Gemeinsamer Ministerrat, 26. 1. 1868
I. Militärbudget
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_I1/pdf/oe_hu_mrp_I1_z8.pdf.
II. Vertretung des gemeinsamen Ministeriums in der ungarischen Delegation
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_I1/pdf/oe_hu_mrp_I1_z8.pdf#page=4.
III. Kommission zur Beratung des Wehrgesetzes
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_I1/pdf/oe_hu_mrp_I1_z8.pdf#page=6.
IV. Verkauf des Forstmeisterhauses im Prater
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_I1/pdf/oe_hu_mrp_I1_z8.pdf#page=6.
48 Nr. 8 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 26. 1. 1868 ärarischen Objekte bestimmte Administrationsapparat nicht verwendet wer¬ den. Dies sind die Grundzüge der weiteren Verhandlung, für welche ich Eurer Exzellenz Vermittlung in Anspruch nehme. Es versteht sich von selbst, daß keiner der beiden kontrahierenden Teile vor Signatur, beziehungsweise Ra¬ tifizierung des Vertrages gebunden erscheint sowie daß für die Regierung die verfassungsmäßige Behandlung der Angelegenheit Vorbehalten bleibt. Nr. 8 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 26. Jänner 1868 RS. (und RK.) Gegenwärtige: der Reichskanzler Freiherr v. Beust, der Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke, der Reichskriegsminister [FML.] Freiherr v. Kuhn, der k. k. Ministerpräsidenten¬ stellvertreter und Landesverteidigungsminister Graf Taaffe, kgl. ung. Ministerpräsident Graf Andrässy. Protokollführer: Sektionschef v. Hofmann. Gegenstand: I. Militärbudget. II. Vertretung des gemeinsamen Ministeriums in der ungari¬ schen Delegation. III. Kommission zur Beratung des Wehrgesetzes. IV. Verkauf des Forstmeisterhauses im Prater. KZ. 65 - RMRZ. 8 Protokoll des zu Wien am 26. Jänner 1868 abgehaltenen Ministerrates für gemeinsame Angelegenheiten unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kai¬ sers.1 [I.] Seine Majestät der Kaiser geruhten die Beratung mit der Bemerkung zu eröffnen, daß Allerhöchstdieselben Sich zunächst darüber hätten vergewissern wollen, welche Aussicht vorhanden sei, das Militärbudget bei den Delegationen durchzubringen. Die bisherigen Nach¬ richten seien übrigens günstig.2 Reichskanzler Freiherr v. Beust und Reichs- finanzminister Freiherr v. Becke bestätigten, daß Dies ist der erste Ministerrat mit dem Titel Protokoll des zu ... abgehaltenen Minister¬ rates für gemeinsame Angelegenheiten, wie immer in den späteren Jahrzehnten, aber unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers (ohne Königs). Bei diesem Protokoll findet sich erstmals ein regelrechter Einsichtsbogen, bei den ersten sieben Protokollen lag ein solcher nicht bei, aber den Einsichtsbogen unterschreibt nur Kuhn, während Becke und Beust das Ende des Protokolls signieren, wie schon bei den ersten sieben Protokollen des gemeinsamen Ministerrates. Sich mit dem Militärbudget beschäftigendefrühere Ministerräte: GMR. v. 31. 12. 1867, RMRZ. 1; GMR. v. 10. 1. 1868, RMRZ. 2; GMR. v. 11.1. 1868, RMRZ. 3; GMR. v. 13. 1. 1868, RMRZ. 4; GMR. v. 14. 1. 1868, RMRZ. 5; GMR. v. 14. 1. 1868, RMRZ. 6; GMR. v. 24. 1. 1868, RMRZ. 7. <pb/>Nr. 8 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 26. 1. 1868 49 alle Aussicht vorhanden sei, daß das Militärbudget bei der deutschen Dele¬ gation durchgehe. Der letztere Minister fügte bei, daß diese Delegation wahrscheinlich der Ziffer von 76 Millionen zustimmen, aber dagegen ver¬ langen werden, daß das Extraordinarium auf zwei Jahre verteilt werden möchte. Seine Majestät der Kaiser geruhten auf die politischen Gründe hinzuweisen, welche dafür sprachen, daß auch das Extraordinarium auf einmal votiert werde. Ministerpräsident Graf Andrässy bemerkte, daß es sich bezüglich der ungarischen Delegation gerade in umgekehrter Weise verhalte. Das Extraordinarium werde mit Leichtigkeit votiert werden, be¬ züglich des Ordinariums sei es nicht