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Gemeinsamer Ministerrat, 5. 3. 1868

I. Form der Beeidigung neu eintretender Beamten

Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_I1/pdf/oe_hu_mrp_I1_z15.pdf.

II. Berechtigung der Minister, au. Anträge auf Ah. Gnadenbezeigungen zu unterbreiten

Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_I1/pdf/oe_hu_mrp_I1_z15.pdf#page=3.

III. Vorlage des von der Generalskonferenz ausgearbeiteten Wehrgesetzes

Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_I1/pdf/oe_hu_mrp_I1_z15.pdf#page=3.

Nr. 15 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 5. 3. 1868                     79

ungesühnt.2 Vielleicht könnte man gerade die Durchfuhr der Kanonen be¬
nützen, um durch Depression Genugtuung zu erzwingen.

   Ministerpräsident Fürst Auersperg sprach die
Ansicht aus, daß ohne Erlassung eines förmlichen Waffenverbotes die
Durchfuhr nicht zu verhindern sein würde, welcher Auffassung Seine
Majestät der Kaiser beizustimmen geruhten. Reichs¬
kanzler Freiherr v. Beust wies - auf den Gedankengang
des Grafen Andrässy eingehend - die Schwierigkeiten nach, in welche die
kaiserliche Regierung geraten müßte, wenn sie ungeachtet einer von ihr er¬
teilten speziellen Bewilligung später die Durchfuhr der Geschütze in der
bezeichneten Art erschweren wollte.

   [III.] Seine Majestät der Kaiser geruhten hierauf die
Form in Erörterung zu bringen, in welcher die Beschlüsse der Delegationen
zu publizieren sein werden. Zwei Hauptpunkte seien dabei als unabänder¬
lich im Auge zu behalten: 1. daß die kaiserliche Sanktion notwendig und 2.
daß die Beschlüsse für die beiderseitigen Vertretungskörper unbedingt ver¬
bindlich seien. Nach längerer Erörterung des Gegenstandes geruhten
Seine Majestät sich dahin auszusprechen, daß die zweckmäßig¬
ste Form jedenfalls die sein würde, wenn die Ah. Genehmigung der Be¬
schlüsse beider Delegationen nur durch einen einzigen Rechtsakt zu erfol¬
gen hätte. Die Ministerpräsidenten Fürst Auer¬
sperg und Graf Andrässy pflichteten dieser Anschauungs¬

weise vollkommen bei.
   Die Sitzung wurde hiemit geschlossen.
                                                                                         Beust

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen.
Ofen, 2. März 1868. Franz Joseph.

          Nr. 15 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 5. März 1868

    RS. (und RK.)
    Gegenwärtige: der Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke (13. 3.), der Reichskriegs¬
minister FML. Freiherr v. Kuhn (14. 3.), der k. k. Ministerpräsidentenstellvertreter und
Landesverteidigungsminister Graf Taaffe.
    Protokollführer: Sektionschef v. Hofmann.

       Über die Angelegenheit der rumänischen Waffentransporte siehe: Auswärtige Angele¬
       genheiten. Correspondenzen des kaiserlich-königlichen Ministeriums des Äußern.
       No. 1 vom November 1866 bis Ende 1867 Nr. 102-U.7S-S2. Allgemein die Beziehungen
       Österreich-Ungarns zu Rumänien: Bindreiter, Die diplomatischen und wirtschaftlichen
       Beziehungen zwischen Österreich-Ungarn und Rumänien in den Jahren 1875--1888
       28-33.
<pb/>80 Nr. 15 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 5. 3. 1868

    Gegenstand: [I.] Form der Beeidigung neu eintretender Beamten. [II.] Berechtigung der
Minister, au. Anträge auf Ah. Gnadenbezeigungen zu unterbreiten. [III.] Vorlage des von der
Generalskonferenz ausgearbeiteten Wehrgesetzes.

   KZ. 598 -RMRZ. 15
   Protokoll des zu Wien am 5. März 1868 abgehaltenen Ministerrates für
gemeinsame Angelegenheiten unter dem Vorsitze des Reichskanzlers Frei-
herm v. Beust.

   [I.] Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke
brachte anläßlich der Ernennung des Sektionsrates Erkövy zur Sprache, wie
es nunmehr mit der Beeidigung solcher neu eintretender Beamten zu halten
sei und ob die Verfassungsgrundgesetze beider Teile der Monarchie in der
betreffenden Formel Erwähnung finden müssen. Nach längerer Erörterung
des Gegenstandes kam man überein, daß es nicht opportun sei, denselben
jetzt anzuregen und daß es sich daher empfehle, die Beeidigung des Sek¬
tionsrates Erkövy vorläufig zu unterlassen.1

   Weiter regte Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke die Frage an, in wel¬
cher Form solche Ernennungen durch die Zeitung publiziert werden sollen?
Reichskanzler Freiherr v. Beust wies darauf hin, daß
beim Reichsministerium eine ministerielle Gegenzeichnung nicht üblich
sei. Es wurde hierauf beschlossen, daß Freiherr v. Becke Seiner Majestät
au. Vortrag in dieser Sache zu erstatten habe.2

