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Zusatz GMR, 15. 9. 1867

I. Note des Finanzministers an den Obmann der cisleithanischen Deputation mit den Propositionen bezüglich des finanziellen Ausgleiches

Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_I1/pdf/oe_hu_mrp_I1_zusatz4.pdf.

420 Nr. IV Ministerrat, Wien, 15. 9. 1867

ker Kenntnis genommen und gegen die Vorlagen nichts zu erinnern finden.9
Nachdem sowohl das ungarische Ministerium als auch die diesseitigen Mi¬
nister mit den diesfälligen Ausarbeitungen einverstanden sind, fanden Sei¬
ne Majestät die von dem ungarischen Finanzminister gewünschte Beratung
dieser Vorlagen im großen Rate des Gesamtministeriums nicht für notwen¬
dig, dagegen geruhten Seine Majestät die Minister zu ermächtigen, diese
Vorlagen den Deputationen vorläufig zur Kenntnis zu bringen.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen.
Ischl, 26. September 1867. Franz Joseph.

                Nr. IV Ministerrat, Wien, 15. September 1867

    RS.
    Gegenwärtige: der kgl. ung. Ministerpräsident Graf Andrässy (o. D.), der k. k. Minister¬
präsidentenstellvertreter Graf Taaffe (21. 9.), der k. k. Kriegsminister FML. Freiherr v. John
(22. 9.), der kgl. ung. Finanzminister v. Lönyay, der k. k. Minister Freiherr v. Becke (23. 9.).
    Abwesend: der Justizminister Ritter v. Hye.
    Protokollführer: Ritter v. Hueber.
    Gegenstand: Note des Finanzministers an den Obmann der cisleithanischen Deputation mit
den Propositionen bezüglich des finanziellen Ausgleiches.

   KZ. 2428 -MRZ. 175
   Protokoll des zu Wien am 15. September 1867 abgehaltenen Minister¬
rates unter dem Vorsitze des Reichskanzlers Grafen Beust.1

    Der Minister Freiherr von Becke las den beiliegen¬
den Entwurf einer Note an den Obmann der cisleithanischen Deputation
Kardinal Rauscher ab, mit welchem demselben das Ergebnis der Vereinba¬
rungen der beiderseitigen Ministerien bezüglich des finanziellen Ausglei¬
ches als Regierungsproposition für den Abschluß der diesbezüglichen Ver¬
handlungen der Deputationen mitgeteilt werden soll.2

        Die Verhandlungen und Vereinbarungen der beiden Regierungen die Einhebung der
        Verzehrungssteuer von gebrannten geistigen Flüssigkeiten, Bier und Zucker, dann die
        Verwaltung das Tabak- und Salzmonopol betreffend: FA., 2545-Pr./1867 (Fase. 11/8)
        Nr. 5083.

        Teildruck: Redlich, Das österreichische Staats- und Reichsproblem, Bd. 2 844-845.
2 Der Text der Note gedruckt als Beilage Nr. IVa. Joseph Othmar v. Rauscher (1787--

        1875) wurde als Mitglied des Herrenhauses zum Präsidenten der Quotendeputation des
        Reichsrates gewählt. Siehe MRProt. v. 31. 7. 1867, MRZ. 168. Anm. 5.
<pb/>Nr. IV Ministerrat, Wien, 15. 9. 1867  421

   Der ungarische Finanzminister v. Lönyay glaubte
ursprünglich beanständen zu sollen, daß sich in dieser Note nicht ganz
genau an das zwischen beiden Finanzministem vereinbarte Übereinkom¬
men gehalten worden sei, nach seiner Meinung wären die einzelnen Punkte
zu trennen, wie er sich auch nur für verpflichtet hält, der ungarischen
Deputation nur die Proposition bezüglich der Staatsschuld mitteilen zu sol¬
len.3

