MRP-2-0-01-1-18680124-P-0007.xml

|
[Tagesordnungspunkte]

Gemeinsamer Ministerrat, 24. 1. 1868

40 Nr. 7 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 24. 1. 1868

des Ordinariums für das Kriegsbudget pro 1868 aus, worauf Seine Majestät
der Kaiser die Sitzung mit dem Bemerken zu schließen geruhten, daß es bei
diesem Betrage unter allen Umständen zu bleiben haben werde.

                                                                                Beust, Becke

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen.
Wien, 30. Januar 1868. Franz Joseph.

          Nr. 7 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 24. Jänner 1868

          R8.

    Gegenwärtige: der Reichsfinanzminister Freiherr v. Beust, der Reichskriegsminister
[FML.] Freiherr v. Kuhn.

    Protokollführer: Sektionschef v. Hofmann.
     Gegenstand: [fehlt]

    KZ. [fehlt] - RMRZ. 7
    7. Sitzung des gemeinsamen Ministeriums vom 24. Jänner 1868 unter
dem Vorsitze des Reichskanzlers Freiherm v. Beust.

    Reichsfinanzminister v. Becke teilte die Modalitä¬
ten mit, unter denen er die Vorlage des Budgets an die ungarische Delegati¬
on zu bewirken gedenkt. Es wird hiernach eine in ungarischer Sprache ver¬
faßte kurze Darstellung vom Freiherm v. Becke dem Präsidenten der Delega¬
tion übergeben und vom letzteren verlesen werden. Freiherr v. Becke behält
 sich vor, die Vorlage mit einigen ungarischen Worten einzubegleiten.1

    Was das Extraordinarium in bezug auf das Militärbudget betrifft, so wur¬
 de beschlossen, dasselbe in der nächsten Sitzung der deutschen Delegation
 noch nicht vorzulegen, was um so notwendiger erschiene, da die ungarische
 Delegation nicht einmal vom Ordinarium noch Kenntnis habe.

    Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke erörterte hierauf die Aner- <
 bietungen des Hauses Brandeis in London, ein auf die cisleithanischen / ;
 Montanwerke aufzunehmendes Anlehen betreffend.2 Es wufdff beschlossen, '~t

         In der Sitzung der ungarischen Delegation am 25. Januar 1868 sagt der gemeinsame
         Finanzminister Friedrich Becke folgendes auf Ungarisch: Igen tisztelt elnök ur! Kerem
         ezt fölolvastatni! (Hochverehrter Herr Präsident! Ich bitte, dieses verlesen zu lassen!) In
         der Delegation erschallen Hochrufe, der Präsident übernimmt die Note des gemeinsa¬
         men Finanzministers, übergibt sie dem Schriftführer, damit er sie verlese. A közös
         ügyek tArgyalAsAra a magyar orszäggyüles ältal kiküldött s Öfelsege ältal 1868 Januar
         19-dikere összehIvott bizottsAg naplöja 12.
         Siehe Beilage Nr. 7a.
<pb/>Nr. 7a Note des Reichsfinanzministers, Wien, 27. 1. 1868  41

dem Ministerpräsidenten Fürst Karl Auersperg durch das hier in der Anlage
abschriftlich beigefugte Memoire von den Details der Angelegenheit Mit¬
teilung zu machen und das weitere dem Ministerium für die im Reichsrate
vertretenen Königreiche und Länder anheimzugeben.

   Rücksichtlich der Frage, ob die Kosten für die Verwaltung der Staats¬
schulden in dem Budget für das Reichsfinanzministerium verbleiben soll¬
ten, entschied man sich auf Antrag Seiner Exzellenz des Freiherm v. Becke
dafür, vorläufig diesfalls keine Initiative zu ergreifen, sondern mit der Be¬
ratung über diesen Gegenstand zuzuwarten.3 Man wurde hiezu haupt¬
sächlich aus dem Grunde veranlaßt, weil die öffentliche Meinung rück¬
sichtlich dieser Frage sich zu klären beginnt und in kurzer Zeit sicher man¬
nigfache Hindernisse wegfallen werden, welche gegenwärtig noch Schwie¬
rigkeiten darbieten.

   [Ah. E. fehlt.]

