Zusatz GMR, 19. 9. 1867
I. Vermehrung der Münzscheine à zehnmal
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II. Art und Weise, wie die Resultate der Verhandlungen der Deputationen zur Gesetzeskraft gelangen sollen
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424 Nr. V Ministerrat, Wien, 19. 9. 1867 de, welche auf Grundlage der Nachweisungen der bisherigen Kommission zur Kontrolle der Staatsschuld den Stand der Staatsschuld mit letztem De¬ zember d. J. erheben, sämtliche Kreditbücher abschließen und im Zusam¬ menhänge mit der Umwandlung der Schuldtitel und des angenommenen Teilungsverhältnisses die beiderseitige fixe Jahresschuldigkeit ermitteln wird. Dies sind die Punkte, über welche sich die Ministerien in Absicht auf die pragmatischen Auslagen und die öffentliche Schuld geeinigt haben. Da sie die billige Verteilung der zur Erhaltung der Monarchie von den beiden Reichshälften zu übernehmenden Lasten in sich fassen, so folgt aus der Natur der Sache, daß sie ein geschlossenes Ganze bilden und in der Art untrennbar sind, daß die Zurückweisung eines Punktes durch die eine oder andere gesetzgebende Versammlung das ganze Übereinkommen hinfällig machen würde. Indem das kgl. ung. Ministerium gleichzeitig die bezügliche Eröffnung an die kgl. ung. Regnikolardeputation richtet, wende ich mich vertrauens¬ voll an die erlauchtete Weisheit und hohe Vermittlung Euer Eminenz mit der ergebensten Bitte, der Deputation des hohen Reichsrates diese Vor¬ schläge mitteilen zu wollen, und empfehle sie der übernommenen Verbind¬ lichkeit entsprechend, namens der kaiserlichen Regierung auf das Wärmste der geneigten Würdigung und Annahme, unter Hinweisung auf den Ernst der Lage und die Größe der in Schwebe gehaltenen Interessen. Ich habe die Ehre, mit dieser Mitteilung die weitere Eröffnung zu verbinden, daß die beiden Finanzminister, wie eingangs erwähnt, gleichzeitig in bezug auf die übrigen nach dem ungarischen Gesetzartikel XII/1867 der Vereinbarung vorbehaltenen Angelegenheiten bindende Verpflichtungen in bezug auf übereinstimmende Vorlagen an die Vertretungskörper und die Einhaltung eines gleichartigen Vorganges übernommen haben, worüber ich bereit bin, im Schoße der verehrten Deputation die weiteren Aufklärungen zu erteilen, um eine richtige Vorstellung des Gesamtbildes des finanziellen und wirt¬ schaftlichen Verhältnisses der beiden Reichshälften aufgrund des beantrag¬ ten Kompromisses zu ermöglichen. Nr. V Ministerrat, Wien, 19. September 1867 RS. Gegenwärtige: der kgl. ung. Ministerpräsident Graf Andrässy (o. D.), der k. k. Mi¬ nisterpräsidentenstellvertreter Graf Taaffe (o. D.), der k. k. Kriegsminister FML. Freiherr v. John (24. 9.), der kgl. ung. Finanzminister v. Lönyay (o. D.), der k. k. Finanzminister Freiherr v. Becke (25. 9.), der k. k. Justizminister Ritter v. Hye (26. 9.). Protokollführer: Ritter v. Hueber. Gegenstand: I. Vermehrung der Münzenscheine ä zehnmal. II. Art und Weise, wie die Resultate der Verhandlungen der Deputationen zur Gesetzeskraft gelangen sollen. <pb/>Nr. V Ministerrat, Wien, 19. 9. 1867 425 KZ. 2429 - MRZ. 176 Protokoll des zu Wien am 19. September 1867 abgehaltenen Minister¬ rates unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers.1 I. Seine k. k. apost. Majestät geruhten der Konferenz zu eröffnen, daß der Minister Freiherr v. Becke sich die Ah. Ermächtigung erbeten habe, eine Erhöhung der auf den Betrag von 12 Millionen fr. gesetz¬ lich beschränkten Münzscheine zu zehnmal um den Betrag von 4 Millionen fr. mit Rücksicht auf das dringende Bedürfnis des Verkehrs vornehmen zu dürfen.2 Da Seine Majestät es bedenklich fanden, kurz vor dem Zusammen¬ treten der Vertretungskörper