstatuts, o. O., o. D.

Beilage zum GMRProt. v. 8. 3. 1868, GMCZ. 16
Abschrift

1. Die Landwehr wird durch den Übertritt der gedienten Mannschaft aus der
Reserve- in die Landwehrpflicht gebildet.

2. Das Offizierskorps der Landwehr wird bei der ersten Formation aus
halbinvalid pensionierten, aus mit Charakter quittierten Offizieren - aus
Personen des Zivilstandes, deren Wahl und Vorschlag einvemehmlich zwi¬
schen den Militär- und Zivilbehörden geschieht (wobei auch ehrenhafte
ehemalige Honved berücksichtigt werden können) -, aus den einjährigen

Freiwilligen und aus brav gedienten alten Feldwebeln der Landwehr gebil¬
det.

3. Die Ernennung der Offiziere geschieht von Seiner Majestät dem Kaiser
und Könige; der Vorschlag im Wege des Reichskriegsministers.

4. Nach geschehener Bildung der Landwehr ergänzt sich das Offizierskorps
in der Regel durch Übertritt aus der Feldarmee, zum Teil aber auch durch
stufenweise Beförderung innerhalb der Landwehr nach den für die Feld¬
armee gütigen Avancementsvorschriften.

5. Jeder Ergänzungsbezirk wird mit tunlichster Rücksichtnahme auf die po¬
litische Einteilung in zwei Landwehrbataillonsbezirke eingeteilt, und die
beiden, aus wenigen Personen bestehenden Bataillonsevidenthaltungen ste¬
hen in allen Evidenzangelegenheiten unter Kontrolle des das Ersatzwesen
im allgemeinen leitenden Ergänzungsbezirkskommandanten.

6. Die Landwehrbataillone und die Landwehrreiterabteilungen werden nach
den Hauptorten ihrer Ersatzbezirke benannt. Kleidung national, Bewaff¬
nung und Ausrüstung wie in der Feldarmee. (Fahne keine, weil diese auch
bei den Feldtruppen beseitigt werden sollen, wenn dies aber nicht ge¬
schieht, jene der Feldarmee). Dienstvorschriften, Exerzier- und Abrich¬
tungsreglements, dann Kommandosprache wie in der Feldarmee.

7. Jeder Ergänzungsbezirk stellt zwei (jeder Landwehrbataillonsbezirk ein)
Landwehrbataillons, jeder Ersatzbezirk eines Feldkavallerieregiments ein
bis zwei Landwehreskadronen auf. Die Stärke der Landwehrbataillone und
Eskadronen ist gleich jenen der Bataillone und Eskadronen der Feldarmee.
Die Landwehrmannschaft der Artillerie, technischen Truppen des Fuhr¬
wesens etc. dienen zur Verstärkung der Festungsartillerie, der technischen
Truppen in den Besatzungen usw.
<pb/>88 Nr. 16b Skizze des Landwehrstatuts, o. O., o. D.

8. Die Bekleidung und Ausrüstung der Landwehr wird von den Ländern
bestritten. Die Armatur und Munition stellt das Reichskriegsministerium
bei.

9. Die Kosten der Bataillonsevidenthaltungen im Frieden, dann jene der
Erhaltung der aktivierten Landwehr im Kriege, werden aus Reichsmitteln
bestritten. Die Auslagen, welche aus der kurzen Aktivierung einzelner
Landwehrabteilungen zur Aufrechthaltung der Ordnung und Sicherheit im
Innern erwachsen, trägt das Land.

9. [sic!] Monturen, Rüstungen, Waffen und Munition der Landwehr werden
gemeinschaftlich mit den gleichen Gegenständen des Stamminfanterie¬
oder Reiterregiments verwahrt, was die Erhaltung und Verwaltung eigener
Depots erspart.

10. Die Inspizierung der Landwehrevidenthaltungen und der Landwehr-
Augmentationsvorräte obliegt jenen Linienbrigadieren, welche ohnehin
schon mit der Inspizierung der Ergänzungsdepots und Augmentations¬
vorräte der Stammregimenter betraut sind.