 Nr. 7a Note des Reichsfinanzministers an den Ministerpräsidenten
                   Fürsten Auersperg, Wien, 27. Jänner 1868

    Beilage zum GMRProt. v. 24. 1. 1868, RMRZ. 7
    Abschrift

   Nach meinen überschläglichen Berechnungen wird sich das Defizit des
Haushaltes der nicht-ungarischen Reichshälfte für das Militärextra-
ordinarium und mit Berücksichtigung der aus dem Kassenabschlusse vom
31. Dezember 1867 resultierenden Zentralkasseaktiven auf 45 bis 50 Mil¬
lionen fr. belaufen.

   Da die Vorräte der Reichszentralkasse ungefähr für das 1. Quartal aus¬
reichen werden, so dürfte, insbesondere mit Rücksicht auf die relativ gün¬
stige Stimmung des Geldmarktes, nunmehr bald der Moment eintreten, wo
die Bedeckung dieses Defizits ernstlich in Betracht zu ziehen wäre. Dieser
Moment wird um so näher rücken, je wahrscheinlicher es wird, daß der au¬
ßerordentliche Aufwand für die neue Militärbewaffnung nicht durch eine
gemeinschaftlich mit Ungarn aufzunehmende Anleihe bedeckt, sondern
nach dem Quotenverhältnis zu Lasten der beiden Reichshälften verteilt wer¬
den wird.

3 Die Verwaltung der Staatsschulden ist einer der neuralgischen Punkte des Ausgleichs¬
       werkes. Über die Vereinbarungen betreffend die Staatsschuld: Bernatzik, Die österrei¬
       chischen Verfassungsgesetze 527-529. Siehe GMRProt. v. 26. 3. 1869, RMRZ. 38.
       Anm. 1.
<pb/>42 Nr. 7a Note des Reichsfinanzministers, Wien, 27. 1. 1868

   Ohne nun im geringsten mir eine Ingerenz in die, dem geehrten Mi¬
nisterium für die im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder aus¬
schließlich zustehende Frage der Bedeckung des cisleithanischen Defizits
ermessen zu wollen, glaube ich doch, daß es Eurer Durchlaucht nicht un¬
angenehm sein dürfte, zu erfahren, wie die bestandene Regierung sich die
Lösung der Defizitfrage gedacht und welche vorbereitende Schritte, an wel¬
che sich vielleicht jetzt anknüpfen ließen, sie unternommen hat.

   Von dieser Auffassung ausgehend erlaube ich mir die folgende Er¬
örterung: Noch im Monat Oktober 1867 hatte die bestandene Finanz¬
verwaltung zunächst die Deckung des Defizits durch eine Notenvermeh¬
rung im Auge. Als dieser Plan infolge des entschiedenen Widerspruches der
Reichsratsmajorität schon im Ausschuß scheiterte, mußte auf solche
Geldaufbringungsmittel gedacht werden, durch welche die Zinsenlast mög¬
lichst wenig erhöht würde. In dieser Beziehung empfahl sich teils ein mög¬
lichst umfassender Verkauf von Staatsdomänen, worüber die Verhand¬
lungen noch schweben, andererseits wird eine Negotiation bezüglich eines
zu kontrahierenden Anlehens eingeleitet. Hiebei mußte das Hauptaugen¬
merk auf Erzielung eines möglichst günstigen Kurses gerichtet sein, als
welcher sich der Kurs von 57 bis 58 für 5 &quot;Zotiges steuerfreies Anlehen ge¬
wiß nicht empfahl. Einen besseren Kurs, als die alten Effekten genießen,
kann man nur erreichen, wenn dem Staatsgläubiger eine größere als die ge¬
wöhnliche Sicherheit eingeräumt wird; diese Sicherheit kann nur in Bestel¬
lung einer Hypothek bestehen, von Pfandobjekten ist nichts mehr als die
ärarischen Bergwerke vorhanden; diese Bergwerke, die bisher fast passiv
waren, hatten im letzten Jahr dank der Hebung der Eisenindustrie einen grö¬
ßeren Aufschwung genommen und die Aufmerksamkeit der Spekulation
auf sich gezogen, man mußte daher gleichsam von selbst auf den Gedanken
eines auf die Montanwerke hypothezierten Anlehens verfallen.