zu verhindern, daß die Delegation auf die Beratung einzelner Punkte eingehe. Am Ende aber werde auch dieses votiert werden in Berücksichtigung, daß es ein Übergangsbudget sei. Pauschalabstrich würde stattfinden. Einen Beweis, wie man über die Prinzi¬ pien selbst noch nicht im reinen sei, liefere ihm der Umstand, daß einige Mitglieder der ungarischen Delegation sich mit Mitgliedern der anderen über die Frage in Verbindung gesetzt hätten, ob nicht die Gehalte der Subalternoffiziere zu erhöhen seien. Seine Majestät der Kaiser: Solche bruchstückweise Motionen seien ein Absurdum, nur geeignet, Konfusionen zu erregen. Ministerpräsident Graf Andrässy: Die Gründe, aus denen auch das Ordinarium schließlich durchgehen müsse, seien fol¬ gende: 1. es handle sich nur um ein Übergangsbudget, spätere Detaillierung bleibe Vorbehalten; 2. noch im Laufe dieses Jahres müsse das Budget pro 1869, bei welchem eben die eingehende Behandlung stattfinden solle, vor¬ gelegt werden. Je mehr man sich jetzt beeile, um so mehr Zeit werde man für später gewinnen. Seine Majestät der Kaiser: Nur in offener Sitzung möge nicht in alle Details und Organisationsfragen eingegangen werden. Das Terrain werde sonst gründlich verdorben.3 Graf Andrässy: Wenn die Fraktion der Linken ins Detail ein¬ gehe und zu beweisen suche, daß alles schlecht sei, so könne auch die Regierungspartei sich nicht schweigend verhalten, sonst verliere sie den Boden im Lande. Selbstverständlich sei es übrigens, daß der Abstrich nur im ganzen erfolgen würde. Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke be¬ merkte, daß man sich bei einigen Mitgliedern der Delegation mit dem Pro- 3 Die Sitzung der Delegationen ist üblicherweise öffentlich, doch von den Kommissions¬ sitzungen kann unter in der Geschäftsordnung geregelten Voraussetzungen die Öffent¬ lichkeit ausgeschlossen werden. Ein Beschluß kann jedoch nur in offener Sitzung gefaßt werden. RGBl. 146/1867, § 29; GA. XII/1867, § 45. <pb/>50 Nr. 8 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 26. 1. 1868 jekte trage, bezüglich der NaturalVerpflegung ein Mehr oder Minder ein für allemal festzusetzen. Reichskanzler Freiherr v. Beust: In anderen Län¬ dern, wo als Unterlage ein bestimmter Truppenstand vorhanden sei, er¬ scheine es natürlich leichter, ein allfalliges Mehrerfordemis bezüglich der Verpflegung zu rechtfertigen. Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke: Mit den 76 Millionen müsse man unter allen Umständen auskommen, ein Mehr sei nicht möglich. Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn erör¬ terte die verschiedenen Gründe, aus denen ausgiebige Ersparungen schwie¬ rig seien, und bemerkte, daß man bei allzu geringem Präsenzstande Gefahr laufe, nur mehr ein Milizheer zu haben. Unter eine gewisse Zahl könne demnach nicht heruntergegangen werden. Ministerpräsident Graf Andrässy glaubt, daß diese Frage für jetzt nicht ventiliert werden solle. Seine Majestät der Kaiser: Für das laufende Jahr müsse auch der Truppenstand in der wenigst nachteiligen Weise reduziert werden. Ministerpräsident Graf Andrässy: Von seiten der deutschen Delegation werde angeführt, daß das Kriegsbudget im Vergleiche mit 1865 aus dem Grunde noch weitere Reduzierungen erleiden könne, weil die Kosten für die Besetzung Venedigs und die dortigen Festungen nicht mehr in Betracht kommen. Die Führer der ungarischen Linken machten den ungarischen Ministem den Vorwurf, sie seien bezüglich des Kriegsbudgets gefälliger gewesen als ihre deutschen Kollegen. Hier in Wien käme unbegreiflicherweise alles in die Zeitungen und würden dadurch für die Linke Waffen geschmiedet, die ihr entwunden werden müssen. Er habe üb¬ rigens die Leiter der ungarischen Delegation zusammenbemfen und ihnen erklärt, daß von den 76 Millionen kein Jota abgehandelt werden dürfe. Seine Majestät der Kaiser: Der Verlust Venedigs habe eher eine Mehrauslage als eine Ersparung im Gefolge, die erwähnten Argu¬ mente seien daher sehr seicht. Ministerpräsidentenstellvertreter Graf Taaffe: Wollte man über die 76 Millionen hinausgehen, so ginge der prinzipielle Standpunkt verloren, den man jetzt einnehme, alle andern Punkte würden dann ebenfalls im Detail beleuchtet werden. Graf Andrässy: Der neu ernannte Kriegsminister könne sich darauf beschränken, zu sagen, er habe die Abstriche vorgefunden, und wer¬ de trachten, sich denselben zu fügen, nach Möglichkeit.4 Reichskriegsminister Freiherr von Kuhn wurde am 18. 