Nr. 51 Ministerrat, Wien, 12. Februar 1866 - Retrodigitalisat (PDF)
- ℹ️ anwesend:
- RS.Reinschrift; P.Protokoll Hueber; VS.Vorsitz Belcredi; BdE.Bestätigung der Einsicht und anw.anwesend (Belcredi 12. 2.), Mensdorff, Franck, Larisch 16. 2., Komers 16. 2., Wüllerstorf 17. 2.; außerdem anw.anwesend Maly bei II; abw.abwesend Esterházy, Mailáth.
MRZ. 51 – KZ. 1475 –
Protokoll des zu Wien am 12. Februar 1866 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze Sr. Exzellenz des Herrn Staatsministers Grafen Belcredi.
I. Landwirtschafts-, Industrie- und Kunstausstellung in Wien
Der Handelsminister teilte der Konferenz sein Vorhaben mit, nach bereits gepflogenem Vernehmen aller Handelskammern, Gewerbs- und landwirtschaftlichen Vereine des Kaiserstaates, der Ingenieur- und Architektenvereine, der Künstlergenossenschaft, der Gartenbaugesellschaft und der Kommune Wien und mit Zustimmung Sr. kaiserlichen Hoheit, des durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs Karl Ludwig, als Protektors über die in Wien abzuhaltende Weltausstellung den au. Antrag stellen zu wollen: Se. Majestät wollen Ag. anzuordnen geruhen, daß im Jahre 1870 in Wien eine internationale Ausstellung für Erzeugnisse der Landwirtschaft, der Industrie und der bildenden Künste stattfinde und daß diese Abhaltung unverweilt den Regierungen der fremden Staaten offiziell bekanntgegeben werde1. Über die Art und Weise der Durchführung würden dann seinerzeit Sr. Majestät die au. Anträge zu erstatten sein2. Die Konferenz stimmte dem Vorhaben des Handelsministers aus den vom letzteren hiefür vorgebrachten Motiven einhellig bei.
II. Organisierung der Abteilung für Post- und Telegrafenangelegenheiten im Ministerium für Handel und Volkswirtschaft
Der Handelsminister stellte die Gründe dar, aus welchen er eine zweckmäßigere Systemisierung des Personalstandes und der Einrichtung der Zentralleitung für Post- und Telegrafenangelegenheiten im Handelsministerium für den volkswirtschaftlichen Fortschritt als notwendig erkannt und fügte die Bemerkung bei, daß die Anträge, welche er diesfalls Sr. Majestät ehrfurchtsvollst zu unterbreiten beabsichtigt3, ohne weiteres durchführbar sind, ohne die Organisierung der übrigen Abteilungen des Handelsministeriums zu beirren.
Der Ministerialrat Ritter v. Maly führte sohin die einzelnen Anträge unter Beifügung der Begründung in nachstehender Weise an: 1. Die Post- und Telegrafenangelegenheiten wären wegen ihres Geschäftsumfanges und der speziellen Natur der diesfälligen Agenden bei dem Handelsministerium in einer eigenen Abteilung (Sektion) zu behandeln. 2. Für diese Abteilung wäre ein besonderes Personale zu systemisieren, und an der Spitze derselben hätte ein Sektionsleiter || S. 295 PDF || unter dem Titel eines Generaldirektors für Post- und Telegrafenangelegenheiten in dem Range der V. Diätenklasse (gleich den Ministerialräten) zu stehen. Diesem Sektionsleiter wäre bei Behandlung aller nicht vorbehaltenen Geschäfte eine Selbständigkeit einzuräumen und derselbe somit zu ermächtigen, derlei Verfügungen unter eigener Verantwortung, jedoch stets im Namen des Ministers, zu treffen, in welcher Beziehung ihm vom Handelsminister im eigenen Wirkungskreise eine Instruktion zu erteilen wäre. 3. Unter der Leitung des Generaldirektors hätten drei Departements und das Kursbüro, welches in seinem dermaligen Bestande unverändert zu belassen wäre, zu bestehen. Jedes der drei Departements wäre aus einem Rate mit dem Titel Oberpostrate, VI. Diätenklasse, welche jedoch nicht in den Status der Sektionsräte der Ministerien einzureihen wären, einem Sekretär (Oberpostsekretär), VII. Diätenklasse, deren Ernennung von dem Minister zu geschehen hätte, und dem erforderlichen Hilfspersonale zusammenzusetzen. 4. Das übrige Hilfspersonale, welches die gedachten Departements noch benötigen werden, wäre nicht förmlich zu systemisieren, sondern nach dem jeweiligen Bedarfe aus dem allgemeinen Post- und Telegrafenpersonale zur zeitweisen Dienstleistung einzuberufen. Den Einberufenen wären jedoch keine Diäten oder besonderen Gebühren, sondern außer ihren Besoldungen bloß das für Wien systemisierte Quartiergeld anzuweisen, falls sie von anderwärts einberufen werden. 5. Für Bereisungen, Untersuchungen und sonstige kommissionelle Amtshandlungen wären drei Postinspektoren, VII. Diätenklasse, zu kreieren, deren Ernennung wie jene der Oberpostsekretäre dem Minister überlassen bliebe. 6. Das angeführte Personale bilde das Minimum der Kräfte, mit welchem eine klaglose Führung des Dienstes noch möglich sei. 7. Der Kostenaufwand für diese Abteilung betrage 36.300 fr., somit gegenüber dem jetzigen 33.529 fr., mehr um jährliche 2.771 fr. 8. Diese Mehrkosten können aus der in das Finanzgesetz pro 1866 für neue Ämter und Stellen des Postdienstes eingestellten Summe von 141.113 fr. ohne Anstand bedeckt werden.
Der vorsitzende Staatsminister glaubte nur zu Punkt 4 bemerken zu sollen, daß ein nur zur zeitweisen Dienstleistung in der in Rede stehenden Ministerialabteilung einberufener Kronlandsbeamter, zumal wenn er verheiratet sei, in Wien keine ausreichende Lebenssubsistenz haben werde, wenn ihm zu seinem Gehalte nur das für Wien systemisierte Quartiergeld zugelegt werde, und daß sich deshalb nur schwer geeignete Beamten finden werden, welche einem solchen Rufe zu folgen in der Lage wären. Der Handelsminister klärte auf, daß es sich im ganzen nur um etwa sieben solcher Beamten handelt und daß sich schon jetzt eine viel größere Zahl von Postbeamten aus den Provinzen wegen einer solchen Einberufung gemeldet haben. Die Konferenz gab sich sohin mit Rücksicht auf die entschiedenen Vorteile für den Dienst stimmeneinhellig ihre Zustimmung zu den obigen Anträgen des Handelsministers.
Die hierauf abgelesenen Grundsätze zur Instruktion für den Leiter der Abteilung für Post- und Telegrafenangelegenheiten im Handelsministerium4, welche als zeitweisen Änderungen unterliegend, nicht zur Ah. Genehmigung, sondern nur || S. 296 PDF || zur Ah. Kenntnisnahme Sr. Majestät in Vorlage zu bringen wären, wurden von der Konferenz ohne Einsprache gutgeheißen.
Wien, am 12. Februar 1866. Belcredi.
A[h]. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 16. März 1866. Franz Joseph.