    Da aber Hypotheken auf Bergwerke am Geldmarkt nicht besonderen An¬
klang finden, mußte noch ein weiteres geschehen, es mußte dem Publikum
eine Garantie für einen lukrativeren Betrieb des Bergbaues geboten werden,
und diese Garantie wird gegeben, wenn das zur Erweiterung und Aus¬
nützung des Bergbaues erforderliche Kapital, das der stets geldbedürftige
 Staat nicht hineinwenden kann, durch eine Aktiengesellschaft geliefert und
dieser ein Anteil an der Regie und folgerichtig auch an dem Gremium (regie
interessee) bewilligt wird. Der höhere Bergbauertrag erleichtert dann dem
 Staate die Interessenlust, man macht zwar ein neues Anlehen, aber schafft
 zur Betreibung der Zinsen auch neue Werte.

    Auf diese Grundlagen hin ward eine Kombination entworfen, zu deren
 Verwirklichung ich mich als Vermittler des Herrn Josef Brandeis bediente,
 welcher ein geborener Österreicher, Bruder des hiesigen Bankiers Bran¬
 deis-Weikersheim, aber seit langen Jahren in London etabliert und dort und
 in Paris in Verbindung mit ersten Häusern stehend, mir aus früheren Anläs¬
 sen als ein umsichtiger und diskreter Geschäftsmann bekannt war.
<pb/>Nr. 7a Note des Reichsfinanzministers, Wien, 27. 1. 1868  43

   Die mit Brandeis mit Zustimmung Seiner Exzellenz des Herrn Reichs¬
kanzlers verabredeten Grundzüge des Projektes beehre ich mich in der An¬
lage in Abschrift beizuschließen.

   Nach denselben hatte die damalige Finanzverwaltung sich bereit erklärt,
mit einem Konsortium erster Häuser eine auf ihren cisleithanischen Berg¬
werkbesitz radizierte Spezialanleihe von 32 Millionen fr. effektiv zu kon¬
trahieren, wofür 6 %tige, in Silber verzinsliche steuerfreie Obligationen
herausgegeben werden sollten.

   Das Minimum des Emissionskurses, der sich nach Abzug aller Spesen,
Kommissionen, Provisionen usw. für die Finanzen herausstellt und wor¬
unter in keinem Falle gegangen werden könnte, wurde für eine 6 %tige
Obligation pro 100 fr ... 75 (gleich 62 1/2 5 %tige) festgesetzt.

   Zur möglichsten Sicherstellung der Zinszahlung sollte das Erträgnis der
Montanwerke der Westhälfte als Pfand dienen und zur Hebung des Er¬
trägnisses des Pfandobjektes die Regie des Bergwerksbetriebes einer auf
Aktien zu gründenden Gesellschaft conto a metä mit der Staatsverwaltung
unter den im Präliminarentwurf näher entwickelten Bedingungen über¬
geben werden.

   Auf dieser Basis leitete Brandeis Ende November 1867 in Paris mit der
dortigen Societe generale und anderen ersten Firmen Verhandlungen ein
und konnte mir schon am 4. Dezember d. J. [sic!] berichten, daß der Anle¬
hensbetrag von 32 Millionen Gulden Silber zu 4/5 auf feste Rechnung über¬
nommen und der diesfällige Vertrag binnen 48 Stunden definitiv abge¬
schlossen werden könne, wenn sich die Regierung zu einem Emissionskurs
von 73 statt 75 verstehen wollte. Auch das Zustandekommen der Berg¬
werksgesellschaft sei vollkommen gesichert.

   Auf einen solchen definitiven Abschluß konnte und wollte die damalige
Finanzverwaltung im Hinblick auf ihre prekäre Stellung zum Reichsrat und
auf die bevorstehende Bildung des parlamentarischen Ministeriums nicht
eingehen, und die Verhandlung mit Brandeis ward abgebrochen, doch ist
derselbe bereit, sie mit dem neuen Ministerium sofort aufzunehmen, und
glaubt binnen kürzester Frist die Anleihe ä forfait plazieren zu können.

   Das Geschäft scheint mir in doppelter Richtung aufgefaßt werden zu sol¬
len: als Anleiheoperation und als eine vollständige Umwälzung in Mon¬

tanbetriebe.
   Die hypothezierte Anleihe bietet zwei Vorteile: a) durch die Hypothe-

zierung wird überhaupt jetzt für Österreich ein Anlehen möglich, denn an¬
gesichts der bevorstehenden Unifizierung der Staatsschuld und ehe die
Staatsbankrottsbesorgnisse nicht gründlich beseitigt worden sind, wird sich
der Geldmarkt schwerlich zu einem ungedeckten österreichischen Anlehen
entschließen, und b) durch die Hypothezierung ist ein um sechs bis sieben
Prozent höherer Kurs zu erreichen möglich.