   Der Minister Freiherr v. Becke konstatierte, daß das
Expose in der Note wortgetreu mit den zwischen den Finanzministem ge¬
troffenen Vereinbarungen übereinstimme, daß dabei nur eine andere Ord¬
nung der einzelnen Punkte eingehalten worden sei. Nach seinem Dafürhal¬
ten sei es übrigens nicht notwendig, den beiderseitigen Deputationen identi¬
sche Mitteilungen hierüber zu machen. Die Hauptaufgabe hiebei sei für je¬
den der beiden Finanzminister, die Propositionen der bezüglichen Deputa¬
tion mundgerecht zu machen, bezüglich der cisleithanischen Deputation
müsse das von seiten der Regierung angenommene Quotenverhältnis 70 : 30
zur Bestreitung der im Sinne der pragmatischen Sanktion als gemeinsame
Auslagen anerkannten Erfordernisse vorweg ausgesprochen werden, weil
wenn das Schriftstück mit der Proposition der Unifizierung der Staats¬
schuld begonnen würde, mit allem Grunde das Scheitern der Propositionen
vorauszusehen wäre.4 Übrigens werde unbeugsam fest daran zu halten sein,
daß die Propositionen als ein konkretes Ganzes anzusehen seien, sie werden
daher nur als ein Ganzes angenommen oder abgeworfen werden können, ein
Mäkeln in irgendeinem Punkt könnte nicht zugegeben werden.

   Der ungarische Finanzminister v. Lonyay fand
hierauf, den angeregten Anstand fallen zu lassen. Er bemerkte, daß er bei
der Unterhandlung nicht weitergehen werde, als die Grenzen in dem Über¬
einkommen gezogen sind, und fügte bei, daß auch er darauf bedacht sein

Vgl.diesog. Vöslauer Vereinbarungv. 12. 9. 1867. FA., Pr./1869 (Fase. 7.1/1)Nr. 4145.
MRProt. v. 31. 7. 1867, MRZ. 168. Anm. 6. Au. Vortrag v. Becke, womit die am
12. d. M. getroffene Vereinbarung zwischen den Ministerien der im Reichsrat vertrete¬
nen Länder und dem ungarischen Ministerium über die Behandlung der im Sinne des
XII. Gesetzartikels vom Jahre 1867 dem gemeinschaftlichen Einvernehmen der beiden
Ministerien vorbehaltenen Gegenstände im Originale zur Ah. Einsicht au. vorgelegt
wird. Ah. E. v. 20. 9. 1867: Ich stelle Ihnen diese Vereinbarung nach genommener Ein¬
sicht wieder zurück. Am 13.-14. September behandelt der ungarische Ministerrat in
Wien unter Andrässys Vorsitz den Text der Vorlage. In der Beratung wurde kein ausfihr-
liches Protokoll geführt, sondern nur das Faktum der Verhandlung und der Umstand
notiert, daß der ungarische Ministerrat die Vereinbarung ohne Veränderung ange¬
nommen habe. MT. v. 13.-14. 9. 1867. OL., Sektion K-27, Nr. 49/1867.
Über die Unifizierung der Staatsschuld siehe auch MRProt. v. 31. 7. 1867, MRZ. 168;
MRProt. v. 30. 8. 1867, MRZ. 173.
<pb/>422 Nr. IVa Abschrift einer Note, o. O., o. D.

müsse, die Propositionen der ungarischen Deputation mundgerecht hinzu¬
stellen, er könne daher in der Mitteilung nicht beide Fragen, sondern nur
jene über die Staatsschuld berühren.

   Nachdem sohin der abgelesene Entwurf der Note von der Konferenz all¬
seitig gutgeheißen war, erachtete Graf Andrässy eine Lücke in
den Propositionen in der Richtung erblicken zu sollen, daß nicht gesagt sei,
in welcher Art die Quote nach Ablauf der zehn Jahre wieder festgesetzt
werden soll. Gegenwärtig habe ein konkreter Handel stattgefunden, unga-
rischerseits sei die Quote von 30 % angenommen worden, weil auch das
Präzipuum für die Zukunft angenommen worden sei. Das nächste Mal dürf¬
te das Auffinden einer geeigneten Basis für die Aufteilung schwer fallen.
Die übrigen Konferenzmitglieder und insbesondere die beiden Finanzmini¬
ster hielten die Berührung dieser Frage, die ohne wirklichen Grund nur zu
leicht Anlaß zu neuen Verwicklungen in den Verhandlungen der Depu¬
tationen geben könnte, für sehr bedenklich, zumal sich nach Ablauf der
zehn Jahre ein geeigneter Verteilungsschlüssel nicht schwer auffinden las¬
sen wird, und man vor der Hand, wie Graf Taaffe äußerte, den
beiden Deputationen die Hoffnung lassen könne und solle, daß die Last
nach zehn Jahren für sie eine geringere sein werde.