1. 1868 ernannt. Siehe GMRProt. v. 11. 1. 1868, RMRZ. 3. Anm. 5. <pb/>Nr. 8 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 26. 1. 1868 51 Reichskanzler Freiherr v. Beust: Es sei früher von der Absicht gewisser Mitglieder der Delegation gesprochen worden, Gehaltsaufbesserungen der Offiziere vorzuschlagen. Er müsse bemerken, daß in allen konstitutionellen Ländern solche Gehaltserhöhungen niemals von der Initiative der Kammern ausgehen könne. Seine Majestät der Kaiser: Nur vom Souverain. Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke: Die innere Einrichtung der Armee sei verfassungsmäßig der Krone Vorbehalten. Wenn man übrigens Venedig und Holstein für Budgetabminderungen an¬ führe, müsse er bemerken, daß die Auslagen für beide Länder immer in das Extraordinarium aufgenommen worden seien.5 [II.] Seine Majestät der Kaiser geruhten hierauf, die Art und Weise der Vertretung des Reichsministeriums in der ungarischen Delegation zur Sprache zu bringen. Ministerpräsident Graf Andrässy: Es sei dies eine sehr schwere Sache. Die meisten Mitglieder seien der Ansicht, daß wenn sich die Delegation, wie in England, zu einem Komitee konstituiere, nach Entfernung der Zuhörer jeder in der Sprache rede, die ihm am meisten Zusage. Lächerlich sei es, daß ein Minister nicht deutsch reden solle, wenn er ungarisch nicht verstehe. Dennoch hätte die Mehrheit der Mitglieder nicht den moralischen Mut, dies offen zu bekennen. Vortragendem schwebe sonach folgender Gang vor: Im Subkomitee würden die gemeinsamen Mini¬ ster deutsch sprechen, ebenso, wenn das ganze Haus ins Komitee gehe. In der formellen Sitzung könnten sich die gemeinsamen Minister die Inter¬ pellationen schriftlich geben lassen und dieselben ebenso beantworten, oder sie könnten irgendjemanden beauftragen, in ihrem Namen zu reden. Es dre¬ he sich bei der Frage viel um Persönlichkeiten. In Ungarn erwarte man sich ungarische Staatssekretäre, er gebe zu, daß hiedurch heterogene Elemente ins Ministerium kommen würden, wegen der Sprache sei dies aber doch sehr notwendig. Man könne langsam vorschreiten, habe vielleicht für den Augenblick keine passenden Individuen, fände man aber welche, so solle man sie sich nicht entgehen lassen. Reichskanzler Freiherr v. Beust: In diesem Falle müßte jedenfalls eine neue Position in die bezüglichen Budgets eingestellt Am 3. Oktober 1866 wird der Wiener Frieden, der Abschluß des italienisch-österreichi¬ schen Krieges, unterzeichnet, in dessen Sinne Österreich auf den Besitz Venedigs ver¬ zichtet: Friedens-Tractat zwischen Seiner k. k. Apostolischen Majestät und seiner Maje¬ stät dem König von Italien v. 30. 10. 1866, RGBl. 116/1866. Im Nikolsburger Vor¬ frieden vom 26. Juli 1866 und dann im Prager Frieden vom 23. August verzichtet Öster¬ reich aufdie ihm in der Gasteiner Konvention vom 14. August 1865 garantierten Rechte auf Holstein: Friedensvertrag zwischen Österreich und Preußen v. 23. 8. 1866, RGBl. 103/1868. Art. V. <pb/>52 Nr. 8 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 26. 1. 