    Wenn steuerfreies 5 %tiges Anlehen heute 57 steht, so ist ein neues
5 %tiges Anlehen höchstens um 55 ä forfait zu rentisieren, während die
<pb/>44 Nr. 7a Note des Reichsfinanzministers, Wien, 27. 1. 1868

6 %tigen Montanobligationen sofort mit 74-75 gleichstehend 61 1/2 bis
62 1/2, und vielleicht heute noch besser fest placiert werden können.

   Was die Bergwerksgesellschaft betrifft, so wird das diesfallige Projekt
vielen Zweifeln und Bedenken begegnen, aber ich halte es ebenso aus¬
führbar als auf ganz gesunden wirtschaftlichen und finanziellen Prinzipien
beruhend.

   Die Montanregie hatte vom Jahre 1823 bis 1863 ein Passivum von 11
Millionen fr., d. h. dem Staat durch 40 Jahre weniger als nichts eingetragen,
sie hat sich in der ganz letzten Zeit etwas gehoben, aber sie wird niemals zu
größerer Bedeutung gelangen, wenn nicht mehr Anlagekapital auf Ma¬
schinen, rationalen Betrieb, Transportmittel usw. verwendet werden kann.
Diese Investition soll eben durch die neue Gesellschaft auf deren Gefahr
und Unkosten geschehen, der Staat verliert also nichts und wagt nichts,
wenn er mit der Gesellschaft zu gleichen Teilen Profite teilt, die erst durch
das Geld der Gesellschaft möglich gemacht werden sollen. Daß die Sub¬
stanz der Bergwerke dem Staate erhalten bleibt, daß der Bergwerksbetrieb
nicht in einen Raubbau ausarte, und daß die Leitung des Betriebes fach¬
kundigen und vertrauten Personen überlassen bleibe, ist im Präliminar¬
entwurf sichergestellt. Meiner Ansicht nach wird das halbe Erträgnis, das
dem Staate bei der mit der Gesellschaft geteilten Regie für seine Rechnung
bleibt, mehr betragen als der bisherige ganz dem Staate zukommende Er¬
trag, und ist diese Annahme richtig, so ist es auch ferner richtig, daß ein
solches Mehrerträgnis die Aufbringung der Zinsen für das zu hypothe-
zierende Anlehen erleichtert. Die Hoffnung auf ein solches Mehrerträgnis
gründet sich aber hauptsächlich auf die enorme Entwicklung, welcher der
ärarische Eisenwerksbetrieb in Steiermark durch Anwendung der Stein¬
kohle und Ausbeutung des Bessemer Verfahrens fähig ist. Wird das gro߬
artige Tunnersche Kokserzeugungsprojekt in die Kombination gezogen,
wie dies meine Absicht war, so müßte für den ärarischen Eisenbetrieb eine
neue Ära heranbrechen. Die Rückwirkung eines solchen Flores unserer
Eisenindustrie auf die Steuerkraft im allgemeinen braucht wohl nicht näher
erörtert zu werden.

    Ich erlaube mir nur hinzuzufügen, daß der Moment einer solchen An¬
lehensoperation günstig ist. Die allgemeinen politischen Zustände sind et¬
was beruhigender als eben noch vor kurzem, aber doch immer nur derart,
daß die Spekulation sich nur schüchtern vorwagt und nach Spezial¬
sicherheiten fragt. Auch stehen große französische und italienische Frie-
densanlehensoperationen bevor, denen für österreichische Exigenzen zu¬
vorgekommen werden muß, wenn man hier überhaupt in nächster Zeit ein
Anlehen machen und nicht in die ungünstige Lage des Vorschußnotbehelfes
verfallen will. Endlich kann doch niemand für die Konsolidierung der fried¬
lichen Zustände stehen, die sich unvermutet in ihr Gegenteil umwandeln
können.
<pb/>Nr 7b Punktationen, o. O., o. D.  45