                                                                        [Unterschrift fehlt.]

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen.
Ischl, 26. September 1867. Franz Joseph.

          Nr. IVa Abschrift einer Note des k. k. österreichischen
   Finanzministers an den Obmann der cisleithanischen Deputation

             Kardinal Erzbischof Ritter v. Rauscher, o. O., o. D.1

    Beilage zum MRProt. v. 15. 9. 1867, MRZ. 175

    Um für die Verhandlungen der verehrlichen Deputationen des Reichs¬
rates und des ungarischen Reichstages eine übereinstimmende Grundlage
zu gewinnen und dadurch vom Standpunkte der Regierung zur Förderung
des angestrebten Ausgleiches beizutragen, haben sich die beiderseitigen
Ministerien nach einer sehr reiflichen und eingehenden Unterhandlung in
Absicht auf sämtliche im XII. ungarischen Gesetzartikel des J. 1867 dem
gemeinschaftlichen Einvernehmen vorbehaltenen Gegenstände über be-

        Das Originalexemplar der Note an Kardinal Rauscher: FA., 2545 Pr./1867 (Fase. 11.8.)
        Nr. 4769. Wien, 15. 9. 1867.
<pb/>Nr. IVa Abschrift einer Note, o. O., o. D.      423

stimmte Grundsätze verständigt und sich wechselseitig verbindlich ge¬
macht, dieselben mit allen ihnen zu Gebote stehenden konstitutionellen
Mitteln vor den zuständigen Vertretungskörpern (Deputationen, Reichsrat,
Reichstag) zu Geltung zu bringen.

   Was zunächst die Aufgabe der verehrlichen Deputationen betrifft, näm¬
lich die Vereinbarung über das Quotenverhältnis zur Bestreitung der im
Sinne der pragmatischen Sanktion als gemeinsame Auslagen anerkann¬
ten, in den Art. 18 bis 21 des erwähnten ungarischen Gesetzartikels
namhaft gemachten Erfordernisse, so haben sich die beiden Ministerien
vereinigt, einen Perzentualsatz von 70 % für die inTReichsrate vertretenen
Königreiche und Länder, zu 30 % für die Länder der ungarischen Krone,
durch die zehnjährige Periode vom 1. Jänner 1868 bis 31. Dezember 1877
den beiderseitigen Deputationen auf das dringendste zur Annahme zu emp¬
fehlen.

   Im untrennbaren Zusammenhänge mit diesem Anträge zur Feststellung
des Quotenverhältnisses haben sich die beiderseitigen Finanzminister mit
Zustimmung der Gesamtministerien schon jetzt verbindlich gemacht, den
betreffenden Vertretungskörpem einen gleichartigen Gesetzesvor2 in be¬
treff der Gesamtstaatsschuld dahin einzubringen, daß zur Bedeckung des
jährlichen Erfordernisses der Staatsschuld von den im Reichsrate vertrete¬
nen Königreichen und Ländern eine Vorbelastung von jährlichen 25 Millio¬
nen Gulden öW. übernommen und der Rest zwischen denselben und den
Ländern der ungarischen Krone nach dem obigen Leistungsverhältnisse von
70 zu 30 geteilt werde. Das nach diesen Grundsätzen zur Erfüllung der be¬
stehenden Verpflichtungen für das J. 1868 sich ergebende Erfordernis wird
in die betreffenden Voranschläge für das kommende Finanzjahr eingestellt
werden. Da es ferner in der übereinstimmenden Absicht der beiden Ministe¬
rien liegt, die mit 31. Dezember v. J. verbleibende öffentliche Schuld defi¬
nitiv abzuschließen und die rücksichtlich derselben von jeder der beiden
Reichshälften zu übernehmende Verpflichtung mit einer bestimmten, ziffer¬
mäßig richtig zu stellenden und einer weiteren Änderung nicht unterliegen¬
den Jahresrente festzustellen, so wurde weiters vereinbart: daß die beiden
Finanzminister längstens bis 1. Mai 1868 den betreffenden Vertretungskör¬
pern eine gemeinschaftlich verfaßte Vorlage einbringen, deren Zweck die
möglichst umfassende Umwandlung der bisherigen verschiedenen Schuld¬
titel in eine einheitliche Rentenschuld mit Zugrundelegung des bisherigen
Zinsengenusses und mit tunlichstem Wegfalle von Amortisationskosten zu
sein hat; und daß eine gemischte Kommission zur definitiven ziffermäßigen
Richtigstellung der beiderseitigen Leistungspflicht zusammengesetzt wer-