1868 werden. Bei einem Staatssekretär käme sehr viel auf eine gewisse Routine an; wenigstens während der ersten Delegation wünsche er sich mit dem Beistände der ungarischen Landesminister allein zu helfen. Graf Andrässy: §8 der ungarischen Gesetze vom Jahre 1867 weise die Minister an, bei Vorlagen in gemeinsamen Angelegenheiten im Einverständnisse mit den bezüglichen Ministem vorzugehen.6 Diese Be¬ stimmung gelte allerdings nur für Ungarn, hier sei sie übersehen worden, es liege aber in der Natur der Dinge, daß dennoch dasselbe Verhältnis Platz greifen müsse. Diesen Gesetzesparagraph habe er stets so aufgefaßt, daß ihm hiedurch die Verpflichtung erwachse, die gemeinsamen Minister zu soutenieren, nun müsse er sich Vorbehalten, dies in jener Weise zu tun, wel¬ che ihm als die zweckmäßigste erscheine. Der gemeinsame Minister sei auch allein verantwortlich, es müsse daher letzterem die Befugnis zuer¬ kannt werden, in seinem Sinne wörtlich abgefaßte Erklärungen abgeben zu können, hiezu seien Stellvertreter unumgänglich notwendig, da Vortragen¬ der sich damit wohl nicht befassen könne. Seine Majestät der Kaiser geruhten zu bemerken, daß es vielleicht selbst vorteilhaft sein könnte, einen Gegenstand von zwei Sei¬ ten beleuchtet zu sehen. Ministerpräsident Graf Andrässy: In den auswär¬ tigen Angelegenheiten sei eine solche Unterstützung sehr wünschenswert, er habe zunächst an Grafen Anton Seesen als Staatssekretär gedacht, habe sich aber überzeugt, daß derselbe einen solchen Posten nicht annehmen würde, dagegen wohl gerne bereit sei, dem Ministerium des Äußern in den einzelnen Fragen seine Unterstützung zu leihen. Außerdem kämen La¬ dislaus von Szögeny, Graf Imre Szechenyi und Baron Bela Orczy in Be¬ tracht.7 6 GA. XII/1867, § 8: Infolgedessen gehören die diplomatische und kommerzielle Vertre¬ tung des Reiches gegenüber dem Ausland und die Verfügungen, die rücksichtlich der internationalen Verträge auftreten können, im Einverständnisse mit den Ministerien bei¬ der Teile und unter deren Zustimmung, unter die Agenden des gemeinsamen Ministers des Auswärtigen. Die internationalen Verträge teilt ein jedes Ministerium seiner eigenen Gesetzgebung mit. RGBl. 146/1867, § \,das das Pendant des ungarischen Gesetzes ist, verfügt nicht über die Rolle der cisleithanischen Minister. Vgl. Zolger, Der staats¬ rechtliche Ausgleich zwischen Österreich und Ungarn 313. Ähnlich wie § 8 des ungari¬ schen Gesetzes verfügt § 40 desselben GA., wenn er besagt, die Feststellung des gemein¬ samen Kostenvorschlages ... wird das gemeinsame Ministerium mit Einflußnahme der beiden besonderen verantwortlichen Ministerien anfertigen ... Auch dieser Paragraph hat keine österreichische Entsprechung. Ebd. 332. 7 Anton GrafSzecsen - Seesen im Text ist offensichtlich Verschreibung- (1818-1896) war zwischen Oktober 1860 und Juli 1861, also in der Periode des Oktoberdiploms, Minister ohne Portefeuille; Ladislaus von Szögyeny (nicht Szögeny!J (1806-1893) war im Okto¬ ber 1860 Hofkanzler und verzichtet nach Verkündung des Februarpatents auf sein Amt; Imre Szechenyi (1825-1895), Diplomat, Abgeordneter des Reichstages 1865-68. <pb/>Nr. 8 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 26. 1. 1868 53 Reichskanzler Freiherr v. Beust: Die Stellver¬ tretung habe gewisse Bedenken. Gesetzt den Fall, der Vertreter in der unga¬ rischen Delegation spreche sehr schön, aber nicht vollständig im Sinne der Regierung, wie sei es möglich, ihn in der deutschen Delegation zu desa¬ vouieren? Vielleicht sei es besser, sich mit der Unterstützung gewisser Mit¬ glieder der Delegation zu begnügen. Ministerpräsident Graf Andrässy: Wenigstens of¬ fengehalten sollten die bezüglichen Stellen werden, es liege schon hierin eine Beruhigung für Ungarn. [III.] Seine Majestät der Kaiser geruhten hierauf zu eröffnen: daß die Kommission zur Beratung der Heeresorganisation und der Wehrfrage demnächst zusammentreten werde.8 Der Kriegsminister müsse daher auch mit den beiden Landesverteidigungsministem die politische Frage und Basis zur Organisation besprechen. Zu erwägen sei nur, ob dies jetzt sogleich oder später geschehen solle? Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn ist der Ansicht, daß zunächst nur die militärischen Fragen in der Kommission zur Verhandlung kommen sollen. Seine Majestät der Kaiser geruhten dagegen zu bemer¬ ken, daß es immerhin gut sein werde, einige Grundsätze zuerst mit den Landesverteidigungsministem festzusetzen. Ministerpräsident Graf Andrässy ist des Dafürhal¬ tens, daß der politische und militärische Gesichtspunkt gar nicht voneinan¬ der zu trennen seien, zunächst müsse man sich doch über das Grundprinzip klar sein, ob Landwehr oder nicht? Dann könnten erst die Militärs frucht¬ bringend an ihre Arbeit gehen. In gleicher Weise sprach sich Minister¬ präsidentenstellvertreter Graf Taaffe aus. Sonst müßten die Generäle für ihre Beratung eine doppelte Gmndlage aufstellen. Seine Majestät der Kaiser: Nur mit gehöriger Beach¬ tung der finanziellen und politischen Verhältnisse erhalte man eine geneigte Basis, die Kommission sei je nach Bedürfnis als eine gemeinsame zu konstituieren, und hätten gegen Ende die Landesverteidigungsminister al¬ len Sitzungen anzuwohnen. [IV] Seine Majestät der Kaiser geruhten hierauf des Verkaufs des Prater Forstmeisterhauses Erwähnung zu tun und zur Erörte- mng zu bringen, ob und eventuell welchem Vertretungskörper von diesem innerhalb des Hofbudgets sich vollziehenden Akte Mitteilung zu machen sei oder ob vielleicht darüber ganz hinausgegangen werden könne. A//e drei waren Konservative und politisierten im Geiste des Oktoberdiploms. Charak¬ teristisch ist, daß Staatssekretär im Außenministerium schließlich ein Liberaler der Deäk-Partei wird, Baron Bela Orczy (1822-1917). 8 Über die Kommission: GMR. v. 11. 1. 1868, RMRZ. 3. <pb/>54 Nr. 9 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 30. 1. 1868 Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke ist der Ansicht, daß der Gegenstand vor den Reichsrat gehöre, weil das Grund¬ buch hier intabuliert sei. Die Bewilligung werde anstandslos erfolgen, doch seien die Verhältnisse sehr kompliziert, indem ein Rückkaufsrecht der Stadt Wien dabei in Frage komme. Nachdem Ministerpräsidenten¬ stellvertreter Graf Taaffe bemerkt hatte, daß es viel¬ leicht gut sein würde, ein Gutachten des Ministerrates darüber einzuholen, geruhten Seine Majestät den Beschluß dahin zu fassen, daß "über" die Angelegenheit bdas Gutachten des hiesigen Ministeriums einge¬ holt wird.b Beust, Becke Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 10. Februar 1868. Franz Joseph. Nr. 9 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 30. Jänner 1868 RS. (und RK.) Gegenwärtige: der Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke, der Reichskriegsminister [FML.] Freiherr v. Kuhn, der k. k. Ministerpräsident Fürst Auersperg, der kgl. ung. Minister¬ präsident Graf Andrässy, der kgl. ung. Finanzminister v. Lönyay. Protokollführer: Sektionschef v. Hofmann. Gegenstand: Interpellation in der ungarischen Delegation.1 KZ. [fehlt] - RMRZ. 9 Protokoll des zu Wien am 30. Jänner 1868 abgehaltenen Ministerrates für gemeinsame Angelegenheiten unter dem Vorsitze des Reichskanzlers Frei¬ herrn v. Beust. Graf Andrässy machte bemerkbar, daß er hier eigentlich in ei¬ ner Angelegenheit erscheine, die ihn direkt nicht betreffe. Pour offrir ses bons Offices. Die ungarischen Minister hätten die allerschwierigste Stel¬ lung, da sie fortwährend nach zwei Seiten hin Front machen müßten; Solidarität der Landes- mit den Reichsministem sei jedoch unbedingt not¬ wendig, auf diesen Punkt komme alles an. Der von Seiner Majestät bei Empfang der Delegation gebrauchte Ausdruck ,,Reichskanzler" habe die Linke der ungarischen Delegation veranlaßt, hiegegen Verwahrung einzule- Einfügung Sr. Majestät l>`b Korrektur Sr. Majestät aus durch den Finanzminister Brestei eingebracht werden solle. 1 Die Ministerratsdebatte analysiert KomjAthy, Die Entstehung des gemeinsamen Ministerrates und seine Tätigkeit währenddes Weltkrieges 26, 115. <pb/>