   Unter diesen Umständen glaubte ich mir erlauben zu dürfen, die spezielle
Aufmerksamkeit Eurer Exzellenz auf das vorliegende Brandeissche Projekt
zu lenken, durch dessen Ausführung die sofortige Beschaffung eines be¬
deutenden Geldbetrages möglich wären und wobei ich glaube, da, wie die
Sachen heute liegen, bei Wiederaufnahme der Verhandlungen noch bessere
Bedingungen als jene des Präliminarentwurfes erzielt werden könnten, zu¬
mal in den Präliminarien nur die äußerste Grenze der Konzessionen der
Finanzverwaltung fixiert worden war, ohne daß hierdurch die Erwirkung
größerer Vorteile ausgeschlossen worden wäre. Insbesondere sind die Be¬
dingungen der Bergwerksgesellschaft nur als eine hingeworfene erste Skiz¬
ze zu betrachten, deren Ausführung nur mit Zuziehung der Finanz¬
prokuratur und nach eindringlichen Vernehmungen von Sachkundigen hätte

vorgenommen werden können.
    Schließlich erlaube ich mir den Umstand, daß ich mich bezüglich der

vorliegenden Frage an Eure Exzellenz als den Präsidenten des löblichen
Ministeriums für die im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder
wende, damit zu motivieren, daß die Verhandlungen mit Brandeis mit Wis¬
sen und Zustimmung Seiner Exzellenz des Reichskanzlers als Chef der da¬
maligen Regierung stattgefunden hatten und somit dem Verkehr im kurzen
Wege zwischen dem abgehenden und neu eintretenden Ressortminister

entrückt sein dürften.

                         Nr. 7b Punktationen, o. O., o. D.

   Beilage zum GMRProt. v. 24. 1. 1868, RMRZ. 7
   Abschrift

   Das Resultat unserer bisherigen Verhandlungen, in betreff des Montan¬
anleihegeschäftes glaube ich im folgenden zusammenfassen zu sollen.

   1. Die kaiserliche Regierung ist willens, eine auf ihren cisleithanischen
Bergwerksbesitz radizierte Spezialanleihe mit einem ersten Bankier oder
mit einem Konsortium erster Häuser zu negoziieren. Der effektive Betrag
der in die Staatszentralkasse einzufließenden Anleihenssumme wird auf 32
Millionen Gulden Silber festgesetzt.

   2. Die Anleihe soll in Obligationen emittiert werden, welche mit 6 % in
Silber ohne Einkommensteuer oder sonstigen Gebührenabzug verzinst wer¬
den. Die Zinsenzahlung wird in Wien und auf einem oder mehreren noch zu
bestimmenden Plätzen stattfinden.

   3. Als Ausgangspunkt für den Emissionskurs werden 75 pro 6 % als Mi¬
nimum des Reinertrages, unter welches in keinem Falle herabgegangen
werden könnte, festgesetzt. Eine öffentliche Subskription wird in Aussicht
<pb/>46 Nr. 7b Punktationen, o. O., o. D.

gestellt, die jedoch durch eine ä forfait Abnahme eines Teiles des Anlehens¬
betrages seitens des kontrahierenden Konsortiums gesichert sein muß. Über
die zu bewilligende Konzession, Zinsengarantie werden besondere Ab¬
machungen Vorbehalten.

   4. Für die richtige und ungeschmälerte Zinsenzahlung haften den Obli-
gationsbesitzem die in dem beiliegenden Verzeichnisse aufgeführten in der
Westhälfte der Monarchie gelegenen ärarischen Berg- und Hüttenwerke, so
wie die Montanforste dergestalt, daß der dem k. k. Ärar zukommende
Reinertrag dieser Werke ausschließlich und direkt für die Zinsenzahlung
zugewiesen wird. Die Art und Weise der Hypothezierung der Anleihe auf
die einzelnen verpfändeten Bergwerke und Forste bleibt späteren Vereinba¬
rungen im Laufe der Verhandlung Vorbehalten.

   5. Um den Montanobligationsbesitzem die möglichste Sicherheit für die
Zinsenzahlung zu geben, und um das Erträgnis der Montanwerke durch die
möglichst intensive Bewirtschaftung zu heben, macht sich die Regierung
anheischig, die Regie des Bergwerksbetriebes einer auf Aktien zu gründen¬
den Gesellschaft auf eine bestimmte Zeitperiode (vorläufig mit 50 Jahren
angenommen) unter folgenden Bedingungen zu übertragen:

   a) Die Montangesellschaft hat ein Kapital von 10 Millionen Gulden auf¬
zubringen, welches sie innerhalb eines zwischen den Kontrahenten zu ver¬
abredenden Zeitraumes sukzessive zur Verbesserung der Bergwerksein¬
richtungen, Anschaffung besserer Maschinen, Ausdehnung der Bauan¬
legung von Schienensträngen, Einrichtung von Koksöfen zu verwenden ha¬
ben wird.