in beiden Reichshälften mit Umgehung des Gesetzes eine solche Maßregel im Verordnungswege Platz greifen zu las¬ sen, gaben Seine Majestät dem Ah. Wunsche Ausdruck, hierüber die An¬ sicht Allerhöchstihres Ministerrates zu hören. Der Minister Freiherr v. Becke bemerkte, daß das Forum, vor welchem strenge genommen diese Frage ihre Lösung zu erhal¬ ten hätte, noch nicht bestehe. Nach dem Gesetzartikel über das 67er Elabo¬ rat wäre dieselbe, als einen Gegenstand des Münzwesens betreffend, ein Attribut des Handelsbündnisses.3 Allerdings könnte man bezüglich der Ver¬ mehrung der Münzscheine dem Reichsrate und dem ungarischen Landtage eine Vorlage machen, er möchte jedoch nicht darauf einraten, wegen einer so unbedeutenden Sache jetzt, bevor der Ausgleich mit Ungarn in den De¬ putationen stattgefunden hat, mit einer Regierungsvorlage hierüber zu kom¬ men, die nur zu leicht zu höchst unliebsamen Erörterungen führen und den so erwünschten Abschluß der Deputationsverhandlungen neuerdings alte- rieren könnte.4 Das Bedürfnis der Vermehrung der Münzscheine sei ein Zitiert bei Redlich, Das österreichische Staats- und Reichsproblem, Bd. 2 846. Au. Vortrag des Leiters des Finanzministeriums v. 15. 9. 1867 betreffend die Hinaus¬ gabe von vier Millionen Gulden in Münzscheinen zu zehnmal HHStA., Kab.Kanzlei, KZ. 3577/1867. Vgl. weiter au. Vortrag v. Becke v. 20.11.1867 FA., Pr./1867 (Fase. 6.2/9) Nr. 5792. GA. XII/1867 § 66: Bei Abschluß des Zoll- und Handelsbundes wird es daher nötig sein, auch über das Münzwesen und den Geldfuß im Sinne der §§59 und 61 vereinbarte Ver¬ fügungen zu treffen. § 61: Der Abschluß des Zoll- und Handelsbündnisses hätte im Wege einer wechselseitigen Verhandlung zu geschehen, auf dieselbe Weise, wie ähnli¬ che Unterhandlungen zweier rechtlich voneinander unabhängigen Länder zu geschehen pflegen. Die verantwortlichen Ministerien der beiden Teile haben im gemeinschaftlichen Einvernehmen den detaillierten Entwurf des Bündnisses anzufertigen, den betreffenden Reichstagen vorzulegen, und die Beschlüsse der beiden Reichstage sind dann Seiner Majestät zur Sanktion zu unterbreiten. Die Verhandlung der Reichsrats- bzw. Reichstagsdeputationen über die Quote und die Staatsschuld fanden zwischen dem 10. August und dem 25. September 1867 statt. Vgl. auch MRProt. v. 31. 7. 1867, MRZ. 168. Anm. 5. <pb/>426 Nr. V Ministerrat, Wien, 19. 9. 1867 höchst dringendes. Das Verlangen nach Münzscheinen aus allen Teilen des Reiches, insbesondere auch aus Ungarn, wegen der ausgedehnten Eisen¬ bahnbauten und des starken Exportes von Getreide, sei ein so großes, daß demselben bei weitem nicht entsprochen werden kann. Die fragliche Ma߬ regel werde sich daher leicht seinerzeit vor den Vertretungskörpem recht- fertigen lassen. Die Maßregel involviere allerdings eine Vermehrung der schwebenden Schuld, und es lasse sich auch nicht leugnen, daß strenge ge¬ nommen es auf einen Akt der Legislative dabei ankäme. Um daher den Ah. Bedenken Seiner Majestät Rechnung zu tragen, dabei aber doch dem so dringenden Bedürfnisse des Verkehrs abzuhelfen, glaube er unter Modifi¬ zierung seines im au. Vortrage gestellten Antrages ein Auskunftsmittel da¬ hin der Ah. Sanktion Seiner Majestät empfehlen zu sollen, daß Allerhöchst- dieselben Ihm Ag. die Ermächtigung, die Münzscheine um 4 Millionen fr. zu vermehren, gegen dem zu erteilen geruhen mögen, daß für diese neuen 4 Millionen fr. Münzscheine ein gleicher Betrag in Staatsnoten zu 1 und 5 fr. aus dem Verkehre gezogen und in der Staatszentralkasse in Depot gehalten werde. Auf diese Art verliere die Finanzverwaltung allerdings das er¬ wünscht gewesene Augment von 4 Millionen fr., es trete jedoch dabei