11. Die periodischen Waffenübungen macht ein entsprechendes Prozent der
Landwehroffiziere und Landwehrmannschaft im Rahmen des ohnehin in
der Ergänzungsbezirksstation dislozierten Stammreserveregiments mit, da¬
her aus diesem Anlasse die Erhaltung eines eigenen Landwehrkadres nicht
notwendig.&quot;

 12. Die Rechnungslegung der aktivierten Landwehrabteilungen erfolgt im
Wege der Stammrechnungskanzleien, daher ein eigener Apparat nicht not¬
wendig.

 13. Ein anderer Zusammenhang der Landwehr mit den Stammregimentem
besteht nicht. Das Unteroffiziersemennungsrecht besitzt der Landwehr¬
bataillons- oder Kavalleriedivisionskommandant.

 14. Die Landwehrbataillons-Evidenthaltungen im Frieden bestehen aus ei¬
 nem pensionierten Hauptmann und zwei bis vier Landwehrunteroffizieren.
 Totalauslage nicht ganz 200 000 fl. jährlich.

 15. Die Landwehrindividuen genießen die vollste Freizügigkeit.

         Randbemerkung wenn überhaupt nötig.
<pb/>Nr. 17 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 19. 3. 1868  89

16. Jurisdiktion für die Landwehrmannschaft im Krieg und Frieden analog
wie für die Rekruten und Reservisten der Feldarmee vorgeschrieben.

17. Behandlung der Offiziere in ehrengerichtlicher Beziehung oder wenn
die kriegsrechtliche Behandlung eintreten muß, nach den Vorschriften der
Feldarmee.

         Nr. 17 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 19. März 1868

    RS. (und RK.)
    Gegenwärtige: der Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke, der Reichskriegstninister FML.
Freiherr v. Kuhn, der k. k. Ministerpräsident Fürst Auersperg, der kgl. ung. Ministerpräsident
Graf Andrässy.
    Protokollführer: Sektionschef v. Hofmann.
    Gegenstand: Anstände in den Delegationen bezüglich des Reichsbudgets.

   KZ. 640-RMRZ. 17
   Protokoll des zu Wien am 19. März 1868 abgehaltenen Ministerrates für
gemeinsame Angelegenheiten unter dem Vorsitze des Reichskanzlers Frei-
herm v. Beust.

   Ministerpräsident Graf Andrässy wies darauf hin,
daß noch in drei Punkten zwischen den beiden Delegationen Differenzen
bestünden, welche dringend eine Lösung erheischten, solle die Arbeit der
Delegationen einem raschen Ende zugeführt werden.

   Diese Differenzen betreffen: a) die Anforderung der Regierung von
75 000 Gewehren, b) die Auslage des zu Ofen neu zu errichtenden Militär¬
spitals und c) das Gestütwesen. Ad a) bemerkte Graf Andrässy, daß die
diesseitige Delegation den dafür begehrten Betrag zu hoch befunden habe,
um denselben auf einmal zu bewilligen; die ungarische Delegation sei auf
den Ausweg verfallen, daß nur die Hälfte der Gewehre bestellt werden
möge, aber auch dieser Betrag sei der diesseitigen Delegation als zu hoch
erschienen. Es trete nun die Notwendigkeit an die Regierung heran, eine
Entscheidung zu treffen. Komme es zu einem gemeinschaftlichen Votum,
so sei das Resultat sehr zweifelhaft. Möglicherweise könne es aber doch der
Einwirkung des cisleithanischen Ministeriums, insbesondere aber dem Für¬
sten Auersperg gelingen, die Auffassung der deutschen Delegation umzu¬
stimmen.1

1 Die beiden Delegationen behandeln dem Gesetz entsprechend das gemeinsame Budget
        getrennt und teilen ihre Bemerkungen einander schriftlich mit, und den Punkt, hinsicht¬
        lich dessen ihre Ansichten nicht übereinstimmen sollten, entscheiden sie in Zusammen-
<pb/>