   b) Der gesamte technisch-administrative Betrieb wird durch eine
Administration von fünf bergmännisch und administrativ gebildeten Fach¬
männern geleitet, von denen die Regierung zwei Mitglieder und die Gesell¬
schaft ebenfalls zwei Mitglieder ernennt und besoldet, der Obmann wird im
beiderseitigen Einvernehmen ernannt. Über die Stellung dieses Direk¬
toriums zur Aktiengesellschaft, deren Generalversammlung und dem Auf¬
sichtsrat sowie über die Art und Weise, wie die sub a) bezeichneten Kapital¬
anlagen bergmännisch zu verwenden sind, werden die Abmachungen einem
späteren Stadium der Verhandlung Vorbehalten.

   c) Zwischen der Regierung und der Gesellschaft wird das reine
Jahreserträgnis zu gleichen Teilen geteilt. Das Jahreserträgnis wird durch
die nach kaufmännischen Grundsätzen aufzustellende Jahresbilanz ermit¬
telt und hier nur festgesetzt, daß von dem in die Werke nach a) zu verwen¬
denden Gesellschaftskapital in keinem Falle die Interessen in die Be-
triebsnehmung gesetzt werden dürfen, wogegen die Regierung ein mäßiges
Abschreibungsprozent aufzunehmen sich herbeilassen würde. Die der Re¬
gierung zukommende Reinertragsquote wird unmittelbar derjenigen Kasse
oder demjenigen Bankhause überwiesen, bei welchem die Zinsen oder
Montanobligationen bezahlt wurden.
<pb/>Nr. 7b Punktationen, o. O., o. D.  47

   d) Die sub b) bezeichnete Montanadministration wird den gesamten
Bergwerksbetrieb sowie die Bewirtschaftung der zu den Bergwerken gehö¬
rigen Montanforste leiten, die erforderlichen Anschaffungen besorgen, die
Montanprodukte verwerten. Zu dem Ende gehen alle bei den Berg- und
Hüttenwerken befindlichen Maschinen, Werkstätten, Einrichtungen, mit ei¬
nem Worte alle vorhandenen Betriebs- und Förderungsmittel, dann sämtli¬
che bei den betreffenden Entitäten befindlichen toten und lebendigen
fundus instructus sowie alle bei den Werken oder Verschleißfaktorien vor¬
dringliche Vorräte und Bestände in die neue Regie über. Die gesamten Vor¬
räte und Bestände sind durch Schätzung zu bewerten und die aufgenomme¬
nen Inventarien sind nach Möglichkeit alljährlich, wo sich dies aber nicht

durchfuhren läßt, wenigstens jedes dritte Jahr zu revidieren.
   e) Die gesellschaftliche Regie übernimmt alle zu Recht bestehenden

Kontrakte, Lasten und Verbindlichkeiten, welche auf den Montanobjekten
haften oder von dem Ärar eingegangen sind. Für die aus den Montanforsten
zum Montanbetriebe bezogenen Hölzer berechnet die Regie nur die einfa¬
chen Gestehungskosten, sollten jedoch aus den der Regie überlassenen
Montanforsten Hölzer für andere Zwecke verwendet oder veräußert wer¬
den, so ist der Betrag dem Ärar allein gutzuschreiben. Der Forst¬
wirtschaftsplan wird alljährlich zwischen der Gesellschaft und dem Ärar
festgesetzt. Sollte die Regie aus anderen ärarischen Forsten Holz beziehen,
so wird sie in allen zu gewährenden Bedingungen jedem anderen Abnehmer

gleichgehalten.
   f) Die neue Montanregie übernimmt alle bei den ihr überlassenen