eine Erhöhung der schwebenden Schuld nicht ein, und weder von seiten der Presse noch der Vertretungskörper könne der Regierung hierüber ein Vor¬ wurf gemacht werden. Der ungarische Finanzminister konstatierte gleich¬ falls das auch in Ungarn aus Anlaß der reichen Ernte höchst fühlbar gewor¬ dene Bedürfnis nach Vermehrung der Münzscheine und fand gegen den Antrag des Ministers Freiherm v. Becke mit obiger Modifikation von sei¬ nem Standpunkte um so weniger etwas zu erinnern, als nach dem derma- ligen Stande der staatsrechtlichen Fragen der ungarische Landtag in die Verhandlung einer Vorlage, die man demselben hierüber machen würde, gar nicht eingehen könnte, und es anderseits auch nicht angehen und die ärgste Mißstimmung in Ungarn hervorrufen würde, wenn bloß dem Reichsrate al¬ lein hierüber die Vorlage gegeben und derselbe sich bei einem Eingehen auf dieselbe alle Rechte des früheren weiteren Reichsrates arrogieren würde.5 Der ungarische Ministerpräsident bemerkt, daß sich gegen die Ag. ausgesprochene Ansicht Seiner Majestät, daß mit der fraglichen Maßregel der legitime Weg verlassen werde, dann nichts ent¬ gegnen lasse, wenn die Maßregel so ganz als eine trockene Sache hinge¬ stellt würde. Wenn aber die Maßregel gehörig mit Motiven begleitet und 5 Der ,,weitere Reichsrat" - im Sinne des Februarpatentes von 1861 die Vertretungskörper des Reiches, d. h. Vertretungskörper aller Königreiche und Länder, auch der Länder der Stephanskrone. Diesen Reichsrat haben die Ungarn nie anerkannt und nie ihre Vertreter in ihn entsandt. <pb/>Nr. V Ministerrat, Wien, 19. 9. 1867 427 dabei daraufhingewiesen würde, "daß gegenwärtig ein kompetentes Forum nicht existiert und eine einseitige Entscheidung des Reichsrates gegen das von Seiner Majestät sanktionierte Gesetz über gemeinschaftliche Angele¬ genheiten verstoßen müßte," daß es weiters bei den noch unfertigen Verfas¬ sungszuständen dermal schwer zu bestimmen sei, wer eigentlich zur Ent¬ scheidung dieser Frage berufen wäre, dann erscheine vorbehaltlich der seinerzeitigen Ratifikation von seiten der Vertretungskörper die beantragte Maßregel mit dem neuen Expediens der Deponierung einer gleich großen Summe in Staatsnoten ganz unverfänglich und werde sich hüben und drü¬ ben ganz leicht vertreten lassen. Die Minister müssen die Stellung Seiner Majestät bei dieser Frage konkret auffassen und zu verhüten trachten, daß Seine Majestät weder hier noch dort gegen das Gesetz verstoßen, welchem Gedanken auch der Finanzminister v. Lönyay bei seinem Votum gefolgt sei. Der Minister Graf Taaffe war der Ansicht, daß nachdem das Bedürfnis der Vermehrung der Münzscheine aus Verkehrsrücksich¬ ten von beiden Finanzministem als bestehend erkannt worden sei und die Regierung, um demselben gerecht zu werden, auch ohne dem heute bean¬ tragten echappatoire zu der fraglichen Maßregel zu greifen genötigt sein könnte, jetzt noch leichter dazu geschritten werden könnte, weil kein Vertretungskörper dagegen etwas sagen könne, indem eine Vermehrung der schwebenden Schuld dabei nicht eintritt, und was den hiesigen Reichsrat betrifft, alsbald Gelegenheit geboten werden wird, die Maßregel über eine allenfalls vorkommende Interpellation zu rechtfertigen. Der Reichsrat wäre zur Behandlung einer solchen Vorlage auch gar nicht kompetent, da das Gesetz, wodurch die Umlaufsmenge der Münzscheine fixiert wurde, ein Reichsgesetz ist, welches nur wieder durch ein Reichsgesetz abgeändert werden könnte. Der ungarische Landtag aber werde in keinem Falle in eine solche Vorlage eingehen, die einen Verhandlungsgegenstand für die Dele¬ gationen bilde.6 Der Kriegsminister meinte, daß es zunächst darauf ankom¬ men dürfte, die