        Adolf£rkövy, ungarischer Finanzrat und Generalpräfekt, wurde zum Sektionsrat im ge¬
        meinsamen Finanzministerium ernannt, um dieses Ministerium in der ungarischen Dele¬
        gation dem § 25 der Geschäftsordnung entsprechend vertreten zu lassen. Au. Vortrag des
        Reichskriegsministers v. 28. 2. 1868, HHStA., Kab.Kanzlei, KZ. 800/1968. Au. Vortrag
        von Becke v. 13. 3. 1868 bittet mit Berufung auf den Beschluß des gemeinsamen
        Ministerrates, die Vereidigung ßrkövys vorläufig zu verschieben ebd. KZ. 924/1868;
        später schlägt der au. Vortrag von Beust v. 20. 8. 1868 ebd. KZ. 3023/1868 mit ähnli¬
        cher Berufung aufden Ministerratsbeschluß betreffend die Eidesformelfür die Beamten
        der gemeinsamen Ministerien und Zentralstellen vor: Sie werden schwören, in bezug
        auf die Behandlung der gemeinsamen Angelegenheiten der im Reichsrate vertretenen
        Königreiche und Länder und der Königreiche und Länder der ungarischen Krone die
        Verfassung und die Grundgesetze unverbrüchlich zu beobachten, die von Euerer Maje¬
        stät genehmigt wurde. Ebd.
        Au. Vortrag des Reichsfinanzministers Baron Becke v. 13. 3. 1868, ebd. KZ. 924/1868.
        Baron Becke beantragt im Einklang mit dem Reichskanzler, daß statt der in der dies¬
        seitigen Reichshälfte eingeführten ministeriellen Unterzeichnung der über Ah. Ent¬
        schließungen Euerer Majestät erfolgten Kundmachungen selbst eine Berufung auf den
        zugrunde liegenden Antrag des betreffenden Ministers, jedoch ohne Kontrasignatur, auf¬
        genommen werde.
<pb/>Nr. 15 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 5. 3. 1868                     81

   [II.] Es kam sodann zur Sprache, ob die einzelnen Reichsminister be¬
rechtigt seien, Seiner Majestät dem Kaiser Anträge in bezug auf Ah.
Gnadenbezeigungen zu unterbreiten.

   Minister Graf Taaffe bemerkte, wie auch von seiten des

Ministeriums für die im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder
niemals bezweifelt worden sei, daß jedem Reichsminister für das ihm unter¬
stehende Personal, dem Reichskanzler noch überdies für im Reichsinteresse
geleistete Dienste sowie für alle Ausländer die Befugnis zu derlei Anträgen
zustehe. Die übrigen Mitglieder des Ministerrates zeigten sich mit dieser

Auffassung einverstanden.

[III.] Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn

eröffnete hierauf, daß die Generalskonferenz ihre Arbeit über das Wehr¬

gesetz vollendet habe,3 und daß dasselbe, wie er hoffe, die Möglichkeit ei¬

nes Kompromisses mit Ungarn darbiete, wenn auch die Arbeit, welche aus

der Feder des ungarischen Sektionsrates Gelics stamme, einigermaßen habe

modifiziert werden müssen.4 Wichtig sei es nun, die Ansicht des ungari¬

schen Ministerpräsidenten Grafen Andrässy über den Entwurf der Gene¬

ralskonferenz zu vernehmen sowie die eigene Ausarbeitung des kgl. ung.

Ministerpräsidenten kennenzulemen, welche letzterer binnen zwei Tagen

vorzulegen versprochen habe.
   FML. Freiherr v. Kuhn ging sodann in eine nähere Erörte¬

rung der abschriftlich anliegenden Skizze des Wehrsystems ein, worauf be¬

schlossen wurde, die Verhandlung über den Entwurf eines Landwehr¬

statutes in der nächsten Sitzung vorzunehmen.5    Beust

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen.
Wien, 20. März 1868. Franz Joseph.

3 Über die Generalskonferenz siehe GMRProt. v. 9. 2. 1868, RMRZ. 12. Anm. 4.
4 Richard Gelics (1825-1889), Honvedgeneral, Militärschriftsteller in der Emigration,

       kehrt 1857 heim, 1867 Abteilungsrat im ungarischen Landesverteidigungsministerium.
       Entwurf von Gelics v. 29. 1. 1868: KA,, MKSM. Sep.Fasc. 29/a. Gelics verfaßte einen
       Gesetzentwurfzum Wehrgesetz, in welchem die Landwehr nicht bloß als Wehraufgebot
       im Kriegsfall, sondern als bereits im Frieden fest organisierte Truppe und als Ergän¬
       zung zum gemeinsamen Heer konzipiert war. Dies ist der erste offizielle Plan, in dem die
       Bezeichnung Honv6d vorkommt. Vgl. Wagner, Die k. (u.) k. Armee -- Gliederung und
       Aufgabenstellung; Papp, Die königliche ungarische Landwehr (Honved) 1868-1914

        638-644.
5 Das Material der Generalskonferenz: KA., MKSM. Sep.Fasc. 70, Nr. 52. Die Debatte

        des LandwehrStatuts: GMR. v. 8. 3. 1868, RMRZ. 16.
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