Entitäten angestellten kaiserlichen Beamten und Diener, welche in ihrer
bisherigen Eigenschaft als k. k. Staatsbeamte und Diener bezüglich Titels,
Ranges, Bezüge und Pensionsansprüche verbleiben und der neuen Ad¬
ministration aufgrund der allgemeinen Beamten- und Disziplinarvor-
schriften unterstehen. Im Falle von Dienstuntauglichkeit werden die Ruhe¬
genüsse entweder von der Montanregie oder vom allgemeinen ärarischen
Pensionsetat getragen werden, je nachdem in den betreffenden Beamten¬
kategorien die Ruhegenüsse bisher entweder vom Montanärar oder vom all¬
gemeinen Pensionsfond bestritten worden sind. Bei neuen Anstellungen
kann die Eigenschaft eines k. k. Beamten dem Neuemannten nur nach
gepflogenem Einvernehmen mit dem Finanzminister verliehen werden.

    g) Drei Jahre vor Ablauf der Vertragsdauer beiderseitige Kündigung,
sonst stillschweigende Erneuerung auf weitere drei Jahre. Im Falle der
Vertragserlöschung hat die Gesellschaft auf Meliorationsvergütungen kei¬

nen Anspruch.
    h) Der Aktiengesellschaft steht die Erwerbung und der Betrieb anderer

Bergamtsentitäten auf eigene Rechnung frei. Doch ist über die Administra¬
tion von derlei Objekten abgesondert Buch und Rechnung zu fuhren, und
darf für deren Bewirtschaftung ohne Zustimmung der Regierung der für die
<pb/>48 Nr. 8 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 26. 1. 1868

ärarischen Objekte bestimmte Administrationsapparat nicht verwendet wer¬
den.

   Dies sind die Grundzüge der weiteren Verhandlung, für welche ich Eurer
Exzellenz Vermittlung in Anspruch nehme. Es versteht sich von selbst, daß
keiner der beiden kontrahierenden Teile vor Signatur, beziehungsweise Ra¬
tifizierung des Vertrages gebunden erscheint sowie daß für die Regierung
die verfassungsmäßige Behandlung der Angelegenheit Vorbehalten bleibt.

         Nr. 8 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 26. Jänner 1868

    RS. (und RK.)
    Gegenwärtige: der Reichskanzler Freiherr v. Beust, der Reichsfinanzminister Freiherr v.
Becke, der Reichskriegsminister [FML.] Freiherr v. Kuhn, der k. k. Ministerpräsidenten¬
stellvertreter und Landesverteidigungsminister Graf Taaffe, kgl. ung. Ministerpräsident Graf
Andrässy.
    Protokollführer: Sektionschef v. Hofmann.
    Gegenstand: I. Militärbudget. II. Vertretung des gemeinsamen Ministeriums in der ungari¬
schen Delegation. III. Kommission zur Beratung des Wehrgesetzes. IV. Verkauf des
Forstmeisterhauses im Prater.

   KZ. 65 - RMRZ. 8
   Protokoll des zu Wien am 26. Jänner 1868 abgehaltenen Ministerrates für
gemeinsame Angelegenheiten unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kai¬
sers.1

   [L] Seine Majestät der Kaiser geruhten die Beratung
mit der Bemerkung zu eröffnen, daß Allerhöchstdieselben Sich zunächst
darüber hätten vergewissern wollen, welche Aussicht vorhanden sei, das
Militärbudget bei den Delegationen durchzubringen. Die bisherigen Nach¬
richten seien übrigens günstig.2

   Reichskanzler Freiherr v. Beust und Reichs-
finanzminister Freiherr v. Becke bestätigten, daß

        Dies ist der erste Ministerrat mit dem Titel Protokoll des zu ... abgehaltenen Minister¬
        rates für gemeinsame Angelegenheiten, wie immer in den späteren Jahrzehnten, aber
        unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers (ohne Königs). Bei diesem Protokoll
       findet sich erstmals ein regelrechter Einsichtsbogen, bei den ersten sieben Protokollen
        lag ein solcher nicht bei, aber den Einsichtsbogen unterschreibt nur Kuhn, während
        Becke und Beust das Ende des Protokolls signieren, wie schon bei den ersten sieben
        Protokollen des gemeinsamen Ministerrates.
        Sich mit dem Militärbudget beschäftigende frühere Ministerräte: GMR. v. 31. 12. 1867,
        RMRZ. 1; GMR. v. 10. 1. 1868, RMRZ. 2; GMR. v. 11. 1. 1868, RMRZ. 3; GMR.
        v. 13. 1. 1868, RMRZ. 4; GMR. v. 14. 1. 1868, RMRZ. 5; GMR. v. 14.1. 1868, RMRZ. 6;
        GMR. v. 24. 1. 1868, RMRZ. 7.
<pb/>