Dringlichkeit dieser Maßregel nachzuweisen. Wenn er auch nicht in Abrede stellen könne, daß das Verlangen nach Münzscheinen der¬ mal in erhöhterem Maße als sonst sich geltend mache, so glaube er doch, Korrektur Andrässys aus daß der Ausgleich mit Ungarn noch in Schwebe ist, und prinzi¬ piell noch nicht besteht, daß dem von allen Seiten kundgegebenen Verlangen nach Münzscheinen über den dermaligen Vorrat weit hinaus - wenn nicht gefährliche Stok- kungen im Handel und Verkehr eintreten sollen - abgeholfen werden müsse. Das Gesetz (wodurch die Umlaufsmenge der Münzscheinefixiert wurde) v. 17. 11. 1863, RGBl. Nr. 98/1863. Taaffes Äußerung zeugt von Ungenauigkeit oder Unwissenheit. So¬ wie nämlich auch die im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder die Gesetze über die gemeinsamen Angelegenheiten annehmen, also die dem GA. XII/1867 entsprechen¬ den Gesetze, kann es kein ,,Reichsgesetz" mehr geben. Vgl. Anm. 3. <pb/>428 Nr. V Ministerrat, Wien, 19. 9. 1867 das Bedürfnis nach Vermehrung der Münzscheine doch nicht als ein so drin¬ gendes erkennen zu sollen, daß man darüber nicht noch acht Tage, bis wo¬ hin beide Vertretungskörper tagen werden, verstreichen lassen könnte, in¬ dem sonst allenthalben Mißtrauen gegen die Regierung, wenn auch ohne wirklichen Grund, Platz greifen würde. Der Justizminister erklärte, nicht in der Lage zu sein, den An¬ trag des Baron Becke Seiner Majestät zu befürworten, weil dieser Antrag nach seinem Dafürhalten in doppelter Beziehung mit bestehenden Gesetzen diametral im Widerspruche stehe. In dem betreffenden unter Mitwirkung des Reichsrates zustande gekom¬ menen Finanzgesetze sei das Maximum der Umlaufsmenge der Münz¬ scheine klar ausgesprochen, und von dem Befugnisse eines Alterierens mit dem übrigen Papiergelde nichts enthalten. Noch entscheidender sei aber der Widerspruch der Maßregel mit dem durch das Gesetz vom 16. Juli 1867 geänderten § 13 des Grundgesetzes über die Reichsvertretung.7 Er glaube nicht, daß das Ministerium zum ersten Male mit Anwendung des neuen § 13 bei einer Maßregel debüttieren sollte, die den heiklichsten Punkt, nämlich den Geldpunkt betrifft. Er könne natürlich nur vom Standpunkte eines cisleithanischen Ministers seine Meinung äußern, er hege aber die volle Überzeugung, daß der Reichs¬ rat, wenn der Finanzminister vor denselben mit einer diesbezüglichen Vor¬ lage tritt, bereitwilligst dem Anträge seine Zustimmung erteilen werde. Die Maßregel jedoch im Verordnungswege zu erlassen, halte er für höchst be¬ denklich, indem das Vertrauen gegen die Absicht der Regierung, konstitu¬ tionell zu regieren, bei der großen Schwierigkeit, die sich bei dem Beneh¬ men mit dem Reichsrat jetzt schon bei allen Fragen zeige, noch mehr er¬ schüttert werden müßte, wenn man dem Reichsrat einen berechtigten Anlaß dazu böte. In acht Tagen werde man die Zustimmung des Reichsrates zu der fraglichen Maßregel erhalten können und sich durch eine Regierungsvor¬ lage vor jedem berechtigten Vorwurf decken. Übrigens gäbe es nach des Votanten Ansicht noch einen anderen korrek¬ ten Weg, zu dem beabsichtigten Ziele zu gelangen, der rechtlich unbedenk¬ lich wäre, und wozu Baron Becke nicht einmal eine Ah. Entschließung Sei- 7 Gesetz v. 16. 7. 1867, RGBl. Nr. 98/1867, wodurch der § 13 des Grundgesetzes über die Reichsvertretung vom 26. 2. 