2 Im Originalexemplar steht Gesetzesvorschlag.
<pb/>424 Nr. V Ministerrat, Wien, 19. 9. 1867

de, welche auf Grundlage der Nachweisungen der bisherigen Kommission
zur Kontrolle der Staatsschuld den Stand der Staatsschuld mit letztem De¬
zember d. J. erheben, sämtliche Kreditbücher abschließen und im Zusam¬
menhänge mit der Umwandlung der Schuldtitel und des angenommenen
Teilungsverhältnisses die beiderseitige fixe Jahresschuldigkeit ermitteln
wird.

   Dies sind die Punkte, über welche sich die Ministerien in Absicht auf die
pragmatischen Auslagen und die öffentliche Schuld geeinigt haben. Da sie
die billige Verteilung der zur Erhaltung der Monarchie von den beiden
Reichshälften zu übernehmenden Lasten in sich fassen, so folgt aus der
Natur der Sache, daß sie ein geschlossenes Ganze bilden und in der Art
untrennbar sind, daß die Zurückweisung eines Punktes durch die eine oder
andere gesetzgebende Versammlung das ganze Übereinkommen hinfällig
machen würde.

   Indem das kgl. ung. Ministerium gleichzeitig die bezügliche Eröffnung
an die kgl. ung. Regnikolardeputation richtet, wende ich mich vertrauens¬
voll an die erlauchtete Weisheit und hohe Vermittlung Euer Eminenz mit
der ergebensten Bitte, der Deputation des hohen Reichsrates diese Vor¬
schläge mitteilen zu wollen, und empfehle sie der übernommenen Verbind¬
lichkeit entsprechend, namens der kaiserlichen Regierung auf das Wärmste
der geneigten Würdigung und Annahme, unter Hinweisung auf den Ernst
der Lage und die Größe der in Schwebe gehaltenen Interessen. Ich habe die
Ehre, mit dieser Mitteilung die weitere Eröffnung zu verbinden, daß die
beiden Finanzminister, wie eingangs erwähnt, gleichzeitig in bezug auf die
übrigen nach dem ungarischen Gesetzartikel XII/1867 der Vereinbarung
vorbehaltenen Angelegenheiten bindende Verpflichtungen in bezug auf
übereinstimmende Vorlagen an die Vertretungskörper und die Einhaltung
eines gleichartigen Vorganges übernommen haben, worüber ich bereit bin,
im Schoße der verehrten Deputation die weiteren Aufklärungen zu erteilen,
um eine richtige Vorstellung des Gesamtbildes des finanziellen und wirt¬
schaftlichen Verhältnisses der beiden Reichshälften aufgrund des beantrag¬
ten Kompromisses zu ermöglichen.

                Nr. V Ministerrat, Wien, 19. September 1867

    RS.
    Gegenwärtige: der kgl. ung. Ministerpräsident Graf Andrässy (o. D.), der k. k. Mi¬
nisterpräsidentenstellvertreter Graf Taaffe (o. D.), der k. k. Kriegsminister FML. Freiherr v.
John (24. 9.), der kgl. ung. Finanzminister v. Lönyay (o. D.), der k. k. Finanzminister Freiherr
v. Becke (25. 9.), der k. k. Justizminister Ritter v. Hye (26. 9.).
    Protokollführer: Ritter v. Hueber.
    Gegenstand: I. Vermehrung der Münzenscheine ä zehnmal. II. Art und Weise, wie die
Resultate der Verhandlungen der Deputationen zur Gesetzeskraft gelangen sollen.
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