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Nr. 34 Ministerrat, Wien, 9. Dezember 1865 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Meyer; VS. Kaiser; BdE. und anw. (Belcredi 9. 12.), Mensdorff 21. 12., Esterházy 22. 12., Franck, Mailáth 21. 12., Larisch 18. 12., Komers 15. 12., Wüllerstorf 16. 12.

MRZ. 33 – KZ. 4042 –

Protokoll des zu Wien am 9. Dezember 1865 abgehaltenen Ministerrates unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers.

I. Thronrede zur Eröffnung des ungarischen Landtages

Der ungarische Hofkanzler v. Mailáth legt den Entwurf der Thronrede für Eröffnung des ungarischen Landtages vor1. Es wird hierauf Satz für Satz zur Beratung derselben geschritten und dieselbe unter allgemeiner Beipflichtung zu deren Inhalte mit einigen ganz unwesentlichen Redaktionsänderungen angenommen. Bloß über einen Punkt entspann sich eine Diskussion. Auf den Wunsch des Tavernikus war in den Entwurf ein Passus wegen des Bedürfnisses einer Änderung der gegenwärtigen Wahlordnung aufgenommen worden.

Se. Majestät sprach nun die Ansicht aus, daß, so [nützlich]a auch eine solche Stelle in der Thronrede wegen Änderung der Wahlordnung sein dürfte, doch diese kaum in eine Thronrede passe, welche nur von den wichtigsten, die ganze Monarchie berührenden Angelegenheiten handle. Diese Ansicht wurde von Seite des ungarischen Hofkanzlers unterstützt, wogegen von anderer Seite, dem Staatsminister und Grafen Esterházy, darauf aufmerksam gemacht wurde, daß namentlich jetzt, nach den blutigen Exzessen, die Änderung der Wahlordnung vielen als ein Bedürfnis erscheine und eine Andeutung in der Thronrede im Lande den wärmsten Anklang finden dürfte. Allein mit Rücksicht auf das gegründete von Sr. Majestät erhobene Bedenken und auf den Umstand, daß die Änderung der Wahlordnung den Gegenstand zu einer [solchen]b königlichen Proposition an den Landtag zu liefern hätte, einigte man sich für die Weglassung dieser im Entwurfe enthaltenen Stelle.

Der Wortlaut der so beratenen Thronrede ist folgender (Vide Beilage)c . Der Staatsminister richtete hierauf an den ungarischen Hofkanzler das Ersuchen, sowohl von dem Auszuge aus der Thronrede, welcher wesentlich zu dem Zwecke veranstaltet wird, in telegraphischem Wege Verbreitung zu finden, als von der Thronrede selbst eine genügende Anzahl von Exemplaren ihm beizeiten zustellen zu wollen, damit dieselben zur gehörigen Zeit versendet werden und auch die der Regierung zur Verfügung stehenden journalistischen Kräfte gehörig instruiert werden können.

II. Ausdehnung der Amnestie und Aufhebung der Konfiskation mehrerer Familiengüter in Ungarn

Der ungarische Hofkanzler machte darauf aufmerksam, daß Se. Majestät bei Seiner Anwesenheit in Pest-Ofen von einzelnen oder auch Korporationen um weitere Ausdehnung der bereits erteilten Amnestie angegangen werden dürfte, teils für solche, die im Lande wohnen, teils solche, die im Auslande sich aufhalten. Der Hofkanzler meint, daß der Zeitpunkt für eine solche vorderhand noch nicht gekommen sei und daß es ihm überlassen werden dürfte, die Petenten angemessen zu bescheiden. Dagegen erlaube er sich, den Wunsch auszusprechen, daß die Konfiskation mehrerer Familiengüter, namentlich der Familien Teleki und Kiss, aufgehoben [und] nach gehöriger Liquidation der Ansprüche des Staates dieselben an die rechtmäßigen Detestats- oder Testamentserben zurückgegeben werden mögen.

Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, den 29. Dezember 1865. Franz Joseph.