1861 abgeändert wird. Nach der ersten Aliena: Wenn sich die dringende Notwendigkeit solcher Anordnungen, zu welchen verfassungsmäßig die Zustimmung des Reichsrates erforderlich ist, zu einer Zeit herausstellt, wo dieser nicht versammelt ist, so können dieselben unter Verantwortung des Gesamtministeriums durch kaiserliche Verordnungen erlassen werden, insofern solche keine Abänderung des Staatsgrundgesetzes bezwecken, keine dauernde Belastung des Staatsschatzes und keine Veräußerung von Staatsgut betreffen. Solche Verordnungen haben provisorische Gesetzeskraft, wenn sie von sämtlichen Ministem unterzeichnet sind und mit ausdrück¬ licher Beziehung auf diese Bestimmung des Staatsgrundgesetzes kundgemacht werden. <pb/>Nr. V Ministerrat, Wien, 19. 9. 1867 429 ner Majestät bedürfte. Er erkläre als Reichsfinanzminister, daß das Bedürf¬ nis einer Abhilfe für den Verkehr durch Vermehrung der Münzscheine ein¬ getreten ist und daß er die Erhöhung der Umlaufsmenge der Münzscheine gegen Deponierung einer gleichen Summe in Staatsnoten in der Eigenschaft einer reinen Manipulationsmaßregel vornehme. Dann bedürfe er weder der Zustimmung der anderen Minister noch jener des Reichsrates. Der Minister Baron Becke erwiderte auf die Anfüh¬ rungen der Vorstimme, daß im Gesetz vom 17. November 1863 von dem Alterieren der Münzscheine mit anderem Papiergeld aus dem Grunde nichts enthalten sein könnte, weil es damals kein Staatspapiergeld gab. Die Kompetenz des Reichsrates zur Behandlung einer diesfalligen Re¬ gierungsvorlage müsse er nach den Vorbesprochenen entschieden negieren, wie denn auch der Reichsfinanzminister in Reichsfinanzangelegenheiten niemals in die Lage kommen könne, von dem § 13 des Grundgesetzes An¬ wendung zu machen. Übrigens habe man bereits die Erfahrung gemacht, daß der Reichsrat in Fragen, bei denen seine Kompetenz seitens der Regie¬ rung nicht zugegeben wurde, immer geschwiegen hat, und erst vor kurzem habe er sich in richtiger Auffassung seines Wirkungskreises in die letzten Militärvorlagen der Regierung nicht eingelassen. Diese Anschauung wurde auch von den Grafen Andrässy und T a a f f e , dann von dem ungarischen Finanzmini¬ ster geteilt. Letzterer fügte noch bei, daß bei der Behandlung einer sol¬ chen Vorlage im ungarischen Landtage auch das im 67er Elaborate reser¬ vierte Recht des Königs von Ungarn hinsichtlich der Prägung und Emission von Geld in Frage käme, und daß dabei die staatsrechtlichen Fragen in eine Erörterung kommen würden, die bei der Geringfügigkeit der Maßregel nicht als erwünscht angesehen werden könnte. Gefährliche Störungen des Verkehrs aus Anlaß des Mangels der Münzscheine haben sich übrigens noch nicht ergeben, es bestehe daher kein Anstand, mit der fraglichen Ma߬ regel noch ein paar Wochen zu warten, wenn bis dahin die Konfusionen im Verkehr noch größer geworden sein werden, werde die Vertretung der Ma߬ regel noch mehr erleichtert werden. Seine Majestät geruhten Sich sohin Ah. zu entschließen, daß mit der fraglichen Maßregel noch einige Zeit zugewartet und daß jedenfalls früher das Resultat der Verhandlungen der Deputationen abgewartet werde, worauf sohin, wenn das Bedürfnis nach Vermehrung der Münzscheine sich noch steigern sollte, dieser Gegenstand neuerdings aufzunehmen wäre.8 II. Seine k. k. apost. Majestät geruhten es für notwen¬ dig zu erklären, seitens der Regierung sich klar zu machen, in welcher Wei- Das Aktenmaterial über die weitere Gestaltung der Frage FA., Pr./1867 (Fase. 6.2/9). <pb/>430 Nr. V Ministerrat, Wien, 19. 9. 1867 se das Operat der Deputationen zur Geltung gebracht werden soll, damit sohin ohne Verzug zur Wahl der Delegationen geschritten und von den¬ selben das Reichsbudget pro 1868 in Verhandlung genommen werden kön¬ ne.9 Es werde daher zu überlegen sein, in welcher Form das Resultat in beiden Reichshälften in hergebrachter Weise zum Gesetz erhoben werden soll, ob die Gesetzentwürfe im Wege der Deputationen oder als Regierungs¬ vorlagen seitens der beiderseitigen Ministerien an den Reichsrat und den ungarischen Landtag gebracht werden sollen, wobei übrigens jedenfalls darauf Bedacht genommen werden müsse, daß die wesentlichen Bestim¬ mungen in den beiderseitigen Gesetzen möglichst identisch sein müssen und höchstens in der Form eine Differenz zugegeben werden könnte. Der ungarische Finanzminister v. Lönyay meinte, daß es Pflicht der beiderseitigen Ministerien sein werde, aufgrund der Schlußprotokolle der Deputationen im beiderseitigen Vernehmen die Gesetzentwürfe vorzubereiten, welche den beiden Vertretungskörpern vor¬ zulegen sein werden. Der Sinn der Gesetze für beide Reichsteile müsse möglichst gleich gehalten werden, in der Form sei eine Übereinstimmung nicht notwendig und auch nicht möglich, da für die cisleithanischen Länder alle Bestimmungen, welche den Ausgleich betreffen, in ein Gesetz zusam¬ mengefaßt werden sollen, während in Ungarn sowohl über die Quoten- als über die Staatsschuldenfrage spezielle Gesetzartikel erlassen werden müs¬ sen.10 Jedenfalls müsse aber von seiten der ungarischen Regierung darauf insistiert werden, daß bevor die Gesetzentwürfe über die Deputationsbe¬ schlüsse den beiden Vertretungskörpem vorgelegt werden, der hiesige Reichsrat zur Verhandlung und Beschlußfassung über das Gesetz, wodurch das Grundgesetz über die Reichsvertretung vom 26. Februar 1861 geändert werden soll, und über das Delegationsgesetz genötigt werden, weil erst, nachdem diese Gesetze die Ah. Sanktion Seiner Majestät erhalten haben werden, von seiten Ungarns der frühere Verfassungsstandpunkt aufgegeben werden kann. Über die Tätigkeit der Deputation: MR. v. 31. 7. 1867, MRZ. 168. Das ungarische Ausgleichsgesetz behandelte die Staatsschuldfrage gesondert. Es legte fest (GA. XII/1867 § 53), daß dem Land solche Schulden, welche ohne die gesetzmäßige Einwilligung des Landes kontrahiert wurden, nach strengem Rechte nicht zur Last fal¬ len. Das Land aber nimmt auf Grundlage der Billigkeit, aus politischen Rücksichten, damit unter jenen schweren Lasten, welche das Verfahren des absoluten Systems an¬ gehäuft, die Wohlfahrt der übrigen Länder Seiner Majestät und mit diesen auch jene Un¬ garns nicht zusammenbreche, einen Teil der Zinsenlasten der Schuld aufsich. Die unter¬ schiedliche Auffassung beider Partner über die Frage der Staatsschuld verursachte während der Ausgleichsverhandlungen viele Probleme. Vgl. MR. v. 15. 9. 1867, MRZ. 175 und Beilage zu diesem Protokoll Nr. IVa. Weiter: Vereinbarung bezüglich der Staatsschuld v. 23. 9. 1867 FA., 2545 Pr./1867 (Fase. 11/8) Nr. 4914. Deren Modi¬ fizierung: au. Vortrag v. Becke v. 19. 11. 1867 ebd. Nr. 5861. <pb/>Nr. V Ministerrat, Wien, 19. 9. 1867 431 Nachdem der ungarische Ministerpräsident die Rich¬ tigkeit dieser Erwägungen vom staatsrechtlichen Standpunkt noch näher begründet hatte und auch die übrigen Konferenzmitglieder dieser Ansicht beigestimmt hatten, geruhten Seine Majestät die beiden Mini¬ sterpräsidenten zu beauftragen, sich sobald das Resultat der Deputations¬ verhandlungen vorliegen wird,11 alsbald wegen der möglichst identischen Kodifizierung in das Vernehmen zu setzen, wobei Seine Majestät es zu¬ gleich als notwendig bezeichneten, daß auf den Reichsrat sogleich dahin gewirkt werde, über die beiden bezeichneten Vorlagen zum Schlüsse zu ge¬ langen, dessen er sich auch nicht werde entschlagen können, weil ge¬ schäftsordnungsmäßig bei Feststellung der Tagesordnung die Regierungs¬ vorlagen den Vorrang vor allen übrigen Gegenständen haben. Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Ischl, 9. Oktober 1867. Franz Joseph. 11 Am 26. 9. 1867 wird von beiden Deputationen das Schlußprotokoll unterzeichnet. Siehe Die neue Gesetzgebung Österreichs 751-753. <pb/><pb/>